Fritz Wepper

Ich fühle mich nicht als Rentner.

Schauspieler Fritz Wepper über den Erfolg der Serie „Um Himmels Willen“, die Situation des deutschen Films, wie er zum Schauspiel gekommen ist und dass ihm sein Beruf immer mehr Spaß macht

Fritz Wepper

© ARD / Barbara Bauriedl

Herr Wepper, Sie spielen in „Um Himmels Willen“ den Bürgermeister Wöller. Seit 2002 gibt es die Serie nun schon, es ist ein Quotenhit – wie erklären Sie sich diesen Erfolg?
Wepper: Die Konkurrenz ist stark, aber ich glaube, der Erfolg erklärt sich aus der Geschichte. Wir haben eine ungeahnt gute Geschichte aufgetan und haben uns längst von dem Don-Camillo-und-Peppone-Image freigeschwommen. Das Ränkespiel zwischen himmlischer Macht und weltlicher Macht ist auch als Unterhaltungsfilm sehr facettenreich und dankbar als Thema. Wir bieten tragisch-traurige aber auch humorvolle, komische Situationen an. Und wenn man sich die Publikumsresonanz anschaut, scheint das sowohl jungen Zuschauer als auch den älteren Semestern zu gefallen. Es ist für jeden etwas drin.

Was bietet speziell Ihre Rolle in der Serie?
Wepper: Der Bürgermeister Wöller – den ich spiele – hat speziell durch seinen grantigen und kantigen Charakter eine Art Alibifunktion. Der Zuschauer lehnt die Person erst ab; der Wöller ist nicht gleich sympathisch. Aber manchmal erfülle ich ja doch bewusst oder unbewusst gewisse Dinge, die der ein oder andere Zuschauer gern mal seinem Chef sagen würde – aber sich nicht traut, weil die Beschäftigung auf dem Spiel steht. Der Wöller macht das dann einfach und diese Konflikte sind unterhaltsam.

Wie ist denn Ihr persönliches Verhältnis zur Kirche?
Wepper: Ich bin gläubig. Allerdings anders als der Wöller, der ja in einer Folge rührend versucht in der Kirche mit Jesus Christus zu sprechen. Obwohl er ständig im Konflikt mit der Kirche ist, ist der trotzdem gläubig. Er bedient sich manchmal – und das nicht ironisch – mit "Gott zum Gruße" der kirchlichen Idiomatik. Aber als Bürgermeister hat er andere Interessen und findet sich hin und wieder auch in einem inneren Konflikt.

Man kennt Sie vor allem aus dem aufgeräumten Krimigenre, macht Ihnen eine Komödie genauso viel Spaß?
Wepper: Wenn Sie an Derrick erinnern wollen, das Kapitel ist zugeschlagen. Es wurde die letzte Folge 1997 gedreht oder gesendet und mittlerweile sind neun Jahre ins Land gegangen. Es ist klar, dass mir die Figur Wöller, die ich mit komödiantischen Möglichkeiten hin und wieder beleben kann, mehr Spaß macht. Aber mein Beruf macht mir generell Spaß, er macht mir sogar immer mehr Spaß. Neben "Um Himmels Willen" spiele ich auch in 90-Minütern interessante Charaktere. Das ist sehr vielschichtig und herausfordernd.

Welchen Stellenwert hat die Serie in Ihrer Karriere?
Wepper: Die Aufgabe, die mir gestellt ist, versuche ich bestmöglich zu erfüllen. In der Serie spiele ich Geschichten, die um die Ecke passieren könnten. Ich finde im Moment den Alltag spannender als einen dreifachen Salto zu machen. Weil nach dem dreifachen Salto muss man dann den vierfachen schaffen – aber das ist schnell vorbei. Mir macht es Freude, alltägliche Beobachtungen umzusetzen, diese Erfahrungen abzurufen mit alltäglicher Körpersprache und Verhaltensweisen, die ich in die Figuren einfließen lassen möchte. Das sind Alltäglichkeiten, die auch der Zuschauer kennt und die ihm Spaß machen.

Was wäre aus Fritz Wepper eigentlich geworden, wenn nicht Schauspieler?
Wepper: Es gab mal so einen Luxusgedanken mit dem Beruf des Kinderarztes. Aber mein schauspielerischer Weg war relativ früh vorgezeichnet, da ich schon mit elf Jahren am Theater war und mit neun bereits ein erstes Schlüsselerlebnis hatte, am Münchener Prinzregententheater. Dort habe ich die Oper "Zar und Zimmermann" gesehen und war fasziniert von dieser Welt.
Ich hatte zusammen mit meinem Bruder von Kindesbeinen an Freude und Spaß am Rollenverhalten. Wir haben zwei Stühle genommen, eine Wäscheleine gespannt und ein Badehandtuch drüber gehängt. Dann haben wir unsere Kasperlefiguren hervorgeholt mit den Polizisten, Gretel, Kasperle und der Teufel (lacht). Das war im Grunde die Urzelle meines Schauspiel-Interesses.

Was hat sich eigentlich in den Jahrzehnten in der Schauspielerei verändert?
Wepper: Wenn man vom Theater her kommt, ist natürlich im letzten Jahrhundert das proklamierte Theater zu erwähnen. Ich hatte ja die Möglichkeit von den Kinderaugen als Elfjähriger bis heute alles zu beobachten. Mir sind Kollegen aufgefallen wie Siegfried Lowitz oder Robert Graf, die einfach wie normale Menschen gesprochen haben. Die so gesprochen haben, wie man auf der Strasse spricht. Aber um das in die gehobene Form eines Theaterstückes einzubringen, da gehört sehr viel Handwerk dazu, damit man das auch in der letzten Reihe noch versteht.

Wie bewerten Sie die Situation des deutschen Films heute?
Wepper: Wir müssen uns nicht beklagen oder verstecken vor den großen Zelluloid-Mächten in Amerika. Ich bin in der deutschen Filmakademie und wir beurteilen Filme und Leistungen, die im Film passieren: Schauspiel, Regie, Kamera und die Autoren. Es entstehen hier in Deutschland oder auf deutschsprachiger Ebene tolle Filme. Das ist erfreulich – ich finde wir leben in einer guten Zeit, und es gibt viele begabte und sehr gute Schauspieler hier.

Kürzlich sagte Til Schweiger in einer Talkshow, dass deutsche Kinofilme es schwer haben, da wir so gutes Fernsehen haben.
Wepper: Das weiß ich nicht. Ich war im Filmgeschäft auch sehr involviert, aber heute liegt mein Schwerpunkt beim Fernsehen. Nach dem Ende von Derrick wurde eine Zeichentrickproduktion für das Kino zur Derrick-Serie erstellt. Und da habe ich festgestellt, dass das Fernsehpublikum nicht unbedingt in die Kinos geht. Aber ich möchte mich da keinen Spekulationen hingeben, es gibt sicherlich andere Kollegen, die da mehr Einblick haben. Ich sehe nur, dass in Deutschland sehr gute Filme entstehen, sowohl für das Kino als auch für das Fernsehen.

Sie sind nach wie vor sehr aktiv. In der Presse stand anlässlich Ihres 65. Geburtstages etwas humorvoll: "Wer weniger Wepper will, muss ihn wohl von der Bühne wegziehen müssen". Ist das so?
Wepper: Das verstehe ich nicht.

Der 65. Geburtstag ist für viele Menschen ein einschneidendes Datum – das Rentenalter beginnt. Haben Sie Pläne, was Ihre Arbeit betrifft?
Wepper: Nein. Das Alter hat ja sehr viel mit der Qualität der Gesundheit zu tun. Ich fühle mich fit. Ich fühle mich nicht als Rentner, ganz im Gegenteil, ich fühle mich sehr herausgefordert. Gibt es eine Wunschrolle?
Wepper: Nein, ich habe nie eine Wunschrolle gehabt. Aber der Methusalem, der reizt mich (lacht).

Unsere Schlussfrage: Das Leben ist ein Comic – welche Figur sind Sie?
Wepper: Also, ich sehe das nicht so, dass das Leben ein Comic ist. Ich finde, das Leben ist so, wie es ist. Wir leben in einer Zeit, in der das Leben so viele Chancen bietet. Mein Luxus ist es, dass ich einen Beruf ausübe, der mir Rollen anbietet, ich bin in verschiedene Charaktere geschlüpft, habe viele Situationen und Psychen spielerisch nachempfunden. Das ist mein Beruf. Aber im richtigen Leben, da bin ich froh, dass ich keine Rolle spielen muss: Ich bin froh, dass ich das bin, was ich bin.

Kommentar schreiben

* Erforderliche Angaben. Emailadresse wird nicht veröffentlicht.