Sneaker Pimps

Wenn unsere Lebenseinstellung so düster wäre, wie unsere Texte, dann wären wir sicher schon tot.

Bassist Joe Wilson von den Sneaker Pimps über das Album "Bloodsport", die Texte und den Versuch, Demokratie auf die Tanzfläche zu bringen

Joe, ich habe gehört, dass euer letztes Album "Splinter" in einer sehr frustrierten Periode entstanden ist. Hat sich das bei der Arbeit an eurem neuen Album "Bloodsport" geändert?
Wilson: Ja, auf jeden Fall. Wir haben in Frankreich gearbeitet und hatten dort eine sehr angenehme Zeit. Das hatte sicher auch mit der Trennung von unserer Plattenfirma zu tun. Wir konnten wieder frei durchstarten.

Euer erstes Album war geprägt vom Trip-Hop, das zweite eher gitarrenorientiert. Wie würdest du nun "Bloodsport" beschreiben?
Wilson: Ich finde, es baut eher auf unserem ersten Album "Becoming X" auf. Es ist melancholisch, aber auch sehr sexy.

Die Stimme von Chris Corner, eurem Lead-Sänger ist im Vergleich zum letzten Album vielseitiger und klingt intensiver. Hat er daran besonders gearbeitet?
Wilson: Nicht direkt, aber durch die vielen Live-Auftritte hat er mehr Übung bekommen und ist spielfreudiger mit seiner Stimme geworden. Bloodsport ist eben sexier als die anderen Alben, deshalb wirkt seine Stimme intensiver.

Ihr benutzt für eure Musik elektronische Instrumente, Gitarren aber auch trashige Beats. Wer ist für was verantwortlich?
Wilson: David und Chris schreiben die Songs und stellen sie uns vor. Chris spielt Gitarre und wie bei einer Konferenz überlegen wir dann, wie man die Idee am besten verwirklichen kann.. Jeder bringt seine Vorstellungen ein.

Wer schreibt die Texte?
Wilson: Chris, Liam, ich und Ian, den man nie sieht. Wir halten ihn versteckt, er darf nicht vor die Tür.

Ich finde die Texte ziemlich düster – ist denn die Welt wirklich so schlecht? Und, ist die Liebe ein ‚Bloodsport‘?
Wilson: Nein, die Texte sind mit Absicht melodramatisch. Die Liebe ist natürlich kein ‚Bloodsport‘. Aber sie ist auch nicht so lächerlich romantisch, wie es oft dargestellt wird. Uns geht es darum, die Dinge zu überspitzen, ein bisschen die Drama-Queen zu sein. Wenn wir wirklich so eine düstere Lebenseinstellung hätten, dann wären sicher schon tot.

Mit dem ersten Album ward ihr immerhin 18 Monate auf Tour. Macht euch das Touren mehr Spaß als die Arbeit im Studio?
Wilson: Es ist doch immer so, dass man gerade dass machen will, was gerade nicht möglich ist. Wenn wir auf Tour sind, können wir es nicht erwarten, zurück ins Studio zu gehen. Aber wenn wir lange im Studio sitzen wollen wir unbedingt wieder auf Tour gehen. So ist das bei uns. Die 18 Monate Tour haben uns wirklich zerstört. Das war schon etwas unglücklich, wenn man lange auf Tour ist wirkt jeder Tag gleich. Man wacht in einer neuen Stadt auf, spielt den Gig und dann betrinkt man sich. Und bevor man es merkt werden aus einem Tag drei Monate. Das ist schon erschreckend.

Ihr habt mit sehr vielen unterschiedlichen Künstlern zusammengearbeitet, wie Marilyn Manson und Natalie Imbruglia. Könnt ihr dem auch etwas für eure Musik abgewinnen?
Wilson: Es ist eine große Herausforderung mit Leuten zu arbeiten von denen dir jeder abrät, weil sie nicht cool genug sind oder viel zu cool. Bei Marilyn Manson haben wir uns gefragt, ob wir seine Musik überhaupt gut finden. Manchmal muss man sich zwingen etwas zu tun, was man normalerweise nicht tun würde. Auch wenn man nicht weiß, ob man sich damit wohlfühlt. Aber gerade durch diese Herausforderung bringt es uns auf jeden Fall etwas. Und oft macht es einfach Spaß. Dann ist es ideal.

Ihr habt eine interessante Homepage, wo ihr öfter Live-Chats veranstaltet und jeder von euch ein Online-Tagebuch führt.
Wilson: Ja, nur bin ich extrem langsam mit meinen Einträgen. Das liegt daran, dass in meinem Leben gerade nichts passiert, absoluter Stillstand.

Aber man hat die Vermutung, dass euch der Kontakt zu den Fans wichtig ist, oder?
Wilson: Sehr, sehr wichtig. Auch auf eine manchmal voyeuristische Art. Es ist faszinierend mit Leuten zu kommunizieren, die so an unserer Musik interessiert sind, dass sie uns sogar schreiben.

Ihr habt ein eigenes Label und einen eigenen Club in London. Was genau passiert in eurem Club?
Wilson: Der Club heißt "Home Taping", es gibt aber im Moment keine Veranstaltungen. Es ist ein Club ohne DJ, die Gäste bringen ihre eigenen Kassetten mit. Dahinter steckt die Idee, nicht einen DJ über die Musik bestimmen zu lassen, sondern das Publikum.

Und das funktioniert?
Wilson: Nicht immer, das kann manchmal sogar absolut schrecklich sein. Es gab eine Zeit, als dieser Laden wahrscheinlich der Club mit der schlechtesten Musik in ganz London war. Aber es war trotzdem gut, weil wir damit Demokratie auf die Tanzfläche bringen.

Was ist mit eurem Label?
Wilson: Wir haben "Bloodsport" in England auf unserem eigenen Label Splinter Industries veröffentlicht. Dadurch haben wir mehr Kontrolle über die ganze Sache, was uns sehr wichtig ist. Es kann so viel falsch laufen, wenn dir andere Leute erzählen wollen, wie alles abzulaufen hat. Wir versuchen immer so viel wie möglich selbst zu machen.

Ihr habt als Vorgruppe von Placebo schon einige Songs vom neuen Album vor Publikum gespielt. Wie waren die Reaktionen?
Wilson: Es war unglaublich, das Feedback war brillant. Wir wussten nicht, was genau bei der Tour passiert, aber wir haben uns mit Placebo schon vorher gut verstanden. Dadurch wurde alles ziemlich witzig und die Gigs waren richtig gut.

Sneaker Pimps war anfangs nur als einmaliges Projekt gedacht, jetzt gibt es schon das dritte Album. In dieser Zeit habt ihr aber auch viel geändert, Chris hat die Sängerin ersetzt, ihr habt euer eigenes Label gegründet…
Wilson: Ja, die Sache mit der Band war nie geplant. Es sollte nur ein gemeinsames Projekt sein, während jeder seinen eigenen Sachen nachgeht. Der Erfolg war dann eine große Überraschung. Wir wollten nie in einer Band sein, nur weil es irgendwie cool ist, in einer Band zu sein. Gute Musik zu machen, darum ging es uns.

Das Leben ist ein Comic, welche Figur bist du?
Wilson: Ich denke, ich wäre Droopy, der Hund bei Tom und Jerry.

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