Rüdiger Hoffmann

Ich war ganz Autodidakt.

Rüdiger Hoffmann über ernste Themen auf der Bühne, die harte Arbeit des Gag-Schreibens, wie er zu seinem unverwechselbaren Stil gefunden hat und wie er sich vor Routine schützt

Rüdiger Hoffmann

© ruedigerhoffmann.com

Herr Hoffmann, Vogelgrippe, Al-Qaida, BND-Affäre, Iran-Konflikt – sind das Themen, die auch in Ihrer Bühnen-Show vorkommen?
Hoffmann: Nein, eigentlich nicht. Es gibt zwar durchaus brisante Themen, die ich gerne in meinem Programm behandle, Ausländerfeindlichkeit, Umweltproblematik oder die Arbeitslosigkeit zum Beispiel. Aber der Iran war jetzt nicht unbedingt ein Thema, wo mir etwas extrem Lustiges zu eingefallen ist.

Ist das Feld der Politik für Sie generell ein Tabu?
Hoffmann: Also, die Art von Comedy, die ich mache, die kommt ja aus dem Leben, aus dem Alltag. Ich erzähle sehr viel aus der Sicht des Betroffenen, ich schlüpfe zum Beispiel in die Rolle eines Arbeitslosen oder eines Wohnungssuchenden. Ich mache also nicht die Geschichte über Wohnungsnot allgemein, sondern ich schlüpfe in die Figur: mal in die des Täters, mal in die des Opfers. Das ist meine Herangehensweise und die ist auch nicht vordergründig politisch. Nur wenn man genauer hinschaut, dann kann der ein oder andere Sketch schon etwas politisch sein.

Und aktuell ein Sketch zur Vogelgrippe, wäre Ihnen das zu heikel?
Hoffmann: Nein, aber ich fand das Thema bislang nicht so spannend. Ich schreibe ja Geschichten, die ein bisschen länger halten, das ist eben weniger aktuell politisches Kabarett sondern mehr Comedy aus dem Leben.

Sie sehen sich also vor allem als Entertainer, der das Publikum unterhält, bei dem die Leute einmal abschalten können und heraus kommen aus ihrem Alltagstrott?
Hoffmann: Ja klar, die Leute haben bei mir das Recht darauf, zwei Stunden zu lachen. Und es ist eine Kunst, die Leute überhaupt erst mal zum Lachen zu bringen. Wenn dann hinterher jemand zu mir kommt, wie neulich eine Frau, die sich bedankte und sagte: „Ich habe die ganze Woche hart gearbeitet und heute Abend habe ich so gelacht, dass mir der Bauch weh tut“ – ich finde, dann hab ich schon viel erreicht.
Und wenn ich mich an die Zeit nach dem 11. September erinnere: als ich in der ersten Woche nach den Anschlägen auf die Bühne gegangen bin, da hatte ich wirklich das Gefühl, dass die Leute besonders laut lachen und besonders viel klatschen. Weil sie das einfach gebraucht haben. In Zeiten, wo man Angst hat, wo die Probleme groß sind, hat das eben auch eine Ventilfunktion für die Leute.

Humor rüberzubringen, ist das auch eine ernsthafte Angelegenheit, steckt dahinter viel harte Arbeit?
Hoffmann: Ja, es ist schon harte Arbeit. Denn wenn irgend etwas lustig ist, was man sich abends bei einem Glas Wein ausdenkt, heißt das noch lange nicht, dass es am nächsten Tag ohne das Glas Wein auch noch lustig ist. Das muss sich letztendlich auf der Bühne zeigen. Oder wenn man mit Freunden zusammen sitzt, sich schlapp lacht und denkt, „Das ist doch was für die Bühne“ – dann ist es das nicht unbedingt. Das eine ist Situationskomik und das andere, was man auf der Bühne macht, ist eine stilisierte Form einer Geschichte oder einer Pointe. Und die muss halt auch beim zehnten Mal noch funktionieren. Von daher steckt dahinter schon viel Arbeit.

Haben Sie auch schon mal Gags eingebaut, die überhaupt nicht funktioniert haben?
Hoffmann: Sicher, wenn man neue Nummern schreibt und man spielt die zum ersten Mal auf der Bühne, dann kann man – obwohl man viel Erfahrung hat – eben doch nicht alles im Voraus berechnen. Dann stellt man fest, der eine Gag, den man als superstark eingeschätzt hat, kommt gar nicht an, dagegen erweist sich ein anderer, den man so nebenbei geschrieben hat, als riesiger Kracher. Das ist auch das Spannende an dieser Arbeit.

Jeder verbindet mit dem Namen Rüdiger Hoffmann diese ganz bestimmte, sehr getragene Redeart – gab es für Sie, für Ihren Stil eigentlich bestimmte Vorbilder, oder waren Sie ganz Autodidakt?
Hoffmann: Ich war eigentlich ganz Autodidakt, ich habe keine Vorbilder gehabt, sondern diesen Stil wirklich so entwickelt. Die langen Pausen sind im Grunde auch aus der Notwendigkeit des Textes heraus entstanden: man schreibt einen Text und der wirkt einfach am stärksten, wenn man bestimmte Sätze erst mal wirken lässt, eben durch Pausen. Es war ja nicht so, dass ich gedacht habe, „ich werde jetzt der langsamste Comedian“ sondern das ist einfach die Art, in der man diese Geschichten erzählen muss.

Bei den Hunderten von Auftritten, die Sie mittlerweile absolviert haben – ist es da auch schon vorgekommen, dass sich diese Art zu reden in Ihren persönlichen Alltag fortgepflanzt hat, dass Sie im privaten Bereich auf einmal so geredet haben, wie auf der Bühne?
Hoffmann: Das müssten eigentlich andere beurteilen. Es ist natürlich schon ein Stück privater Rüdiger Hoffmann mit drin, in der Figur. Ich komme aus Paderborn aus Westfalen, da sprechen die Leute halt nicht so viel, sie sprechen langsamer, das ist schon typisch westfälisch und manchmal bin ich auch so.
Ansonsten kann ich aber auch sehr schnell reden, das ist so ein gleitender Übergang vom Privaten zur Bühne. Das ist ja das Schöne an dem Beruf des Kabarettisten, dass man eben kein Schauspieler ist, sondern jemand, der seine eigenen Sachen schreibt und auch lebt aber auf der anderen Seite die Sachen trotzdem noch stilisiert.

Worüber können Sie eigentlich selbst am meisten lachen?
Hoffmann: Ich finde Situationskomik immer ganz lustig, wenn irgendetwas Spontanes passiert. Was ich auch lustig finde, sind Leute, die versuchen, Peinlichkeiten zu vermeiden, deswegen mag ich Komiker wie John Cleese sehr gerne, die so etwas auch immer darstellen. Ein bisschen steifere Typen…

…also schon der englische Humor, den wir hierzulande oft als trocken empfinden.
Hoffmann: Genau, aber das hat ja auch durchaus Ähnlichkeit mit dem trockeneren westfälischen Humor.

Wenn man sich Ihren Tourplan anguckt: Sie spielen höchstens drei bis vier Abende hintereinander und legen dann erst mal eine Pause ein – damit keine Routine aufkommt?
Hoffmann: Genau das ist der Grund. Ich mache das ja schon seit über 20 Jahren und da stellt man natürlich fest: wenn man 180 Shows fast am Stück spielt – das habe ich 1995/96 mal gemacht – dann ist das erstens sehr anstrengend, man braucht wirklich ein bisschen Zeit um sich zu regenerieren und zweitens sollte der Spaß nicht verloren gehen. Deswegen gestalte ich meine Tourneen so, wie sie sind. Drei Tage am Stück zu spielen ist für mich absolut ok, ich schaffe auch mehr – nur, ich muss es ja nicht machen. Und es ist einfach besser, sich wieder zu regenerieren und sich wieder auf die Bühne zu freuen, anstatt meinetwegen 20 Shows hintereinander abzureißen und nach der zehnten aber zu sagen: „Eigentlich habe ich gar kein Bock mehr, heute Abend die Leute zum Lachen zu bringen“. Ich sehe das einfach längerfristig, ich möchte das noch lange machen und deswegen gönne ich mir einfach die Pausen.

Und in den Pausen, wird das Programm dann auch wieder bearbeitet und verändert?
Hoffmann: Am Anfang einer Tournee wird man auf jeden Fall noch das ein oder andere ändern. Aber so nach 10, 15 Shows hat man eine Form gefunden, in der man die Show dann auch weiterhin spielt.

Was ist Ihr erster Satz auf der aktuellen Tour?
Hoffmann: Nicht „Ja hallo erst mal“.

Unsere Schlussfrage: Das Leben ist ein Comic – welche Figur sind Sie?
Hoffmann: Hmm… vielleicht bin ich so eine Mischung. Einer, der sich alles erst mal in Ruhe anguckt, während um ihn herum die Welt zusammenbricht. Die Geschichten bei mir sind ja oft so, dass ich auch in der absoluten Katastrophe immer noch das Positive sehe – und ich glaube, das ist dann so eine Art Galgenhumor. So eine Figur wäre ich, ein stoischer Typ, der dadurch aber die Dinge entlarvt, die um ihn herum passieren.

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