Roberto Blanco

Ich habe mehr Menschen glücklich gemacht als jeder Politiker.

Roberto Blanco über Künstlernamen, sein Zuhause, deutsche Mentalität und das Alter

Roberto Blanco

© SWR/Hans-Dieter Stahl

Herr Blanco, Sie tragen den Namen Ihrer Mutter…
Ich bin einer der wenigen Künstler, die ihren richtigen Namen tragen. Ich kann das tausend Mal wiederholen, die wenigsten wissen das. Meine Mutter hieß Mercedes Blanco. Dagegen sind Namen wie „Roy Black“, „Udo Jürgens“ oder „Jack White“ Künstlernamen.

Haben Sie noch Erinnerungen an Ihre Mutter?
Nein, als sie starb, war ich nicht einmal zwei Jahre alt. Mein Büro und mein Haus sind aber voll von ihren Fotos. Ich habe auf Kuba ihr Geburtshaus besichtigt. Alle sagten, sie war einmalig. Sie und mein Vater waren großartige Varieté-Künstler, die die ganze Welt bereisten.

Was steht in Ihrem Pass?
Im Pass steht „Roberto Zerquera Blanco, genannt Roberto Blanco“. Veranstalter buchen manchmal Flugtickets oder Hotels für mich unter dem Namen, der im Pass steht, also unter „Zerquera Blanco“. Aber alle kennen mich als Roberto Blanco und finden mich dann nicht auf der Liste, weil ich unter „Z“ stehe. Das ist manchmal ein bisschen mühsam für mich.

Zerquera“ ist der Name Ihres Vaters, warum haben Sie den nicht behalten?
Als meine Mutter starb, war mein Vater alles für mich. Vater und Mutterersatz zugleich. Ich habe ihn sehr geliebt. Ich ahnte ja nicht, dass ich einmal eine große Karriere machen würde. 1957, in meinem ersten Film, „Der Stern von Afrika“, werde ich noch als Roberto Zerquera aufgeführt. Als es dann losging, wollte ich einen einfacheren Namen, und mein Vater hat gesagt, nimm den von deiner Mutter. Sie war ein großer Star, sie wird dir helfen, wenn du ihren Namen trägst.

Welche Sprache haben Sie zu Hause gesprochen?
Spanisch.

Wann haben Sie Kuba, das Land Ihrer Eltern, zum ersten Mal besucht?
1986 mit meinem Vater und seitdem fast jedes Jahr. Ich habe dort immer noch Familie. Es ist eine wunderschöne Insel mit viel Sonne und Musik, und außerdem bin ich unter Landsleuten, die kubanisches Blut haben, wie ich.

Könnten Sie sich vorstellen, dort zu leben?
Nein, da ich in Tunesien geboren und im Libanon, Spanien, Italien und Ägypten aufgewachsen bin. Ich spreche sieben Sprachen. Wenn man so viele Kulturen kennt, ist man auf der Welt zu Hause. Aber eigentlich fühle ich mich als Europäer. Man darf nicht vergessen, dass ich seit 57 Jahren in Deutschland lebe, das prägt. Ich habe ja auch schon seit Jahrzehnten einen deutschen Pass. Ich könnte mir vorstellen, in Kuba drei bis vier Monate im Jahr zu leben, aber dann würde es mich nach Europa zurückziehen.

Wie haben Sie es geschafft, sich in Deutschland so zuhause zu fühlen?
Ein Rat an alle Menschen, die in ein fremdes Land kommen: Man muss die Gesetze und die Menschen des neuen Landes kennen lernen und respektieren. Dann entstehen keine Probleme, dann kommt man viel besser klar, als wenn man sagt, ich will mein Leben weiterleben, wie ich es in meinem Ursprungsland gelebt habe.

Als Sie 1956 nach Deutschland gekommen sind, lag der zweite Weltkrieg erst wenige Jahre zurück. Haben Sie mit den Menschen darüber gesprochen?
Als ich 1956 nach Wiesbaden kam, war vieles in Deutschland immer noch zerstört. In Gesprächen mit einigen deutschen Familien sagten viele zu mir, dass sie nicht wussten, was beispielsweise in Dachau und anderen Konzentrationslagern passiert ist. Ich habe gesagt, jeder Krieg ist schrecklich, aber Gott sei Dank ist es vorbei.

Sie haben den Menschen geglaubt, dass sie nichts von den Gräueltaten wussten?
Ich habe immer versucht, das Thema zu wechseln. Warum sollte ich das diskutieren, was vorbei ist? Es kommt nicht darauf an, ob ich diesen Menschen glaube oder nicht. Die müssen selbst wissen, ob sie die Wahrheit sagen.

Sie haben Fremdenhass nie zu spüren bekommen?
Nein, ich hatte zum Glück nirgendwo Schwierigkeiten mit Rassismus, egal in welchem Land ich war. Leider werde ich in Deutschland oft danach gefragt. Schwierigkeiten mit Religion oder Hautfarbe gibt es leider auf der ganzen Welt, das bedauere ich zutiefst.
Wenn ich sage, Ausländer müssen die Gesetze des Landes respektieren, dann gilt auch andersrum, dass man selbst die Fremden respektieren muss. Gegenseitiger Respekt ist das Wichtigste.

Verfolgen Sie, was in den Ländern Ihrer Herkunft, Tunesien, Libanon oder Kuba, geschieht?
Ich verfolge alles, was auf dieser Welt passiert. Mit Freude und Leid. Ich spüre eine tiefe Traurigkeit, wenn ich lese, was mit Syrien, Ägypten oder im Nahen Osten geschieht.

Trotzdem betonen Sie immer wieder, dass Sie sich nicht politisch äußern wollen.
Ich habe meine Meinung, aber ich bin zuallererst Sänger und Entertainer, kein Politiker. Und ich freue mich, dass ich in über fünfzig Jahren Showbusiness mehr Menschen glücklich gemacht habe, als jeder Politiker und zwar mit meiner Musik.

Ihr größter Hit ist „Ein bisschen Spaß muss sein.“ Wie schwer ist es, die Deutschen zum Lachen zu bringen?
Ich bin kein Komiker, sondern Entertainer. Wenn ich als Sänger und Entertainer eine gute Show bringe, freue ich mich, in die strahlenden Gesichter meiner Zuschauer zu blicken.
Ich bringe immer wieder unterschiedliche Arten von Musik, nicht nur Schlager, sondern auch Jazz, Spirituals oder spanische Songs. Die Deutschen sind sehr musikalisch und lieben das. Sie spüren, wenn man gut ist, dann ist es auch nicht schwierig, die deutschen Zuschauer zum Lachen zu bringen. Und es ist so schön, wenn die Menschen auf der Straße zu mir kommen und sich für die vielen Jahre Musik bedanken. Viele sind mit meinen Liedern aufgewachsen. Das ist herrlich.

Loriot sagte einmal, der Deutsche würde der Tragödie immer den Vorzug vor der Komödie geben.
Ja, das ist die deutsche Mentalität. Ich respektiere das, aber ich finde, das Ernste wird hier zu wichtig genommen. In Interviews werde ich oft gefragt: „Warum sind Sie immer lustig?“ Warum soll man nicht lustig sein? Man lebt besser, wenn man lacht.

Zitiert

Uns bleiben etwa vierzig Jahre, wenn man gesund bleibt und alles gut läuft, die wir bewusst leben. Ich sage nur: Genießt es!

Roberto Blanco

Vielleicht, weil permanentes Lustig sein oberflächlich wirkt.
Man kann nicht 75 Jahre lang oberflächlich lustig sein. Ich bin so, und ich danke Gott dafür. Wäre es nicht echt, würden die Menschen das sofort merken. Es gibt Menschen, die sind sauer, wenn es regnet, und die ganze Welt soll mit ihnen sauer sein. So bin ich nicht. Wenn’s regnet freue ich mich für die Natur, und jetzt freue ich mich auf den Sommer, die Sonne und die Blumen, das ist doch herrlich.

Sie rufen kollektiv zur guten Laune auf?
Wir sind auf dieser Welt nur zu Besuch, und ich glaube nicht, dass wir in hundert Jahren noch einmal wiedergeboren werden. Man nimmt das Leben erst ab ca. fünfzehn Jahren richtig wahr, dann bleiben durchschnittlich noch sechzig Jahre übrig, und davon verschlafen wir etwa acht Stunden täglich. Also bleiben etwa vierzig Jahre, wenn man gesund bleibt und alles gut läuft, die wir bewusst leben. Ich sage nur: Genießt es!

Viele Showstars versuchen, ihr Leben mit Alkohol und Drogen zu meistern. Von Ihnen hat man das nie gehört.
Nein, und Sie werden das auch nicht hören. Gelegenheiten gab es zu Genüge, aber ich wollte mit Drogen nichts zu tun haben. Ich trinke gerne ein Glas Wein, einen Rum, und ich esse sehr gerne, denn ich bin ein Gourmet. Aber ich brauche keine Drogen. Ich hätte sie natürlich leicht bekommen können. Ich wurde manchmal auf Parties eingeladen, in riesigen Villen, da lagen die Drogen auf dem Tisch, und man konnte sich bedienen. Ich habe mich sofort umgedreht und bin zurück ins Hotel.

Wann waren Sie das letzte Mal so richtig wütend?
Richtig wütend war ich schon lange nicht mehr, Gott sei Dank.

Sie sind also privat der gleiche Mensch, den wir vor der Kamera erleben?
Ich kann sauer werden, wenn ich bei meiner Arbeit mit Menschen zu tun habe, die glauben, sie wüssten und könnten alles, aber eigentlich unprofessionell sind. Aber ich bin ein sehr positiver Mensch, auch privat. Und wenn ich mal traurig bin, behalte ich das für mich. Ich stelle mich nicht auf den Balkon und rufe das in die Menge. Ich bin freundlich zu allen netten Leuten, und alle netten Leute sind freundlich zu mir.

Wirklich alle?
Wer mich ärgern will, das bestimme ich.

Ärgert Sie die Boulevardpresse?
Es gibt Journalisten, die Dinge erfinden, um eine Story zu bekommen. Zum Glück sind das nur Wenige. Denen oder einigen Boulevardblättern gebe ich keine Interviews mehr. In den 60/70er Jahren ging die Presse nicht so aggressiv mit prominenten Menschen um, die haben nicht so gesucht. Wenn Sie heute in der Nase bohren, wird eine Story daraus gemacht. Jeder, der berühmt ist, wird verfolgt.

Aber sie benutzen die Presse auch. Sie waren einverstanden, dass 2011 über Ihre Hochzeit mit Luzandra Strassburg auf den Seychellen berichtet wurde…
Mich kennen 99,9 % der Deutschen. Auf diesen Bekanntheitsgrad bin ich stolz. Den habe ich mir erarbeitet und nicht erkauft. Jede Berühmtheit, oder jedes Mitglied eines Königshauses wird fotografiert, wenn es heiratet, das ist ganz normal. Wir brauchen die Presse, und die Presse braucht uns. Und ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit.

Wie haben Sie es geschafft, sich über ein halbes Jahrhundert lang im Showbusiness zu halten?
Wenn ich das Rezept dafür hätte, könnte ich Millionen damit verdienen. Wenn man ins Showbusiness einsteigen will, braucht man Talent, Stimme und schauspielerische Fähigkeiten. Man muss ständig an sich arbeiten und eine eigene Persönlichkeit, einen eigenen Stil entwickeln. Natürlich braucht man auch etwas Glück und die richtigen Menschen um einen. Wenn das beim Publikum ankommt, steht einer langen Karriere nichts im Wege. Ich habe dreizehn Jahre Gesang studiert und eine Ausbildung zum Opernsänger gemacht. Aber ich habe mich dann für die leichte Muse entschieden und darum bin ich Entertainer geworden. Und ich bedanke mich beim Publikum, das mir so viele Jahre die Treue gehalten hat.

Nana Mouskouri hat acht Jahre klassischen Gesang studiert und wurde vom Konservatorium entfernt, weil sie lieber populäre Musik machen wollte.
Ich hatte das Glück, mit Nana Mouskouri oftmals zu arbeiten. Sie hat eine Stimme wie eine Geige. Das ist eine Naturstimme, die aber genauso trainiert ist, wie ich. Ich übe fast jeden Tag, denn von nichts kommt nichts.

1982 hatte Ihre Show „Roberto – Ein Abend mit Roberto Blanco“ siebzehn Millionen Zuschauer…
Ja, und einen Marktanteil von 49% . Das ist heute nicht mehr vorstellbar. Ich bin sehr stolz darauf.

Sind Sie wehmütig?
Warum?

Dass diese Zeiten vorbei sind?
Die Zeiten ändern sich. Die 50er Jahre waren ganz anders als die 80er und die wieder anders als heute. Ich habe mein Leben intensiv gelebt und genieße es noch. Das kann mir keiner nehmen. Ich wäre glücklich, wenn es im Fernsehen wieder mehr Musiksendungen mit live Orchester geben würde. Die jungen Leute gehen am Wochenende in Diskotheken, aber sehr viele andere Menschen bleiben zu Hause und schauen fern.

Joachim Fuchsberger hat ein Buch geschrieben „Alt werden ist nichts für Feiglinge.“
Ich habe keine Angst, alt zu werden. Ich fühle mich nicht wie über siebzig sondern eher wie zwei Mal fünfunddreißig Jahre. Das soll man respektieren.

Wer sollte das nicht respektieren?
Das Alter wird in Deutschland sehr stark betont. In deutschen Zeitungen, steht hinter jedem Namen in Klammern das Alter dahinter. Das habe ich in anderen Ländern nie gelesen. Man denkt „Oh, diese Frau sieht gut aus“ aber fragt danach sofort „aber wie alt mag sie wohl sein?“. Das Gleiche gilt auch für Männer. Seit ich mit meiner Frau Luzandra zusammen bin, lese ich ständig, wie alt ich bin und dass zwischen uns ein Altersunterschied von vierzig Jahren besteht. Warum ist das so wichtig?

Philipp Roth schreibt in seinem Roman „Das sterbende Tier“, nie fühle ein Mann sich älter, als wenn er mit einer sehr jungen Frau zusammen ist.
Na und? Jeder Mensch ist anders. Ich fühle mich nicht so alt, ich bin glücklich, sie ist glücklich. Alles andere zählt nicht.

Hat das Alter irgendwelche Vorteile?
Das Wichtigste ist, gesund zu sein. Für mich kann ich sagen, dass ich erfahrener bin. Meine Erfahrung ist Milliarden wert.

Auf Ihrer Website schreiben Sie: „Die Kluft zwischen moralischen Ansprüchen und menschlichen Schwächen wird uns in alle Ewigkeit zu schaffen machen.“ Warum dieses Zitat?
Warum nicht? Ich sage, was ich denke. Die Menschen sollen mich so kennen lernen, wie ich bin und wissen, was ich empfinde. Jeder soll aus dem Zitat das für sich nehmen, was er möchte. Ich bin kein Prediger, kein Weltverbesserer.

Ein Kommentar zu “Ich habe mehr Menschen glücklich gemacht als jeder Politiker.”

  1. gisberto |

    „Nur“ ein Schlagersänger? Verblüffend klug und bodenständig erscheint er hier. Er hat bestimmt den Titanic-Cover-Witz an besten verstanden. Aber warum dann Ehrenmitglied der CSU? Doch ein erfolgsverwöhnter Superspießer?

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