Alexandra Maria Lara

Das Böse kann niemals eindimensional sein.

Schauspielerin Alexandra Maria Lara über die Arbeit an dem Film "Der Untergang" und ihre Rolle als Hitlers Sekretärin Traudl Junge

Alexandra Maria Lara

© Constantin Film

Frau Lara, in dem neuen Oliver Hirschbiegel-Film "Der Untergang", welcher die letzten Tage Adolf Hitlers und seines Gefolges im ostpreußischen Führerbunker "Wolfsschanze" rekonstruiert, spielen Sie Hitler’s Privatsekretärin Traudl Junge, die bis zuletzt nicht von seiner Seite wich und als Ausgewählte des Führers galt. Wie haben Sie sich auf das Spielen dieser komplexen und realen Rolle vorbereitet?
Lara: Schon bevor ich wusste, dass ich jemals in Berührung mit diesem komplexen Thema kommen würde, habe ich die Dokumentation "Im toten Winkel – Hitlers Sekretärin" von Andre Heller gesehen und war schwer beeindruckt. Zur Vorbereitung auf die Dreharbeiten zu "Der Untergang" habe ich dann noch zusätzlich das von Traudl Junge selbst verfasste Buch "Bis zur letzten Stunde" gelesen und es wurde mein persönlicher Schatz für diesen Drehzeitraum. Ich hatte so immer wieder die Möglichkeit Traudl Junge’s Gedanken und Ansichten nachzulesen, um sie dann vor der Kamera so wahrheitsgetreu und realistisch wie nur irgend möglich darzustellen. Andere Schauspieler hatten für ihre Rollen so ein Material nicht zur Verfügung, insofern war es wirklich ein Geschenk, dass mir dieses Buch zur Verfügung stand.

Hatten sie im Rahmen der Vorbereitung zu "Der Untergang" die Möglichkeit Traudl Junge zu treffen?
Lara: Nein, sie war zu dem Zeitpunkt leider bereits verstorben. Mir blieb für die Vorbereitung nur der Film von Andre Heller, das Buch "Der Untergang" von Joachim Fest und die persönlichen Aufzeichnungen von Traudl Junge.

Was hätten Sie für Fragen an Traudl Junge gehabt?
Lara: Das ist eine spannende Frage, aber das kann ich so spontan natürlich nicht beantworten! Ich wäre wahrscheinlich so aufgeregt gewesen, dass ich mir viele Fragen aufgeschrieben hätte um sie nicht zu vergessen. Ich muss aber auch sagen, dass mir viele zunächst ungeklärte Fragen im Laufe des Buches beantwortet wurden. Allerdings, offen und ehrlich gestanden, habe ich bei der Auseinandersetzung mit dieser schweren Thematik die Erfahrung gemacht, dass die Gedanken oft derartig am Hin- und Herspringen sind, dass ich teilweise das Gefühl hatte, ihre Gedanken nachvollziehen zu können, wobei ich an anderen Stellen wieder überhaupt nichts verstanden habe. Das war ein ständiges emotionales Auf und Ab!

Haben Sie auch so etwas wie Abneigung gegenüber Traudl Junge und ihrem Verhalten empfunden?
Lara: Nein, ich habe an keinem Punkt im Laufe dieses Projektes ein Gefühl der Abneigung verspürt. Da würden mir auf der Stelle Leute wie Goebbels oder Hitler einfallen, gegen die man viel eher Abneigung empfinden könnte als gegen diese junge Frau.

Bruno Ganz hat mit Hitler sicherlich die schwerste Rolle übernommen. Joachim Fest, der Autor der gleichnamigen Buchvorlage "Der Untergang", hat kürzlich in einem Interview über ihn gesagt: "Das ist wirklich Hitler, und wenn man ihn sieht und sein Agieren verfolgt, beginnt man zu frieren!".Ging Ihnen das während der Dreharbeiten auch so, wenn Sie sich gegenüber standen?
Lara: Manchmal hat mich der wahrhaftige Grusel gepackt und ich habe eine totale Gänsehaut bekommen, weil die Aura von Bruno Ganz als Adolf Hitler einfach so wahnsinnig intensiv war, dass man sich ihr kaum und wenn nur sehr schwer entziehen konnte. Das komische war auch, dass ich als Traudl Junge sehr wenig Text hatte und somit beim Drehen der Szenen mit Bruno Ganz lautlos vor ihm stehen musste und höchstens durch Mimik und Gestik etwas ausdrücken konnte. Irgendwann wurde dieser Drang, einen Laut von sich zu geben dann ein persönlicher Drang, der sich widerum mit dem Wissen um Hitler verknüpft und zu einem ganz komischen Gefühl führte. Da war ein ganz großes Chaos im Kopf und im Herzen!

Die Kriegsszenen in "Der Untergang" bestechen durch bedrückenden Realismus und lassen den Zuschauer schonungslos teilhaben an der Grausamkeit des 2.Weltkrieges. Herrschte während der Dreharbeiten eine gedrückte Atmosphäre aufgrund der realen Kriegsthematik?
Lara: Es herrschte eine sehr konzentrierte und natürlich auch manchmal eine sehr gedrückte Atmosphäre. Bruno Ganz zum Beispiel, war während der gesamten Drehzeit sehr für sich und hat sich in Drehpausen zurückgezogen. Andere Kollegen widerum haben sich in freien Momenten einfach einen Ball geschnappt und Fußball gespielt oder sich über etwas ganz anderes unterhalten. Jeder musste da seinen persönlichen Weg finden, wie er diesen aufwühlenden Dreh verarbeitet. Ich habe eher letzteres bevorzugt!

Wie war die Zusammenarbeit mit Regisseur Oliver Hirschbiegel?
Lara: Oliver Hirschbiegel ist ein fantastischer Regisseur, allerdings stellt er hohe Ansprüche an das Team und die Schauspieler. Er hat sich weitumfassend auf diesen Film vorbereitet, tausende Seiten Literatur gelesen und unzählige Videobänder über Hitler und sein Regime angesehen. Genau dieses Engagement hat er dann auch von uns gefordert, denn dieses Projekt war für uns alle zu gewichtig und komplex, als dass man irgendwie unvorbereitet an die Sache hätte rangehen können. Nur so konnte letztendlich ja auch ein produktives Miteinander entstehen; wir konnten uns über Szenen und ihren Hintergrund austauschen und sie zusammen umsetzen. Im Laufe der Dreharbeiten hat mich Oliver dann auch oft dahingehend korrigiert, dass ich oft zu emotional gespielt hätte und mich von der ganzen Atmosphäre habe hinreißen lassen, obwohl vielleicht etwas Zurückhaltung angebracht gewesen wäre. Ich habe von Oliver sehr viel über Schauspiel und Film gelernt und habe diese Zusammenarbeit sehr genossen!

Zitiert

Manchmal hat mich der wahrhaftige Grusel gepackt, weil die Aura von Bruno Ganz als Adolf Hitler einfach so wahnsinnig intensiv war.

Alexandra Maria Lara

Im Film spielen auch Kinder eine Rolle, so zum Beispiel die 6 Kinder der Magda Goebbels. Wie sind diese Kinder mit diesem komplexen Thema umgegangen?
Lara: Immer wenn diese Kinder am Drehort waren wurde es extrem laut und diese konzentrierte und drückende Stimmung wurde augenblicklich erheitert. Die Kinder sind immer gemeinsam mit ihren Eltern gekommen und die haben, glaube ich, auch die nötige Vorarbeit geleistet und diese kleinen Persönlichkeiten auf dieses Thema vorbereitet. Ich denke, die Kinder hatten es sehr gut miteinander und letztendlich war es ja auch für sie ein riesiges Abenteuer, nur dass sie eben noch nicht diese Schwere und Tiefe empfunden haben.

Haben Sie durch die Arbeit an "Der Untergang" eine Antwort auf die Frage finden können, wie es möglich sein konnte, dass derartig viele Menschen einem Psychopaten wie Adolf Hitler bedingungslos nachfolgen?
Lara: Ich war schon immer der Meinung, dass das Böse niemals eindimensional sein kann. Hitler muss eine gewisse sympathische Ausstrahlung und ein hohes Charisma gehabt haben, sonst hätte er sicherlich nicht diese Anziehungskraft auf die Massen und seine engsten Gefolgsleute ausgeübt und sie in seinen Bann gezogen. Soweit ich das aus der deutschen Geschichte verstehe, haben sich die Deutschen um 1930/40 in einer Zeit befunden, in der sie gerne an etwas glauben und ihr Selbstbewusstsein zurückerlangen wollten. Es ist erschreckend zu sehen, wie dann jemand mit einer solch strotzenden Kraft die Massen manipulieren und blenden kann und sich sofort die Machtverhältnisse verschieben. Es gibt sicherlich tausende Gründe mehr für den Nationalsozialismus, aber ich denke auch, dass wir irgendwann einsehen müssen, dass wir dieses Massenphänomen nie eindeutig werden klären können.

Glauben Sie, dass sich etwas wie der Nationalsozialismus heutzutage wiederholen könnte?
Lara: Heute haben wir ganz andere Probleme, die auch sehr schwierig sind, aber ich denke, dass zumindest in Deutschland eine Maschinerie wie der Nationalsozialismus nicht mehr die ganze Bevölkerung erfassen könnte, auch wenn rechte Parteien mittlerweile wieder auf dem Vormarsch sind. Trotzdem bin ich auch heute als junger Mensch von der Politik oft verwirrt und weiß nicht wie die Zukunft unserer Welt aussehen wird. Ich muss zugeben, manchmal ist da auch Angst mit im Spiel.

Welchen Stellenwert wird das Projekt "Der Untergang" in Ihrer beruflichen Biographie einnehmen?
Lara: Ich kann noch nicht richtig einschätzen, was es für mich persönlich bedeutet in einer solch bedeutenden und großen Produktion mitgewirkt zu haben. Ich bin sehr gespannt auf die Reaktionen der Kinogänger und auf die Reaktionen aus dem Ausland, doch mein primärer Gedanke in diesen Tagen ist nicht: "Wow, ich spiele die Traudl Junge und bin oft im Film zu sehen!", sondern ich freue mich über die Qualität dieses Projekts und sehe es als Geschenk, dass ich ein Teil dieses Filmes sein darf!

Malen Sie sich insgeheim schon mögliche Preis aus?
Lara: Es war mir lange gar nicht bewusst, dass Traudl Junge so eine große Rolle in diesem Film spielt und somit ist das irgendwie schon was ganz besonderes für mich. Vor kurzem musste ich noch 13 mal bei irgendwelchen Pressestellen anrufen, um zwei Freundinnen zu Filmpremieren mitbringen zu dürfen – jetzt darf ich sogar mit zu den Filmfestspielen nach Toronto, um dort "Der Untergang" vorzustellen. Sicherlich denkt man über Preise nach, aber ich lasse das alles ganz langsam auf mich zukommen und bin wahnsinnig gespannt auf die Zukunft!

Sie wurden 1978 in Bukarest geboren und kamen sehr jung mit Ihren Eltern nach Deutschland. Warum sind Sie ausgewandert?
Lara: Sie konnten sich mit dem damals vorherrschenden diktatorischen System nicht länger arrangieren und fühlten sich in ihrer Freiheit ganz massiv beschnitten. Die Entscheidung nach Deutschland auszuwandern fiel ihnen sicherlich nicht leicht, aber sie sahen letztendlich keine andere Möglichkeit mehr und sind diesen schweren Weg gegangen.

Was war Ihr erster Eindruck von Deutschland?
Lara: Ich war vier Jahre alt und kann mich an Einzelheiten nicht mehr erinnern. Ich weiß aber, dass ich mich niemals unwohl gefühlt habe, obwohl ich mir die deutsche Sprache erst Stück für Stück aneignen musste und sehr oft große Verständigungsschwierigkeiten mit meinen Mitschülern hatte. Das alles zeigt mir, dass meine Eltern es gut hinbekommen haben, mich als Kind nicht allzu viel spüren zu lassen und einen relativ fließenden Übergang zu schaffen zwischen diesen zwei so unterschiedlichen Ländern. Sehr viel später folgte dann erst meine persönliche Auseinandersetzung mit der Geschichte Rumäniens und der Diktatur durch Ceausescu und mir wurde klar, was meine Eltern alles geleistet haben und letztendlich immer auf mich aufgepasst haben und dafür gesorgt haben, dass ich eine sorglose und unbeschwerte Kindheit genießen durfte. Dafür werde ich ihnen immer dankbar sein.

12 Kommentare zu “Das Böse kann niemals eindimensional sein.”

  1. Karl Kuhn |

    Traudl Junge 2005

    Ich möchte noch betonen, daß Alexandra Maria Lara die Rolle der Traudl Junge sehr gut verkörpert hat! Im ihrem Aussehen, in ihrer ganzen Mimik und Gestik ist sie der Sekretärin Adolf Hitlers sehr ähnlich.
    Es ist eine anspruchsvolle Rolle, welche sie großartig spielt !
    Eine gute Leistung, gerade heutzutage !

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  2. Karl Kuhn |

    Traudl Junge – hautnah erlebt 1999 !

    Ich habe Adolf Hitlers Sekretärin Traudl Junge im Dezember 1999 in München persönlich kennengelernt. Sie lud mich in ihre Wohnung in der Hohenstaufen-Straße ein und wir sprachen ca. 45 Minuten über ihre Dienstzeit bei Adolf Hitler. Ich lernte sie anders kennen als in dem Gespräch, welches als Prolog zum „Der Untergang“ lief.
    Sie sprach recht positiv über ihre Zeit in der Wolfsschanze, auf dem Berghof und zuletzt im Führerbunker !
    „Er war ein guter, nachsichtiger und geduldiger Chef“ sprach sie zu mir. „Ich kann nichts negatives über ihn sagen. Zumindest als mein Chef…“
    Soweit Traudl Junge 1999…

    Viele Grüße

    Karl Kuhn

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  3. Anonymous |

    ooooooooooo

    ella es hermosa

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  4. Helga |

    Der Untergang

    Der Untergang war ein wirklich ein hingucker. Sie hat die Rolle der Traudl Junge hervoragend gespielt. Der Film hat mcih sehr berührt. Es gab viele entsätzliche und traurige Zenen. Den Film werde ich aufjedenfall nochmal gucken !

    EMPHELENDWERT

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  5. Markus Oplustil |

    Respekt

    ich hab eine Gänsehaut bekomme — sie haben diese rolle so gespielt das selbst mir in den schlüsselszenen die Tränen gekullert sind — und sowas passiert mir nur ganz selten — deswegen RESPEKT an sie — das interview geht mir am …..
    der lob gilt Alexandra Maria Lara….

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  6. Kathy |

    Tolle Schauspielerin

    Ich respektiere Alexandra Maria Lara sehr. Sie ist eine tolle Schauspielerin, die sich hoch arbeitet. Immerhin hat sie mit kleinen Sachen angefangen und hat jetzt in einem Film mitgespielt, der für einen Oscar Nominiert worden ist. Ich finde das perfekt und sehr gut. Sie hat ein sehr gutes Talent und ich denke wir werden in der nächsten Zeit noch etwas von ihr hören. Vielleicht wird sie es ganz weit bringen. Wünschenswert ist es. Sie ist sehr hübsch und natürlich. Ich denke das bringt es alles ganz gut auf den Punkt. LG Kathy

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  7. Anonymous |

    super süss

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  8. Anonymous |

    Super Schauspielerin

    Alexandra maria lara ist die natürlichste Schauspielerin die zur Zeit in der öffentlichkeit steht. Sie hat eine große zukunft

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  9. Anonymous |

    klasse

    suuuuuuuuuuper das sit echt toll und ich finde der film der untergang echt klasse

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  10. merK |

    Ein sehr Interessanter Film, sehenswert….
    @Jessy man kann höchstens Mitleid haben mit so einer Kreatur wie Hitler, aber Sympathie niemals!!!

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  11. Jessie |

    Der FIlm war sehr realitätsnah, was das erschrenckende daran war. Als die Vorstellung beendet war, empfand ich auch ein wenig Sympathie und Mitleid für Hitler. ich wurde von allen seiten angegriffen als ich dies sagte, und dennoch bin ich so der Hysterie die damals um Hitler herum gewesen ist ein wenig näher gekommen und Verständnis hat sich in mir breit gemacht.
    auch muss man ein ganz dickes Lob an die schauspieler machen, denn um Bruno Ganz, der den Wahnsinn in Hitler verkörpert hat, nur durch mimik aufzufallen, ist eine beachtliche Leistung.

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  12. Julia Colazzo |

    An David Sarkar

    Lieber David,
    ich gratuliere dir herzlich zu diesem Erfolg. Platz 2 der beliebtesten Interviews dieser Seite geführt zu haben.
    Grüße aus Stuttgart

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