Daniel Brühl

Mit meiner Menschenkenntnis liege ich meistens richtig.

Schauspieler Daniel Brühl über wichtige Freundschaften, schnelle Autos, Boulevardpresse, seine Karriere in Spanien und den Film "Ein Freund von mir"

Daniel Brühl

© X-Verleih

Daniel, wie ähnlich bist du Karl – der Figur, die du in "Ein Freund von mir" spielst?
Brühl: Ich bin auch ein nachdenklicher Mensch, manchmal introvertiert mit einem Hang zur Melancholie – aber nicht so drastisch wie die Figur. Und ich habe auch nie so ein gerades, straightes Leben geführt. Es wird zwar nicht erzählt, warum er so ist. Aber man darf annehmen, dass er wahrscheinlich in der Schule immer sehr gut war, ein Super-Abi gemacht hat und dann vielleicht in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist. Er kommt aus einem gutbürgerlichen Umfeld und sein Leben verläuft planmäßig. Aber ihm fehlt einfach was. Er langweilt sich und vermisst irgendetwas im Leben. Das war bei mir nicht so.

Hättest du dir vorstellen können, auch den leicht durchgeknallten Hans zu spielen, dessen Rolle Jürgen Vogel übernommen hat?
Brühl: Es gab diese Überlegung. Wir hatten sogar schon ein Casting mit mir als Hans gemacht. Das war auch total gut. Also ich fand es zumindest gut. (lacht) Der Regisseur Sebastian Schipper auch, aber er ist immer sehr diplomatisch. Ich hatte eine Zeitlang auch mehr Lust darauf, wollte mich austoben und der aktive Part sein. Aber eigentlich ist es logisch, dass die Verteilung der Rollen jetzt so ist. 99 von 100 Leuten würden Jürgen und mich so besetzen. Da ich mich privat für relativ lustig halte, war es aber spannend, in der Rolle jemanden zu spielen, der das Rumblödeln zum ersten Mal für sich entdeckt. Es war eine Herausforderung für mich, jemand zu sein, der zum ersten Mal in seinem Leben seine Stimme verstellt und dann blöde Gags macht. Diese Verkrampftheit dabei, dass es nicht so richtig cool ist, und Jürgen das immer mit einem ironischen Lächeln quittiert – das fand ich interessant.

Im Film spielen Autos eine wichtige Rolle – kannst du dich auch privat für Autos begeistern?
Brühl: Ja. Ich fahre einen Audi A3 und habe dazu noch zwei alte Autos, von denen ich jetzt leider eins loswerden muss. Zwei alte Gurken – das ist zu viel. Ich habe einen alten Peugeot 304 Cabrio von 1970 und einen Alfa Romeo Julia von 1966. Der eine steht in der Garage in Kreuzberg und der andere in einer Scheune von meinem Schrauber außerhalb von Berlin. Ich musste mich zwischen den beiden entscheiden, und dieser orangene Peugeot ist schon ein Traumauto von mir. Der Alfa muss jetzt leider weg.

Bist du jemand, der die Geschwindigkeit liebt?
Brühl: Ich mag das ganz gern, aber ich bin auch ein Schisser. Ich fahre fünf Minuten schnell und gehe dann auch schon wieder runter vom Tempo. Ich habe immer Panik vor LKWs, dass die einpennen oder so. Abgesehen davon, gibt es auch bessere Fahrer als mich. Jürgen legt da großen Wert drauf, immer wieder zu betonen, dass er der bessere Fahrer von uns beiden ist. (lacht)

Wie ist das Gefühl, in einem Porsche zu sitzen?
Brühl: Das war großartig – und auch noch nackt! Ich habe wie Karl im Film vorher noch nie in einem Porsche gesessen und Jürgen hat genauso fasziniert und völlig von den Socken wie Hans gefragt: "Was? Du bist noch nie Porsche gefahren?" Jürgen hat glaube ich öfter schon mal in schnellen Autos gesessen. Er fährt ja auch einen schnellen Wagen. Aber für mich war das ein echt gutes Gefühl. Als wir die beiden Porsches am ersten Tag bekommen haben, durften wir die auch ein bisschen einfahren. Jürgen ist "wutsch, mit 250 gleich vor mir verschwunden. Ich habe überhaupt keinen Sinn für Orientierung und mich gleich am ersten Drehtag auf irgendwelchen Landstraßen vollkommen verfranst. Ich war ein gefundenes Fressen für Jürgen, um mich fertig zu machen.

Die Freundschaft zwischen den Figuren Hans und Karl ist ja nicht nur sehr eng, sondern auch sehr körperlich. Kennst du das von deinen eigenen Freundschaften?
Brühl: Ja, Gekabbel und Spielchen machen – das gehört dazu. Ich bin Kind geblieben in vielen Dingen und meine Kumpels auch. Man hat mich mal gefragt, ob das mit meinen spanischen Wurzeln zu tun hat, aber das glaube ich gar nicht. Viele meiner deutschen Freunde sind genauso. Ich habe das ganz gern, wenn man sich aus Spaß boxt oder sich drückt. Das finde ich normal.

Welche Rolle spielen deine Freunde, wenn es dir mal nicht so gut geht?
Brühl: Zum Glück habe ich ein funktionierendes soziales Umfeld und einige Freunde. Die sind dann genauso wichtig wie Familie. Aber auch das Alleinsein brauche ich. Ich fahre dann oft nach Spanien, meistens nach Barcelona oder in den Süden, wo meine Eltern ein Haus in einem Dorf in den Bergen haben, wo gar nichts passiert. Das ist immer sehr zenmäßig. Der Ort ist gut für Situationen, wenn es einem sehr gut, aber auch, wenn es einem schlecht geht.

Wie hat sich die Bedeutung von Freundschaft für dich in den letzten Jahren geändert?
Brühl: Ich dachte früher immer, man muss ganz viele Freunde haben. Aber wenn man Freundschaft als etwas ganz Großes definiert, was für mich auch eine Art Liebesbeziehung ist, muss man da genauso viel investieren wie in eine Beziehung zu einer Frau. Das ist zeitaufwendig und schwierig, weil man sich anders entwickelt. Da kristallisiert sich dann nach einer gewissen Zeit heraus, wer wirklich Freund ist und wer nicht. Bei mir ist es so aufgeteilt: Freunde, die ich schon ganz lange aus Köln habe. Und Freunde, die ich – auch durch den Beruf bedingt – hier in Berlin kennen gelernt habe. Ich möchte da gar nicht werten, was stärker ist. Freundschaft hat für mich nichts mit Zeit zu tun. Freunde, die ich seit einem Jahr kenne, können genauso gute Freunde sein, wie Freunde, die ich schon ganz lange habe. Es gab aber auch Enttäuschungen: Freunde, die wegfallen, weil man sich auseinander lebt und man feststellt, dass man sich nichts mehr geben kann. Ich hatte auch mal den Fall, wie in dem Film, dass eine Frau dazwischen gekommen ist. Das ist der Worst-Case.

Könntest du im Zweifelsfall für eine Freundschaft auf eine Frau verzichten?
Brühl: Ich glaube nicht. Was in dem Film erzählt wird, ist ja auch eine kleine Utopie. Vielleicht geht das, wenn man altruistischer ist. Aber wenn es in so einem Fall die Herzdame wäre, dann ginge es bei mir absolut nicht. Ein Freundschaft kann sich später vielleicht wieder einrenken, aber erst mal gibt es auf jeden Fall Krach. Dass es reibungslos läuft und man sagt: "Na gut, dann du", wäre für mich persönlich schwierig.

Welchen Einfluss hat deine Berühmtheit, wenn du Frauen kennen lernst? Wie kann man da sicher sein, ob die jetzt den Menschen meinen oder den Star?
Brühl: Meistens hat man ein Gespür dafür. Man hat sich daran gewöhnt hat und weiß, wie das ist. Mit meiner Menschenkenntnis liege ich meistens richtig. Jemand muss schon extrem gut schauspielern können. Wenn ich merke, dass Leute Gefühle vorheucheln, dann verliere ich schnell das Interesse. Und natürlich ist es erst mal ein Gesprächsaufhänger. Wenn man so einen Beruf hat, dann kann der durchaus auch ein Gesprächsthema sein, wenn man jemanden kennen lernt. Aber darüber hinaus muss dann natürlich noch was stattfinden.

Zitiert

Wenn man Freundschaft als etwas ganz Großes definiert, was für mich auch eine Art Liebesbeziehung ist, muss man da genauso viel investieren wie in eine Beziehung zu einer Frau.

Daniel Brühl

Du hast dich dieses Jahr von deiner langjährigen Freundin Jessica Schwarz getrennt. Während eurer Beziehung habt ihr im Mittelpunkt der Boulevardpresse gestanden. Wie sehr hat dich das gestört?
Brühl: Ich habe kein großartiges Problem mit der Presse. Wir haben immer das bedient, was uns nicht gekratzt hat. Das war immer alles auf so einem oberflächlichen Niveau, dass nichts wirklich Privates an die Öffentlichkeit gedrungen ist – und wenn, dann war es erfunden. Wir haben da auch lustige Sachen gelesen: zum Beispiel haben wir uns vor unserer Trennung schon mehrmals in der Presse getrennt. Ich finde das amüsant, Sachen über einen zu lesen, die nicht stimmen. Man muss natürlich den Leuten, die einen gut kennen, immer Bescheid sagen, dass alles in Ordnung ist.

Muss man sich eine solche Gelassenheit antrainieren?
Brühl: Ich denke, das kann man selber steuern. Wenn man sich nicht in jede Talkshow setzt und nicht in jedem Interview aus seinem Privatleben erzählt, dann kann ja eigentlich auch nichts passieren.

Zurück zum Film: Es gibt eine Szene, in der du spanisch redest. Ist dieser Teil auf dich zugeschrieben worden?
Brühl: Ja, das war nicht im Drehbuch. Das kam dadurch, dass Sabine und ich die Rollen gespielt haben. Ich habe mich lange dagegen gewehrt, weil ich dachte, es wäre zu konstruiert: Warum sprechen wir jetzt plötzlich spanisch? Nur weil wir Schauspieler tatsächlich Spanisch sprechen? Sebastian hat aber gesagt: "Lass es uns auf jeden Fall drehen und wenn’s funktioniert lassen wir es drin." Mittlerweile ist es fast eine meiner Lieblingsszenen. Das ist so eine komische Stimmung, wie aus einen Gag auf Spanisch – so eine übertriebene Kitsch-Nummer – plötzlich ein ernstes Liebesgeständnis wird. Das finde ich schön.

Du hast jetzt auch einen Film zum ersten Mal ganz und gar in Spanisch gedreht: „Salvador“ – über den katalanischen Anarchisten Salvador Puig Antich. Wie war diese Erfahrung für dich?
Brühl: Das war schon komisch. Spanisch habe ich immer nur zu Hause mit meiner Mutter gesprochen. In der Sprache zu spielen ist noch mal was anderes. Es gibt Sachen, da komme ich nicht so schnell mit: Jugendsprache zum Beispiel und Jargon. Es war zwar historisch – der Film spielt in den 70er Jahren – aber trotzdem: beim Improvisieren fällt es auf. Auf Deutsch zu spielen ist definitiv einfacher für mich. Zum Glück hatte ich aber eine ziemlich lange Probenzeit von vier Wochen, um mich da herein finden zu können. Und dann kam noch das Katalanische dazu. Ich verstehe es perfekt, aber spreche es nicht. Für die Szenen auf Katalanisch brauchte ich also einen Coach.

Ein kleiner Teil von "Ein Freund von mir" spielt in Barcelona. Wie erfolgreich wird der Film deiner Meinung nach in Spanien sein?
Brühl: Ich find’s toll, dass jetzt immer mehr deutsche Filme in Spanien laufen – auch solche, von denen ich es gar nicht erwartet hätte. Also nicht nur die ganz großen deutschen Produktionen wie der Film "Das Parfum", der auch dort gedreht wurde. Als ich in Barcelona Urlaub gemacht habe, hingen da überall große Poster von "Sommer vorm Balkon" und auch "Kebab Connection". "Ein Freund von mir" könnte dort auch laufen.

Wie bekannt bist du in Spanien?
Brühl: Es ist nicht wie hier, aber in Barcelona werde ich schon sehr häufig erkannt. Jetzt sind da ein paar Filme mit mir gelaufen und das Refugium, das es früher einmal für mich war, ist es jetzt nicht mehr. In der spanischen Presse ist übrigens überhaupt nicht die Rede davon, dass ich eigentlich Deutscher bin. Da bin ich ein Spanier, der in Berlin wohnt. Punkt. Alles andere wird beiseite gelassen. Und es gibt jetzt auch immer mehr Anfragen aus Spanien. Das ist das, was ich immer wollte.

Arbeiten die Spanier anders?
Brühl: Die lassen sich mehr Zeit. Meine deutsche Agentur dachte irgendwann, ich komme gar nicht mehr zurück. Vier, oder sogar fünf Wochen, ist ein wahnsinniger Luxus für eine Probenzeit. Die Drehzeit war auch wahnsinnig lange. Irgendwann habe ich auch kapiert, warum: Bei den Spaniern steht im Vertrag, dass sie an einem Drehtag einen Wein trinken dürfen. Nach dem Essen trinkt man auch gern mal einen Carajillo, das ist so ein Kaffee mit Schnäpschen. Und aus einem wird auch gern mal der zweite. Und irgendwann fragt man sich: Was ist jetzt mit der Szene, die wir noch zu drehen haben? (lacht)

Hat dich das auch mal gestört?
Brühl: Nein, ich fand das total entspannend. Ich weiß auch nicht, ob das immer so abläuft. Das war ein Film mit ziemlich viel Geld für spanische Verhältnisse. Wahrscheinlich wird das beim Fernsehen und bei Filmen mit kleinerem Budget vom Zeitrahmen her auch nicht so großzügig sein. Aber so zu arbeiten, fand ich erstmal total entspannend. Auch der Umgang miteinander hat mir gefallen

Geht die englischsprachige Karriere auch weiter?
Brühl: Ja, mein nächsten Projekts, "Krabat" drehe ich in Rumänien. Alles weitere ist noch nicht spruchreif.

Ist dein jugendliches Aussehen jemals ein Problem für dich gewesen?
Brühl: Es ist insofern ein Problem, weil man mir immer Rollen anbietet, in denen ich 21 bin. Ansonsten leide ich nicht darunter. Früher war das schlimm: Da sah ich natürlich noch viel jünger aus. Wenn alle Jungs reinkommen in einen Club und nur ich den Ausweis vorzeigen muss wegen meines Bubi-Gesichtes, war das schon immer ein bisschen blöd. Mittlerweile ist mir das wurst.

Im Moment trägst du aber einen Bart. Willst du damit älter wirken oder ist der für eine bestimmte Rolle?
Brühl: Im Moment ist es echt Faulheit. Und für "Krabat" muss ich auch meine Haare und die Koteletten lang wachsen lassen. Also lasse ich alles wachsen. Kann ja sein, dass die vielleicht einen Bart wollen.

Zum Abschluss noch eine Frage zum Film: In einer Szene fragt dich Hans ziemlich unvermittelt, ob du glücklich bist. Wie würdest du im realen Leben auf diese Frage reagieren?
Brühl: Glück ist ein sehr großer Begriff. Das ist etwas sehr vergängliches und schwieriges. Ich kann punktuell sagen: "Da gab’s mal einen Moment, in dem ich absolut glücklich war." Ansonsten komme ich gut klar: Man kann ja auch zufrieden sein. Diese Sucht von den Leuten permanent glücklich zu sein, ist Schwachsinn. Wann schafft man das schon mal?

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