The Crystal Method

Es ist schon blöd, wenn man immer daran denken muss: hoffentlich stürzt er nicht ab.

Das Breakbeat-Duo The Crystal Method über ihr Studio, die Arbeit mit Musikcomputern und amerikanischen Sound

The Crystal Method

© V2 Records

Ken und Scott, könnt ihr am Anfang ein bisschen über das Studio sprechen, in dem ihr seit eh und je eure Musik produziert?
Scott: Ja, unser Studio befindet sich in einer ehemaligen zwei-Auto-Garage, in einer eigentlich ganz unauffälligen Gegend in Glendale (bei Los Angeles). Das ist eine sehr vorstadtmäßige Wohngegend, also kein Industriegebiet oder so. Es gibt um die Ecke noch einen Bunker aus den 60ern, aus der Zeit der Kuba-Krise, deswegen nennen wir unser Studio auch manchmal Bunker. Ken und ich sind da vor etwa neun Jahren in diese Garage gezogen. Wir wollten ein Studio aufbauen, also haben wir alles schalldicht gemacht, unser Equipment da reingestellt und seitdem alles dort aufgenommen. Im Sommer wird es da drin richtig heiß und bis wir eine Klimaanlage hatten haben wir meistens vom frühen Abend bis spät in die Nacht aufgenommen. Jetzt, wo wir eine Klimaanlage haben, arbeiten wir von mittags um zwei bis Abends um zehn Uhr, meistens fünf Tage die Woche.

Eure Musik entsteht bis auf Rap- und Gesangs-Einlagen ausschließlich am Computer. Seit ihr der dauernden Arbeit am Bildschirm irgendwann mal müde geworden?
Ken: Also, früher sind uns die Computer viel öfter abgestürzt als heute. Wir kennen aber unser System mittlerweile sehr gut und haben da keine großen Probleme mehr mit. Früher haben uns die Computer frustriert, jetzt frustrieren wir uns höchstens selber. Ganz am Anfang war es so, dass wir immer die gerade neuesten Computer und die neueste Software haben wollten. Aber inzwischen haben wir gelernt, unser System nicht immer auf die aktuellsten Sachen zu updaten, sondern immer erst mal abzuwarten, bis die Firmen auch die letzten Bugs aus ihren Programmen entfernt haben.
Aber, so wie die Technologie, die Hardware und Software besser wird, funktioniert eigentlich alles besser – und eigentlich sollten die Geräte ja nie abstürzen. Es ist schon blöd, wenn man immer daran denken muss: hoffentlich stürzt er nicht ab. Das ist nicht-musikalisch, das hat nichts mit deiner Musik zu tun und das ist manchmal schon frustrierend. Der Moment, wo dir dein System erlaubt, problemlos einfach nur Musik zu machen – das ist die ideale Situation.

Wie sehr hat die Entwicklung der Technologie auch die Entwicklung eurer Musik beeinflusst?
Scott: Also, die Dinge sind ein bisschen einfacher geworden, das Musikmachen an sich. Aber wir müssen auch verstehen, dass wir eben nicht dauernd updaten können. Wir können nicht immer das neueste Equipment haben, sonst würden wir ja immer nur Bedienungsanleitungen von den neuen Geräten lesen anstatt wirklich musikalisch kreativ zu sein. Wenn wir ein Album machen und dann meistens ein Jahr auf Tour gehen, dann ist danach auch immer ein bisschen Zeit, wo man sich erinnert, bei welchen Songs man mit welcher Technik gearbeitet hat. Und da die Technik sich laufend verändert, hat das schon seinen Einfluss.

Und das viele Touren, wie beeinflusst euch das? Vor allem in den USA habt ihr ja seit den Bandanfängen eine Vielzahl von Gigs absolviert.
Ken: Das Touren ist insofern wichtig, als dass wir uns bei der Arbeit im Studio nicht nur darauf konzentrieren müssen, wie die Songs im Studio klingen oder zuhause auf dem CD-Player, sondern auch, wie sie später live im Club klingen. Wir sind in letzter Zeit auch wieder sehr viel als DJs auf Tour gewesen, das inspiriert uns genauso. Wenn man sich jede Woche neue Platten kauft, dann will man irgendwann auch wieder selber neue Tracks produzieren.

Was für Platten kauft ihr, kommt da der größere Teil aus Europa oder aus den USA?
Scott: Also, es sind schon sehr viele Platten aus der englischen Breaks-Szene dabei, aber auch aus Australien oder von dem südafrikanischen Produzenten PMT, den wir sehr mögen. Wir lieben die Breaks und ich denke, im Moment ist es auch eine echt gute Zeit für Breaks, das sieht man ja an DJs wie Rennie Pilgrem und Adam Freeland, den Plump DJs und auch an Labels wie TCR oder Fingerlickin‘ – solche Platten legen wir einfach sehr gerne auf in den Clubs.

Als ihr vor kurzem in Berlin euer neues Album "Legion of Boom" präsentiert habt, sagte jemand zu mir, euer Sound wäre typisch ‚amerikanisch‘. Was könnte das bedeuten und stimmt ihr dem zu?
Scott: Klar, wir sind ja Amerikaner.

Aber würdet ihr sagen, dass sich in der elektronischen Musik der amerikanische Sound zum Beispiel vom europäischen unterscheidet?
Scott: Ich denke schon. Also, wenn man unsere erste Single vom neuen Album nimmt, "Born Too Slow", die finde ich sehr amerikanisch, weil sie so einen souligen Rocksänger dabei hat, der aus Kalifornien kommt. Es sind insgesamt einfach die amerikanischen Einflüsse unter denen wir all die Jahre gestanden haben.
Ken: Also, ich weiß nicht, was der amerikanische Sound ist.

Es gibt auf eurem neuen Album auch einen Track mit dem Titel "American Way".
Ken: Ja, das ist wirklich amerikanischer Sound, das stimmt. In dem Song geht es darum, dass die USA in letzter Zeit viel auf eigene Faust gemacht haben ohne in irgendeiner Weise die Konsequenzen zu berücksichtigen. Das war die Idee zu dem Song und der Rapper Razhel (The Roots) hat das sehr persönlich ausgedrückt, wie ich finde. Also, der Song hätte amerikanischer eigentlich nicht sein können. Es ist eine zynische Betrachtung der Ereignisse der jüngsten amerikanischen Vergangenheit. Und: unser "American Dream" wäre natürlich, wenn George W. Bush bei den nächsten Wahlen abtreten würde.

Seht ihr denn in elektronischer Musik Platz für politische Statements?
Ken: Das ist schon nicht so einfach. Wir benutzen ja kaum Texte, wobei unsere aller erste Single ein Sample von Martin Luther King enthielt und unsere zweite Single ein Sample von Jesse Jackson. Wir sind also schon eher linksgerichtet, aber wir werfen das den Leuten eher selten an den Kopf. Wir sind ja auch keine typischen Songwriter. Aber die Leute, die uns und unsere Musik kennen, die wissen eigentlich, wo wir politisch stehen.

Zum Schluss die Frage, die ihr wohl schon oft beantworten musstet: woher kommt der Name "The Crystal Method"?
Ken: Da gab es mal ein Mädchen und die hieß Crystal …
Scott: Ja, wir wollten zusammen in einen Club gehen. Eine Freundin war dabei und uns begegnete irgendein Rapper, der uns fragte, wie sie heißt. Wir sagten "Crystal" – und er antwortete nur "Aha, the Crystal Method". Wir dachten, diese drei Wörter klingen gut zusammen und haben das gleich aufgeschrieben. Als wir dann ein paar Jahre später die Band gründeten haben wir uns sofort für diesen Namen entschieden.

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