Wolfgang Petersen

Das ist kein Rückschritt.

Filmregisseur und Produzent Wolfgang Petersen über die Ziele seiner Filmproduktion in Deutschland, Heimweh und die Entwicklung des Fernsehens

Wolfgang Petersen

© Senator Film

Herr Petersen, Sie haben zusammen mit Senator in Deutschland ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Was ist das Ziel dieses Joint Ventures?
Petersen: Zusammen mit Senator Entertainment möchte ich außergewöhnliche Mehrteiler für das Fernsehen machen. Wir wollen große, historische und zeitgenössische Themen zu Produktionen mit Eventcharakter für den internationalen Markt entwickeln. Es werden Filme, die ich für das Kino nicht machen kann.

Wieso passen diese Produktionen nicht ins Kino?
Petersen: Das Kino ist oftmals sehr begrenzt in Bezug darauf, was weltweit erfolgreich sein kann. Sie können mit dieser neuen Form der aufwändigen Mehrteiler heute Storys erzählen, die für das Kino ungeeignet sind. Diese Storys passen allein vom Umfang her nicht in das Kino.

Nun heißt es also „Back to the roots“ – zurück zum Fernsehen. Ist das nicht ein Rückschritt?
Petersen: Nein, das ist kein Rückschritt. Das gehört zu meiner persönlichen Weiterentwicklung. Es muss ständig weitergehen, es darf keinen Stillstand geben. Ich habe jetzt zwei Jahrzehnte in Amerika große Filme gemacht. Das war toll. Das werde ich auch weitermachen, aber ich sehe jetzt den Zeitpunkt für neue Experimente. Ich bin ein kreativer Mensch.

Woher kommt Ihr neues altes Interesse am Fernsehen?
Petersen: In den siebziger Jahren habe ich vor meinen Umzug nach Amerika sehr viel Fernsehen gemacht. Nach meiner Regisseurarbeit für den Film „Das Boot“ habe ich mich dann auf das Kino konzentriert und fand speziell in Amerika sehr gute Bedingungen, mich als Kinoregisseur weiterzuentwickeln. Trotzdem habe ich mich immer sehr gern an die Zeit erinnert, in der ich für das Fernsehen tätig war.
Und inzwischen habe ich beobachtet, dass aufwändige Mehrteiler mit historischen Stoffen für das Fernsehen in Europa sehr populär geworden sind. Mit dieser Entwicklung hat sich das europäische Fernsehen von den Trends aus Amerika abgenabelt. Diese Mehrteiler werden sehr anspruchsvolle und teuer produziert und das Publikum mag diese Produktion. Diese neue Art von Fernsehen bietet mir als Kinoproduzent die Möglichkeit, wieder eine Brücke zurück nach Europa, eine Brücke zurück zu Fernsehproduktionen zu finden. Das ist großes Fernsehen. Es ist ein anderes Fernsehen als in den siebziger Jahren.

Was ist so anders?
Petersen: Da sind viele Unterschiede. Sehen Sie allein die Technik, es finden heute riesige Plasmabildschirme Einzug in die Wohnzimmer. Auch die Soundanlagen der Geräte zu Hause können heute ganz andere Effekte erzielen. Mit diesen Geräten haben sie ein ganz anderes Fernseherlebnis. Das ist mit früher nicht zu vergleichen.

Wagen Sie mal einen Ausblick in die Zukunft. Wo geht es hin mit dem Fernsehen?
Petersen: Das Ganze ist eine Entwicklung und ich bin mir ganz sicher, da werden noch ganz enorme Entwicklungsschritte für das Fernsehen möglich sein. Solche Mehrteiler, wie ich sie mit Senator produzieren möchte, werden zu Fernseh-Events – andere Produzenten werden folgen und Produktionen für das Fernsehen zeigen, die in der heutigen Qualität und Aufwand noch nicht gezeigt werden.

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Das Kino ist oftmals sehr begrenzt in Bezug darauf, was weltweit erfolgreich sein kann.

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Was wird denn das Besondere an Ihren Mehrteilern sein?
Petersen: Wir wollen eine andere Art der Darstellung wie man es heute im Fernsehen gewohnt ist. Diese Sachen werde ich mit großem visuellen Aufwand produzieren, wie ich es als Regisseur von amerikanischen Kinoproduktionen gewöhnt bin. Das werden Mehrteiler mit hohen Budgets.

Wie wird Ihre Handschrift zu erkennen sein? Wollen Sie sich durch Regieführung einbringen? Oder ist es ihnen nicht so wichtig Regie zu führen, sondern vor allem durch die Entscheidung für die Gesamtproduktion einzugreifen?
Petersen: Auch als Regisseur an hat man Grenzen in seiner Kreativität für die einzelnen Produktionen. Ich werde für diese Mehrteiler tatsächlich den Schwerpunkt in meiner Arbeit als Produzent sehen. Wobei nicht ausgeschlossen ist, dass ich für diese mehrteiligen Produktionen auch selbst Regie führe. Ich würde das gerne machen, wenn ich die Zeit finde.

Woher kommt Ihre Motivation für dieses Engagement?
Petersen: Ich möchte gerne wieder mehr in Europa drehen. Ich möchte auch europäischen Schauspielern – speziell deutschen Schauspielern – die Möglichkeit geben, sich stark in unsere Projekte einzubringen. Und ein schöner Aspekt ist, dass wir mit diesen Produktionen total von Amerika unabhängig sind. Trotz großer Budgets.

Sie erwähnten Ihren Blick zurück nach Europa. Haben Sie Heimweh?
Petersen: Ja, vielleicht ist es auch ein wenig Heimweh. Ich möchte wieder mehr mit der deutschen und europäischen Kultur zu tun haben. Außerdem spielt natürlich die Entwicklung im europäischen Fernsehen eine Rolle. Die Tatsache, dass solche Mehrteiler heute auf Interesse und auf europäische Finanziers gestoßen sind, ist eine Entwicklung, die ich nutzen möchte.

Verraten Sie uns etwas zum Inhalt der geplanten Mehrteiler?
Petersen: Es sollen eigene europäische und deutsche Stoffe sein. Wir haben hier eine andere Fernsehkultur wie in Amerika. Viele Jahre wurden amerikanische Serien gekauft und gezeigt. Aber jetzt ist darüber hinaus auch Interesse an eigenen Produktionen zu finden.

Können Sie etwas konkreter werden?
Petersen: Wir werden im Herbst mit der Arbeit beginnen. In der ersten Produktion geht es um den Kalten Krieg, diese Sache ist mir angeboten worden. Ich habe mich sofort für das Thema interessiert und der Anfrage sofort zugesagt.
Als Ideenentwürfe stehen darüber hinaus die legendären Autorennen der 50er und 60er Jahre, eine Abenteuergeschichte über das gesamte Leben von Robinson Crusoe und ein Gegenentwurf zum Film „Das Boot“ auf der Liste. Das Letztere wird eine Produktion über die amerikanischen Flieger des zweiten Weltkrieges mit fantastischen Bildern aus dem Cockpit, sodass es speziell für junge Leute kein langweiliger historischer Film wird.

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