RKI zu Ansteckungsgefahr durch Kinder und Schulschließungen

Hier eine Abschrift einer Frage beim Pressebriefing des Robert Koch-Instituts vom 24.04.2020, zur möglichen Ansteckungsgefahr durch Kinder.

Frage (PI): Es gibt verschiedene Berichte zur Ansteckungsgefahr, die von Kindern und Kleinkindern ausgeht. Können Sie nochmal kurz erklären, aufgrund welcher wissenschaftlichen Erkenntnisse Sie vor ein paar Wochen zu Schul- bzw. Kita-Schließungen geraten haben? Und zweitens: Wie ist aktuell Ihre Einschätzung der Ansteckungsgefahr durch Kinder und Kleinkinder?

Schaade: Die Datenlage ist da in der Tat nicht eindeutig. Es ist gerade ganz frisch eine Studie von niederländischen Kollegen erschienen, die jetzt gesagt haben, dass Kinder für die Übertragung keine große Rolle zu spielen scheinen. Es ist nicht so, dass sie keine Rolle spielen, es gibt auch andere Hinweise, die in eine andere Richtung gehen.
Anlass für uns war, letztendlich… sicherlich sind das alles Analogie-Schlüsse, denn es gibt eben widersprüchliche Daten dazu. Im Analogie-Schluss muss man aber sagen, und das schien uns – wenn man auf der Seite der Vorsicht bleiben will und ich glaube das ist auch hier geboten – schien es uns gerechtfertigt, so zu argumentieren: Wir sehen einerseits, dass Kinder, obwohl sie selten Symptome haben und auch selten zum Arzt gehen und deshalb in der Meldestatistik selten vorkommen, dass sie durchaus, wenn man mal rückwärts ermittelt und Kinder als Kontaktpersonen hat, dass es dann durchaus auch Infektionen bei Kindern gibt und zwar in einem Umfang, der dem von Erwachsenen nicht so stark unterscheidet. Das sind dann eben auch so um die 7%. Also, es gibt Infektionen von Kindern.
Und es gibt Hinweise, dass auch asymptomatische Personen, also Personen die nicht husten oder niesen, im Erwachsenenbereich durchaus das Virus übertragen können, dass also asymptomatische Virus-Ausscheider für die Infektion eine Rolle spielen. Und genau das sind dann diese Kinder. Die haben keine Symptome, aber die haben das Virus, das repliziert in deren Rachen, das kann man auch messen und insofern kommen sie grundsätzlich als Virus-Ausscheider auch infrage.
Und es ist so, dass jüngere Kinder die Husten- und Niesregeln nicht entsprechend einhalten können, was dann natürlich, wenn sie mal Symptome haben, dann auch zu einer stärkeren Übertragung führen kann. Das sind Analogie-Schlüsse. Zusätzlich weiß man auch, dass das bei der Influenza der Fall ist. Die Influenza ist ein anderes Krankheitsbild, keine Frage, aber (es zeigt) dass Kinder durch ihr Verhalten durchaus eine Rolle spielen können.
Deshalb hatten wir hier zur Vorsicht geraten. Wir werden uns jetzt die weiteren Daten anderer Kollegen angucken, wie weit man sagen kann ‚Kinder spielen im Infektionsgeschehen eine Rolle‘ oder eben nicht. Und wir sind natürlich auch am Überlegen, jetzt, wo die Schulschließungen wieder aufgehoben werden, mit welchen epidemiologischen Methoden man sich hier nähern kann, um eine Abschätzung zu machen, wie groß die Effekte waren.
Bei der Einführung (der Schulschließungen) ist das alles sehr schnell gegangen, da hatten wir nicht die Gelegenheit. Und man muss eben auch sagen, das diese Maßnahmen nicht als Einzelmaßnahme eingeführt wurden, sondern mit mehreren anderen zusammen und dass es dadurch praktisch nicht möglich ist, einen Einzeleffekt auf Gesellschaftsebene zu messen. Jetzt müssen wir sehen, ob das jetzt möglich ist, da machen wir uns zur Zeit Gedanken.

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