Zärtlichkeiten mit Freunden

Wir begreifen uns als nichtpolitisches Kasperett.

Christoph Walther alias Cordula Zwischenfisch vom Comedy-Duo Zärtlichkeiten mit Freunden über sächsischen Dialekt, den Weißwurschtäquator, eine Betriebsfeier bei der Deutschen Bank und regionale Humor-Unterschiede

Zärtlichkeiten mit Freunden

© Edgar Schröter

Christoph, Ihr kommt aus Sachsen und sprecht in eurem Programm auch ab und an mit sächsischem Dialekt. Habt ihr damit die Lacher nicht automatisch auf eurer Seite? Habt ihr euch diesbezüglich schon einmal Vorwürfe anhören müssen – nach dem Motto: Sachsen sprechen Sächsisch und machen auch Witze auf Sächsisch, wie unkreativ?
Christoph: Nee, also ich glaube, dass es nicht das Sächsisch per se ist, man hat es über einen Dialekt allgemein etwas leichter. Wenn jetzt einer Kölsch oder so spricht, wird sofort etwas assoziiert, was ein wenig unterm Standard ist, etwas einfacher oder so, und dann kommt es natürlich darauf an, was man damit macht. Aber wir haben schon gemerkt, zum Beispiel wenn das erste „nu“ fällt, dass dann die Leute einfach auch schon deswegen lachen.

Ihr habt nun auch schon viel außerhalb von Sachsen gespielt, u.a. in München, Wien oder Berlin. Wird der Dialekt dort unterschiedlich aufgenommen?
Christoph: Kann sein, also in Sachsen lachen sie bei dem „nu“ nicht so sehr. Aber viel entscheidender ist ja der Bruch: erst mache ich eine hochdeutsche Ansage und dann setze ich mich ans Schlagzeug und frage eher privat: „Wie is’n’s vom Sound?“ Und dann sind die Leute erst einmal verwirrt.

Euer letzter Auftritt in Berlin fand bei der Comedy Sprechstunde bei Dr. med. Eckart von Hirschhausen statt. Normalerweise soll euer Programm ja zwei Stunden dauern, wie kommt ihr damit klar, es für Comedyshows dieser Art so zu kürzen?
Christoph: Mit der Zeit haben wir das lernen müssen, bisher haben wir einfach immer lang spielen können. Entweder wir hatten einen Soloabend, oder es war eine Privatfeier, oder ein Stadtfest oder ähnliches. Also wir hatten immer mindestens eine Stunde. Und irgendwann fing das dann an mit mixed shows oder eben Kurzauftritten. Für die Kabarettpreise beispielsweise, da bekommt man 20 Minuten Zeit und da haben wir eben versucht, das Beste zu kompensieren oder zu kondensieren…

Ihr kennt euch ja schon seit frühester Kindheit. Dass man als Kinder Spaß macht ist klar, aber war die Musik auch schon immer im Spiel?
Christoph: Unsere Eltern sind befreundet und die sind ja auch schon lustig, aber eben wie Eltern lustig sind, so mit Fasching und Verkleiden und mal einen Sketch spielen und so weiter – und da waren wir halt immer mit. Wir haben oft Gartenfeste zusammen gefeiert und da schon wie Kinder eben Quatsch gemacht, aber ohne Ambitionen. Stefan wollte immer Gitarre spielen und das ging nicht, da war in der Musikschule in der DDR kein Platz mehr für ihn, und da hat er eben erst Flöte und dann Trompete gemacht. Und bei mir fing es mit „Ten Sing“an, kennt man das noch? Da kommen ja alle her, Silbermond z.B. – und die haben einen Bassisten gesucht und da war ich eben Bassist. Dann fand ich Schlagzeug spielen aber geiler und habe geübt wie ein Blöder, habe mich auch bei der Musikschule angemeldet und war dann nach einer Weile um Längen besser als der eigentliche Schlagzeuger von „Ten Sing“. Und dann hat er sich auch zum Unterricht angemeldet und es ging eine Art Wettbewerb los, der mich enorm schnell vorwärts gebracht hat. „Ten Sing“ war dann irgendwann gegessen und ich habe in anderen Bands gespielt. Später haben wir beim Marinekameradschaftsding mitgemacht, das war nicht schwer, Stefan hat eben am Lagerfeuer die Hits gespielt und ich habe ihn am Schlagzeug begleitet.

Eine Schiffstaufe in Riesa war der gemeinsame Start? Hattet ihr damals schon euren Namen und ein ähnliches Programm wie heute?
Christoph: Ja, das war quasi auch unsere Taufe. Unseren Namen hatten wir damals noch nicht, ich weiß gar nicht mehr, wie wir uns nannten. Aber ich erzähle jetzt mal die wahre Geschichte, wie wir zu unserem Namen gekommen sind – sonst erzähl ich ja immer etwas anderes: das Stadtfernsehen hat unseren Auftritt gefilmt und dann einen Bericht über diese Schiffstaufe gemacht und der wurde in zwei Teilen ausgestrahlt. Zwischen diesen zwei Blöcken wurde Werbung gezeigt von dieser CD-Compilation mit dem Titel „Schlagerzärtlichkeiten“, da waren Rex Gildo und Andy Borg dabei und so weiter. Und ich fand dieses Wort so doof und auch die Schrift, in der das geschrieben war. Und da haben wir uns den Namen „Schlagerzärtlichkeiten mit Freunden“ gegeben, wir sind ja Freunde und haben auch Freunde im Publikum und wir fanden das witzig. Das war ein Mittwoch, und am Freitag habe ich gesagt, nee, diese Schlagerschiene wollen wir nicht mitreiten, das war gerade diese Zeit von Dieter Kuhn und Guildo Horn und so. Da haben wir einfach das Schlager abgeknapst und es wurde „Zärtlichkeiten mit Freunden“ draus. Das hielten wir dann für einen originellen Namen.

Warum sprichst du in der Vergangenheit, hast du heute Zweifel, was den Namen angeht, vielleicht schlechte Erfahrungen gemacht?
Christoph: Manchmal denke ich, er ist nicht so gut, weil es häufig vorkommt, dass zum Beispiel der Plural singularisiert wird, dann heißt es auch mal „Zärtlichkeit unter Freunden“, „Zärtlichkeiten mit Freunde“, „Zärtliche Freunde“, „Die Pferdepfleger“ und unglaubliche andere Verunglimpfungen. Wir kokettieren hier ja auch mit „Die bekannte Band“ und einmal haben wir in Berlin im BKA gespielt, da waren wir Tagestipp im Stadtmagazin Zitty und da wurden wir angekündigt als „Die bekannte Band“, weiter nichts, kein Name, nichts… ja, das ist mal ein hübsches Anekdötchen für später.

Ihr hattet auch schon Fernsehauftritte, bei Otti’s Schlachthof zum Beispiel. Habt ihr diese Sendung vor eurem Auftritt je angeschaut?
Christoph: Nee, nur mal beim Zappen den Schluss erwischt oder so. Diese Sendung ist übrigens sehr etabliert und gern gesehen in der Kabarettszene, also jenseits dieses ganzen Comedy-Zeugs wie Quatsch Comedy Club, Stefan Raab oder so. Es ist schon so, dass sich das ein bisschen spaltet in Kabarett – und besonders bayerisches – und in Comedy, was dann eher die Regionen Köln, Hamburg und Berlin betrifft. Dafür kann man schon den „Weißwurschtäquator“ benutzen. Obwohl es da manchmal auch Brücken gibt, also Michael Mittermeier zum Beispiel spielt in Bayern und im Quatsch Comedy Club. Es ist schon eine andere Qualität, wobei ich das aber nicht abwertend meine, es ist einfach ein anderes Spiel, wie Basketball und Fußball vielleicht. Gleichwertig, aber anders, jeder hat seine Fans.

Ihr habt nun schon an sehr verschiedenen Orten gespielt, auch im deutschsprachigen Ausland – wie war eure Erfahrung? Gibt es Unterschiede in der Reaktion des Publikum in Bayern, Wien und anderswo? Wird euer doch sehr spezieller Humor überall gleich verstanden und aufgenommen?
Christoph: Naja, jein. Also es gibt Unterschiede in Ost und West, aber das liegt eher am Vokabular oder am Hintergrundwissen. Wir haben da so ein paar Nummern, die sehr spezifisch sind, und in München zum Beispiel sind dann bestimmte Gags völlig im Sande verlaufen, weil da niemand weiß, wie’s im Erzgebirge ist, dass da geschnitzt wird usw. Wir wollten es trotzdem erst einmal probieren. Wir haben auch in Wien gespielt und dort kam noch weniger an, ich meine, wir sind schon irgendwie Deutsche und machen deutschen Humor oder auch Comedy über deutschen Humor – ja, das machen wir ja eigentlich: Comedy über Comedy oder Comedy über Humor. Zum Beispiel die Perücken; wir haben ja nicht Perücken auf, weil das lustig ist, sondern weil wir es lustig finden, dass sich Leute Perücken aufsetzen und sich dann lustig finden. Eine Art Meta-Perücken haben wir. Und wenn wir dann Lieder wie „Kreuzberger Nächte sind lang“ singen, die kennt in Wien niemand, das war da kein Hit – dann kommt das dort auch nicht an. Aber es gibt wohl so eine Art Humornerv oder Gehirnregion, in die wir reinhauen, überall, mal mehr und mal weniger, aber irgendwie doch. Ich meine, in der westlichen, mitteleuropäischen Welt, wo man Bands kennt, wo man Tanzmucke spielt, wo man dörfliche Strukturen kennt, die wahrscheinlich überall ähnlich sind. Und so was kommt ja bei uns vor, Probenraumatmosphäre, oder die Muckersprache – und die Mucker sind überall gleich. Ich glaube eigentlich, dass es fast überall funktioniert.

Ihr bezieht das Publikum gern mit ein, greift es auch ab und zu verbal an. Gab es jemals Probleme dadurch, hat mal jemand den Spaß nicht verstanden?
Christoph: Nee, also, ich meine, die, die es Scheiße finden sagen ja meistens nichts. Größtenteils gibt es ein Schulterklopfen hinterher von denen, die es gut fanden. Und die, die es ganz Scheiße finden, die gehen. Neulich in Rostock haben wir im Theater gespielt, es war fast ausverkauft, und da ist eine Frau gegangen – wir vermuten, da der Abend unter Kabarett lief, dass sie politisches Kabarett erwartet hat. In unserem Programm ist ja nur ein Hauch Politik oder Gesellschaftskritik drin, also eher als Randerscheinungen. Wobei sich das auch mal ändern. Momentan begreifen wir uns als nichtpolitisches Kasperett . Wir machen ja auch kein Kabarett und wollen ja auch nicht in die Comedy-Schiene gesteckt werden, wobei man uns meistens da hinsteckt, was auch logisch ist. Aber wir versuchen uns schon im Verständnis abzugrenzen von dieser Stand-Up-Szene, die ja doch irgendwie anders ist.

Wie kommen die Gags zustande? Wer von euch entwickelt oder schreibt sie?
Christoph: Wir schreiben gar nicht. Wir kommen nicht aus dieser Schreibtischszene, die die Texte vorher fertig stellt, und dann plant, hier muss noch eine Pointe rein, und da ist es nicht dicht genug… und dann eben Proben und Premiere haben und spielen. Wir haben alles peu à peu entwickelt, erst bei der Marinekameradschaft, dann bei einer Silberhochzeit, dann Dorffest, dann Sportfest etc. Am Anfang waren wir nur eine Band, die spielt, alle Leute tanzen und trinken und klatschen. Und genau dadurch ist das alles nach und nach entstanden, auf der Bühne und aus der Improvisation heraus, auch bei Fehlern, die passiert sind. Zum Beispiel habe ich wirklich mal vor Wut an diesen Mikroständer gestoßen und er hat sich gedreht und daraus ist dann eine Nummer entstanden. Oder wir haben einmal bei der Deutschen Bank auf einer Betriebsfeier gehabt, alle haben getrunken und getanzt wie die Bekloppten, da hatten wir schon zwei Stunden Programm gespielt und dann noch circa anderthalb Stunden Musik hinten rangehängt, weil sie eben tanzen wollten. Irgendwann waren wir dann so müde und fertig – haben mit Absicht nur noch langsame Nummern gespielt, damit alle schön eng tanzen und sich dann irgendwann wieder hinsetzen und rumknutschen und so – aber es hat kein Ende gefunden. Also habe ich während des Spiels langsam angefangen, das Schlagzeug abzubauen… Daraus ist dann auch eine Nummer entstanden.

Inwiefern spielt die Improvisation während des Auftritts eine Rolle?
Christoph: Wenn wir das lange Programm spielen, kommen da immer wieder Situationen, die wir auch nutzen. Zum Beispiel, wenn ich die Stöcke ins Publikum werfe, da gab es Leute, die kommen auf die Bühne und geben sie mir wieder. Es kommen auch Zwischenrufe, die wir nicht ignorieren. Bei den Kurzprogrammen oder mixed shows kommt das eher nicht vor.

Seht ihr euch auch als „ernsthafte“ Musiker, die gern auch mal mehr auf Konzerten als in Zusammenhang mit Comedy spielen wollen?
Christoph: Wir wollen gern eine ernsthafte Band sein, uns noch ein paar Musiker ins Boot holen, aber im Moment haben wir überhaupt keine Zeit dafür. Stefan hat früher ab und zu in einer Bigband gespielt und ich hatte eine Rockband, die wir aber aufgelöst haben…

Ihr werdet inzwischen mit “Wayne’s World“ und Helge Schneider verglichen. Könnten sie eure Vorbilder sein, könnt ihr euch mit denen identifizieren?
Christoph: Also ich finde „Wayne’s World“ geil und ich verehre Helge Schneider, aber ich würde nicht sagen, dass wir ihnen nacheifern. Ich schätze die Kunst von Helge Schneider sehr, seine Musikalität und seinen Humor – und manchmal ärgere ich mich auch ein bisschen, dass die Leute nicht tiefer darüber lachen, weil da eigentlich viel mehr drin ist. Aber ich lache sowieso oft an Stellen, an denen sonst niemand lacht. Vorbilder für uns sind eher Gerhard Schöne oder Herman van Veen.

Unsere Schlussfrage: Das Leben ist ein Comic – welche Figur bist du?
Christoph: Also ich wäre entweder Batman… oder, es gibt da einen Comiczeichner, den ich sehr verehre, der heißt Don Martin, und bei ihm gibt es eine Figur, die heißt „Captain Klutz“. Ich glaube, ich wäre Captain Klutz – der hat zwar auch einen Anzug und so, aber er ist kein Superheld. Warum? Die Insider wissen das schon, muss man mal googlen, wenn man ihn noch nicht kennt.

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