Joachim Król

Ich muss nicht auf jede Bussi-Veranstaltung gehen.

Joachim Król über eine Rolle als Kommissar „Lutter“, deutsche Krimis, Klatschspalten, und seine Motivation als Schauspieler zu arbeiten

Joachim Król

© Michael Böhme / ZDF

Herr Krol, im Fernsehen gibt es momentan eine Art Krimiexplosion, immer wieder kommen neue Krimi-Reihen ins Programm. Was ist der Grund dafür?
Król: Ich glaube, dass wir dieses Format besonders gut können. Offensichtlich ist in den Jahrzehnten Fernsehgeschichte hier etwas entstanden, was man als richtig gutes Handwerk bezeichnen kann. Etliche in Deutschland produzierte Krimis sprechen auch im Ausland die Zuschauer an und werden deshalb gerne importiert.

Mich interessiert Ihre Meinung bezüglich der Zuschauer. Die große Lust der Deutschen auf Krimis, auf Morde und Polizeiarbeit – woher kommt diese Lust?
Król: Das mag ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass es für einen Schauspieler in Deutschland ein interessantes Arbeitsfeld ist. Es bietet eine gute Art und Weise als Schauspieler sein Geld zu verdienen. Wenn man dann noch das Angebot erhält in diesem Arbeitsfeld etwas Neues zu kreieren, dann ist das eine ganz feine Sache. Wenn man beispielsweise in Amerika mit Kollegen spricht und erzählt, dass man ein eigenes Format im deutschen Fernsehen hat, dann stehen die erst mal auf und ziehen den Hut. Aus deren Sicht ist das eine ganz große Auszeichnung für einen Schauspieler.

Was glauben Sie, wird Ihre neue Krimireihe „Lutter“ ein Erfolg?
Król: Ich gehe davon aus. Wir haben uns bei "Lutter" sehr viele Mühe gegeben; deshalb hat es auch eine ganze Weile gedauert, bis wir angefangen haben. Wir betrachten die beiden fertigen Filme als ersten Wurf – es ist die Stunde Null unter besseren Vorzeichen. Das bedeutet auch, dass alle, die weiter an der Reihe arbeiten, Mit diesen beiden Ergebnissen konfrontiert sind: Ergebnisse, bei denen vielleicht noch nicht alles funktioniert, aber einiges genauso ist, wie wir es haben wollten. Darauf kann man sich in Zukunft beziehen, manches verstärken oder manche Dinge anders machen.

Wie kam es eigentlich zu dieser Rolle als Kommissar? Haben Sie auf so ein Angebot gewartet?
Król: Jein. In meiner Biografie gibt es immer wieder Momente, wo man Leute trifft, sich austauscht und feststellt, dass man ähnliche Ideen im Kopf hat. Das war bei der Reihe "Brunetti" so, das war beim Kinofilm "Lautlos" so und das war jetzt mit Heike Hempel vom ZDF für die Krimireihe "Lutter" so. Heike Hempel ist zum richtigen Zeitpunkt auf mich zugekommen und hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen kann, meine Fernsehpräsenz wieder mehr zu betonen. Ich habe sofort meine Ideen vorgestellt und traf auf Zustimmung.

Das Ruhrgebiet als Schauplatz ist ein stark prägendes Merkmal der Serie. Stand dieses Merkmal schon am Anfang fest?
Król: Das war relativ schnell beschlossen. Köln, Duisburg, Hamburg, München sind alle schon besetz. Warum sollte ich auch noch in Berlin drehen? Das Ruhrgebiet als Schauplatz war einfach der konsequenteste und erste Gedanke. Außerdem ist das Ruhrgebiet im Fernsehen definitiv unterrepräsentiert.

Sie haben mal gesagt, Sie schauen selbst eher selten Krimis. Warum?
Król: Das mit dem Film- und Fernsehkonsum ist so eine Sache, wenn man den Beruf selbst ausübt. Ich glaube, dass auch Sie als Journalist eine Zeitung anders wahrnehmen, als der durchschnittliche Leser. Ich gucke einen Film, wenn das ein Hammerding ist. Aber das ist selten der Fall.

Worauf achten Sie als Zuschauer bei einem Film?
Król: Vor allem aufs Handwerk oder auf das, was die Kollegen machen. Auf die Qualität des Drehbuches und die Umsetzung des Regisseurs, immer ein bisschen auch auf der Suche nach Namen, die ich mir für meine eigenen Filme merken sollte.

Einen guten Film können Sie dann aber auch genießen?
Król: Ja, wobei mich bei den richtig Guten auch ein leiser Ärger beschleicht, nicht dabei gewesen zu sein. Ich bin aber nicht ständig neidvoll erschüttert, wenn ich ein gutes Werk sehe. In Köln sagt man, man muss auch gönnen können.

Inwieweit profitiert die Krimireihe „Lutter“ vom Erfolg des „Brunetti“?
Król: Ich glaube überhaupt nicht. Das hat nichts miteinander zu tun. Wenn die Leute sagen, ich sehe mir "Lutter" an, weil ich den Schauspieler Joachim Krol sehen möchte, wäre mir das am liebsten.

Warum?
Król: Das ist die Form von Popularität, die ich mir wünsche, denn es zeigt, dass die Leute gute Arbeit anerkennen, besser kann man einen Schauspieler nicht belohnen. Wenn die Leute den "Lutter" sehen wollen um Joachim Krol zu sehen, dann bin ich noch glücklicher als ich zurzeit schon bin.

Die Belohnung für einen Fernseh-Schauspieler ist dann eine gute Quote?
Król: Wenn wir das hässliche Wort benutzen wollen, „Brunetti“ hat gute Quote gemacht. Und ich habe auch mit dem "Keiler" – einem Einzelfernsehspiel mit einer sehr anspruchsvollen Geschichte – eine Riesenquote gemacht im ZDF. Wenn „Lutter“ ein Erfolg wird, dann steht es endgültig fest, dass ich ein Fernsehpublikum habe. Und dann können wir die nächsten zwanzig Jahre darauf aufbauen (lacht).

Sie scheinen Rollen zu suchen, die zu Ihrer Ausstrahlung und zu Ihrer Person passen und damit authentisch wirken. Macht das Ihren Erfolg aus, oder nehmen Sie auch Rollen an, bei denen Sie nicht wissen, ob Sie die Figur überzeugend darstellen können?
Król: Da fängt ja die Arbeit an. Wenn man weit weg ist von der Rolle, dann muss man mehr Hebelpunkte suchen. Als Beispiel nehmen Sie den jüdischen Restaurantbesitzer Laszlo Szabo in Budapest in den 30er Jahren, den ich in dem Film „Gloomy Sunday“ gespielt habe. Das ist ziemlich weit weg von meiner Biografie und meiner Persönlichkeit. Trotzdem glaube ich, ist mir damit eine sehr komplette Figur gelungen, die authentisch gewirkt hat. Einer meiner Lieblingsfiguren. Also man muss nicht in die Nähe seiner Heimat kommen um authentisch zu sein.

Man weiß wenig Privates über Joachim Krol. Halten Sie sich da ganz bewusst zurück?
Król: Ich habe den leisen verdacht, dass Kolleginnen oder Kollegen, die sich darüber beklagen, dass ihr Privatleben so ausgestellt wird, sehr darunter leiden würden, wenn es nicht so wäre. Mir bedeutet diese Art der Aufmerksamkeit nichts und deshalb fehlt sie mir auch nicht. Ob Sie es jetzt glauben oder nicht, aber mir macht ein Interviewtermin wie heute Spaß, weil das nicht so häufig habe. Ich bekomme gute Feedbacks – ich kann überprüfen, wo ich stehe. Ich muss aber nicht auf jede Bussi-Veranstaltung gehen, um mir dieses Feedback zu holen.

Können Sie es sich leisten, auf den Boulevard zu verzichten?
Król: Dass der Boulevard immer wichtiger geworden ist, ist aus meiner Sicht in Ordnung. Aber ich finde meinen eigenen Weg. Und ich glaube, ich habe mir ein gutes Standing erarbeitet über meine Produkte. Dass ich jetzt für "Lutter" bereit bin, das große Presse-Rad zu drehen liegt daran, dass ich überzeugt bin von der Produktion. Aber ich werde mich nicht erkundigen, in welcher Bar in Hamburg ich auftauchen muss, damit ich morgen in der Klatsch-Spalte stehe. Das werden Sie bei mir nicht erleben.

Sie sprechen von Filmen als Produkten – das klingt nach Planung, Kalkulation. Ist eine gute Planung für die Schauspieler-Karriere unerlässlich, oder darf man sich als Schauspieler auch treiben lassen?
Król: Das sind die beiden äußeren Punkte. Sich um gar nichts zu kümmern oder sich treiben zu lassen geht nicht. Weil man sich selber dann um Chancen beraubt, Dinge nicht wahrnimmt, die wichtig sind. Andererseits plane ich selbst nicht allzu viel. Dafür bin ich ein viel zu guter "Nein"-Sager. Ich kann mich besser gegen Dinge entscheiden als für sie. Vor zehn Jahren, hätten mich langfristige Projekte über einen Zeitraum von zwei Jahren beunruhigt.

Nun lassen Sie sich mit der Reihe "Lutter" auf ein Experiment ein…
Król: Aber auf ein sehr luxuriöses. Zwei Filme pro Jahr ist ein Angebot, dass mir entgegen kommt. Dieser Sendeplatz ist ein Kompliment an mich von den Machern. Wenn ich das eine Weile pflegen könnte, das wäre mir recht.

Was treibt Sie als Schauspieler an?
Król: Ich bin unheimlich gern auf der Probe, was das Theater angeht. Ich liebe den Moment der Unausweichlichkeit, wenn der Vorhang aufgeht, weil er komplett gegen meine Natur ist. Das ist ein Moment der Selbst-Therapie. Beim Film schätze ich die Arbeit im Team, ich kann ein Team sehr gut „lesen“. Für mich zählt nicht nur das Ergebnis, also die 90 Minuten Filmgenuss. Den Applaus oder die Kritik nimmt man gerne mit, aber ich mag auch die sechs Wochen Arbeit, die in einem Projekt stecken.

Dann haben Sie Ihren Beruf gefunden…
Król: Ich habe meinen Beruf gefunden. Leider gibt es viel zu viele Menschen, die ihr Leben lang Dinge tun, die sie entweder unterfordern oder überfordern oder die am falschen Ort stattfinden. Ich meine, da brauchen wir eine Revolution im deutschen Schulsystem: Die Leute müssen lernen, sich früher für sich selber zu interessieren.

Ein Kommentar zu “Ich muss nicht auf jede Bussi-Veranstaltung gehen.”

  1. www.mausnasen.de |

    klasse!

    hätte ihn so nicht eingeschätzt! ist sogar sozialkritisch! sehr gutes interview!

    mausnasen.de (magazin)

    :-)

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