Andrea Sawatzki

Als ich jünger war, war ich nie selbstbewusst.

Schauspielerin Andrea Sawatzki über das Älterwerden, die ZDF-Serie „Klimawechsel“, ihre Zusammenarbeit mit Doris Dörrie und Schauspielertricks im Alltag

Andrea Sawatzki

© ZDF

Frau Sawatzki, die neue ZDF-Miniserie „Klimawechsel“ von Doris Dörrie, nimmt den Zuschauer durch ihre ungewohnte, schonungslose Offenheit regelrecht gefangen, man kann sie sich nicht einfach nebenbei anschauen. Was waren Ihre ersten Gedanken beim Lesen der Drehbücher?
Sawatzki: Zunächst muss ich sagen, dass ich schon im Vorfeld sehr positiv gestimmt war, weil ich große Lust hatte, mit Doris Dörrie zu drehen. Das war ein lang gehegter Traum von mir und so habe ich mich schon allein über die Anfrage sehr gefreut. Als ich dann die Drehbücher las, war ich aber auch sofort begeistert und dachte: „Das ist genau die Rolle, die ich unbedingt spielen möchte.“ Mir hat die Mischung aus Verzweiflung und Komik in den Geschichten sehr gut gefallen, zumal ich der Meinung bin, dass Verzweiflung der elementare Grundstein dafür ist, überhaupt eine Komödie spielen zu können. Gerade einer Komödie muss etwas Tragisches zugrunde liegen, eine Komödie nur um der Komödie Willen kann nicht funktionieren. Bei „Klimawechsel“ habe ich den Eindruck, dass die Balance zwischen Verzweiflung und Komik hervorragend gelingt.

Im Mittelpunkt der Serie stehen vier Lehrerinnen eines Münchner Gymnasiums, die versuchen, die Wechseljahre in Würde zu meistern. Sie haben über die Dreharbeiten gesagt, dass Sie sich „wund gespielt“ hätten. Inwiefern war die Arbeit an „Klimawechsel“ anstrengender und fordernder als die Arbeit an anderen Produktionen?
Sawatzki: Doris Dörrie und Ruth Stadler, die Autorinnen der Serie, haben alle Figuren sehr genau recherchiert und sehr liebevoll beschrieben. Ich fühlte mich beim Drehen also nie alleingelassen, ich und meine Kolleginnen hatten ständig etwas zu spielen. Das lag aber sicherlich auch an der Art und Weise, wie Doris Dörrie inszeniert. Sie ist eine sehr fordernde Regisseurin. Es genügt ihr nicht, Schauspieler zu sortieren, zu ordnen und zu bewegen, um ein gutes Bild zu bekommen, sondern sie lässt sich sehr gerne von Schauspielern überraschen. Es reicht ihr nicht, wenn Schauspieler ihren Text können, sie möchte als Regisseurin wirklich wie in einem Theater sitzen – sie möchte viel proben und möchte sich dann aus den Angeboten der Schauspieler das für sie Spannendste herauspicken und zusammenfügen. Insofern ist die Arbeit mit ihr wirklich sehr fordernd, aber gleichzeitig unheimlich gewinnbringend. Ich finde Doris auch ziemlich autoritär, doch das wiederum gab uns allen den Antrieb, alles zu geben oder zumindest alles vorzuspielen, was uns gerade einfiel. Man hatte manchmal das Gefühl, keinen Boden mehr unter den Füßen zu haben, aber dann wieder doch, weil Doris eben sehr genau guckt und schon auch mal sagt: „Das ist jetzt zu viel, das lass’ mal weg.“ Ich muss gestehen, nie hat mir eine Arbeit mehr Spaß gemacht, nie hat mich eine Arbeit mehr in ihren Bann gezogen.

Sie spielen Desirée Dische, eine Kunstlehrerin, die eigentlich viel lieber nur als Künstlerin arbeiten würde. Wie alle Charaktere ist auch diese Figur sehr schräg angelegt. Trotzdem wirkt sie nicht lächerlich, man nimmt sie und ihre Probleme beim Zusehen ernst, fühlt mit ihr. War diese Darstellung für Sie eine schwierige Gratwanderung?
Sawatzki: Nein, eigentlich nicht, denn ich konnte die Figur sehr gut verstehen und konnte gut nachvollziehen, wie es ihr geht. Sie ist 44 Jahre alt und hat ein fünf Monate altes Baby, das sie immer noch stillt. Ihr acht Jahre jüngerer Freund Ronny ist ziemlich unzuverlässig, verführt nacheinander oder parallel fast alle Frauen aus Desirées Bekanntenkreis und hat deshalb nur wenig Zeit, sich um das Baby und den Haushalt zu kümmern. Desirée arbeitet nächtelang und wie besessen an ihren Kunstwerken, dementsprechend erschlagen und müde ist sie tagsüber.

Sie ist zunehmend überfordert, schläft im Unterricht ein, verliert Klassenarbeiten auf dem Spielplatz.
Sawatzki: Ja, und diese Überforderung ist nicht etwas, was ich nur nachgespielt habe, weil es im Drehbuch stand, sondern etwas, was ich zutiefst verstehe. Es war für mich ganz klar, dass Desirée so tickt und nur so spielbar ist, wie ich sie letztlich spiele. Auch konnte ich ihre Versuche nachvollziehen, sich immer wieder aus ihrer Angst und ihrem Verlassenheitsgefühl herauszureißen; auch herauszureißen aus dem Gefühl, nicht lieben zu können, weil sie sich selbst nicht liebt. Diese Anstrengungen der Figur habe ich wirklich ernst genommen. Ich war Doris auch sehr dankbar, dass ich in einem Dialekt spielen konnte. Ich glaube, dass Desirées bayerischer Dialekt dazu beiträgt, dass man die Figur trotz alles Sphärischen als sehr geerdet empfindet. Ich habe sie auch immer so interpretiert, dass sie aus relativ einfachen Verhältnissen kommt. Sie hat schon ihr Leben lang immer gearbeitet und gesucht.

War das Spielen im bayerischen Dialekt eine besondere Herausforderung? Sie wurden zwar in Oberbayern geboren, leben aber schon viele Jahre in Berlin. Sprechen Sie privat noch Bayerisch?
Sawatzki: Wenn ich in Bayern bin, spreche ich mit meinen Freunden immer Bayerisch. Ich kann auch „schwäbisch schwätze“, weil ich in Württemberg aufgewachsen bin. Das sind die beiden Dialekte, die ich beherrsche. Für mich war das Spielen im Dialekt ein richtiges Geschenk. Wenn es nach mir ginge, würde ich ab jetzt gerne alles in Bayerisch spielen, weil ich merke, dass sich in diesem Dialekt meine Heimat widerspiegelt und dass es mir dann auch leichter fällt, Figuren zu empfinden. Ich hatte mir das nie zugetraut, hatte aber kurz vor „Klimawechsel“ gemeinsam mit Rufus Beck den Roman „Der Bunker“ von Andrea Maria Schenkel als Hörbuch eingesprochen. Rufus wollte, dass ich das auf Bayerisch mache, aber ich habe ihm dann gleich gesagt, dass ich das nicht kann und nicht schaffe. Er hingegen meinte, ich solle es einfach mal ausprobieren – und es hat funktioniert. Dadurch kam ich dann darauf, dass ich eigentlich auch einmal eine Filmrolle auf Bayerisch spielen müsste.

Besteht in Bezug auf „Klimawechsel“ eine gewisse Quotenangst? Es ist eine sehr außergewöhnliche Produktion, die ganz und gar nicht dem Mainstream entspricht.
Sawatzki: Angst ist es nicht, es ist vielleicht eine kleine Sorge, weil ich das Gefühl habe, dass die Serie etwas ganz Besonderes ist, ein kleines Juwel. Es würde mich schon sehr nachdenklich stimmen, wenn sie überhaupt kein Interesse beim Publikum wecken würde. Da würde ich dann wahrscheinlich umdenken müssen, was meine Bestrebungen in diesem Beruf betreffen.

Es gibt viele Fernsehserien, die bei der ersten Ausstrahlung beim Publikum durchfielen, die sich dann aber im Laufe der Jahre und erst im Nachhinein zu Kultserien entwickelten. Spontan denke ich da zum Beispiel an Helmut Dietls „Kir Royal“.
Sawatzki: Ja, meist braucht das Publikum einen längeren Vorlauf. Serien müssen sich erst einspielen, man benötigt manchmal 20 oder 30 Folgen, bis sie zum Kult werden. Das geht bei uns natürlich ebenso wenig wie bei „Kir Royal“, weil wir nur sechs Folgen haben. Aber: wenn wir dann in drei, vier Jahren einen tollen Erfolg hätten, dann hätte es sich zumindest rückblickend gelohnt. Nun hoffen wir alle aber natürlich erst einmal, dass die Serie gleich zu Beginn den Nerv des Publikums trifft (lacht).

Erwarten Sie denn insgeheim einen öffentlichen Aufschrei oder einen kleinen Skandal? Erstmals werden die Wechseljahre der Frau so offen, schonungslos und unverklemmt in einer Fernsehserie thematisiert, und dann noch zur besten Sendezeit.
Sawatzki: Ich würde mich sehr freuen, wenn das Publikum gegensätzliche Meinungen über die Serie hätte, wenn „Klimawechsel“ im positiven Sinne polarisieren würde. Es wäre schön, wenn sich die Leute am Tag nach einer Ausstrahlung am Arbeitsplatz treffen und nicht sagen „Du, ich habe gestern ferngesehen. Ich weiß zwar nicht mehr so genau, was es war, aber es war nett“, sondern wenn sie aufgewühlt fragen „Hast du das gestern gesehen?“ Ich fände es wunderbar, wenn es Leute gäbe, die die Serie fürchterlich finden und auf der anderen Seite Leute, die der Meinung sind, dass man solche Serien im deutschen Fernsehen öfter machen muss – und wenn diese Leute dann in einen Dialog treten. Ich bin sehr gespannt auf die Debatte, es wird sicher eine geben. Es wäre merkwürdig und traurig, wenn es keine gäbe.

Sie arbeiten seit über zwanzig Jahren im Schauspielerberuf. Sind Sie mit der Zeit eine bessere Schauspielerin geworden?
Sawatzki: Darauf kann ich nur schwer antworten. Ich muss sagen, dass ich bei jeder neuen Rolle wieder von vorne beginne. Ich gucke mir meine Filme auch immer nur ein einziges Mal an, weiter interessieren sie mich nicht. Ich schaue eigentlich immer nur nach vorne und fange dementsprechend wirklich immer wieder bei Null an.

Zitiert

Wenn es nach mir ginge, würde ich ab jetzt gerne alles in Bayerisch spielen, weil ich merke, dass sich in diesem Dialekt meine Heimat widerspiegelt.

Andrea Sawatzki

Ihre Kollegin Barbara Rudnik, die im vergangenen Jahr verstorben ist, sagte einmal „Als Schauspielerin will man den Menschen etwas von sich selbst zeigen, von seinem Innersten, von seiner Seele. Das ist mir in einigen Momenten geglückt, aber nicht im Ganzen.“ Ist es Ihnen im Ganzen schon einmal geglückt?
Sawatzki: Nein, es sind tatsächlich immer nur Momente. Hinzu kommt, dass ich mich vor dem Publikum ja auch gar nicht gänzlich ausziehen, ausbreiten möchte. Natürlich muss man als Schauspieler ein bisschen was von sich selbst preisgeben, aber wenn es mehr wird, ist es meines Erachtens zu viel. Es dürfen immer nur ein paar Farbtupfer sein.

Sie sind jetzt 47 Jahre alt und sagen, dass Sie dieses Alter optimal finden. Warum?
Sawatzki: Ich finde das Älterwerden sehr spannend. Ich habe eine tolle Familie, einen tollen Mann, tolle Kinder. Gerade die Kinder, die jetzt sieben und zehn Jahre alt sind, halten mich natürlich wahnsinnig jung, zuhause ist bei uns immer Rummel. Aber das Alter, in dem ich mich jetzt befinde, ist auch die Zeit, in der ich Bilanz ziehen und zurückblicken kann. Ich kann schauen, welche Zeiten im Leben schwer waren und was dahin geführt hat oder warum ich damals mit irgendwelchen Verletzungen nicht umgehen konnte. Ich finde, jetzt ist es an der Zeit, dass man aus seinen Erfahrungen lernt und das Erlernte auch einsetzt – sei es für sich selbst auf dem Weg zum Älterwerden oder sei es, um den Kindern den Lebensweg etwas zu erleichtern, ihnen beizustehen, ihnen Lebensfreude zu vermitteln. Ich bin sowieso der Meinung, dass es die Hauptaufgabe einer Mutter ist, den Kindern Lebensfreude zu geben. Das macht wahnsinnigen Spaß und ich bin sicher, das kann ich auch noch mit 60 oder 70 (lacht).

Mit Mitte, Ende 40 ist wahrscheinlich auch die Unsicherheit weg, die einen im jungen Erwachsenenalter begleitete?
Sawatzki: Ja. Wenn ich zurückschaue, muss ich sagen, dass ich eigentlich erst mit Mitte, Ende 30 ruhiger, gelassener und selbstbewusster geworden bin. Als ich jünger war, war ich nie selbstbewusst, sondern habe immer versucht, es den anderen recht zu machen oder einem Klischee zu entsprechen. Mittlerweile jedoch habe ich eine ganz eigene Sicherheit gewonnen und wenn ich bei manchen Menschen anecke, weil ich vielleicht eine andere Meinung vertrete, dann ist das kein Problem mehr für mich und ich lasse es so stehen. Als ich jünger war, war es entweder immer aus einer Wut heraus, dass ich absichtlich etwas Gegensätzliches behauptet und gesagt habe oder ich habe mich irgendwann gefügt. Aber es war nie wirklich so, dass es für mich selbst gestimmt hätte.

Es gibt ein recht bekanntes Zitat der österreichischen Schauspielerin Vilma Degischer, die mal meinte: „Es ist doch so mit dem Alter: Die Männer kriegen Charakterköpfe und die Frauen Falten.“ Ist es für Schauspielerinnen schwieriger älter zu werden als für Schauspieler? 
Sawatzki: Ich glaube, dass es nicht mehr so ist, vielleicht war es mal so. Vielmehr beobachte ich, dass in Bezug auf das Älterwerden generell gerade ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet. Insofern bin ich sehr froh, dass ich jetzt in dieser Zeit älter werde, weil ja auch der überwiegende Anteil des Publikums größtenteils in meinem Alter ist. Und Falten stören mich überhaupt nicht. Wenn man ältere Menschen ansieht und das Innere stimmt, wenn da eine Ausgewogenheit und eine Neugier oder auch eine Lebensgier geblieben ist, dann finde ich auch alte oder ältere Gesichter wahnsinnig schön. Momentan werden im Fernsehen und Kino recht viele Produktionen zum Thema Älterwerden verwirklicht, womit man auch dem Anspruch des Publikums gerecht wird. Man darf die älteren Schauspieler – ebenso wie die älteren Zuschauer – nicht ausgrenzen. Vielmehr muss man ihnen die Chance geben, auch ihre Geschichten zu erzählen, die sicher erzählenswert sind.

Die Schauspielerin Thekla Carola Wied sagte anlässlich ihres 65. Geburtstages im vergangenen Jahr, dass sie sich ein Schauspielergesicht ohne Falten sogar gar nicht vorstellen könne, weil in jeder Falte Lebenserfahrung stecke.
Sawatzki: Da stimme ich ihr zu. Wenn man die Spuren des Älterwerdens eliminiert, wenn man sich Schönheitsoperationen unterzieht, ist die ganze Lebenserfahrung weg, ist alles ausgelöscht. Und ich kann ja nicht als 60-Jährige die Rolle einer 30-Jährigen spielen, das passt einfach nicht zusammen. Insofern gehe ich ganz entspannt mit den Falten um, die da schon sind oder die noch kommen werden.

Ende des Jahres werden Sie für den Hessischen Rundfunk zum letzten Mal als „Tatort“-Kommissarin Charlotte Sänger auf dem Bildschirm zu sehen sein, gedreht wurde die letzte Folge bereits im letzten Herbst. Schmerzt der Abschied?
Sawatzki: Definitiv. Das war schon ein schwerer Abschied und er hat sehr weggetan, weil ich die Rolle unheimlich mochte und gerne gespielt habe. Allerdings merke ich auch, dass jetzt – nach dem Ende des „Tatorts“ – Rollenangebote kommen, die ich immer ersehnt hatte. So drehe ich beispielsweise ab Mai „Bella Vita“, eine weitere tragikomische Reihe für das ZDF. Und weil auf einmal diese neuen, spannenden Angebote kommen, hat sich für mich auch noch einmal gezeigt, dass man manchmal einfach ins kalte Wasser springen muss, um etwas zu erreichen, was man sich insgeheim erwünscht. Ohne eine gewisse Aktivität kann nichts passieren, man muss seinen Blick immer wieder auf neue Dinge richten.

Vielleicht ist es auch gut, dass Sie Charlotte Sänger aufgeben, bevor Sie zu sehr auf diese Figur festgelegt werden. Sie haben die Rolle immerhin acht Jahre lang gespielt.
Sawatzki: Ja, und es kam mir übrigens überhaupt nicht so lange vor. Im Grunde ist es wirklich der richtige Zeitpunkt, damit jetzt aufzuhören, weil eine „Tatort“-Kommissarin schon auch eine Schublade ist – zwar eine schöne Schublade, aber eben auch eine Schublade. Mir fiel vor einiger Zeit auf, dass mich die Leute nicht mehr mit meinem Namen ansprechen, wenn sie mich auf der Straße erkennen, sondern mit „Frau Sänger“. Auch das hat mir gezeigt, dass es jetzt an der Zeit ist, die Rolle aufzugeben – und der HR hat mit Nina Kunzendorf und Joachim Król ja auch zwei ganz wunderbare Nachfolger für Jörg Schüttauf und mich gefunden. Ich bin schon sehr neugierig auf ihre Filme.

Sie sind Schauspielerin, studierten an der Münchner Schauspielschule. Wenden Sie Schauspielertricks gelegentlich auch im Alltag an?
Sawatzki: Nein, das kann ich gar nicht. Ich bin dafür völlig ungeeignet. Ich kann auch nicht lügen, man merkt mir sofort an, wenn ich schwindle. Mir fehlt im Alltag leider in solchen Momenten, wo man Schauspielertricks anwenden könnte, das Drehbuch. Ich kann mich nicht selbst inszenieren, dafür bin ich nicht selbstbewusst genug. Das kann ich nicht.

Viele Schauspieler haben Probleme damit, sich ihre eigenen Filme anzusehen, weil sie befürchten, nachträglich Fehler in ihrem Spiel zu entdecken. Wie ist es bei Ihnen?
Sawatzki: Meist habe ich schon beim Drehen ein Gefühl, das mir sagt, ob etwas stimmt oder nicht. Manchmal fühle ich allerdings auch erst beim nachträglichen Schauen, dass etwas nicht stimmt und ich versuche dann zu ergründen, woran es liegt. Ab und zu kann es sein, dass es am Text liegt, der für einen nicht wirklich das ausgedrückt hat, was er hätte ausdrücken sollen. Da denke ich dann, ich hätte vielleicht den Text ändern müssen. Allerdings ist es auch so, dass man als Schauspieler bisweilen ein bisschen ausgeliefert ist hinsichtlich, wie man fotografiert oder geschnitten wird. Da erlebe ich manchmal schon Überraschungen. Zuweilen ist es so, dass man etwas anderes erwartet und sich ein bisschen mehr erhofft hatte. Aber im Großen und Ganzen hilft mir das nachträgliche Schauen, weil ich dann merke, dass ich in einer ähnlichen Situation in Zukunft ein wenig mehr aufpassen muss. Insgesamt gehe ich mit mir beim Schauen eher kritisch um.

Abschließend: Als Schauspielerin schlüpfen Sie in die verschiedensten Rollen. Wie versetzt man sich in einen Menschen, dessen Tun man eigentlich abscheulich findet und dessen Tun man nicht nachvollziehen kann?
Sawatzki: So eine Figur würde ich nicht spielen.

Aber liegt nicht gerade darin der Reiz, eine Rolle zu spielen, die mit einem selbst überhaupt nichts zu tun hat?
Sawatzki: Sofern im Film die Möglichkeit besteht, zu zeigen, warum sich eine Person merkwürdig verhält, wäre das natürlich schon eine Rolle, die mich interessieren würde. Was hat die Person dazu bewogen, sich so zu entwickeln? Es ist natürlich immer sehr spannend, vom psychologischen Standpunkt an eine Figur heranzugehen, aber eine Figur nur um des Bösen Willen zu spielen, das würde mich nicht interessieren. Für mich muss immer eine Geschichte, ein Schicksal hinter einer Figur stecken.

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