Horst Lichter

Das kannst du nur in Nebensätzen rüberbringen.

TV-Koch Horst Lichter möchte "ein Bewusstsein schaffen, dass Tiere nicht gequält werden dürfen“, so schreibt er es in einem Kochbuch. Doch in Koch-Shows könne man dieses Thema höchstens in Nebensätzen anschneiden. Ein Gespräch über ein alternatives Sendekonzept, Ernährungstrends, Haute cuisine, Tierhaltung, Werbung für Maggi, Katzenfleisch und Austern.

Horst Lichter

© Stephan Pick

Herr Lichter, Sie haben sich in den letzten Jahren im TV als Koch und mit Formaten wie „Bares für Rares“ oder „Lichters Schnitzeljagd“ etabliert. Was macht Ihnen am Fernsehen so besonders Spaß?
Lichter: Ich brauche immer Publikum. So wie auch bei meinem Live-Programm, mit dem ich 2016 wieder auf Tour bin. Ich könnte auch nicht in eine Sendung gehen, die stocksteif und ohne Studiopublikum ist, sondern ich brauche Resonanz. Die bekommen ich auch vom Team, da habe ich mir in den letzten Jahren mein Umfeld geschaffen und mir die Studio-Atmosphäre schön gemacht.

Das heißt?
Lichter: Ich bin harmoniesüchtig, ich muss immer das Gefühl haben: Alles ist gut. Im Studio kennen mich alle, ich begrüße jeden, ich bin immer mindestens eine halbe Stunde zu früh da, um jedem Guten Tag sagen zu können. Wenn ich dann vor der Kamera irgendeinen Blödsinn mache und der Kameramann lacht, ist das für mich das größte Lob. Noch lieber ist mir, wenn fremdes Publikum drin sitzt. Ich muss immer merken, ob das, was ich gerade mache, gut ist oder nicht. Ich bin ja nicht nur der Koch. Ich bin auch Koch.

Schon in Ihrer „Oldiethek“ haben Sie vor Publikum gekocht. Ist das vergleichbar mit einem Musiker, der auch lieber vor Publikum spielt, anstatt allein im stillen Kämmerlein?
Lichter: Ich brauche die Resonanz. Und ich liebe Menschen. Der Ursprungsgedanke, warum ich Koch werden wollte, war, dass ich Menschen am Tisch haben wollte. Viele meiner Kollegen, die sich mit Leib und Seele dem Kochen verschrieben haben, tun das am liebsten für sich alleine. Damit ihnen keiner auf die Finger guckt, während sie ihre Kunst vollbringen können. Die bekommen dann danach das Lob, die Resonanz. Meine Intention war: Essen und trinken, am Tisch sitzen mit netten Menschen, zusammen lachen, weinen, streiten… Das Essen war für mich nur Mittel zum Zweck, um die Leute an den Tisch zu bekommen.

Wo würden Sie von sich sagen, haben Sie mehr Talent – als Unterhalter oder als Koch?
Lichter: Bei der Unterhaltung. Ich kann zwar besser kochen als ich es oftmals zeige. Aber wenn ich mich vergleiche mit meinen Kollegen, insbesondere im Sterne-Bereich: Die haben ein viel größeres Portfolio. Was die alles machen, welche Kreativität die da an den Tag legen! Für mich ist das Wichtigste, dass die Leute sich gut unterhalten. Und über allem steht bei mir, dass es ehrlich sein muss.

Ehrlich inwiefern?
Lichter: Ich würde keinem Trend hinterherlaufen, weil er jetzt gerade in ist, nur damit ich ein größeres Publikum erreiche. Bloß weil vegan jetzt wahnsinnig hip ist und alle Bücher mit veganen Rezepten verkaufen, würde ich nicht anfangen, vegan zu kochen. Ich koche ja vegan, wenn ich Blumenkohl zubereite.(lacht)

Ihre „Hobbythek“ haben Sie Ende 2010 aufgegeben. Erfüllt Sie heute die alleinige Arbeit fürs Fernsehen?
Lichter: Heute, wo ich alles machen darf, erfüllt mich das mehr als ich mir je erhofft hatte. Ein Teil der Sendungen, die ich mache, haben mit dem Beruf Koch auch nichts mehr zu tun. Es hat sich mehr und mehr dahin entwickelt, dass ich der Unterhalter bin und Menschen etwas nahebringen kann. Das finde ich schön.

Zitiert

Man sollte aus Vegetarismus keine Religion machen.

Horst Lichter

Als TV-Koch stehen Sie für ‚Essen wie früher bei Mutter‘, während man andere Köche mit Haute cuisine assoziiert. Sind Sie damit zufrieden?
Lichter: Also, wenn ich mit meinem Kollegen, mit großen Köchen unterwegs bin, privat, dann wollen die alle nur eins: Am liebsten bei irgendeiner Mama gutbürgerlich richtig lecker essen. Wo ich sie jedes Mal frage: Warum kocht ihr das denn nicht selbst? – Die sagen dann, das werde nicht verlangt, sie müssten kreativ sein, neu komponieren…

Die wollen innovativ sein.
Lichter: Das ist ja richtig. Aber ich sehe die gutbürgerliche Hausmannsküche wie ein Fundament: Um so besser du das Fundament für dich gemacht hast, desto sicherer steht nachher das Haus obendrauf, desto schöner kannst du es bauen. Ich sehe heute viele Köche, die anfangen, das Haus zu bauen, ohne Fundament. Die haben gerade ihren Gesellenbrief bekommen und fangen gleich mit dem Balkon an. Die wollen direkt zur Molekularküche oder sofort vegan kochen.
Das kann man auch in anderen Bereichen sehen, in der Kunst zum Beispiel. Salvador Dali hat einst mit Realismus angefangen, und zwar sensationell gut. Er hat das Handwerk gelernt und auf dieser Basis hat er sich weiterentwickelt und ist in seine neue Kunst reinmarschiert. Er hat auch nie seine Kunstsammler verarscht. Manche Künstler werfen ja einfach einen Eimer Farbe gegen die Wand und lassen die Leute dann diskutieren, was das sein könnte.

Das könnte man auch als Koch?
Lichter: Ich bin mir sicher, dass es so etwas auch in der Küche gibt. Wenn jetzt einer sagen würde ‚ich serviere Schweinebraten als Schaum im Sektglas und dann gucken wir mal, was die Leute sagen‘ – das wäre Unsinn. Es ist einfach etwas Anderes, wenn du deine Küche auf einer guten Basis, auf dem richtigen Können und Wissen entwickelst.

Könnten Sie einmal Ihren Charakter in wenigen Worten beschreiben?
Lichter: Ich bin sehr demütig, sehr dankbar, ich möchte geben, was ich gerne hätte. Mir ist wichtig, dass die Menschen mich in guter Erinnerung behalten. Und dass sie merken, dass ich ehrlich bin.

Und der Charakter des Kollegen Lafer?
Lichter: Johann Lafer ist strebsam, ehrgeizig – und er möchte keinem weh tun.

Ist er für Sie manchmal auch nervig?
Lichter: Nein.

Obwohl Sie sehr unterschiedliche Charaktere sind, sind Sie inzwischen ein eingespieltes Team.
Lichter: Ich denke, diese Kombination, die wir seit fast zehn Jahren machen, funktioniert nur mit viel Respekt, Akzeptanz und Toleranz. Sonst könnte er zu mir nicht vor laufender Kamera sagen, mein Essen sähe aus „wie schon mal gegessen“, und ich nicht zu ihm, dass er erstmal ein Liebesverhältnis mit der Möhre hat, bevor er sie schält. So etwas wäre nicht machbar, wenn man sich nicht sehr gut verstehen würde. Wir sind hervorragende Arbeitskollegen.

Würden Sie mit ihm in den Urlaub fahren?
Lichter: Die Frage hat sich bislang nicht gestellt. Ich habe wenig frei und in den Urlaub fahre ich mit meinem Schatz, so wie er zu Recht die Zeit mit der Familie verbringt.

Sie haben bereits mehrere Kochbücher veröffentlicht. Könnten Sie sich auch vorstellen, ein Diätbuch zu verfassen?
Lichter: Nein. Ich bin ein bekennender, großer Gegner von allen Diät-Büchern der Welt. Man kann damit wahrscheinlich gutes Geld verdienen, aber ich finde, man sollte den Menschen lieber erklären, dass die beste Diät der Welt darin besteht, Maß zu halten. Ich esse auch mal eine ganze Tafel Schokolade am Stück – aber eben nicht jeden Tag.

Im Ihrem Buch „Die Lust am Kochen“ finden sich auffällig viele vegetarische Gerichte. War das Zufall?
Lichter: Das ist bedingt durch die Zutaten, um die es am Anfang geht, Kartoffel, Blumenkohl, Ei… Ich stehe nach wie vor dazu, dass ich gerne ein Stück Fleisch esse, betone aber auch, dass ich das nicht täglich mache. Ich komme aus einer armen Familie, bei uns gab es nicht jeden Tag Fleisch. Wir haben auch oft Kaninchen-Braten gegessen, sozusagen das ‚Schwein des armen Mannes‘. Wir waren keine Vegetarier.

Lichte CoverWie stehen Sie heute zu vegetarischer Ernährung?
Lichter: Ich esse auch mal einen Schweinebraten, auch mal einen Burger, alles querbeet. Ich denke, so hat der liebe Gott oder wer auch immer uns konzipiert. Wenn jetzt jemand für sich entscheidet, dass er das nicht mehr mag, ist das vollkommen in Ordnung. Aber man sollte keine Religion draus machen und nicht versuchen, alle anderen zu bekehren.

In einem Interview sagten Sie „Ich gönne es den Leuten, die das machen. Aber die sollen den Rest in Ruhe lassen“. Sind Sie genervt von der vegetarischen bzw. veganen Bewegung?
Lichter: Ja, das nervt mich ein wenig. Man kann ja darüber reden, ich habe sehr gerne Gespräche, wo mir jemand seine Denkweise erklärt. Das ist ja auch wichtig im Leben, dass man versucht die andere Seite zu verstehen. Sonst bleibst du dumm, sonst kannst du zum Beispiel auch keine Ehe führen. Ich finde es nur nicht richtig, wenn jemand militant behauptet, dass sein Weg der einzig richtige ist auf dieser Welt. Oder wenn jemand sagt ‚ich esse kein Fleisch‘, gleichzeitig aber mit Lederschuhen und Lederjacke rumrennt und Ledersitze im Auto hat. Die Haut eines Tieres zu tragen, das du aus ethischen Gründen nicht essen möchtest – das ist für mich nicht konsequent.

Sehen Sie Vegetarismus und Veganismus nur als vorübergehenden Trend, oder wird diese Bewegung auch langfristig anwachsen?
Lichter: Das wird stärker, schon alleine, weil man mit Bildern arbeitet, die natürlich nicht schön sind. Und desto mehr du den Menschen diese Bilder zeigst…
Was ich wichtiger finde, ist, ein Bewusstsein zu schaffen, also dass Eltern und Schulen an die Kinder ein Bewusstsein weitergeben: Wie wachsen die Tiere auf, wann ist Gemüse richtig gesund, wie kriegen wir es hin, dass alles sauber ist? Und dann muss man dazu auch ganz klar sagen, dass all diese Dinge Geld kosten. Wenn wir den sauberen Weg wollen, muss sich der Bauer spezialisieren, um überleben zu können. Und der Normalbürger kann dann auch nicht weiter für 1,99 zwei Schnitzel kaufen und sich im gleichen Atemzug beschweren, dass die Schweine so schlecht gehalten werden.

Sarah Wiener forderte bei uns im Interview „Iss bitte nur dann Fleisch, wenn du weißt, wie dieses Tier gelebt hat.“ Was halten Sie von diesem Vorschlag?
Lichter: Das ist doch auch nicht machbar, wie soll ich das machen? Soll ich immer vor dem Einkauf mit dem Metzger den Bauern besuchen und eine Woche mit dem Schwein zusammen leben, um zu sehen, dass es ihm gut geht? Das ist mir ein bisschen zu populistisch.

Sie meinte damit vermutlich, dass man sich informiert und als Konsument die Haltung der Tiere nicht gänzlich außer Acht lässt.
Lichter: Das ist richtig, aber dann darf man es nicht so populistisch formulieren. Dann reicht, es zu sagen: Sei dir beim Einkauf mehr bewusst, was von wo herkommt. In dem Moment, wo die Supermärkte günstiges Fleisch nicht mehr verkauft bekommen, weil ein Umdenken in der Bevölkerung eingesetzt hat, würden die Supermärkte automatisch umstellen, und zwar sehr schnell. Die hätten dann hervorragende Ware von guten Bauern.
Das Volk ist ja schuld. Wir sind schuld, die Allgemeinheit. Wenn ich früher durch eine Kleinstadt gegangen bin, gab es da viele kleine Geschäfte, zwei Metzger, einen Bäcker usw. Die sind heute alle weg. Und wir jammern, dass die bankrott gegangen sind. Dabei sind wir selbst schuld: Wir sind ja in die neuen Supermärkte am Stadtrand gelaufen und haben dort alles für die Hälfte gekauft. Der einzelne Metzger kann sein Fleisch zu dem Preis aber gar nicht anbieten.

Sie schreiben in Ihrem Buch konkret: „Es gilt, ein Bewusstsein zu schaffen, dass Tiere nicht gequält werden dürfen.“ Wie machen wir das, wie schaffen wir so ein Bewusstsein?
Lichter: Das fängt schon bei den Eltern an, die das ihren Kindern zeigen sollten, mit ihnen darüber reden, mal irgendwo hinfahren und die Dinge auch hinterfragen. Ich bin auf dem Land groß geworden, für mich war es normal, dass jeder irgendwelche Tiere hatte, die waren draußen auf der Wiese und im Stall, haben tiergerecht gelebt. Dass ein Bauer die Viecher geschlagen hat, das gab es nicht. Klar wurden die irgendwann geschlachtet, aber trotzdem hast du die Wurst sehr gerne gegessen.

Als TV-Koch haben Sie ein großes Publikum, Sie könnten doch diese Plattform nutzen, um dieses „Bewusstsein, dass Tiere nicht gequält werden dürfen“, zu schaffen.
Lichter: Ich bin im Fernsehen immer ehrlich gewesen, ich habe da auch schon gesagt, dass ich mal einen Burger oder eine Currywurst esse, wo die Leute hinter der Kamera ganz blass wurden. Ich habe auch schon gesagt: Kauft nicht das billige Zeug.

Und dass Tiere nicht gequält werden dürfen? Es gibt so viele Kochsendungen, wie wäre es, wenn dort die Köche die Zuschauer informieren, wie in Deutschland größtenteils Fleisch produziert wird?
Lichter: Ich denke, wir machen das schon…

Tatsächlich? Zeigen Sie etwa Bilder in den Sendungen?
Lichter: Wir sind immer noch eine Unterhaltungssendung und können nur punktuell dazu beitragen, ein Bewusstsein zu schaffen. So etwas kannst du immer nur in Nebensätzen rüberbringen. Du sagst zum Beispiel: Guck dir dieses Huhn an, da siehst du an der Farbe vom Fleisch, dass es kein Tier ist, das in vier Wochen hochgezüchtet wurde und nur noch Fett ist, sondern man kann sehen, dass es langsam gewachsen ist.

Sie sagen, das geht nur in Nebensätzen – was ist mit dem Informationsauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender?
Lichter: Dafür gibt es hervorragende Informationsendungen, die sich dem Thema auch investigativ nähern.

…allerdings nur relativ selten und dann auch meist zu später Stunde. Kochsendungen gibt es jeden Tag.
Lichter: Die eben erwähnten Informationssendungen laufen schon in der Prime-Time und da erwarten die Menschen diese Themen auch, aber nicht in einer Unterhaltungssendung.

Sind Kochsendungen ein Spiegel der Gesellschaft?
Lichter: Teilweise ja. Bei „Lafer! Lichter! Lecker!“ bieten wir Unterhaltung, die Menschen lachen, aber ich sage auch was ich denke. Und sie bekommen von Johann gezeigt, was man machen kann, wenn man den Beruf gelernt hat.
Bei der „Küchenschlacht“ wiederum geht es darum, dass ganz normale Menschen, keine Promis, zeigen was sie können, wie sie mit Lebensmitteln umgehen und wie sie richtig lecker kochen. Bei der „Küchenschlacht“ wird übrigens auch in jeder Sendung darüber gesprochen, was für Produkte wir verwenden und wo die herkommen. Dadurch bekommst du diese Information rübergebracht.

Sie sind sehr präsent im TV, Sie könnten zum Beispiel in eine Sendung von Markus Lanz gehen und sagen: „Heute rede ich nur über Fleischproduktion“. Bei Massentierhaltung geht es ja nicht um fünf Prozent sondern um 95 Prozent des Fleisches, das in Deutschland konsumiert wird.
Lichter: Wenn das dort ein Thema wäre, könnte ich das.
Ich habe mir viele Fleischproduktionen angeguckt, Betriebe, die exzellent sauber sind, die so sind, wie unsere Gesetze es vorschreiben – wo aber trotzdem die meisten danach sagen würden: Jetzt esse ich erstmal kein Fleisch mehr. Aber ich kann natürlich nicht die Welt alleine verändern.

„Wir verzichten auf unser tägliches Fleisch“ steht in Ihrem Buch. Sagen Sie so etwas auch im Fernsehen?
Lichter: Ja klar, ich habe schon immer im Fernsehen gesagt, dass ich nicht jeden Tag Fleisch esse. Was nichts daran ändert, dass ich es sehr gerne esse.

Mahatma Gandhi hat einmal gesagt: „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandeln.“
Lichter: Toller Spruch. Dem würde ich mit Sicherheit zustimmen.
Ich habe ja das große Glück, dass ich auf dem Dorf groß geworden bin. Und da war immer klar: Alles, was du dir von dieser Erde nimmst, musst du gut und sorgsam behandeln, damit es auch weiterhin kommt. Wir hatten einen riesigen Garten, Hühner, Gänse, Eier, Vater hat alles angebaut, vom Obst bis zur Kartoffel. Und ich wusste deswegen, dass dieses Essen unglaublich viel Arbeit bedeutet: du musst den Garten sehr lange pflegen, drauf aufpassen, deine Tiere vernünftig halten usw. Das wertzuschätzen war für mich eine Normalität. Diese Wertschätzung müsste man auch versuchen, zu verbreiten. Das Problem ist aber, dass die Leute noch mehr und noch mehr und noch billiger haben möchten.

Hätten Sie eine Idee, diesem Trend zu noch mehr und noch billiger etwas entgegenzusetzen, innerhalb der populärsten Sendungen zum Thema Ernährung? Geht das wirklich nur in Nebensätzen?
Lichter: Wenn du eine Sendung machen wolltest, wo das ein Hauptthema ist, die zudem auch von vielen geguckt wird, dann musst du daraus eine Unterhaltungssendung machen. Und du musst den Leuten den Spiegel vorhalten. Zum Beispiel könntest du in einer Sendung mit normalen Leuten einkaufen gehen, dann kochst du mit ihnen, dann sagst du, war lecker, alles super – und dann zeigt du ihnen ganz genau, was sie da gegessen haben. Vielleicht setzt dann ein Denkprozess ein. Christian Rach und Nelson Müller haben das ja im ZDF schon gemacht.

Also eine Art „Küchenschlacht“ mit Vor- und Nachbereitung.
Lichter: Ja, zum Beispiel.

Ich könnte mir vorstellen, dass viele Gebührenzahler damit einverstanden wären, auch weil es dem Informationsauftrag entspricht.
Lichter: Wie gesagt, Christian Rach und Nelson Müller haben ja schon vorgemacht, dass es geht.

Sie selbst haben auch einmal sehr viel Kritik einstecken müssen…
Lichter: Sie meinen, als ich damals für Maggi Werbung gemacht habe?

Genau, Ihre Werbung für Tütensuppen löste 2010 ein negatives Medienecho aus. Was haben Sie daraus gelernt?
Lichter: Gar nichts. Ich hätte es genauso wieder gemacht. Es hat ja keiner das Produkt gesehen. Das war wieder die Sache mit den Beschuldigungen in Deutschland, die Leute haben nur gesehen ‚Horst Lichter und Maggi‘ und sofort gedacht: „Boah, ist der böse, jetzt macht der Tütensuppen“. Das habe ich auch von Kollegen gehört: „Horst, das kannst du doch nicht machen.“ Da habe ich zurückgefragt: „Hast du das Produkt mal gesehen?“ – „Nein.“

Könnten Sie denn nochmal erklären, was Sie damals beworben haben?
Lichter: Das war kein Fertiggericht, sondern ein Zusatz, um eine Soße so zu binden. Auf der Tüte stand ein Rezept und du musstest dazu alles frisch einkaufen, Fleisch, Gemüse usw. Dass das Produkt keine Geschmacksverstärker und keine Konservierungsstoffe enthielt, hat keiner gelesen, auch nicht die Presse. Die Kritiker haben geschwafelt, ohne zu wissen, worüber sie da reden.
Sich nur durch Hörensagen eine Meinung über etwas zu bilden ist natürlich relativ einfach. Aber ich finde, wenn jemand etwas Schlimmes über mich sagt, soll der mich erst mal kennen lernen. Und dann wird er feststellen: Ich bin so wie ich bin. Weil ich das Glück habe, keine Rolle spielen zu müssen.

Ich habe noch eine Frage zur Fleischzubereitung im TV: Als der italienische TV-Koch Beppe Bigazzi 2010 in der Sendung „Prova del cuoco“ („Die Kochprüfung“) beim Sender Rai Uno ein Rezept für gebratene Katze empfahl und vom zarten Katzenfleisch schwärmte, wurde er vom Sender umgehend entlassen. Wenn Sie Senderchef wären, hätten Sie ihn ebenfalls entlassen?
Lichter: Ich kenne den Fall nicht. Ich habe vor kurzem auch schon mal darüber nachgedacht, was in unsere Kultur passt und was nicht. Denn es gibt in Deutschland ja auch Dinge, die ich überhaupt nicht mag und nie essen werde.

Zum Beispiel?
Lichter: Austern. Für mich ist es absolut unverständlich, dass jemand Austern mag. Ich habe es ja mal probieren müssen, das war für mich wie eine Dschungelprüfung: ein lebendes Tier zu essen, das komisch aussieht, schlabberig ist und nach Meerwasser schmeckt. Es gibt aber Menschen, die bei Austern hohen Genuss haben, und ich kann nicht über den Genuss anderer urteilen.
Es ist eine Frage der Kultur. Für mich persönlich bietet zum Beispiel die chinesische Küche sehr viel Ekelpotential – weil ich anders erzogen wurde. Wäre ich dagegen in China geboren, wäre für mich vielleicht ein Eintopf mit Schweinefüßchen ungenießbar. Nun bin ich in Deutschland geboren, in dieser Kultur groß geworden und für mich ist es undenkbar, Hund oder Katze zu essen. Ich weiß aber, dass es in anderen Ländern völlig normal ist.
Genauso ein Thema ist in Deutschland Pferdefleisch, wo die jungen Mädchen Tränen in den Augen haben, wenn die hören, es gibt Sauerbraten mit Pferdefleisch.

Haben Sie mal im TV ein Gericht mit Pferdefleisch gekocht?
Lichter: Nein. Ich habe aber mal mit Tamme Hanken gedreht, den ich sehr gerne mag, weil er ein sehr gerader und ehrlicher Mann ist. Der liebt seine Tiere, hält sie perfekt, der isst aber auch sehr gerne Pferdefleisch und kann dir erklären, wie unglaublich gesund dieses Fleisch ist.

Herr Lichter, Sie betonen oft die Ehrlichkeit…
Lichter: Ja, Ehrlichkeit ist mir das Wichtigste.

Sind Sie auch für Transparenz?
Lichter: Worauf wollen Sie hinaus?

Darf ich Sie fragen, wie hoch eine Gage ist für einen Fernsehkoch bei den Öffentlich-Rechtlichen?
Lichter: In Deutschland spricht man ja über Gehälter nur ungern. Und ich weiß auch nicht, was die Kollegen verdienen.

Wären Sie dafür, dass man als Gebührenzahler solche Zahlen erfährt?
Lichter: In dem Moment wo in Deutschland Zufriedenheit herrscht und Neid und Missgunst unter Strafe steht, bin ich dafür, dass jeder alles offen legt. Schauen sie, ich war vor zwölf Jahren ärmer als die meisten, die Fernsehen gucken. Ich hatte weit über eine Million Schulden, hatte meinen Laden und jeden Tag 16 Stunden gearbeitet. Und ich war glücklich. Ich habe von vielen Dingen geträumt, gar keine Frage. Aber ich arbeite momentan im Jahr auch weit über 300 Tage, und keinen Tag unter 10-12 Stunden. Nach wie vor mit viel Spaß.

Bei den Bundestagsabgeordneten, die wir durch Steuern bezahlen, wissen wir genau, was sie verdienen. Bei TV-Moderatoren, die wir durch Gebührengelder bezahlen, wissen wir nichts.
Lichter: Mir wäre es wirklich egal. Aber ein anderes Beispiel: Wenn Sie jetzt ein Buch schreiben, das zum Bestseller wird, Sie damit Millionen verdienen – müssen Ihre Käufer dann wissen, wie viel Sie verdienen? Von denen werden Sie ja bezahlt.

Zum Schluss: Was wäre Ihre Henkersmahlzeit?
Lichter: Mit dem Blick auf den Tod hätte ich keinen Hunger.

Und was macht ein Essen für Sie zu einem feinen Essen?
Lichter. Die Gesellschaft. Das beste Essen, für ein Vermögen gekocht, kann für die Katz sein, wenn dein Tischnachbar ein Arschloch ist.

[Das Interview entstand im November 2015.]

Horst Lichter wurde am 15. Jan. 1962 in Nettersheim in der Eifel geboren. Nach einer Lehre zum Koch und mehreren Jahren im Restaurantwesen arbeitete er im Tagebau der Rheinischen Braun-Kohle sowie auf einem Schrottplatz. Im Alter von 26 und 28 mehr

6 Kommentare zu “Das kannst du nur in Nebensätzen rüberbringen.”

  1. Werner Schröder |

    Ich möchte heute meine höchste Anerkennung für Frau Dr. Rezepa-Zabel ausdrücken, die sehr unter Hörst-chen zu leiden hatte. Man konnte es ihrer
    Gestik ansehen, wie sehr unter der unendlichen Baggerei und den Anzüglich- keiten von dem „unwiderstehlichen“ Ekel Lichter-chen gelitten hat. Sie stand ja auch wegen der Arbeit in einem Abhängkeitsverhältnis zu der Show. Kein Wunder, das sie jetzt nicht mehr dabei ist, ich wäre auch gegangen !!!!!!

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  2. Werner Schröder |

    Hallo, ich bin wieder da um mich mit dem Scharlatan Hörstchen Lichterchen und seinen bewussten Falschaussagen auseinanderzusetzen. Es geht um seine Aussagen bei der Firma Nestle`s Maggi, die zum Unilever Konzern gehört.
    Er behauptet unter anderem, das er nur für einen Sossenbinder geworben hätte, der frei von etwaigen Zusätzen wäre, was eine dreiste Lüge ist. Wer recherchiert erfährt einmal, das er auch für Fertigsuppen und Sossen Werbung betrieben hat. Was ihm als Koch bekannt sein dürfte, war unter der Bezeichnung Hefeextrakt sehr wohl die Substanz Glutamat, Inosinat und Guanycat versteckt, Geschmacksverstärker, die die Geschmacksnerven zer-
    stören und indirekt den Benutzer davon abhängig machen. Er geht in einem anderen Interview hin und diffamiert seine eigenen Anhänger, in dem er sagt, es seinen die armen Leute, die sich Gemüse als Zutat nicht leisten könnten, wohl wissend, dass die Mittel für die er Werbung betreibt, kein Ersatz für Gemüse wie Porree, Karotten etc. sind. Seine Aussage in diesem Interview ist eine glatte Lüge, die er auch nicht bereut. Er würde es wieder tun !!!! Klar, denn er hat ja auf Kosten der Verbraucher viel Geld verdient. Scheinheilig wie er ist, sagt er dann auch noch, wie wichtig es ihm ist, dass die Menschen merken, wie ehrlich er ist und das sie ihn in guter Erinnerung halten !!!!!!!!!!!
    Es ist einfach unglaublich, was sich dieses chen-ui Männchen da erlaubt und das ZDF spielt da auch noch mit.

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  3. Werner Schröder |

    Heute am 23.1.2017 hat sich Hörstchen Lichterchen, der sich so gerne im Interview als harmoniesüchtigen, feinsinnigen Menschen darstellt, wieder gegen alle Anstandsregeln gegenüber Frauen verstossen. Egal welcher Rock an der Theke in seine Nähe kam, wurde begrapscht, der Arm kam um die Schulter und den Rücken und sein Schleim triefte ohne Ende. So ein Mensch ist es nicht wert, ein Interview zu geben, denn seine Meinung ist so uninteressant wie er selbst !!! Er würde darauf mit einem Oui, wie so oft antworten. Schade für das ZDF sich auf das Niveau zu begeben.

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    1. Brigitte Hutmacher |

      Zu Recht hat er schon eine „Auszeichnung“ für besonders frauenfeindliche Äusserungen erhalten. Keine Ahnung wer beim ZDF der große HL-Fan ist und ihm eine Altenheimbespassungssendung nach der anderen zuschustert – er ist und bleibt eine Zumutung für alle Zuschauer/innen ! Einzige Vorteil seiner Ramschsendungen – er lässt die Finger von den Kochtöpfen !!

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      1. Elvira Schneider |

        Meine persönliche Meinung zu Horst Lichter möchte ich hier gar nicht schreiben, sondern meinem Zorn Ausdruck verleihen wie dieser „harmoniesüchtige“ Mensch seine frauenverachtenden Bemerkungen in der Sendung Bares für Rares raushauen darf. Immer wieder sind, es seinen Äußerungen zu Folge, die bösen Frauen die die armen Männer zwingen Dinge zu verkaufen. Es tauchen immer wieder ähnliche Sätze auf die um dieses Thema kreisen. Welches Problem haben Sie, Herr Lichter mit Frauen. Das hat auch mit Ehrlichkeit nichts zu tun. Dafür müssten Sie die Frauen ja zuerst einmal kennen.

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  4. Werner Schröder |

    Warum haben Sie Herrn Lichter nicht zu seinem übergriffigen Verhalten bei Frauen in seinen Sendungen befragt. Er langt da gerne ungefragt bei ihm wildfremden und auch älteren Damen zu und fällt durch seine schleimige Art auf ?

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