Willy Bogner

Haute Couture und Alltagsmode – das ist wie Formel 1 und PKW.

Modedesigner und Filmregisseur Willy Bogner über Angst beim Bungee-Sprung, James Bonds gute Zeiten, Mode-Revivals und die Gefahr vor dem Campingplatz-Look

Willy Bogner

© schwanstein.tv

Herr Bogner, man kennt Sie nicht nur als Modedesigner, sondern auch als waghalsigen Kameramann und Sportler, zuletzt schwebten Sie an einem Ballon vom Himmel, um das Brandenburger Tor zu enthüllen. Vor ein paar Jahren haben Sie den Helikopter-Pilotenschein gemacht, mit Paragliding angefangen … – hat sich in Ihrem Leben der Traum vom Fliegen bereits verwirklicht?
Bogner: Ja, ich denke schon. Man hat verschiedene Flugformen ausprobiert und jede hat ihre eigene Faszination. Aber, die Landung ist auch immer wichtig. Man muss immer wieder auf sicheren Boden kommen, um auch wieder neu starten zu können.

Also spielt auch bei Ihnen die Angst mit?
Bogner: Sicher, Angst ist ein ganz wichtiger Reflex. Und bei den Leuten, die behaupten, sie hätten nie und vor nichts Angst, weiß ich nicht, ob die die Wahrheit sagen. Der Angstreflex gehört zum Leben dazu, damit man im Leben seine Grenzen auch irgendwie mitkriegt.

In dem ausführlichen Bildband "To B Willy Bogner", den Sie kürzlich veröffentlicht haben, zeigt Sie ein Bild kurz vor Ihrem ersten Bungee-Sprung. Sie schreiben dazu, Sie hätten ganz schön Angst gehabt.
Bogner: Zweifellos, weil bei so einem Absprung, nur an einem Seil befestigt, muss man schon seine Grundinstinkte bekämpfen. Da wird mir wahrscheinlich jeder andere Bungee-Springer beipflichten.

Haben Sie denn damals gedacht, den Sprung am Bungee-Seil müssen Sie in Ihrem Leben unbedingt mal gemacht haben?
Bogner: Ja, ich wollte das schon gerne mal ausprobieren. Denn in meinen Filmen hatte ich Bungee-Sprünge bereits gedreht. Und ich habe mit Jochen Schweizer darüber geredet – der ist Experte dafür und geht immer sehr professionell vor. Ich wusste also vorher, dass es theoretisch nicht gefährlich ist, wenn alles richtig gemacht wird. Aber trotzdem, den Absprung dann selber zu machen, kostet immer noch eine Menge Überwindung.

Wie viele Sprünge haben Sie jetzt mittlerweile hinter sich?
Bogner: Das war bis jetzt der einzige.

Wie halten Sie sich heute fit?
Bogner: Eigentlich mit Joggen, Radfahren, Tennis – und natürlich fahre ich Ski. Aber generell sind das eher spielerische Sachen, ich gehe nicht allzu verbissen an die Dinge ran. Ich merke, wenn es Zeit wird, dass ich mich wieder bewege.

Und wo verbringen Sie den Ski-Urlaub?
Bogner: Wir haben seit über dreißig Jahren ein Haus in St.Moritz im Engadin und das ist nach wie vor meine Lieblingsgegend zum Ski-Fahren.

Nun haben Sie fast alle Ihrer Filme bei Temperaturen unter Null gedreht – fühlen Sie sich wohl in den kälteren Gefilden dieser Erde?
Bogner: Ich finde die Abwechslung gut. Dass man also die verschiedenen Jahreszeiten erlebt, im Winter kalt, im Sommer warm. Ich gehe natürlich auch sehr gerne in die Tropen. Vor allem das Meer in den wärmeren Gefilden, ob jetzt beim Segeln, Windsurfen oder beim Tauchen – das ist schon eine faszinierende Welt. Aber ich wäre nicht gut aufgehoben in einer Gegend, die eigentlich nur ein Klima kennt, sei das die Wüste oder die Antarktis, das wäre ein wenig nervig auf die Dauer. Schließlich hat jede Jahreszeit ihre Faszination.

Die meisten Ihrer Filme sind sehr actiongeladen, haben meist mit Sport zu tun – welche Filme gucken Sie selbst am liebsten?
Bogner: Das geht quer durch alle Bereiche. Das Tolle am Film ist ja, dass dieses Medium ein sehr emotionales ist.
Ich gucke eigentlich weniger Action-Filme, sagen wir mal mit Ausnahme der Bond-Filme. Ich mag mehr die emotionaleren Filme, wo es nicht nur um die Knallerei geht und nicht darum, wer den anderen schneller umbringt. Und ich mag Experimente, visuell interessante Sachen.

Da Sie bereits mehrmals für Bondfilme im Schnee gedreht haben, haben Sie sich den neuen Bond-Film "Stirb an einem anderen Tag" sicherlich besonders unter die Lupe genommen, denn ein Teil des Films spielt in einer Eislandschaft.
Bogner: Ja, natürlich. Ich finde aber, an manchen Stellen wurde zu viel Computer-Animation eingesetzt. Was mir besser als die Szenen im Eis gefallen hat, war das große Wellenreiten zu Beginn des Films, wo sich Bond zwischen den hohen Wellen ans Ufer heranschleicht, das war toll gemacht. So etwas gefällt mir immer noch, wenn ein Stunt richtig echt gemacht wird anstatt, dass man ihn am Computer entstehen lässt. Und Bond ist ja auch eigentlich einer, der dafür steht, dass er es alleine kann und nicht der Computer.

Sind Sie denn auch der Meinung, dass die früheren Bond-Filme mehr die Klassiker waren, als die der letzten Jahre, die ja doch ein wenig überladen sind mit Action?
Bogner: Da stimme ich Ihnen schon zu, aber man muss ja auch die internationale Marktlage sehen, die Leute wollen mehr harte Action, alles muss auf der Leinwand unheimlich schnell passieren. Mir gefiel bei Bond früher immer dieser Charme, der britische Humor, und dieses kleine Stück Selbstironie, was immer dabei war. Diese Dinge kommen aber immer kürzer und das typisch englische Flair ist leider gegenüber der Action in den Hintergrund geraten. Ich denke, es wäre gut für James Bond, wenn man auf diesem Sektor wieder ein bisschen mehr tun würde.

Ihr Lieblingsdarsteller?
Bogner: Sean Connery ist schon der klassische Bond, aber Roger Moore hat seinen Bond auch sehr gut gemacht, noch mit ein bisschen mehr Humor als Connery und auch mit mehr britischem Understatement. Aber auch Pierce Brosnan, würde ich sagen, hat sich mittlerweile ganz gut etabliert. Es ist ja nicht einfach, wenn man so große Vorgänger hat. Am Anfang war er mir noch ein bisschen zu soft, aber inzwischen hat sich das ganz gut korrigiert.

Können Sie ein bisschen erzählen über Ihren Film "Das Stehaufmädchen"? Das war ja Ihr bisher einziger Spielfilm der nichts mit Sport oder Action zu tun hatte, und der eigentlich kaum bekannt ist.
Bogner: Der Film entstand Ende der Sechziger, der junge deutsche Film war en vogue, wie zum Beispiel "Zur Sache Schätzchen" von 1968 mit Uschi Glas. Mich hat damals United Artists gefragt, ob ich jemand wüsste, der so einen Film machen kann, weil die sich am deutschen Markt etablieren wollten. Da hab ich einfach gesagt, "ich mach das schon". Das war dann eine ziemlich lustige, freche Sache. Im Film wird ein Student zum Unternehmer bekehrt, was damals die APO natürlich überhaupt nicht gerne sehen wollte, weshalb ich auch von den Linken sehr attackiert wurde. Aber es war trotzdem ein witziges Experiment, und wir sehen ja, Joschka Fischer ist heute Außenminister.

Zitiert

Angst ist ein ganz wichtiger Reflex.

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Hatten Sie aber damals nicht Lust bekommen, noch weiter an solchen Spielfilmen zu arbeiten?
Bogner: Nein, man muss ja wissen, dass ich damals wie heute den Hauptberuf in der Firma hatte und ich die Filmerei eher am Rande betrieben habe. Und richtige Filme zu drehen, mit Drehbuch und Schauspielern, das ist schon noch etwas anderes als Sportfilme. Das wäre dann eine Hauptbeschäftigung gewesen, aber ich wollte ja meine Arbeit als Unternehmensleiter weiterführen. Und dass ich mich am Rande meist nur in diesem speziellen Genre bewegt habe, das hat sich bewährt, denn so konnte ich mich voll auf dieses Genre konzentrieren und bestimmte Entwicklungen anstoßen und zeigen.

Nebenbei hat sich die Bogner-Mode immerfort entwickelt. Heutzutage erlebt die Modewelt alle paar Jahre ein neues Revival, im Moment sind es vor allem die 60er und 70er. Werden da auch Modelle aus dem damaligen Bogner-Katalog hervorgekramt und wieder neu aufgelegt?
Bogner: Es werden immer Ideen, die wieder zeitgemäß sind verwendet, aber im Prinzip neu interpretiert, zum Beispiel durch neue Materialien. Die Kombination von alt und neu ist immer eine sehr spannende Angelegenheit.

Was halten Sie denn von Revivals?
Bogner: Das ist ja überall zu sehen, dass sich der Zeitgeist immer wieder Anleihen nimmt. Die Musik ist ein gutes Beispiel: es hat noch nie so viele Remakes in der Popmusik gegeben wie heute. Und da ist es kaum verwunderlich, dass die Mode sich heute auch mal auf die Mode der 60er und 70er bezieht.

Welche Revivals schätzen Sie denn am meisten?
Bogner: Das kann man so nicht sagen, weil jede Zeit ihre eigenen Entsprechungen in der Mode hat. Ich glaube aber, dass für die Leute, die kreativ in der Mode tätig sind, die heutige Zeit ganz angenehm ist, weil es große Spielräume gibt. Das war ja in den 90ern noch anders, alles sehr reduziert und minimalistisch, was für Designer natürlich nicht so das Wahre ist. Heute ist man sehr viel freier geworden und die Möglichkeiten, die wir heute haben, finde ich schon prima.

In welchen Klamotten fühlen Sie sich selbst am wohlsten?
Bogner: Lässige, sportliche Klamotten, mit Qualität. Also schon der Bogner-Stil. Eher legere, ein bisschen Understatement und nicht so aufgebrezelt. Die Kleidung muss praktisch sein und unkompliziert. Man darf nicht so lange vorm Spiegel stehen müssen, um sich zu stylen.

Was würden Sie sagen, haben Sie aus Ihrem eigenen Lebensstil in die Marke Bogner miteingebracht?
Bogner: Ich denke, die Verbindung von Mode mit Medienarbeit, also mit Film oder Fernsehen. Kommunikation wird ja immer wichtiger, auch im Lifestylebereich. Aber es gibt nur relativ wenig Leute, die auf beiden Feldern, Mode und Film beziehungsweise Fotografie, Kompetenz haben.

Sind Ihnen die jeweils aktuellen Trends der Modewelt wichtig?
Bogner: Natürlich informiert man sich viel auf Reisen und man schaut sich die Leute an, die wirklich Mode tragen. Inzwischen hat sich Mode als Entertainment, als Show und als Thema für Zeitschriften sehr stark von der Mode in der Realität entfernt. Das ist wie Formel1 …

.. und PKW.
Bogner: Ja, dort werden zwar immer wieder Erfindungen, die aus dem Rennsport kommen übertragen. Doch trotzdem, die Auswirkungen auf das Straßenbild sind genauso gering, wie die der französischen Haute Couture -Shows. Auf der anderen Seite hat natürlich die Formel1, genauso wie die Haute Couture, großen Entertainmentcharakter.

Haben Sie denn bisher versucht, auf diese Diskrepanz einzuwirken, die Schere zwischen Modewelt und Realität zu verkleinern?
Bogner: Also, Sportswear, die Verbindung von sportlicher Funktionalität und Mode ist ja der reale Modetrend schlechthin. Da haben wir mit Bogner von Anfang an auf das richtige Pferd gesetzt. Denn die Welt der formellen Mode mit großer Eleganz, ist doch sehr begrenzt. Für uns gibt es aber trotzdem noch genügend Möglichkeiten, unsere Sportswear hochwertig zu machen. Man muss ja auch aufpassen, dass man nicht in den Campingplatz-Look abdriftet.

Bogner-Klamotten sind also nicht wirklich was für den Campingplatz?
Bogner: Nein, wobei ich nichts gegen Camping habe, aber die weißen Socken und Sandalen passen da nicht so.

Wann waren Sie selbst zuletzt campen?
Bogner: Wir sind einmal am Rande von Dreharbeiten in Colorado mit den Pferden für drei Tage unterwegs gewesen. Die Nächte haben wir im Zelt verbracht, also die Wildwest-Variante.

Aber sonst sind Sie eher der häusliche Typ?
Bogner: Na ja, ich bin schon gerne mal wild unterwegs, auch wenn ich Bergsteigen gehe. Das macht mir nichts aus, draußen zu schlafen. Aber dafür brauche ich keinen Campingplatz.

Vor kurzem haben Sie das frisch restaurierte Brandenburger Tor enthüllt, am Feiertag der Wiedervereinigung Deutschlands. Wo waren Sie im November ’89 und wie haben Sie die damals beginnende Wiedervereinigung erlebt?
Bogner: Ich war, glaube ich, bei Dreharbeiten unterwegs für "White Magic" und habe das im Fernsehen verfolgt. Ganz sicher war das einer der größten Momente in unserem Leben, was politische Entwicklungen anbelangt. Und wir alle waren unheimlich überrascht, dass alles so schnell und so friedlich vor sich gehen konnte. Ein absolutes Highlight im Leben jedes Deutschen, der das in der Zeit bewusst miterlebt hat.

Gibt es denn inzwischen in den neuen Bundesländern schon Bogner-Shops?
Bogner: Es gibt Bogner natürlich dort zu kaufen, eigene Shops haben noch nicht eröffnet. Aber ich hoffe natürlich, dass es bald so weit sein wird.

Das Leben ist ein Comic, welche Figur sind Sie?
Bogner: Oh, ich hoffe nur, ich bin der Zeichner. Denn eigentlich ist ja der Filmemacher das gleiche wie der Comiczeichner – nur das Medium ist ein anderes.

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