Frank Elstner

Die Kreativen haben heute viel mehr Möglichkeiten als früher.

TV-Entertainer Frank Elstner über das Älterwerden, Erfolg, Lachen im Alltag, das deutsche Unterhaltungsfernsehen und den Dauerbrenner „Verstehen Sie Spaß“

Frank Elstner

© SWR / A.Kluge

Herr Elstner, Udo Jürgens hat gesungen: „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an, da ist noch lang noch nicht Schluss“. Ist das auch Ihre Einstellung?
Elstner: Ich finde, das ist ein wunderschönes Lied und wenn es zu mir passt, umso besser. Über das Alter mache ich mir aber überhaupt keine Gedanken.

Also auch nicht darüber, wie lange sie noch vor der Kamera stehen wollen?
Elstner: Diese Gedanken macht sich jemand, der im Fernsehen arbeitet, nie. Jedenfalls nicht im Sinne von „Wie lange möchte ich noch etwas machen?“. Wenn überhaupt stellt man sich die Frage, was der Zuschauer erwartet. Hat man das Gefühl, dass man die Zuschauer verliert, muss man sich schnell etwas Neues einfallen lassen. Heutzutage geht man nicht mehr zum Fernsehen und sagt: „Hallo Leute, hier bin ich, ich mache Sendung“ – man muss auch den Erfolg mitbringen. Wenn sich der Erfolg nicht einstellt, sollte man ganz schnell die Kurve kratzen.

Sie gelten als einer der versiertesten Kenner des Unterhaltungsfernsehens. Wie würden Sie den Status Quo des deutschen Unterhaltungsfernsehens beschreiben?
Elstner: Insgesamt ist das Fernsehen sehr viel vielfältiger geworden. Als ich groß geworden bin, gab es ein oder zwei Programme. Da war das Fernsehen viel langweiliger. Und jeder, der sagt, früher war alles besser, der hat sich höchstwahrscheinlich nie wirklich mit dem Fernsehen beschäftigt. Wenn man heute über die richtigen technischen Mittel verfügt, bekommt man alles fast schon per command ins Haus. Ich finde zu jedem Zeitpunkt, wenn ich mich unterhalten will, eine Unterhaltungssendung, die mich interessiert. Wenn ich mich bilden möchte, finde ich eine Bildungssendung. Das Programmangebot ist weltweit so riesengroß wie noch nie. Deswegen ist es auch eine wunderbare Zeit für alle, die im Fernsehen arbeiten, für die Kreativen und für junge Leute, denn sie haben heute viel mehr Möglichkeiten als früher.

Was bedeutet das für die Arbeit Ihrer Firma „Elstnertainment“, mit der Sie selbst TV-Formate entwickeln?
Elstner: Das Durchschnittsalter in meinem Unternehmen liegt bei 29 Jahren. Es ist natürlich klar, dass man sich viele Gedanken über das Internet und das Fernsehen im Internet macht.

Mit welchen Formaten kann man in den nächsten Jahren Erfolg haben?
Elstner: Bei uns liegt alles Mögliche in der Schublade. Aber darüber redet man nicht, denn man wird ja so furchtbar schnell beklaut.

Zuletzt wurde immer wieder über einen möglichen Nachfolger von Thomas Gottschalk bei „Wetten, dass..?“ spekuliert. Hätten Sie einen Favoriten?
Elstner: Man muss folgendes wissen: Ich habe den Thomas damals gefragt, ob er gerne „Wetten, dass..?“ übernehmen möchte. Das war eine meiner besten Fragen, die ich je gestellt habe und eine der besten Entscheidungen für diese Sendung. Die Nachfolge möchte ich nicht aus meinem Kopf heraus dirigieren. Ich hoffe, dass es Thomas noch lange, lange macht, weil ich finde, er macht es erstklassig. Man merkt, das ist seine Welt, sein Leben und er ist in keiner anderen Sendung so gut wie in dieser. Deswegen möchte ich mich an Spekulationen nicht beteiligen. Irgendwann wird Thomas selbst sagen, dass er es nicht mehr machen will. Dann wird es vielleicht eine kurze Pause geben und man wird überlegen, wer als Nachfolger in Frage kommt. Es hat überhaupt keinen Sinn, jetzt schon darüber zu sinnieren. Das würde die Sendung und Thomas nur schwächen – und das will ich nicht.

Wie wichtig ist ein bekanntes Moderatoren-Gesicht für ein erfolgreiches Unterhaltungsformat?
Elstner: Das kann manchmal wichtig sein. Es gibt aber auch tausende von Beispielen, bei denen es überhaupt keine Rolle gespielt hat. Als ich die „Montagsmaler“ übernommen habe, kannte mich vorher kein Mensch. Damals war ich Radiosprecher bei Radio Luxemburg und auch mit meinem Nobody-Gesicht habe ich die Sendung zu großem Erfolg gebracht. Es ist für manche leichter zu sagen, dass man ein bekanntes Gesicht braucht und nur damit Erfolg haben kann. Ich finde aber, das ist der falsche Weg. Man sollte immer den nehmen, der es am besten macht und das kann auch ein ganz Unbekannter sein.

Neben „Wetten, dass..?“ ist „Verstehen Sie Spaß?“ einer der wenigen Dauerbrenner des deutschen Unterhaltungsfernsehens. Was macht für Sie den Erfolg der Sendung aus?
Elstner: Es ist eine der letzten familientauglichen Sendungen. Den Samstagabend als Familiensamstagabend gibt es nicht mehr. Früher blieb man zu Hause, wenn Hans-Joachim Kulenkampff gesendet hat und wenn Peter Frankenfeld lief, ging man erst am Sonntag ins Kino. Das alles hat sich sehr verändert. Heute legen die Sender Wert auf Zielgruppenfernsehen. Bei „Verstehen Sie Spaß?“ haben wir aber das große Glück, dass sich auch die Kids und die Jugendlichen für solche Streiche interessieren. Offensichtlich ist das Motto Schadenfreude immer noch ein sehr ziehendes. Wenn wir gute Filme haben, haben wir viele Zuschauer durch alle Generationen. Das ist unser kleiner Vorteil. Trotzdem muss man bei jeder Sendung neu kämpfen, denn die Konkurrenz wird immer größer. Bisher haben wir uns aber fantastisch gehalten und ich hoffe, das bleibt noch ein bisschen so.

Die ARD versucht zurzeit auch auf anderen Wegen junge Zuschauer zu gewinnen – was teilweise, auch intern, auf Kritik stößt. Mehrere dritte Sender haben kürzlich die Wiederholung einer Sendung von „Schmidt und Pocher“ nach einem Skandalauftritt der Rapperin Lady Bitch Ray abgelehnt. Wie haben Sie die Diskussion verfolgt?
Elstner: Verlangen Sie von mir, der ich ein Kopf der ARD bin, nicht, dass ich das eigene Nest beschmutze. Dazu will ich nichts sagen.

Dann zurück zu „Verstehen Sie Spaß?“: Inwiefern bedient das Konzept der Sendung einen gewissen Voyeurismus?
Elstner: Ich mache die Sendung jetzt seit sechs Jahren und habe sie vorher bereits drei Jahre lang koproduziert. Insgesamt habe ich ein dutzend Jahre an Erfahrung mit Sendungen mit versteckter Kamera. Was man über alles schreiben kann, ist, dass die Menschen meistens über das gleiche weinen, aber nicht über das gleiche lachen. Wenn Sie Dinge zum Lachen produzieren, dann werden Sie auf der einen Seite immer Befürworter finden und auf der anderen Seite Leute, die sagen, dass man über die Gürtellinie hinausgeht. Man setzt sich mit den lustigen Sachen und den Späßen anders auseinander als mit tragischen und traurigen Geschichten. Deswegen haben wir uns daran gewöhnt, dass wir nach jeder Sendung auch Kritik bekommen. Das gehört im Leben dazu. Glücklicherweise ist der Zuspruch aber wesentlich größer. Bei fünf oder sechs Millionen Zuschauern und 20, die sich beklagen, weil vielleicht im dritten Gag bei einer Frau der Rock zu hoch gefallen ist, lässt uns das verhältnismäßig ruhig.

Zitiert

Über das Alter mache ich mir überhaupt keine Gedanken.

Frank Elstner

Wurden Sie selbst schon einmal so richtig reingelegt?
Elstner: Ja, mich hat Harald Schmidt reingelegt, genauso wie es auch Thomas Gottschalk und Kurt Felix getan haben. Wenn man sich beruflich mit versteckten Kameras auseinandersetzt, ist man immer auch ein Opfer. Und man steht ja auch nicht morgens auf und denkt, dass man heute aufpassen muss, weil man möglicherweise reingelegt werden könnte.

Das heißt, niemand ist davor gefeit?
Elstner: Wenn man etwas geschickt einfädelt, wird auch der größte Profi reingelegt. Ich glaube nicht, dass es bei unseren Opfern jemanden gibt, der vorher etwas bemerkt.

Über welche Situationen können Sie im Alltag lachen?
Elstner: Über das, worüber jeder lachen kann. Ob man nun an der Supermarktkasse wartet und eine witzige Abrechnung bekommt oder wenn man im Fahrstuhl steht und man feststellt, dass es ein Gruppenverhalten im Fahrstuhl selbst gibt. Stellen sie sich doch mal in die Gegenrichtung der dort stehenden. Dann werden sie sehen, dass auch alle anderen anfangen, sich umzudrehen. Es gibt jeden Tag hunderte von Möglichkeiten, über die man lachen oder schmunzeln kann. Auch Kinder bereiten mir immer eine große Freude, weil sie offen und ehrlich sind und sich einfach trauen, etwas zu sagen, weil sie keine Angst vor irgendwelchen Konsequenzen haben. Man muss nur die Augen aufmachen, dann kann man den ganzen Tag lachen.

Sind Sie jemand, der gerne Witze erzählt?
Elstner: Ich bin kein guter Witze-Erzähler, deswegen erzähle ich selten welche. Aber es gibt die Witzbold-Aktion in meiner Sendung und ziehe immer wieder den Hut vor Menschen, die einfach eine Begabung haben, einen Witz gut zu erzählen. Ich hab diese Begabung leider nicht.

Können Sie die Kriterien für einen guten Witz definieren?
Elstner: Es gibt mit Sicherheit Kriterien, aber es kommt immer darauf an, wer in welcher Position und mit welcher Bildung diese Kriterien ansetzt. Die meisten Witze, die erzählt werden, sind unanständige. Aber es gibt natürlich auch wirklich gute unanständige Witze. Ich selbst kenne ein paar, die finde ich unglaublich komisch und kann mich darüber totlachen. An einem Samstagabend kann man so etwas aber nicht erzählen. Da läuft das Familienprogramm und ich möchte meiner kleinen Tochter nicht erklären müssen, warum da gerade einer etwas übers Vögeln gesagt hat.

Können Sie mit dem Humor deutscher Comedians, zum Beispiel dem eines Mario Barth, etwas anfangen?
Elstner: Es gibt viele Comedians, die ich sehr gut finde. Einer meiner ganz großen Lieblinge ist Michael Mittermeier. Den finde ich unglaublich kreativ und er hat ein fantastisches Gesicht, in dem so viel passiert. Seine Bewegungen und seine Art, sich dem Publikum mitzuteilen, finde ich großartig. Ich bin aber auch seit vielen Jahren ein großer Fan von Mathias Richling. Ich glaube, ein guter Comedian kann man durch viele Altersgruppen sein, und vor allen Dingen auch in jedem Alter.

Schauen Sie viel Fernsehen?
Elstner: Ich schaue mir das an, was ich sehen muss, wenn ich an das berufliche Umfeld denke. Da ich auch die Sendung „Menschen der Woche“ im SWR mache, muss ich natürlich up to date sein. Das heißt Nachrichten und Polit-Magazine wie Report, Monitor oder Panorama beispielsweise gehören bei mir zu einem Muss.

Gibt es für “Menschen der Woche“ noch einen Gast, den Sie sich unbedingt wünschen würden?
Elstner: Bisher hatte ich eigentlich sehr viel Glück. Wir kriegen immer die Gäste, die wir haben wollen. Ich hatte bislang eine wunderbare Gästeliste und kann nur sagen, dass ich mir die eigentlich immer im Bezug auf die Aktualität der Woche wünsche. In der letzten Sendung haben wir zum Beispiel mit dem Mann gesprochen, der die Untersuchungen um den Verrückten leitete, der den Holzklotz von der Brücke geworfen hat. Wenn man sieht, dass sich ein solcher Mann die Zeit nimmt, um zu uns in die Sendung zu kommen, bereitet man sich darauf auch dementsprechend vor. Ich war dann für wenige Minuten ein echter Fachmann in Sachen Brückenwurf.

Menschen der Woche“ ist wahrscheinlich auch die Sendung, die Sie am meisten fordert.
Elstner: Das ist nicht nur die Sendung, die mich am meisten fordert. Das ist auch die, die mir besonders viel Spaß macht, denn sie ist altersgerecht. Zudem kann ich dort meine Erfahrung einbringen und als Journalist neugierig fragen.

Sie sind Moderator, Journalist, Produzent. Wie würden Sie sich selbst bezeichnen?
Elstner: Ich habe so viele Berufe. Ich bin Produzent, ich bin von Haus aus Journalist, ich war bereits Sportchef und DJ. Ich habe alle diese Berufe, die in unseren Medien zutun haben, zumindest begleitet. Nennen Sie mich einen Medienmenschen.

Das Leben ist ein Comic – welche Figur sind Sie?
Elstner: Mit Sicherheit nicht Dagobert. Der ist genau das Gegenteil von mir. Aber mit zehn Jahren habe ich das Bambi gespielt, also bin es auch heute noch

Kommentar schreiben

* Erforderliche Angaben. Emailadresse wird nicht veröffentlicht.