Laura Karasek

Ich bin immer ein bisschen unseriös.

Laura Karasek ist aktuell mit der zweiten Staffel ihrer Sendung „Zart am Limit“ im TV zu sehen. Im Interview spricht die Autorin und Moderatorin über ihre Homebase ZDFneo, zweischneidige Komplimente, warum sie als Journalistin für die „Bild“ gearbeitet hat und darüber, dass Seriosität und Sexyness kein Widerspruch sein muss.

Laura Karasek

© ZDF / Steffen Matthes

Frau Karasek, als kürzlich bekannt wurde, dass die Journalistin Lea Wagner zukünftig in der ARD-Sportschau zu sehen sein wird, berichtete der Focus mit den Worten „Hübsche Tochter von Schalke-Trainer wird Sportschau-Moderatorin“. Was halten Sie von so einer Überschrift?
Karasek: Da gibt es zwei Dinge, die schwierig sind, das „hübsche“ und das „Tochter von“. Auf die „Tochter“ reduziert zu werden ist mir natürlich vertraut, wobei ich darunter nicht wirklich gelitten habe. Mein Vater hat mir viel mitgegeben, es wurde bei uns zuhause immer laut und lebhaft diskutiert, über Literatur, Menschen, Gesellschaft usw. Ich habe mich nie geniert, seine Tochter zu sein.
Die Beschreibung „hübsch“ ist natürlich ein zweischneidiges Schwert. Einerseits haben wir Frauen es satt, dass immer zuerst das Äußerliche kommentiert wird. Andererseits, wenn es ein Kompliment ist, gibt es auch einen kleinen narzisstischen Teil in mir, der sich darüber freut.

Werden wir auch in Zukunft noch häufig diese Reduzierung auf Äußerlichkeiten erleben?
Karasek: Also, wenn es geschieht, dann sollte es bei Männern genauso gemacht werden. Es gab 2019 auf Twitter den Hashtag #dichterdran, unter dem Schriftsteller und Politiker einmal so beschrieben wurden, wie sonst nur Frauen beschrieben werden. Wenn man zum Beispiel sagt: „Deutlich schlanker als beim letzten Mal begrüßte Horst Seehofer mit Rehaugen die Presse“ führt das zu einer großen Komik.
Ich nehme aber auch wahr, dass das „Slutshaming“, also beispielsweise zu sagen, eine Frau sieht „billig“ oder „tussig“ aus, weniger geworden ist. Wobei das ja nicht nur von Männern kommt, es gibt leider noch immer Redakteurinnen von Frauenzeitschriften, die meinen, das Kommentieren von Äußerlichkeiten sei total in Ordnung.

In Ihrem Buch „Ja, die sind echt“ stellen Sie die Frage: Kann man heute „gleichzeitig seriös und sexy“ sein?
Karasek: Ich habe den Eindruck, dass sich da gerade etwas tut. Es gibt immer mehr das Verständnis, dass jeder das Recht hat, so auszusehen wie er oder sie will. Eine Frau mit fünf Kilo Schminke im Gesicht kann genauso emanzipiert sein und Doktortitel haben wie ihre Kollegin, die sich fünf Tage nicht die Haare wäscht. Ja, man kann sexy und seriös zugleich sein. Und wenn dann der Vorwurf kommt „du machst das nur für die Männer“ kann ich sagen: Nein, ich mache das schon auch für mich selbst.
Man kann natürlich fragen, wie sehr das Selbstbild heutzutage durch Social Media geprägt ist. Warum denke ich, ich müsste so und so aussehen? Ist daran das Patriarchat schuld?

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Das Fernsehen lebt heute mehr von Authentizität.

Laura Karasek

Sie selbst legen viel Wert auf Ihr Äußeres, wie man zum Beispiel auf Instagram sehen kann. Gibt es ein Schönheitsideal, das Sie geprägt hat?
Karasek: Ich war immer ein Fan von Marilyn Monroe, ihre Filme habe ich früher mit meinen Eltern geschaut. Auch Greta Garbo und Marlene Dietrich fand ich toll. Heute stehe ich zum Beispiel auf Jennifer Lawrence oder Scarlett Johansson, ich finde auch Lana Del Rey sieht super aus. Es gibt schon Frauen, die ich optisch sehr bewundere, ich gucke auch eher Frauen hinterher als Männern.

Wird die Debatte um das Frauenbild auch Teil Ihrer Sendung „Zart am Limit“ bei ZDFneo sein?
Karasek: Klar! Es wird zum Beispiel um Themen wie Selbstoptimierung, Selbst- und Fremdwahrnehmung gehen. Wie stelle ich mich in Social Media oder der Öffentlichkeit dar, wie viel davon ist echt? Es wird auch eine Sendung zum Thema Schönheit geben, wir sprechen über das Altern, über die Frage, warum es so wenig Rollen für Frauen über 50 gibt.
Es passiert ja auch mir, dass ich von Typen Kommentare höre wie „für dein Alter siehst du echt noch gut aus“ Oder „Du siehst gar nicht aus wie eine Mutter!“

Wie reagieren Sie dann?
Karasek: Ich Depp sage da noch „Danke“. Weil ich in dem Moment so perplex bin. Ich war mir viele Jahre nicht bewusst, wie viel Unterdrückungsmechanismen ich verinnerlicht habe, so war man konditioniert. Man fühlt sich gebauchpinselt, man sieht es als Kompliment. Auch wenn ich gehört habe ‚die hübsche Tochter‘ – wenn man, wie ich, unter Selbstzweifeln leidet, dann freut man sich über so etwas, man bemerkt nicht, dass dahinter auch ein ganz fataler Kleinmachungsmechanismus steckt.

Welche Veränderungen gibt es bei der zweiten Staffel von „Zart am Limit“?
Karasek: Wir haben uns auf zehn Folgen gesteigert, wir sind in eine andere Bar umgezogen, es wird aber auch wieder am Tresen diskutiert und es wird auch wieder Spiele geben. Wir versuchen, Unterhaltung mit Tiefgang zu verbinden. Mich hat es schon oft geärgert, wenn das beides so strikt voneinander getrennt wird. Wenn zum Beispiel in der Literatur abwertend gesagt wird, ein Buch sei ja ’nur Unterhaltungsliteratur‘ oder ’nur Frauenliteratur‘. Oder wenn ich an frühere Kollegen in der Anwaltskanzlei denke, die es total unseriös finden, wenn jemand zum Fernsehen geht, die das sofort als seicht abtun. Ich hoffe, dass sich dieses Schubladendenken ein bisschen auflöst.
Insofern ist es in meiner Sendung eine Mischung: kurzweilig, auch mal frech, derb, die Sprache auch heftig ist, aber gleichzeitig werden Themen behandelt, die mich und meine Generation bewegen – und wir kratzen nicht nur an der Oberfläche.

In der ersten Staffel haben Sie zum Beispiel Interviews in einem ‚Pornobus‘ geführt und gefragt, wie Sperma schmeckt. Ist das mehr Unterhaltung oder Information?
Karasek: Das ist einerseits Unterhaltung, andererseits hatte dieser Einspieler den gesellschaftlichen Hintergrund, zu gucken, wie viel oder wie wenig Männer und Frauen über das andere Geschlecht wissen. Wir haben ja nicht nur solche Fragen gestellt! Wie gebildet sind wir beim Thema Sexualität, wo muss noch Aufklärungsarbeit geleistet werden, was wissen wir über das eigene Geschlecht?
Erfreulicherweise kam dabei heraus, dass die meisten Männer wissen, wann eine Frau ihre Tage hat, oder wie lange eine Schwangerschaft dauert.

Als Sie kürzlich auf Instagram einen Auftritt in der Sendung „timeline“ bewarben, haben Sie geschrieben: „finally bin ich da angekommen, wo ich immer hin wollte: Endlich seriös, endlich Primetime.“ Wie viel ernst, wie viel Ironie steckte in dem Satz?
Karasek: Das war schon ironisch gemeint, auch wenn Ironie auf Social Media manchmal schwierig ist. Ich bin Fan und Freundin von Micky Beisenherz und es war schön, mit ihm und Kevin Kühnert in einer Sendung zu sitzen. Und es war natürlich ein Appell ans ZDF, mich endlich in das Hauptprogramm und in die Primetime zu holen (lacht).

Sie waren also nicht früher unseriös?
Karasek: Ich bin immer ein bisschen unseriös. Das zeichnet mich hoffentlich auch aus. Man muss nicht alles so ernst nehmen – vor allem nicht sich selbst.

Sie haben mehrere Jahre als Rechtsanwältin gearbeitet – und waren kurzzeitig Autorin bei der „Bild“. War das eine verdeckte Recherche?
Karasek: (lacht) So im Stile Günter Wallraffs? Nein. Ich fand es durchaus spannend, mal für die „Bild“-Zeitung zu arbeiten und zu sehen, wie dort die Mechanismen funktionieren. Das war sehr lehrreich. Ich habe ja dort nicht politisch gearbeitet, sondern über Literatur und die Buchmesse geschrieben. Aber es kommt jetzt kein Enthüllungsroman von mir über den Boulevard-Journalismus. Außerdem schreibe ich ja auch für den „Stern“ und für andere Magazine.

Wir sprachen vorhin über die Reduzierung von Frauen auf ihr Äußeres. Diese wurde und wird insbesondere von „Bild“ massiv betrieben…
Karasek: Naja, man muss ja nicht alles gut finden. Ich weiß, dass die „Bild“-Zeitung extrem polarisiert. Ich selber habe einmal nach dem Abitur für die „Bild“ gearbeitet, innerhalb eines Praktikums. Und dann habe ich einmal als Kolumnistin für die „Bild“ von der Frankfurter Buchmesse berichtet. Das war eine schöne Tätigkeit, bei der ich zum Beispiel Michel Houellebecq kennen lernen durfte, wodurch sich ein Traum von mir erfüllt hat. Ich finde, über die Buchmesse zu schreiben für die „Bild“, daran ist nichts verwerflich.
Ich habe mich immer eher im Unterhaltungs- und Gesellschafts-Ressort aufgehalten, ich schreibe ja auch Kolumnen für den „Stern“, habe für die „Gala“ und den „Focus“ und andere geschrieben. Aber vor allem schreibe ich Bücher.

Ihr Vater sagte im Interview, das ich mit ihm führte: „Ich würde nie eine politische Entscheidung nach „Bild“ treffen.“ Stimmen Sie da mit ihm überein?
Karasek: Ich glaube, die politische Entscheidung, die man trifft, ist heutzutage durch sehr vieles beeinflusst, auch durch Facebook, soziale Medien und bestimmt auch durch die „Bild“.

Ihr Vater war der Ansicht, dass „die „Bild“-Zeitung generell mehr in Anführungszeichen gelesen wird“, sprich man müsse die dortige Berichterstattung nicht so ernst nehmen.
Karasek: Ich nehme jedes Medium ernst.

Dann lassen Sie uns noch über ZDFneo sprechen. Wie sehen Sie den Sender?
Karasek: Ich mag ZDFneo, das ist meine Homebase, ich fühle mich da sehr wohl. Es gibt eine Redaktion, die auch zum Hauptsender ZDF gehört. Ich finde es gut, dass Neo sehr innovative Formate macht. Das „Neo Magazin Royale“ gefiel mir sehr, auch die Dokumentation von Collien Ulmen-Fernandes „No More Boys and Girls“. Und ich schätze die Leichtsinnigkeit und das Vertrauen von ZDFneo, mir direkt eine eigene Sendung zu geben. (lacht)

© ZDF / Steffen Matthes

© ZDF / Steffen Matthes

Was waren für Sie die wichtigsten Erfahrungen, die Sie als Moderatorin aus der ersten Staffel mitgenommen haben?
Karasek: Ich habe vor allem gelernt, dass das Fernsehen sich heute etwas gewandelt hat. Es ist weniger steif vielleicht, lebt mehr von Echtheit und Authentizität. Es ist nicht mehr wie in den 90er Jahren, wo man die Showtreppe runterkam und nichts schiefgehen durfte.
Heute kann man in einer „Personality-Show“ durchaus man selbst sein, ich muss mich bei „Zart am Limit“ nicht spielen, sondern ich kann mir Themen suchen, die mich wirklich interessieren, von Homophobie über Alltagsrassismus, Selbstoptimierung, Ängste, Konsum bis hin zum Thema Kinderwunsch. Dass ich mich da selbst so einbringen kann, hatte ich gar nicht erwartet.
Eine weitere Erfahrung war, dass ich bei den ersten Aufzeichnungen unfassbar aufgeregt war. Wobei ich auch sage: Die Aufregung tut mir gut, ich liebe es, aufgeregt zu sein, das finde ich spannend. Nichts ist langweiliger als wenn das Leben völlig glatt verläuft. Ich brauche die Spitzen und auch die Tiefen. Diesen ständigen Wechsel aus Euphorie und Angst.

Sie sagen, Sie müssen sich nicht spielen – sitzen Sie bei ZDFneo genauso lange in der Maske wie zuhause?
Karasek: Ich weiß gar nicht, wieso Sie denken, ich würde zuhause in der Maske sitzen. Ich bin ja oft ungeschminkt. Ich sitze beim ZDF natürlich in der Maske, aber auch weil für mich die Maskenzeit wie so ein kurzer Wellness-Urlaub ist. Da muss ich mich inhaltlich mit nichts beschäftigen, kann mit der Maskenbildnerin plaudern und lachen, sie wuselt mir durch die Haare, das beruhigt mich, ich habe keine Verantwortung und auch kein Handy in der Hand.

Das Programm von ZDFneo besteht heute zu rund 90% aus Wiederholungen. Können Sie sich mit diesem Programmkonzept identifizieren?
Karasek: Das ist doch ein Segen für mich, ich bin lieber einäugig unter Blinden (lacht). Nein, im Ernst, ich finde Wiederholungen auch wichtig und richtig, ich bin selbst in vielen Dingen Wiederholungstäterin und denke: Es gibt so aufwendige und teure Produktionen, es wäre schade, wenn die sich einfach versenden. Man kriegt ja auch manches gar nicht mit. Ich finde es total schön, dass ZDFneo auf wenige, aber sehr hochwertige Formate setzt.

Die erste Staffel von „Zart am Limit“ war nach sechs Monaten schon wieder aus der Mediathek verschwunden. Wären Sie dafür, dass man Ihre Sendung länger als sechs Monate online sehen kann?
Karasek: Ja, ich wäre dafür, dass man meine Sendung länger, immer und gerne auch um 20:15 Uhr sehen kann (lacht).

Wird man Sie über „Zart am Limit“ hinaus auch in Zukunft als Moderatorin sehen?
Karasek: Wenn das ZDF mich weiter will, klar! Ich wollte jetzt nicht sofort wieder Anwältin werden, ich habe den Job ja gerade erst aufgegeben.

Nun sind Sie ja auch noch Buchautorin und haben kürzlich Ihren zweiten Roman „Drei Wünsche“ veröffentlicht…
Karasek: Ich würde auch sehr gerne noch Drehbücher schreiben und es wäre ein Traum, wenn eins meiner Bücher verfilmt wird… Außerdem würde ich gerne mal im „Traumschiff“ mitspielen, oder synchronsprechen – ich habe noch viele Träume. Im Moment ist es das Schreiben, das Moderieren und das Singen.

Wir sprachen eingangs über Vorurteile. Wie ist das nun, wenn Sie jemanden kennen lernen und diese Person weiß Nichts mit Ihrem Nachnamen anzufangen. Denken Sie dann: Bildungslücke! – Oder ’super, ich werde nicht als Promi-Tochter wahrgenommen‘?
Karasek: Beides. Einerseits denke ich ‚Wie schade, dass er vergessen wird‘, weil ich meinen Vater wirklich bewundert habe und sein Tod sehr schmerzhaft für mich war. Auf der anderen Seite war es aber auch so, dass ich es als Kind genossen habe, im Ausland zur Schule zu gehen. Diese Situation, ein unbeschriebenes Blatt zu sein: Niemand hat Erwartungen an Dich… Dagegen ist der Begriff ‚Promi-Kind‘ ja schon negativ konnotiert. ‚Du hast es leichter gehabt als andere, du kannst weniger als andere, und jetzt machst du auch noch so etwas Ähnliches wie dein Vater, aber du hast bestimmt nicht so viel gelesen‘ – damit gehen leider viele negative Schwingungen einher. Insofern weiß ich es zu schätzen, wenn die mal wegbleiben. Ich hab ja Jura studiert und nicht nur auf roten Teppichen rumgelungert.
Andererseits, wenn man denkt, ich sei total gebildet, nur weil ich Karasek heiße, hat das auch seinen Vorteil – dann fällt wenigstens keinem auf, dass ich natürlich – wie jeder – auch Wissenslücken habe. (lacht)

„Zart am Limit“, donnerstags 22.15 Uhr auf ZDFneo und in der ZDF-Mediathek

[Das Interview entstand im Februar 2020.]

2 Kommentare zu “Ich bin immer ein bisschen unseriös.”

  1. nicki (RBB-Netz) |

    warum wird hier immer nur nach der bild gefragt. tolle Zeitung, meiner Meinung nach. ihr mögt die nicht so oder? wird deutlich aber sollte man nicht immer so raushängen lassen, das könnte auf einen zurückfallen

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  2. schröder (RBB-Netz) |

    ich kenne nur Helmut karasek

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