Senor Coconut

Die Tatsache, dass der Mensch keine Maschine ist, ist für jeden Musiker eine harte Erfahrung.

Uwe Schmidt alias Senor Coconut über lateinamerikanische Präzision, den Reiz an Cover-Versionen, seine Pseudonyme und das Verhältnis zur musikalischen Vergangenheit

Senor Coconut

© Essay Recordings

Uwe, hast du vor kurzem das EM-Finale Deutschland-Spanien verfolgt?
Schmidt: Ich war zu der Zeit kurioser Weise auf dem Weg von Spanien nach Deutschland und habe nur noch das Ende des Spiels sehen können.

Was meinst du, wie sehr war für den Spielausgang der Mentalitätsunterschied entscheidend? Die Spanier eher temperamentvoll, die Deutschen eher geordnet…
Schmidt: Dadurch, dass ich in Chile wohne, kenne ich natürlich diese Mentalitätsunterschiede sehr gut. Und insofern war das Finale für mich auch schlüssig, das Ballverhalten und die Köpersprache. Ich denke, man kann die Begegnung reduzieren auf Intuition versus Kopf.

Wobei du mit Intuition die Spanier meinst…
Schmidt: Ja. Ich finde es immer sehr erstaunlich, wenn man zum Beispiel Brasilianer Fußball oder Musik spielen sieht bzw. hört, mit welcher Intuition die da rangehen, an die Improvisation. Es geht um dieses Gespür: Wo ist man in welchem Moment, wo sind die anderen, wo ist der Ball – das alles verlangt sehr viel Intuition. Und Musik machen ist nichts anderes, das ist ein sehr intuitiver Ablauf.
Auf der anderen Seite würde ich sagen – auch wenn das sehr stereotyp klingen mag – dass den Latinos die Möglichkeit von Planung und Struktur fehlt, all die Attribute die man als Deutscher so aufgebrummt bekommt, die aber auch sehr viel Wahrheit beinhalten. Das merkt man den Deutschen ja auch an, beim Musikmachen und beim Fußballspielen.

In vielen Artikeln über dich steht, du seiest vor zehn Jahren nach Chile gegangen, weil du gelangweilt warst von der europäischen Musikwelt. Hatte das auch mit dem besagten Mentalitätsunterschied zu tun?
Schmidt: Das Ganze war ein persönlicher Prozess. Chile ist für mich eine persönliche Isolation, ich wollte mich abschotten von Einflüssen, die mich nicht interessiert haben. Die Frage „Intuition oder Kopf“, oder „Was ist man als Deutscher“, die habe ich mir nicht gestellt.
Für mich ist Musikmachen ein egomanischer Prozess, mir geht es immer um persönliche Fortschritte. Und in Deutschland gab es Dinge, die ich an mir und meinem Umfeld nicht toll fand, die ich abstoßen und gegen andere austauschen wollte. Das mache ich auch permanent, ich versuche mein Lebensumfeld zu optimieren und Sachen, die ich unangenehm finde, fliegen raus.

Was war dir denn damals musikalisch unangenehm in Deutschland?
Schmidt: Ich würde das nicht auf Deutschland beschränken wollen, da ging es eigentlich um Europa. Was mich gestört hat und auch immer noch stört, ist die Art und Weise, wie Musik betrachtet und vermarktet wird, wie mit Musik umgegangen wird. Wenn einem die Plattenfirma sagt, was man machen oder was man nicht machen sollte oder wenn man in Zeitschriften liest: Das ist jetzt angesagt. Diese Medienhypes fand ich störend, finde ich auch heute noch.
Was dazu kam: In Frankfurt elektronische Musik zu machen, wie ich damals in den 90ern, das ist fast schon ein Klischee gewesen. Man war automatisch in einer Schublade drin, in der ich mich musikalisch aber nie befand. Ich hatte mit der Szene relativ wenig zu tun. Und trotzdem musste ich mich immer dazu äußern oder mich damit auseinandersetzen.

Wie bewertest du denn die Entwicklung der Szene, von den Anfängen in Frankfurt und Berlin bis heute?
Schmidt: Meine Hauptkritik an der elektronischen Musik war immer gewesen, dass die Vertreter sich den Fortschrittsgedanken immer sehr dick auf die Fahne geschrieben haben. Im Prinzip ist das heute immer noch so, wenn man genau hinsieht. Nur ich finde, innerhalb der letzten 20 Jahre hat sich in der Szene eigentlich gar nichts getan, weder vom Ansatz her noch von der Stilistik. Da wird an Kleinigkeiten gebastelt – was auch gut ist, Vertiefungen von Stilistik sind sehr wichtig. Aber dann ist es bei elektronischer Musik immer so, dass einem jeder Newcomer auch heute noch erzählt, er würde jetzt etwas ganz Revolutionäres machen – das finde ich unehrlich.
Der Rock’n’Roll oder der Jazz ist für mich da einfach konsequenter, wo die Musiker sich auf die Tradition beziehen. Kein Jazzer wird ernsthaft behaupten, er würde irgendwas Neues machen. Sondern im Gegenteil: Dadurch, dass man sich im Jazz auf die Traditionals bezieht, die auch immer wieder einarbeitet, ist das für mich ein ehrlicherer Umgang mit der eigenen Position.

Und du siehst in der elektronischen Musik hierzulande keine Entwicklung mehr?
Schmidt: Ich finde es ultralangweilig – und das schon seit 15 Jahren. Seit dem ist die ganze Szene weltweit mehr oder weniger stehen geblieben – das ist natürlich schade, aber das muss halt so sein. Ich habe da auch kein größeres Problem mit. Ich finde es nur gravierend, dass an den Rändern nicht mehr passiert, dass durch die Situation der Musikindustrie auch immer weniger passieren kann. Das Bisschen, was übrig geblieben ist, wurde monopolisiert und kommerzialisiert, so dass es eigentlich keine Ränder mehr gibt.

Und elektronische Musik in Chile?
Schmidt: Die Szene ist ziemlich klein. Ich war 1997 mal auf einer Techno-Party – und das fühlte sich original so an wie Berlin 1988, oder ein Technoclub in Frankfurt 1990. Da befand ich mich wie in einer Art Zeitblase, es geschah genau das Gleiche, nur acht Jahre später und mit leichten sozialen Unterschieden. Und genauso kam dann auch die Kommerzialisierung und damit der Tod der Strömung. Weil in dem Moment, wo Techno im Supermarkt läuft oder am Kiosk um die Ecke, weiß man, dass das Ende gekommen ist. Und ich denke, wenn am Ende der Welt, in Chile, Techno kommerzialisiert wird, kann man schon vom globalen Tod dieses Musikstils sprechen.

Du lebst nun als Deutscher in Chile und kreierst unter dem Namen Senor Coconut elektrifizierte Rumbas, Mambos und ChaChaChas. Könntest du deiner Musik eine geografische Zuordnung geben? Eine Herkunft?
Schmidt: Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass man das lokale Denken, a la „das ist südamerikanische Musik“ oder „das gehört zu diese Kulturraum, oder zu jener Sprache“ – dass man diesen Gedanken als Musiker gar nicht konsequent in eine Richtung fortführen kann. Sondern dass man bei musikalischer Kreation, bei Kunst generell immer beim Individuum landen muss. Die Frage: Wo gehört die Musik hin, reduziert sich für mich auf die Frage: Wo gehört man selber hin? Wo kann man sich selber noch zugehörig fühlen? Ich stelle mir die Frage nicht mehr, ob etwas authentisch ist, weil es Teil einer bestimmten Kultur ist, oder eben nicht ist.

Aber bei deinem aktuellen Album „Around the World“ hast du ein Weltreise-Konzept verfolgt, und dir aus verschiedenen Ländern Songs zum Covern ausgesucht.
Schmidt: Das war ein Ordnungsprinzip, ein ästhetisches Prinzip um Titel auszuwählen. Für mich sind die ästhetischen Anhäufungen, Referenzen und Bestandteile auf so einem Album weniger ein Statement, sondern mehr die Frage nach der Kohärenz von Kulturräumen.
Ich bekomme ja häufig die Kritik aufs Brot geschmiert: „Wie kannst du als Deutscher eigentlich Mambo machen? Das geht doch gar nicht!“ Aber sobald man da etwas genauer hinschaut, löst sich das auch wieder auf, weil völlig irrrational argumentiert wird – falls es überhaupt ein Argument gibt.

In Sachen Authentizität interessiert mich Folgendes: Du nennst einerseits den „König des Mambo“ Perez Prado als einen wesentlichen Einfluss auf deine Musik, andererseits organisierst du deine Musikstücke mittels Musiksoftware und Click-Track (elektronisches Metronomen). Sind wir da jetzt wieder bei Kopf versus Intuition?
Schmidt: Also, das sind jetzt auch wieder stereotype Vorstellungen, was der Unterschied sei zwischen lateinamerikanischer und deutscher Musik. Viele verbinden mit deutscher Musik diese Präzision, auf der anderen Seite wird der lateinamerikanischen Musik dieses Lockere, Intuitive unterstellt. Ich halte das für einen gravierenden Fehler.

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Für mich ist Musikmachen ein egomanischer Prozess, mir geht es immer um persönliche Fortschritte.

Senor Coconut

Warum?
Schmidt: Lateinamerikanische Musik ist auch sehr präzise Musik, präzise gespielte, durcharrangiert und stabil konstruierte Stücke. Ich denke, auch einem Tito Puente oder Perez Prado ging es um Präzision. Wenn die es gekonnt hätten, hätten die sich auch eine bestimmte BPM-Zahl (Beats per Minute) ausgesucht und den Titel so durchgespielt. Die Tatsache, dass der Mensch keine Maschine ist, ist glaube ich für jeden Musiker eine harte Erfahrung.

Aber Musiker wie Perez Prado hätten sich doch verwehrt gegen eine Aufnahme mit starrem Metronom, weil gerade die winzigen Millisekunden, die den Mensch von der Maschine unterscheiden, den Swing ausmachen. Oder?
Schmidt: Ja, aber diese Millisekunden kannst du genauso auch programmieren. Ein Click-Track kann ja sehr komplex ausfallen, man kann ein Tempo halten – muss es aber nicht. Es gibt Stücke, die ich komplett umgebaut habe und die im Tempo total flexibel sind. Das programmiere ich je nach Gefühl, wie ich den Abschnitt eine Stückes hören möchte.

Das wohl bekannteste Perez Prado-Cover stammt von Lou Bega, „Mambo No.5“. Wie gefiel dir die Version?
Schmidt: Ich fand die damals furchtbar, zu cheesy, aber mittlerweile finde ich sie ganz charmant. Wobei ich glaube, dass sich Perez Prado nicht drüber gefreut hätte.

Warum werden Coverversionen gemacht?
Schmidt: Ich mag das Wort „Cover“ eigentlich nicht so sehr, weil das für mich eher etwas mit Traditionals oder Standards zu tun hat. Im Jazz war das Cover immer schon da, jedes Orchester spielt im besten Fall eine Mischung aus eigenen Kompositionen und Standards, das Repertoire beinhaltet sozusagen die eigene musikalische Vergangenheit. Das fand ich auch in der lateinamerikanischen Musik sehr inspirierend. Das war anders, als die Musik, die ich aus meinem Umfeld kannte. Mein soziales Umfeld hat die Referenzen aus der eigenen Vergangenheit immer abgestoßen, besonders Techno verkörpert für mich diesen Gedanken, die Vergangenheit abzustoßen und sich so weit es geht in die Zukunft zu bewegen.
Das Spannende an Coverversionen ist für mich, dass man ein sehr ungezwungenes, natürliches Verhältnis zur Vergangenheit herstellt. Zum Beispiel wird sich kein lateinamerikanischer Musiker jemals dafür rechtfertigen müssen, dass er Traditionals oder Coverversionen spielt.

Und in Deutschland ist das anders?
Schmidt: In Deutschland ist das Verhältnis zur Vergangenheit ein anderes, es gibt eine gewisse Unfähigkeit, an etwas anzuschließen. Zurecht ist das ein kompliziertes Thema.
Mich hat das in meiner eigenen Wahrnehmung von Musik ziemlich unzufrieden gemacht, dass es für mich diese Vergangenheit nicht gibt. Die fängt für mich bei Kraftwerk an, vielleicht auch ein bisschen vorher in den 50er Jahren – aber davor ist halt nichts.

Mit welcher Musik bist du denn groß geworden?
Schmidt: Meine Eltern haben in den 60er Jahren wirklich Heino gehört. Und ich habe mir von acht bis 14 Jahren die ganze Schlagergeschichte anhören müssen. Die taucht manchmal noch in meinem Gedächtnis auf, ein Stück wie „Karamba, Karacho, ein Whiskey“ ist schon ein kurioses Werk deutscher Kultur, da gibt es eine ganze Menge sehr seltsamer Artefakte.

…über die man heute nur noch lacht.
Schmidt: Ja, gerade bei Schlager-Musik ist das extrem. Aber nehmen wir die 80er Jahre, die für mich viel weniger peinliche Momente hatte, mit NDW, Eisbär, Ideal und Trio – das ist keine Epoche, der man sich albern gegenüber äußern müsste. Aber da habe ich es in Deutschland leider sehr oft erlebt, dass die eigene Vergangenheit – und die kann 10, 20 oder 30 Jahre zurückliegen – eigentlich nur über Ironie aufrecht erhalten wird. Oder Verballhornung. Man kann sich keinen Song aus den 80ern anhören, ohne dass die Typografie rosa ist, ohne so ein dämliches Lächeln im Gesicht, das gleich wieder den Grund relativiert, warum man sich das überhaupt anhört. Und das erlebe ich in keinem anderen Kulturraum außer Deutschland. Selbst in Frankreich oder England, da hört man sich das an, oder man hört es sich nicht an. Aber man hört es sich nicht an und macht sich lustig drüber.

Und wenn jemand beim Hören deiner ChaChaCha-Version von Michael Jacksons „Beat it“ ein Lächeln auf den Lippen hat – nimmst du ihm das dann übel?
Schmidt: Nein. Ich finde in dem Lächeln gibt es zwei Elemente. Zum einen, was man vielleicht als Fröhlichkeit wahrnimmt, womit Senor Coconut auch spielt, diesem Stereotyp, dass lateinamerikanische Musik immer fröhlich sei, leicht und unkompliziert. Das finde ich auch völlig ok. Aber dann gibt es noch dieses andere, dieses ‚nicht ernst nehmen’, wo viele dann glauben: Nur weil man ein Lächeln auf den Lippen hat, ist die Musik nicht ernst gemeint.

Und du meinst es mit Senor Coconut völlig ernst?
Schmidt: Es geht mir bei Senor Coconut zumindest weniger um dieses Lächel-Moment. So ein Titel wie „Beat it“ oder auch „Riders on the Storm“ – das sind Interpretationen, bei denen ich mir immer vorgestellt habe, wie ein Latino an so einen Song herangehen würde, der vielleicht nicht mal Englisch spricht. Der nimmt sich den Titel „Beat it“ und bezieht den auf die Timbales, nach dem Motto: “Schlag die Timbales”. Weil den ganzen Inhalt, den Michael Jackson da drin hat, den versteht er nicht.
Es gibt viele Perez Prado-Stücke aus den 60ern und 70ern, wo Latino-Bands sich damals Pop-Klassiker genommen haben und die einfach umgebaut haben. Ohne zu wissen, dass das ein Disko-Titel war, wo Disko überhaupt herkommt, haben die einfach ein Salsa-Stück draus gemacht. Bei manchen Stücken von Prado weiß ich nicht, wie bewusst er sich darüber war, dass seine Interpretationen eigentlich ein totales Missverständnis waren. In diesen Momenten passiert – bewusst oder unbewusst – eine inhaltliche Verzerrung. Und die interessiert mich. Auch dieses kannibalistische Sich-Einverleiben einer anderen Kultur.

Senor Coconut ist nur eins von vielen deiner Pseudonyme – weißt du, wie viel du dir insgesamt zugelegt hast?
Schmidt: Nein, ich habe die nie gezählt. Aber es sind auf jeden Fall über 30.

Wozu braucht man so viel Pseudonyme?
Schmidt: Das Ganze ist eine Art Arbeitskonzept. Als ich Anfang der 90er begann, ziemlich viel Musik zu machen, habe ich mir die Frage gestellt, wie ich meine Arbeit organisiere, wie fange ich etwas an, wie höre ich mit etwas auf, wie definiere ich das, was ich da mache… Da habe ich mir ein Set aus Grundparametern zurechtgelegt, zum Beispiel gibt es für Senor Coconut zwei, drei Komponenten, die das Projekt für mich definieren und umreißen. Das habe ich dann bei jeder Produktion so gemacht, egal ob das einzelne Stücke oder ganze Alben waren. Man umreist, um was es geht, ob es eine Melodie auf der Platte gibt, eine kulturelle oder zeitliche Referenz, ob es humorvoll ist oder nicht usw. – und das Ganze habe ich dann in Verbindung gebracht mit einer Schlagzeile, einem Überbegriff. Für jedes Arbeitsprinzip, das anders war, als das vorherige, habe ich wieder eine neue Schublade aufgemacht. Häufig habe ich mir dann den Spaß erlaubt, diese Arbeitsschublade auszubauen zu einer Person, wie zum Beispiel Senor Coconut, weil ich die Cover ja auch meistens selber mache, das Artwork und die ganze Außenwirkung.

Hatte die Pseudonym-Fülle auch damit zu tun, dass du anonym bleiben wolltest?
Schmidt: Ganz am Anfang war das mit Sicherheit ein Grund. Wenn man anfängt, Musik zu machen und zu veröffentlichen ist dieser erste Moment, in der „Öffentlichkeit“ zu erscheinen zwar spannend. Aber Interviews geben, ein Bild in der Presse usw. das fand ich nur für kurze Zeit interessant. Mir machte es nichts aus, viele Sachen anonym zu machen, es ist mir bis heute auch relativ egal, ob es irgendwie eine Außenwirkung hat, für viele Sachen ist das nicht wichtig. Als Arbeitsmethode hat es sich jedenfalls irgendwann verselbständigt. Das ist eine Strukturierung meiner kreativen Energie, anders kann ich gar nicht mehr arbeiten.

Unsere Schlussfrage: Das Leben ist ein Comic, welche Figur bist du?
Schmidt: Schwere Frage, ich kenne nämlich wenig Comics. Es gibt aber bei Daffy Duck, diesen kleinen grünen Marsmenschen mit der Antenne auf dem Kopf. (Uwe Schmidt meint hier wahrscheinlich die Figur Marvin, the Martian)

Du siehst dich also als eine Art Außerirdischer?
Schmidt: Ja, Orbit halt. Je mehr man sich entwurzelt, desto mehr Orbit nimmt man eigentlich an. Das ist die Alien-Perspektive, die man irgendwann annehmen muss, wenn man keine Erde mehr unter den Füßen hat, mit der man irgendwie konform ist, wo man lebt und nie weggeht.
In dem Moment, wo man sich einmal davon getrennt hat, und an einem Ort angekommen ist, von dem man weiß, dass man dieses Gefühl dort nicht wieder herstellen kann und will, dann ist man auf jeden Fall im Orbit. Außer man hat das Interesse sich zu assimilieren und anzupassen. Das klassische Auswanderer-Bild ist ja, man geht weg, kommt irgendwo an und sagt: Ich bin jetzt Chilene. Das will ich und kann ich aber gar nicht. Als ich aus Deutschland wegging habe ich mir die Frage gestellt: Wo bin ich, wo gehöre ich hin? Und dann gibt es zwei mögliche Antworten: Entweder man nimmt einen Ort und ein Leben an, oder man entscheidet sich für den Orbit. Ich habe mich dann für den Orbit entschieden.

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