Jane Monheit

Die Leute sollten sich nicht von meinem Aussehen beeinflussen lassen.

Jazz-Sängerin Jane Monheit über aufreizende Plattencover, Gefühle auf der Bühne, Konkurrenzdenken und ihren Titelsong zum Fim "Sky Captain and the World of tomorrow".

Jane Monheit

© James White / Sony Music

Jane, du bist nun schon das fünfte Mal in Berlin, bist als Sängerin fast immer auf Tour – das klingt nach sehr viel Arbeit…
Monheit: …ja, das ist bei uns Jazzmusikern eben so. Erst mal liebe ich es sehr auf der Bühne zu stehen, was für einen Musiker ja nicht selbstverständlich ist. Wir haben großes Glück, dass uns so viele Leute sehen wollen. Und wir können so auch auf unsere Alben aufmerksam machen. Auf der anderen Seite liegt das in der Natur des Jazz, Jazz ist nun mal eine Musik, die man am besten live hören kann. Außerdem verdienen wir so unser Geld – mit CDs verdient man ja kein Geld.

Auch nicht nach deinem Wechsel zur Plattenfirma Sony?
Monheit: Nein, ich glaube die Plattenfirmen sind glücklich, wenn eine Jazzplatte überhaupt ihre Kosten wieder einspielt. Nicht viele Leute kaufen Jazz-CDs, die hören sich das lieber live an. Wir Jazzmusiker machen sowieso nicht so viel Geld, mein Mann und ich wohnen immer noch in der gleichen Wohnung wie zu College-Zeiten. Zwar in Manhattan, aber in keiner teuren oder exklusiven Gegend.

Warum hast du die Plattenfirma dann gewechselt?
Monheit: Dafür gibt es viele Gründe, ich habe nun viel mehr Möglichkeiten selbst Einfluss zu nehmen auf den Produktionsprozess, auf die Songauswahl. Ich habe viel gelernt in den letzten Jahren und Sony hatte so viel Vertrauen in mich, das ist einfach toll. Ich habe jetzt auch eine andere Band, die wirklich wundervoll ist. Es war einfach eine sehr positive Veränderung.

Kommt daher auch deine Mitwirkung am Soundtrack zum Film "Sky Captain and the World of tomorrow"? Der Soundtrack ist ja bei Sony erschienen.
Monheit: Ja, genau, das ist toll. Der Film ist klasse, visuell einfach umwerfend – und ganz am Ende spielen sie mein Lied. Was ziemlich cool ist, denn man hört die normale Filmmusik wenn der Abspann beginnt, und die geht ganz langsam in "Somewhere over the rainbow" über. Als ich bei der Premiere im Kino saß war ich die ganze Zeit so aufgeregt, und als mein Song kam, hab ich angefangen zu weinen und erst mal meinen Mann angerufen, mein Handy Richtung Leinwand gehalten und immer nur geschluchzt: "Das bin ich, kannst du es hören?".

Interessant, dass ein Film der visuell so neue Wege geht, dann einen Jazzsong als Titelsong nimmt, oder?
Monheit: Naja, der Film spielt theoretisch in den 30er Jahren und es gibt sogar eine Szene, in der Gwyneth Paltrow in der Radio City Music Hall steht und der "Wizard of Oz" läuft, von daher passt es glaube ich ganz gut.

"Somewhere over the rainbow" ist nun ein Song, den man schon so oft in verschiedenen Versionen gehört hat, dass man sich fragt, warum muss es davon noch eine Version geben? Kann man dem Song überhaupt noch etwas neues abgewinnen?
Monheit: "Somewhere over the rainbow" ist der erste Song, den ich jemals gesungen habe, da war ich 3. Auf meinen zweiten Album ist auch ein kleiner Clip ganz am Ende, wo ich ihn als 3jährige singe. Von daher hat er für mich eine ganz besondere Bedeutung, und ich singe ihn immer wieder gerne. Und viele Menschen lieben diesen Song, nach den Konzerten kommen immer wieder Leute auf mich zu und sagen, sie haben geweint als sie ihn gehört haben.
Problematisch ist einfach, dass er überall ist, in American Idol brüllen sie ihn so raus. Es ist ein Song den man sehr schön singen kann, aber auch unglaublich furchtbar. Je nachdem wie man ihn singt kann er Freude und Zuversicht ausdrücken, oder Hoffnungslosigkeit und Trauer, man muss nur an Judy Garland und ihr Leben mit Drogensucht und Selbstmord denken. Alle Leute verbinden unterschiedliche Emotionen mit ihm. Und je nachdem wie ich mich beim Konzert fühle singe ich ihn auch.

In einem Interview hast du mal gesagt, dass man deine Gefühlslage an der Art, wie du Balladen singst erkennen kann. Wie ist das zum Beispiel bei dem Konzert, was du heute Abend in Berlin singst?
Monheit: Hmm, ich glaube ich singe heute sehr glückliche Songs, weil ich mich so auf zu Hause freue. Manchmal mache ich auch so einen dramatischen Teil, aber heute bin ich glücklich. Aber auch ein paar schöne Liebeslieder, es ist so kalt draußen, irgendetwas was das Herz wärmt.

Wenn man etwas über dich liest, wird immer darauf eingegangen, wie hübsch du bist, was nicht immer positiv bewertet wird, wie schätzt du die Bedeutung deines Aussehens auf deine Karriere ein?
Monheit: Erst mal finde ich nicht, dass ich so unglaublich hübsch bin, auf der anderen Seite hilft es natürlich wenn man jung und nicht hässlich ist, denn egal welche Musik man macht, dies ist die Unterhaltungsindustrie und die legt nun mal Wert darauf. Ich könnte es sowieso nicht ändern, deshalb ignoriere ich einfach, wenn ich zum hundertsten Mal lesen muss, "Ok, sie ist hübsch, aber singen kann sie bestimmt nicht." Die Leute sollten sich meine Musik ohne Vorbehalte anhören und sich nicht vom Aussehen beeinflussen lassen.

Auf dem Cover deiner neuen CD "Taking A Chance On Love" liegst du aber schon recht aufreizend da …
Monheit: …ja das stimmt natürlich. Auf der anderen Seite ist das nicht Sony, die sagen, sie wollen das so. Ich liebe es mich aufzudonnern und Make-Up zu tragen und mich chic anzuziehen und zu posieren, schon seit ich ein kleines Kind bin. Ich find es so cool, jetzt die Gelegenheit zu haben, dass ich das natürlich voll ausnutze (lacht). Ich habe schon immer gerne High Heels getragen, und wenn ich jetzt ohne Make-Up und barfuss auftreten wollen würde, würde ich das einfach tun – nur, das wäre nicht ich.

Dennoch ist diese Art vielleicht nicht das, was man normalerweise mit Jazz verbindet. In den 30 er Jahren wurde Jazz in Deutschland noch von schwarz angemalten Musikern gespielt, die einfach wilden Lärm gemacht haben – ein langer Weg bis hin zu dir.
Monheit: Jazz ist dann aber populäre Musik geworden, über die Filmmusicals, die weltweite Erfolge waren, und die ich auf meinem aktuellen Album singe. Die wurden auch von glamourösen Frauen gesungen. Dies reflektierte dann wieder auf die Jazzszene mit so großartigen Frauen wie Peggy Lee und Nancy Wilson, die tolle Musikerinnen und taffe Businessfrauen waren – und noch dazu einfach klasse aussahen. So wurde dies akzeptiert, wenn auch nicht gefordert, denn es gab natürlich immer noch so ursprüngliche Musikerinnen wie die wundervolle Ella Fitzgerald. Mittlerweile ist der Druck hübsch zu sein, aber zu groß. Der Fokus geht leider weg von guter-Musik-und-schön-wenn-sie-gut-verpackt-ist zu Hauptsache-hübsch-der-Rest-ist-nicht-so-wichtig.

Es gibt ja auch diese neue Generation von Jazzmusikern mit Norah Jones, Katie Melua und Jamie Cullum, fühlst du dich da als Wegbereiterin oder bist du ein wenig neidisch auf deren Erfolge?
Monheit: Darauf bin ich absolut stolz. Als ich meine erste CD veröffentlicht habe, sind die Medien durchgedreht, und haben geschrieben "mit 22 sei man viel zu jung, solche Musik zu machen, das könne nur furchtbar enden, haltet sie auf!" Und jetzt ist es akzeptiert und man hat gesehen, dass es möglich ist. Das freut mich natürlich. Und ich bewundere Jamie Cullum zum Beispiel sehr, der ist so talentiert. Ich habe ein wenig Zeit mit ihm verbracht, und er ist viel besser als ich, von ihm kann ich noch so viel lernen.

Wow, das ist auch selten, dass man so etwas von einem Sänger über den anderen hört – seid ihr Jazzsänger einfach netter als andere Musiker?
Monheit: (lacht) Nein, auf gar keinen Fall. Vielleicht ist es so bei den Jazz-Instrumentalisten. Aber wenn man zehn Jazzsänger in einem Raum sperrt kommen sofort die Krallen zum Vorschein, und das hasse ich! Es gibt schon ein sehr starkes Konkurrenzdenken, was völlig bizarr ist. Niemand mag nur einen Jazzsänger, sondern die, die einen mögen, werden sich auch die anderen anhören. Wir sitzen alle in einem Boot und könnten viel erfolgreicher sein, wenn sich alle unterstützen würden.

Was hörst du privat für Musik?
Monheit: Ich will mir schon seit Monaten die Jamie Cullum-CD kaufen, aber ich bin niemals in Plattenläden. Und sonst höre ich, seit ich in Brasilien war, nur noch brasilianische Musik. Davon bin ich völlig besessen.

Kann man dann auf deinem nächsten Album ein wenig brasilianische Einflüsse erwarten? Und, planst du vielleicht auch ein Album mit eigenem Material?
Monheit: Auf jeden Fall wird es das einmal geben, heute singe ich schon viel auf portugiesisch, weil es so eine tolle Sprache ist. Das Problem ist nur, dass in den USA niemand eine andere Sprache spricht als Englisch, und ich immer alles übersetzen müsste. Europäer sind viel offener, sprechen viel Sprachen und haben auch keine Berührungsängste mit anderen Kulturen – in den USA ist das leider nicht so, da kommt so was nicht so gut an. Und zur zweiten Frage: Ja, ich würde gerne ein Album mit eigenen Songs aufnehmen, solange es wirklich tolle Songs sind.

Du hast nun schon viel rumgekommen, hast viel gesehen und andere Kulturen kennen gelernt – gibt es denn trotzdem noch einen Ort, an dem ihr noch nicht wart, wo du gerne mal hinmöchtest?
Monheit: Meine absoluten Lieblingsorte sind Brasilien und Japan, da möchte ich unbedingt wieder hin, aber auch sonst würde ich gerne mehr von Asien sehen, oder Osteuropa, ich war noch nie in Russland – uh, aber nächstes Jahr fahren wir nach Singapur, darauf freue ich mich schon.

Als du jünger warst hast du deinen Musiklehrer zur Verzweiflung getrieben, weil du immer improvisieren wolltest, ich schildere dir jetzt ein paar kleine Situationen, und bin gespannt, was du improvisieren würdest:
Du betrittst bei einem Konzert die Bühne, und es sind nur 10 Leute da.

Monheit: …ich würde es total knallen lassen, ich würde versuchen alle Leute persönlich kennen zu lernen, und ihnen die beste Show meines Lebens zu liefern.

Jemand kommt auf dich zu und fragt: "Warst du nicht bei ‚Deutschland sucht den Superstar’"?
Monheit: Glaub es oder nicht, neulich in den USA ist wirklich jemand zu mir gekommen und hat gesagt ich sollte mich da bewerben. Ich war so durcheinander, und habe nur gesagt, ‚Äh…, ich bin zu alt‘, weil die Altersgrenze bei der Sendung in den USA 26 ist. Aber ich liebe es, mir die Sendung anzuschauen, nur die Leute, die sich da blamieren tun mir leid. Aber ich mag Popmusik, ich mag sogar die Musik, die daraus entsteht, so wie "A Moment like this" von Kelly Clarkson.

Nächste Situation: Andrew Lloyd Webber möchte dich als Christine im "Phantom der Oper".
Monheit: Jederzeit, keine Frage. Das habe ich noch nicht gemacht, und ich wollte schon immer mal in einem Musical mitspielen, ich bin dabei!

Du wirst verhaftet wegen unsittlichem Verhalten beim Superbowl.
Monheit: Oje, das ist schwer, ich bin eigentlich so ein gutes Mädchen. Ich passe eigentlich immer auf, dass ich auf der Bühne nichts falsch mache, nichts was man missverstehen könnte. Wenn ich mit meinen Freundinnen unterwegs bin, ist das anders, da machen wir nur Mist, und fluchen und benehmen uns total daneben, aber eigentlich nicht, wenn man mich sehen kann – nur manchmal habe ich Angst, dass etwas unbewusst passiert.

Und wie sieht dann so ein Abend mit den Freundinnen aus?
Monheit: Wir gehen einfach weg und feiern und tanzen bis 8 Uhr morgens. Die coolste Nacht hatten wir einmal in München… Ich würde allerdings niemals mehr zu diesem Club hinfinden, der war in irgendeinem Keller oder so, aber es war eine verrückte Nacht.

Jane, unsere Schlussfrage lautet: Das Leben ist ein Comic – welche Figur bist du?
Monheit: Auf jeden Fall Jessica! Die von Roger Rabbit, die ist immer so glamourös und toll angezogen, das liebe ich! Außerdem ist sie so ein wenig dreckig – und undurchsichtig.

Kommentar schreiben

* Erforderliche Angaben. Emailadresse wird nicht veröffentlicht.