Steve Buscemi

Wir vergaßen, dass wir Kameras um uns herum hatten.

Steve Buscemi über seinen Film "Interview" und eigene Interviews

Steve Buscemi

© Cinemavault

Herr Buscemi, in Ihrem Film „Interview“ geht es nicht zuletzt um das Vertrauen zwischen Schauspielern und Journalisten. Was Interviews anbelangt: In Deutschland wollen die meisten Schauspieler „autorisieren“ bevor ein Interview veröffentlicht wird, wie ist das in den USA?
Buscemi: Sie meinen, die Schauspieler bekommen in Deutschland die Interviews zu lesen, bevor sie veröffentlicht werden? Wow. Das würde ich mir auch wünschen. (lacht) Nein, in den USA ist das anders. Es ist wie im Original-Film „Interview“ von Theo van Gogh, wo der Journalist Pierre die Schauspielerin Katya direkt zu Hause besucht. Das geschieht auch in Wirklichkeit, wir lassen die Journalisten in unser Haus hinein.
Aber normalerweise, wenn wir Schauspieler ein Interview geben, bekommen wir es nicht zu lesen, bevor es herauskommt. In den meisten Fällen wird ein Interview auch so gedruckt, wie ich es erwartet habe. Es kommt auch mal vor, dass ich falsch zitiert werde. Und einmal habe ich ein Telefon-Interview mit einem Journalisten für ein englisches Medium geführt. Als ich das später las, saßen ich und dieser Typ, wer auch immer er war, in einer Bar. Ich trank – ok, das hätte vielleicht auch gestimmt, wenn ich wirklich da gewesen wäre. Er oder sein Chefredakteur haben sich aber noch mehr Freiheiten genommen. Sie ließen mich dauernd „Fuck“ und andere unschöne Worte sagen. Und dann kam auch noch Tim Roth in diese Bar. Und der Dialog zwischen uns, der dann folgte, stammte aus einem Interview, das ich mal Tim Roth gegeben hatte für das „Interview Magazine“ vor ein paar Jahren. Das war schon sehr komisch.
Aber trotzdem, im Großen und Ganzen vertraue ich den Journalisten. Und ich muss sagen, meine besten Interviews waren die, wo es zu einem richtigen Gespräch kam. Wo ich mich nicht so fühlte, als würde ich gerade interviewt werden. Das sind für mich die besten gewesen.
Es gibt sehr viele gute Journalisten, von denen hatte ich auch viele bei meinen Interviews. Und es gibt welche, wo ich meine ganze Lebensgeschichte erklären muss, zum hundertsten Mal. Aber letzten Endes kann ich auch das verstehen. Die wollen die Geschichte direkt aus erster Hand haben und nicht aus einer Biographie oder einer Pressemappe.

Wie kam es dazu, dass Sienna Miller für den Film ausgewählt wurde?
Buscemi: Als ihr Name das erste Mal fiel, wusste ich ehrlich gesagt gar nicht, wer sie war. Ich kannte ihre Filme nicht. Sie hat ja auch nur ein paar gemacht: „Alfie“, „Layer Cake“, „Casanova“ der aber noch nicht in den Kinos lief…
Ich wollte niemanden casten, nur weil diejenige Person in der Boulevardpresse bekannt ist. Ich brauchte wirklich eine Schauspielerin, die mit dieser Rolle umgehen können würde und dafür die besten Schauspielfähigkeiten hat. Dann habe ich mir die erwähnten Filme angeschaut und beim Bonusmaterial auf der „Layer Cake“-DVD habe ich ein Interview mit ihr über den Film gesehen. Wo sie einfach sie selbst war, über die Rolle gesprochen hat, die sie gespielt hat – und da war etwas in ihrer Persönlichkeit, wo ich dachte, dass sie diese Eigenschaften in die „Interview“-Rolle einbringen könnte. Und ich sah, dass sie so anders war, als die Rollen, die sie gespielt hat. Ich merkte, dass sie eine gute Schauspielerin ist. Das war am Ende auch das wichtigste Kriterium für mich.

Warum haben Sie bei „Interview“ nun selbst gespielt und Regie geführt?
Buscemi: Ich wollte bei diesem Film anfangs nur Regie führen und die Rolle des Journalisten von jemand anderem spielen lassen. Aber im Hinterkopf hatte ich, dass das eine großartiger Part ist.
Es war allerdings auch einschüchternd, weil Pierre Bokma im Original einen so guten Job gemacht hat. Überhaupt alle, die am Original mitgearbeitet hatten, haben das großartig gemacht, sie haben die Latte sehr hoch gelegt. Es war dann meine Frau, die mich dazu gebracht hat, die Rolle zu übernehmen.
Ich wusste bei dieses Team, das ja auch das Original gedreht hat, dass ich in guten Händen bin. Dass ich in diesem Film selbst spielen und großes Vertrauen in das Team haben kann.
Wir haben ja auch nicht viele Aufnahmen geplant gehabt. Ich habe Theo van Gogh nicht kennen gelernt, aber ich habe von vielen seiner Kollegen erfahren, dass er Schauspieler liebte. Deswegen kam es auch zu dieser besonderen Art, den Film zu drehen. Mit drei Kameras, so dass wir als Schauspieler frei sein konnten, von all den Dingen, auf die man beim Drehen normalerweise achten muss: das man eine Markierung trifft, sich in ein bestimmtes Licht stellt, eine Einstellung über die Schulter macht, sich umdreht, es andersrum macht, die andere Person ist Off camera (im von der Kamera nicht erfassten Bereich) – normalerweise spiele ich sowieso am besten Off camera (lacht). Hier war es toll, die ganze Zeit mindestens eine Kamera auf mich gerichtet zu haben. So konnte am Ende immer etwas eingefangen werden. Wir vergaßen, dass wir Kameras um uns herum hatten. Obwohl da drei Kameraleute waren. Das war großartig.
Wir haben vorher zwei Wochen den Film geprobt, wie ein Theater-Stück, dann haben wir es chronologisch gedreht, was außerdem noch sehr selten ist bei Filmprojekten.
Aufgrund all dieser Dinge war ich irgendwann zuversichtlich, dass ich Regie führen und gleichzeitig spielen könnte.

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