Uwe Ochsenknecht

Das Risiko ist zu groß, wenn es keine Happy-Ends gibt.

Uwe Ochsenknecht über "Die Bluthochzeit", Familienstreitereien, Waffen am Set, die Karriere seiner Söhne und seine Erinnerungen an die Pferde-Serie "Fury"

Uwe Ochsenknecht

© Constantin Film

Herr Ochsenknecht, können Sie eigentlich gut kochen?
Ochsenknecht: Sie meinen, wie meine Rolle in "Die Bluthochzeit"? Nein, ich glaube auch nicht, dass man mich für den Film wegen der Kocherei besetzt hat. Aber so eine große Küche wie im Film, so eine hätte ich auch gerne zu Hause.

Zwei verfeindete Männer zetteln in "Die Bluthochzeit" einen Streit an, der am Ende in einen richtigen Belagerungskrieg um den Gutshof des einen Kontrahenten ausartet. Sehen Sie eine reale Grundlage für so eine Geschichte?
Ochsenknecht: Tja. Schlagen Sie mal die Zeitung auf, das ist in der ganzen Welt so. Nachbarschaftsstreit: weil ein Apfel beim Nachbar in den falschen Garten fällt, gehen die gleich mit dem Messer aufeinander los – ist doch bekloppt. Oder der Klassiker: einer nimmt dem anderen den Parkplatz weg. Wegen so kleinen Geschichten werden manchmal ganze Kriege angefangen.

Der Film basiert auf einem belgischen Comic – haben Sie den gelesen?
Ochsenknecht: Ja, der ist sehr splattermäßig, da rollen nur Köpfe, es gibt viel Blut… Das richtig zu verfilmen, wäre ein bisschen zu viel des Guten gewesen. Es wäre mir auch zu blöd gewesen, einen Film auf so eine Art und Weise zu machen, weil Blut auf der Leinwand sieht nun mal anders aus als gezeichnetes Blut.

Comic ist immer eine Form der Überzeichnung – ist der Film das auch?
Ochsenknecht: Nein. Ich finde, man hätte man sogar noch ein bisschen mehr Gas geben können, ich traue Menschen noch viel mehr zu. Manchmal streiten sich die Leute wegen der blödsinnigsten Sachen.

Wobei, so richtig böse geht der Film am Ende dann ja nicht aus.
Ochsenknecht: Nein, das reicht aber auch so. Zwischen den beiden Kontrahenten ist die Sache nicht wirklich geklärt, die gucken sich an mit dem Blick "War das jetzt so alles nötig"? – und gehen auseinander.

Haben denn Filmemacher auch ein wenig Angst davor, die Leute mit einem richtig schlechten Ende aus dem Film gehen zu lassen? Schließlich kommt das äußerst selten vor.
Ochsenknecht: Ich habe zwar noch nicht Regie geführt, aber ich kann mir vorstellen, dass alle Leute, die bei so einem Film beteiligt sind, die da auch Geld investieren, am Ende von dem Geld wieder etwas zurückkriegen möchten. Und das Risiko, dass das nicht passiert, wäre einfach zu groß, wenn es keine Happy-Ends gibt. Natürlich muss sich auch der Zuschauer selbst fragen, ob er lieber in einen Film geht, der ein gutes Ende hat, oder eben ein nicht so gutes.

Es beginnt in "Die Bluthochzeit" alles mit einem fröhlichen Hochzeitsbankett, das aber sehr schnell unromantisch wird. Kennen Sie das auch von eigenen Familienfeiern?
Ochsenknecht: Ja, das habe ich schon erlebt. Mit meinen Verwandten, oder bei anderen Bekannten, wo ich eingeladen war – komischerweise immer bei Familienfesten. Ich denke auch, das müsste eigentlich jeder kennen. Plötzlich fangen sich die Leute an richtig zu streiten…

…und beruhigen sich am Ende aber wieder?
Ochsenknecht: Mal so, mal so. Manche sind dann auch gleich abgereist. Es ging zwar nie soweit, dass sie aufeinander losgegangen sind, aber das waren trotzdem heftige Streitereien, wegen Lappalien auch, wegen irgendwelchen Geschichten, die sich über lange Zeit aufgestaut haben.

Und Sie selbst, behalten Sie in solchen Situationen dann eher die Ruhe?
Ochsenknecht: Das kommt drauf an. Ich versuche dann schon, vernünftig und irgendwie analytisch vorzugehen und zu sagen: "Komm, das lohnt sich doch gar nicht, darüber zu streiten." Ich versuche immer zuerst, solche Geschichten gütig zu klären und im normalen Ton. Natürlich passiert es mir auch, dass ich manchmal entgleise, dass ich lauter werde als ich sein will, oder Dinge sage, die ich eigentlich gar nicht sagen will. Das ärgert mich dann auch im Nachhinein, aber es kommt eben schon mal vor. Jeder hat doch in einer gewissen Form diese animalischen Instinkte in sich drin und in bestimmten Momenten, werden die entfacht.

Aber im Nachhinein, entschuldigen Sie sich dann bei Ihrem Gegenüber?
Ochsenknecht: Ja, wenn ich das für nötig halte, schon. Klar.

"Die Bluthocheit" ist einer der wenigen Filme, in denen Sie eine Waffe halten.
Ochsenknecht: Ja, leider. Ich liebe das ja.

Nur halten oder auch schießen?
Ochsenknecht: Nein, ich schieß dann auch gerne, mir macht das Spaß. Ich mache das jetzt nicht als Sport, so weit geht’s nicht. Aber wenn ich mal eine in der Hand habe, dann macht mir das Spaß. Früher auch mit dem Luftdruckgewehr… Wir haben doch früher als Jungen alle Cowboy und Indianer gespielt, oder Räuber und Gendarmen. Da hat man dann halt Wasserpistolen gehabt, oder die Pistolen mit den kleinen Kügelchen. Das war ein Spiel. Warum machen kleine Jungs das schon? Das liegt in den Genen, der Jagdtrieb oder was weiß ich. Es kommt immer drauf an, wie man mit so einer Waffe umgeht, auf was man schießt.

Apropos kleine Jungen: wie geht es denn Ihren beiden Söhnen? Und wie kam es, dass die mittlerweile auch im Filmgeschäft gelandet sind?
Ochsenknecht: Denen geht es gut. Die kamen zum Film, weil die Söhne vom Regisseur und Autor der erfolgreichen Buchreihe der "Wilden Kerlen", mit meinen Söhnen im gleichen Fußballverein sind. Und als der den Auftrag für die Verfilmung bekam, hatten seine Jungs keine Lust, in vorderster Reihe mitzuspielen. Da hat er dann meine Jungs gefragt.

Und Papa hatte nichts dagegen?
Ochsenknecht: Nein, ich habe nix dagegen solange die Schule nicht darunter leidet und solange sie auf dem Teppich bleiben.

Da gibt es ja ziemlich strenge Gesetze, was Kinder am Set betrifft.
Ochsenknecht: Ja, aber daran wird sich eigentlich nie gehalten. Deswegen wird ja oft im Ausland produziert, die "Wilden Kerle" wurde in Prag gedreht. Da gibt es zwar auch irgendwelche Gesetzte, die sind aber nicht so streng und man kann das von hier aus schon mal gar nicht kontrollieren.

Inwieweit mischen Sie sich ein bei Ihren Söhnen?
Ochsenknecht: Gar nicht. Ich mische mich höchstens bei der Filmauswahl ein, da kommen ja viele Drehbücher, die einfach schlecht sind. Aber da die meisten Dreharbeiten in die Schulzeit fallen würden, fällt das dann eh flach.

Sie selbst kommen vom Theater, würden Sie auch Ihre Söhne zum Theater schicken?
Ochsenknecht: Nein, ich schicke überhaupt niemand irgendwohin.

Oder zumindest den Ratschlag geben: "Jungs, das könnte gut für euch sein."?
Ochsenknecht: Nein, das kann ich doch nicht beurteilen, was gut für die ist. Wichtig ist, dass die Spaß haben im Leben. Und solange es denen Spaß macht, sollten die es tun. Ich versuche nur, ihnen ein Gefühl für Qualität beizubringen.

Können Sie dieses Gefühl etwas genauer erklären?
Ochsenknecht: Ja, was Schauspielerei anbelangt, schon, das kann auch jeder Laie und jeder Zuschauer beurteilen, da muss man kein Fachmann sein. Das sind einfach Momente, wo Schauspieler dich berühren. Und es gibt es verschiedene Mittel, mit denen man das versuchen kann, zu erreichen, Erfahrung zählt natürlich auch. Wenn man nun guckt, wie selten es solche Momente gibt, im Fernsehen oder im Kino und es passiert dann aber doch mal – dann merkt man, wie geil das eigentlich ist. Plötzlich springt da irgendwie ein Funke über und du weinst, fürchtest dich oder lachst … dafür gehe ich ins Kino.

Und wann wurden Sie das erste Mal im Leben so berührt?
Ochsenknecht: Oh (überlegt lange). Ich glaube, ich hab da so ein Bild im Kopf. Kennen Sie noch die Serie "Fury"? Da gab es immer so einen Vorspann, wo zwei Pferde miteinander kämpfen. Und irgendwie beißt das eine Pferd das andere am Hals und der Junge, der da mitgespielt hat, ist dann immer ganz bestürzt gewesen, so a la "ach, das kann ich nicht mit ansehen" – ja, das hat mich berührt, damals als Kind.

Eine Frage in puncto Drehbücher, die Sie angeboten bekommen: Sie haben schon öfters in Interviews darüber geklagt, was für schlechte Drehbücher in Deutschland schon verfilmt und gefördert wurden. Wenn Sie ein Drehbuch kriegen, interessiert Sie dann selbst nur, ob der Film gut ist, oder interessiert Sie auch, ob sich den Film am Ende auch Leute angucken werden?
Ochsenknecht: Letzteres interessiert mich schon auch. Das kommt immer auf das Projekt an, wer Regie führt, wer Kamera macht, wer mitspielt usw. Wichtig ist vor allem, dass ich beim Drehbuch denke, da kann man einen guten Film draus machen. Und wenn der dann noch kommerziell erfolgreich ist, dann ist das natürlich toll. Aber nur auf den Kommerz gucke ich eigentlich nicht. Es gibt auch Filme, wo ich vorher wusste, das wird und soll ein kommerzieller Film werden – da ist dann auch nichts gegen zu sagen.

Gucken Sie sich das an, wie Sie selber spielen? Sind Sie dann auch selbstkritisch?
Ochsenknecht: Ja. Aber ich muss mir das nicht angucken. Nicht, weil ich alles scheiße finde, sondern weil ich das nicht wirklich beurteilen kann. Das ist genauso, wenn man in den Spiegel guckt, manchmal findet man sich gut, manchmal hässlich … das ist schwierig. Und es gibt immer wieder Momente, wo ich denke "oh, die Szene habe ich jetzt aber geil gespielt." Und dann guckst du die an – und es interessiert kein Schwein, du selbst denkst nur noch "was ist das für eine Scheiße?". Beim Drehen hat man oft ein ganz anderes Gefühl, als es dann auf der Leinwand rüberkommt. Und umgekehrt ist das auch so, es gibt Szenen, wo du denkst "na ja, nichts besonderes, was soll man da jetzt spielen?" Aber plötzlich wird das dann der Hit vom Film, wo alle nur noch von genau dieser Szene reden. Ganz sonderbar. Aber das wird wohl auch immer so bleiben, dass man das nicht im Griff hat, wie man auf die Leute wirkt.

Sind Sie manchmal auch unfreiwillig komisch?
Ochsenknecht: Also, das wäre ein bissl blöd. Wenn komisch, dann schon bewusst eingesetzte Komik. Das haut dann ja auch oft nicht hin, das verfehlt das Ziel einer Szene, wenn irgendetwas unbewusst komisch ist. Wenn der Grund, es zu spielen, anders war, als es dann rüberkommt, dann ist das ja ein dramaturgischer Fehler, das kann dir sogar den ganzen Film auseinander hauen.

Was muss ein Regisseur bringen um Sie zu überzeugen, wie muss er auf Sie zugehen? Muss das einfach nur ein super Typ sein?
Ochsenknecht: Also, ein super Typ reicht nicht aus. Ich komme vom Theater. Und das muss halt jemand sein, der eine genaue Vision, einen genauen Plan hat, ein Konzept hat von dem, wie er den Film machen will, in welche Richtung er die Figuren haben will. Und das haben viele leider nicht. Die sagen dir dann "ja, du weißt ja wie es geht, du kommst hier zur Tür rein und gehst hinten wieder raus…super gemacht" – ja scheiße ist das, das hat mit Schauspielerei oder Regie nichts zu tun.

Sie wollen lieber geführt werden.
Ochsenknecht: Was heißt "geführt werden" – ja, ich will einfach eine Ansage haben, weil ich bin nicht der Regisseur. Ich bin der Ablieferer, ich bin der Schauspieler, ich bin der, der das im Sinne des Autoren, des Regisseurs und der Figur machen soll.

Sehen Sie sich also als Werkzeug?
Ochsenknecht: Ja, ich nehme Befehle an. Natürlich fällt mir immer etwas dazu ein, wie man etwas darstellt, wie man etwas macht, das kann man auch mit einbringen. Aber im Grunde bin ich der ‚Deliverer‘, praktisch das letzte Glied in der Kette.. und da brauche ich halt Ansagen. Ich finde es auch am tollsten, wenn vom Regisseur ein Vorschlag kommt, auf den ich gar nicht gekommen wäre.

Sie sind hin und wieder auch im TV zu sehen – halten Sie das Fernsehen denn noch für ein relevantes Medium? Oder gibt es das eher eine abnehmende Tendenz?
Ochsenknecht: Also, es hat auf jeden Fall abgenommen, und ob es noch weiter abnimmt, weiß ich nicht – ich hoffe nicht. Es gibt ja immer wieder Filme, wo man sagt: "Fernsehen ist eigentlich auch geil". Das Fernsehen war in Deutschland ja auch lange gut, als es das kleine Fernsehspiel noch gab…

…und bis die Privaten kamen.
Ochsenknecht: Ja, das ist leider so. Diese Quotenjagd und diese ewige Werbung immer dazwischen, die einen Film kaputt macht, das ist unglaublich schlecht.

Was gucken Sie?
Ochsenknecht: Ich gucke zum Beispiel viel 3Sat, arte oder den ZDF-Doku-Kanal – und es gibt auch mal vereinzelt bei den Privaten gute Filme. Aber im Gesamtbild, dieser ganze Doku-Soap-Scheiß… Vorhin habe ich hier im Hotel mal ein bisschen rumgezappt. Da lief dann irgendso eine Klinik-Sendung und ich dachte, ich ziehe mir das mal rein: aber was die da für eine Scheiße zusammenspielen!

Als Schauspieler achten Sie dann wohl ganz besonders auf die schauspielerischen Leistungen.
Ochsenknecht: Ja. Nur. Aus welchem Grund sollte ich mir das sonst angucken? Ich frag mich dann am Anfang, was spielen die da, sind da vielleicht doch gute Leute dabei, Anfänger, die das als Karriere-Sprungbrett nehmen wollen…

Aber es ist dann doch eher das Ende…
Ochsenknecht: Ja, der Anfang vom Ende. Also, wenn man das in den Unterlagen einmal drin hat, "Klinik unter Palmen" oder wie das alles heißt – dann kann man das schon vergessen.

Unser Schlussfrage: Das Leben ist ein Comic, welche Figur sind Sie?
Ochsenknecht: Kann ich nicht sagen, ich sehe mich ja nicht als Comic.

Dann nehmen wir eben Fury.
Ochsenknecht: Ja, genau, nehmen wir Fury.

Ein Kommentar zu “Das Risiko ist zu groß, wenn es keine Happy-Ends gibt.”

  1. Isabell |

    Jimi

    bitte macht doch mal ein interview mit Jimi, das wäre toll…

    Antworten

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