ZDF-Pressekonferenz vom 09.06.2017

Es gibt keinen Grund, so etwas zu verschweigen.

Wir haben die Pressekonferenz des ZDF am 09.06. in Mainz besucht und Fragen gestellt. Warum werden Lobby-Mitgliedschaften der Moderatoren nicht transparent gemacht? Warum werden die "Freundeskreise" geheimgehalten? Desweiteren stellt sich Intendant Thomas Bellut gegen eine Transparenz bei Moderatoren-Gehältern, dies würde die Moderatoren in ihrer "Berufsentfaltung eindeutig einschränken".

ZDF-Pressekonferenz vom 09.06.2017

[An der ZDF-Pressekonferenz am 09. Juni nahmen Intendant Thomas Bellut und die Fernsehratsvorsitzende Marlehn Thieme teil, eine Aufzeichnung ist als Video-Stream verfügbar, auf zdf.de.]

zum Thema „Freundeskreise“ (vgl. u.a. Artikel auf uebermedien.de)
1. Vor der Fernsehrats-Sitzung des ZDF treffen sich zeitgleich die zwei sogenannten „Freundeskreise“. Herr Bellut, welchen Freundeskreis haben Sie besucht, den schwarzen Freundeskreis oder den roten Freundeskreis?

Thomas Bellut: Gestern war ich in dem schwarzen Freundeskreis, zuvor in dem roten. Wir teilen uns auf, weil ich schaffe das nicht Alles. Aber es gibt keinerlei Probleme, dass ich in den anderen Freundeskreis reingehe, sofern der Wunsch besteht.

2. Zu den ZDF-Freundeskreisen werden die Fernsehratsmitglieder eingeladen, es finden Wahlen zum Vorstand statt, es wird über Besetzung der Ausschüsse beraten, doch auf der ZDF-Website findet man überhaupt nichts zu diesen Treffen. Warum werden die Freundeskreise und deren Abstimmungen vor dem Gebührenzahler geheimgehalten?

Marlehn Thieme: Das sind informelle Treffen, die hier im Hause anlässlich der Fernsehratssitzung stattfinden. In meiner Wahrnehmung – und ich kann das nicht in Gänze beurteilen – sind nicht alle Fernsehratsmitglieder in bestimmten Freundeskreisen sortiert. Aber es dient dem Meinungsaustausch im Querschnitt im Gegensatz zu der vertikalen Diskussion über bestimmte Themen in den Programmausschüssen und anderen Ausschüssen des Fernsehrates. Daher sind es in meiner Wahrnehmung weder vollständige Sitzungen, ich weiß nicht, ob es irgendwo wie auch immer Vorsitzendenwahlen gegeben hat, und es sind in der Regel auch keine verbindlichen Absprachen in meiner Wahrnehmung.

3. Fernsehrats-Mitglied Leonhard Dobusch hat berichtet, dass die acht Kandidaten des Fernsehrats für den Verwaltungsrat, in den Freundeskreisen in einem Vorwahlverfahren bestimmt werden. Stimmt diese Darstellung?

Bellut: Also, ich war nicht dabei.

Thieme: Also, ich kann das auch nicht so sagen. Wir haben uns darüber ausgetauscht, in dem Freundeskreis, dem ich angehöre, wen wir unterstützen würden. Aber schon die Ergebnisse der Wahl zeigen ja, dass das nicht 1:1 übernommen worden ist, sondern dass das in der Tat auch der Freiheit der Fernsehratsmitglieder unterliegt.

zum Thema Mitgliedschaften
Elmar Theveßen, stellvertretender Chefredakteur und Terrorismus-Experte des ZDF, sagte uns im Interview, „Ich bin seit einigen Jahren Mitglied der Atlantikbrücke, ich finde es richtig, das standardmäßig transparent zu machen.“
1. Warum verschweigt das ZDF auf seiner Website diese Mitgliedschaft von Elmar Theveßen? ***
2. Die Atlantik-Brücke nennt (PDF) als Mitglied auch die ZDF-Moderatorin Sarah Tacke
(„Young Leaders-Alumna“), warum findet sich keine Info über diese Mitgliedschaft auf der ZDF Website?

Bellut: Es gibt keinen Grund, so etwas zu verschweigen. Ehrlich gesagt hat sich die Frage noch nicht gestellt. Bei Elmar Theveßen wusste ich es. Ich finde es richtig, gerade wenn jemand in dem Bereich auch tätig ist, also in der Außenpolitik berichtet, dass man das offen sagt. Da müsste man sich überlegen, ob man das im Internet irgendwie anders darstellt, die sind ja nicht alle dort vermerkt. Aber ich darf Ihnen wirklich versichern, es gibt keinerlei Hemmungen, dies zu tun. Ich finde es in der Tat auch von Bedeutung bei Schirmgesichtern das zu wissen.

3. Elmar Theveßen sagt, er finde es richtig, Mitgliedschaften „standardmäßig transparent“ zu machen. Halten Sie das auch für richtig?
4. Auch Claus Kleber taucht in den Jahresberichten (PDF) der Atlantik-Brücke auf. Sehen Sie einen Interessenskonflikt, wenn sowohl der heute-journal-Chef als auch der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Mitglied der Atlantik-Brücke sind?

Bellut: „Nein […unverständlich]. Es ist ein Riesenthema, wie Befangenheit von Journalisten auftreten könnte. Ein ernstes Thema natürlich. Wir haben das ja auch bei Parteimitgliedschaften, es gibt Journalisten, die in Parteien Mitglied sind, aber trotzdem in der Lage sind, objektiv zu berichten. Also am Ende muss ich mich darauf verlassen, dass das passiert. Es würde nicht unbemerkt bleiben, wenn dem nicht so ist. Aber das Thema sollte man schon ernst nehmen. Ich persönlich bin nicht Mitglied einer politischen Organisation, weil ich es in meiner Funktion für schwierig halten würde. Es gibt aber andere, die es schaffen, obwohl sie Mitglied sind, objektiv zu arbeiten. Das ist eine sehr persönliche Frage, wie man es macht. Noch einmal, ich gebe Ihnen recht: Es gibt überhaupt keinen Grund, irgendetwas zu verschweigen. Ich würde bei jeder Frage dazu, die über einen Kollegen oder eine Kollegin kommt, immer dafür sorgen, dass sie klar beantwortet wird.“

*** UPDATE 13.06.: In Reaktion auf dieses Transkript und auf eine Mail von uns an Herrn Theveßen hat das ZDF seine Mitgliedschaften am 13.06.2017 online ergänzt. In der Biografie von Sarah Tacke gibt es nach wie vor keine Informationen zu Mitgliedschaften.

zum Thema Whistleblower
1. Edward Snowden hat in Moskau bereits diverse Interviews gegeben, z.T. persönlich, z.T. per Live-Schaltung. Warum wurde Edward Snowden noch nie vom ZDF interviewt?
2. Seit fünf Jahren sitzt Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft. Warum hat ihn das ZDF nie besucht?

Bellut: Wir haben oft über die beiden berichtet – ob da Interviewanfragen waren, oder nicht – ich weiß es wirklich nicht. Das ist Sache der journalistischen Abteilung. Es gibt aber keine Anweisung, das nicht zu tun. Soweit greife ich nicht ins Programm ein. Aber wir hatten viele Berichte zu den Themen und den beiden genannten Personen.

zum Thema Vergütungen
1. Die Kosten für Sendungen werden auf der ZDF-Website uneinheitlich dargestellt. Für manche Sendungen wird das konkrete Budget genannt (z.B. Berlin direkt), bei anderen Formaten nur ein sehr grober von/bis-Bereich (Markus Lanz, Maybrit Illner), manche Sendungen fehlen ganz (Neo Magazin Royale), und bei z.B. Vorabend-Serien erfährt man für ALLE Serien nur EINEN Durchschnittspreis. Warum werden bei der Kostendarstellung nicht alle Sendungen gleichbehandelt?

Bellut: Das würde sehr lang werden. Die einzelnen Fragen – Neo Magazin Royale, das wundert mich jetzt. Wir haben es nach Kategorien gemacht. Schon jetzt ist das hart an der Grenze der Übersichtlichkeit. Aber wir sind, das will ich einmal sagen, der einzige Sender in Europa, der diese Kostenaufschlüsselung hat auf seiner Homepage. Sogar auch die Sportrechtekosten. Das macht sonst niemand anders. Ich kann Ihre Fragen nur aufnehmen, es besteht dort kein übler Hintergedanke. Bei Lanz – das ist einfach eine in hoher Schlagzahl produzierte Talkshow – da nimmt man dann einen Richtwert, der wahrscheinlich auch die Sendung meistens abdeckt. Es kann mal eine teurere geben, wenn er in den USA ist oder sonst was, aber das ist der Richtwert. Es wurde also pauschalisiert, was geht. Es gibt eben andere Sendungen, da muss man genauer hingucken. Bei den Serien ist es in der Tat so – als ehemaliger Programmdirektor kenne ich die Zahlen auch noch – das sind Durchschnittswerte, an denen wir uns auch orientieren. Die werden nur aufgebrochen bei Sonderfaktoren wie Auslandsdrehs oder historischen Verfilmungen. Aber ansonsten sind diese Sachen verbindlich. Das, was da steht, stimmt auch.“

2. Finden Sie es gegenüber dem Gebührenzahler fair, dass dieser nicht erfahren kann, wie viel Geld das ZDF z.B. für den Moderatoren Claus Kleber oder den Experten Oliver Kahn ausgibt?
3. Warum ist Claus Kleber freier und kein fester Angestellter? Wie wird das entschieden?

Bellut: Das ist eine Einzelfallentscheidung. Und aus gutem Grunde werde ich, solange ich Intendant bin, die Gehälter meiner Moderatoren nicht veröffentlichen. Ich sage Ihnen auch den Grund: Das unzufriedene Publikum wird dann jede Moderation nehmen und sagen: „Für das und das Geld erzählt er uns jetzt das?“. Es würde ihn in seiner Berufsentfaltung eindeutig einschränken. Es würde für ihn ein Problem sein. Ich lehne das einfach ab. Ich mache es nicht, dafür gibt es eine Transparenz gegenüber dem Verwaltungsrat. Der erfährt diese Gehälter und akzeptiert und genehmigt sie auch. Bei Oliver Kahn wurden ja Phantasiesummen genannt. Wenn Sie es einmal wie bei Kahn nennen, wird es keine andere Grenze geben und das schädigt uns auch im Wettbewerb mit anderen. Es ist eine schwierige Sache, aber es gibt eine Transparenz zu den Gremien. Die wissen exakt, was dort passiert, es ist nichts geheim. Wir haben auch nicht über Tochterfirmen irgendwelche Verträge – da gab es ja Beispiele in der Vergangenheit. Unser Verwaltungsrat weiß exakt, was zum Beispiel auch Unterhaltungskünstler bei uns, die im Entertainmentbereich arbeiten, verdienen.

Thieme: Eine Ergänzung von meiner Seite: Wir sind dafür als Fernsehrat nicht zuständig, aber wenn Sie sich den Haushaltsplan des ZDF anschauen, dann besteht eher das Problem, dass Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Also die wirklichen Entwicklungen, die dahinterstehen und die man auch tatsächlich als Vertreter der gesellschaftlichen Gruppen betrachten muss, dass man die nicht mehr erkennt vor lauter Details. Ich war 8 Jahre Mitglied des Finanzausschusses und da konnte man vier Tage daran sitzen, um überhaupt zu begreifen: „Wo ist da hin und her geshiftet worden? Was steht dahinter?“. – Nachzuvollziehen, was da verändert werden muss, in der Innovationsfreudigkeit des Hauses letztendlich. Eine dieser Öffentlichkeitsfragen betrifft aber auch, was wir heute diskutiert haben: Die Kooperationen im Programmbereich, wo wir dann wirklich sehr genau in Euro und Cent uns angucken, wo gehen da Gelder hin und her. Das ist wiederum unsere Verantwortung. Dadurch, dass wir das angefordert haben und uns das immer genau anschauen, dass es ein Verfahren im Hause gibt, diese Kooperationen in den Blick zu nehmen und transparent zu machen, sind diese dann auch deutlich reduziert worden. Es hat A) einen Lästigkeitsfaktor und B) ist die Frage, ob dass die richtige Finanzierungsform ist oder sind da nicht tatsächlich doch andere Interessen da. Da gibt es immer noch Kritik daran, hier und da. Deutlich ist: Dort wo echte Probleme sind, greift die programmliche Begleitung.

zum Thema Goldene Kamera 2017
1. Joko & Klaas haben mit ihrer Ryan Gosling Aktion gezeigt, dass für die Preisvergabe entscheidend ist, wer gerade Zeit hat, zur Preisverleihung zu kommen. Das hat die Funke-Mediengruppe gegenüber der „Welt“ auch bestätigt. Sollten bei einer Preisverleihung im öffentlich-rechtlichen TV nicht ausschließlich künstlerische Aspekte ausschlaggebend sein?

Bellut: Es sind viele da, die gerne auf die Bühne kommen würden, also aus der deutschen Szene. In der internationalen Szene ist es in der Tat so, dass die Einladung nicht ganz einfach ist – jemanden aus den USA dazu zu bewegen, dahin zu kommen. Aber das Beispiel, was Sie genannt haben, zeigt ja: Erstens, ist es wirklich so wichtig und zweitens sollte man sich genauer angucken, wer da tatsächlich kommt. Ob es wirklich Ryan Gosling ist, oder jemand anderes. Also das ist üblich, die amerikanischen Stars haben eine besondere Faszination, für die deutschen gilt das ja nicht. Die muss man jetzt nicht überreden, nach Hamburg zu reisen. Aber über den internationalen Bereich kann man geteilter Meinung sein, ob das jetzt wirklich nötig ist. Bisher hat das Publikum das immer gut gefunden. Die anderen Gäste aus dem Ausland in der Sendung waren ja auch sehr prominent und kamen gut an.

2. Wie wird das ZDF bei der nächsten Preisvergabe sicherstellen, dass es eine echte Jury mit echter Jury-Entscheidung gibt?
3. Die verantwortliche Produktionsfirma Riverside Entertainment hat 2014 bei „Deutschlands Beste“ die Rankings manipuliert. Wird Riverside Entertainment auch in Zukunft die Goldene Kamera produzieren?

Bellut: Also die Goldene Kamera ist eine Veranstaltung der Hörzu, wir sind der übertragende Sender. Wir sind also sozusagen Partner. Die ganze Sendung, die Inhalte, werden von der Hörzu gemacht. Das ist ähnlich wie bei „Ein Herz für Kinder“, da sind wir auch Partner. Natürlich haben wir ein Einspruchsrecht, wenn wir glauben, das passt nicht in unser Profil des Senders. Aber die Organisation liegt bei der Hörzu und der von Ihnen genannten Firma. Ich glaube, der Skandal damals hat mit der „Goldenen Kamera“- Produktion jetzt nichts zu tun. Die Firma arbeitet sehr gut und ich glaube sie bereuen diesen Fehler auch wie das ZDF, der damals bei der Rankingshow passiert ist. Es gibt aber immer wieder Fehler, die muss man korrigieren.

2 Kommentare zu “Es gibt keinen Grund, so etwas zu verschweigen.”

  1. Maren Müller |

    Korrespondenz eines beunruhigten Familienvaters anlässlich der deutschen Medienberichterstattung, die ihm regierungstreu und von Abhängigkeiten und Selbstbeschränkung gekennzeichnet schien. Die erste Anfrage richtete sich an insgesamt 25 Adressaten wichtiger regionaler und überregionaler Print-, Online-, und Rundfunkmedien. Von den 25 angeschriebenen Redaktionen haben 8 geantwortet.
    https://publikumskonferenz.de/forum/viewtopic.php?f=32&t=1250

    Antworten

Kommentar schreiben

* Erforderliche Angaben. Emailadresse wird nicht veröffentlicht.