Waldemar Hartmann

Ich habe nichts dagegen, wenn die „Bild“ mich als „TV-Ossi“ sieht.

Waldemar Hartmann über den Deutschen Meister, Trainerwechsel, den Kneipengast Uli Hoeneß, sein neues Bühnenprogramm und die Marke „Waldi“

Waldemar Hartmann

© BR/Ralf Wilschewski

Herr Hartmann, der neue Deutsche Meister VfL Wolfsburg hat Anfang des Jahres einige Spieler eingekauft, dazu viele junge Spieler. Kann er sich mit dieser Mischung dauerhaft in Deutschland und womöglich auch in Europa etablieren?
Hartmann: Zunächst mal sind sie Deutscher Meister. Das ist ja erstmal das Wichtigste. Dann ist die Frage, wie die Mannschaft zusammenbleibt. Es gibt das Gerücht, dass Dzeko vom FC Chelsea umworben wird. Und auch andere Spieler sind für andere Vereine interessant. Dann kommt ein neuer Trainer, da muss man auch erst sehen, wie das funktioniert. Ob Wolfsburg sich etabliert, kann man daher jetzt noch nicht sagen. Das ist ja auch davon abhängig, wie VW dahintersteht und wie sich die Lage von VW entwickelt. Denn Fußball ist mittlerweile immer mehr auch eine Wirtschaftsangelegenheit geworden. Wie und in welcher Größenordnung VW investiert, wird die Entwicklung von Wolfsburg bestimmen.

Felix Magath wird nächste Saison Trainer bei Schalke 04 sein. Wie beurteilen Sie diesen Wechsel?
Hartmann: Das passt zu Felix. Wenn er das Gefühl hat, dass er seine Arbeit erledigt hat, sucht er nach neuen Herausforderungen. Das war auch bei Bayern so, auch wenn er am Ende entlassen worden ist. Nach zwei Doublen in Folge fehlte für ihn das Ziel. In Stuttgart war es genauso, da hat er auch mehr erreicht, als man jemals angenommen hätte.
Wenn Felix Magath sein Ziel erreicht hat, dann hat er klare Vorstellungen, wie es weitergeht. Es hat wohl auch Verhandlungen gegeben mit Wolfsburg, aber das war ihm nicht eindeutig genug. Deswegen hat er nun das Abenteuer Schalke angenommen, weil er dort mit der gleichen Macht ausgestattet ist und alles nach seinen Vorstellungen umsetzen kann. Schalke wartet seit 51 Jahren auf den Deutschen Meistertitel, diese Herausforderung will er. Und Schalke hätte keinen besseren kriegen können. Das wird mit dem Titel vielleicht nicht gleich im nächsten Jahr klappen. Aber wenn Schalke diese Zielstrebigkeit auf die Reihe kriegt, dann wird das funktionieren.

Ein anderer Trainerwechsel sorgte für Aufsehen: Bielefeld tauschte einen Spieltag vor Schluss noch Michael Frontzeck gegen Jörg Berger aus. Wieso wird die Halbwertzeit von Bundesliga-Trainern immer kürzer?
Hartmann: So ist das Geschäft und das weiß auch jeder Fußballtrainer. Die Flugtage sind immer kurz vor Weihnachten oder im März/April, wenn die Mannschaft nicht da steht, wie sich das die Verantwortlichen vorstellen. Die Geschichte jetzt bei Bielefeld, den Trainer einen Spieltag vor Schluss zu wechseln, war ziemlich sinnfrei und ist ja auch, Gott sei Dank, nicht belohnt worden.

Sehr häufig hört man von den Verantwortlichen, dass der Trainer bei den Fans das Standing verloren hat und deswegen ein Wechsel notwendig sei.
Hartmann: Jaja, in der Fußball-Amtssprache nennt man das dann: „Der Trainer erreicht die Mannschaft nicht mehr“ oder „der Druck von außen war zu groß“ und deswegen hat man ihn entlassen. Es ist völlig wurscht, wie das getauft wird. Das sind die Mechanismen und da wird jedes Mal ein anderer kosmetischer Ausdruck für verwendet. Fakt ist: Wenn die Mannschaft droht, abzusteigen, oder ihre Ziele nach oben nicht erreicht, wird das immer am Trainer festgemacht. Die Spieler kann man ja auch nicht einfach alle rausschmeißen.

Häufig ist dann aber auch zu erkennen, dass die Mannschaft besser spielt – wie zum Beispiel beim FC Bayern, nach der Entlassung von Klinsmann.
Hartmann: Nein, das ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass das keine nachhaltige Lösung ist. Ein Trainerwechsel ergibt mal ein Strohfeuer, der Befreiungsschlag bleibt in Erinnerung. Aber in der wissenschaftlichen Auswertung über einen längeren Zeitraum gibt es nicht mehr Erfolg als vorher.

Kommen wir vom Thema Trainerwechsel zum Senderwechsel, Sie gehen als Moderator vom BR zum MDR…
Hartmann: Nein, das tue ich nicht. Mein Vertrag beim BR ist ausgelaufen. Und beim Boxen betreut der MDR diese ARD-Veranstaltung redaktionell. Deswegen habe ich einen Vertrag mit dem MDR. Aber wenn ich die Sportschau mache, dann betreut das der WDR und die Sendung „Waldis Club“ betreut weiterhin der BR.

Das heißt, Sie sind jetzt nicht, wie die „Bild“-Zeitung getitelt hat, „TV-Ossi“ geworden?
Hartmann: (lacht) Wenn das die „Bild“ so sieht…. Das würde ja auch heißen, wenn der HR die Boxsendung machen würde, wäre ich jetzt ein „TV-Hesse“. Aber ich habe nichts dagegen, wenn die „Bild“ mich als „TV-Ossi“ sieht – gerne.

Ist denn eine solche Schlagzeile 20 Jahre nach der Wende überhaupt noch zeitgemäß?
Hartmann: Das müssen Sie die „Bild“-Zeitung fragen, das ist keine Frage, mit der ich mich beschäftige.

Seit 2006 moderieren Sie die Sendung „Waldis Club“, die im Anschluss an Spiele der Fußball-Nationalmannschaft läuft. Wie erklären Sie sich den Erfolg der Sendung?
Hartmann: Die Sendung läuft ein bisschen so ab, wie in den Tausenden Vereinsheimen in Deutschland, in denen sich die Leute über Fußball unterhalten. „Waldis Club“ kommt ja auch erst später um halb zwölf – da müssen wir dann nicht noch alles analysieren, sondern wir machen das mehr in einer Stammtisch-Atmosphäre, wie eben in den Vereinsheimen oder bei den Leuten daheim auf der Couch. Das spielt sicher eine Rolle, dass sich die Leute da wiederfinden. Und die Mischung macht es aus, wir haben immer Fußball-Experten da, einen Comedian und einen Prominenten, der aber auch etwas von Fußball verstehen muss.

Zitiert

Ein Trainerwechsel ergibt mal ein Strohfeuer, der Befreiungsschlag bleibt in Erinnerung. Aber über einen längeren Zeitraum gibt es nicht mehr Erfolg als vorher.

Waldemar Hartmann

Der Sendungstitel „Waldis Club“ hat eine gewisse Doppeldeutigkeit. 1971 haben Sie in Augsburg eine Kneipe mit diesem Namen eröffnet…
Hartmann: Diese Kneipe habe ich aber 1979 verkauft – also vor 30 Jahren. Das  hat mit der Sendung nichts zu tun, höchstens dass sie auch an einem Stammtisch stattfindet, aber mehr Zusammenhang besteht definitiv nicht.

Damals soll auch Uli Hoeneß Ihr Gast gewesen sein. Stimmt das?
Hartmann: Ja, er war auch mal da, weil er für einige Zeit in einem Reha-Zentrum in Augsburg war. Die Fußballer aus dem Zentrum sind in der Kneipe mit Speis und Trank versorgt worden. Uli war 1977 für zwei Wochen dort und in der Zeit auch manchmal in der Kneipe.

Nun wird Christian Nerlinger sein Nachfolger in der Funktion des Sportdirektors beim FC Bayern München. Ihm wird noch jemand für den Bereich Marketing und Finanzen zur Seite gestellt. Wie schwer ist das Erbe, das die beiden anzutreten haben?
Hartmann: Das wird ziemlich schwer, weil Uli der mit Abstand erfolgreichste Manager der Fußball-Bundesliga war – und das seit 30 Jahren. Da ist es zwangsläufig so, dass die Fußstapfen groß sind.

Demnächst kann man Sie auch mit Ihrem Bühnenprogramm „Born To Be Waldi“ erleben. Was erwartet das Publikum?
Hartmann: Das ist eine Mischung aus Comedy, Kabarett, Satire und Backstage-Anekdoten. Wenn man 30 Jahre in diesem Geschäft ist, kommt ja einiges zusammen an Geschichten, die man erzählen kann. Da gibt es dann auch ein paar Einspieler – natürlich ein paar Ausschnitte von Rudi Völler, auch von Trappatoni und die Weißbierdusche von Felix Magath in Kaiserslautern. Und dazu kommen Comedy-Einlagen von Sachen, die ich gerne in der ARD gemacht hätte, was man mich aber nicht machen ließ.

Was wäre das denn gewesen?
Hartmann: Ich wäre zum Beispiel unheimlich gerne Chefarzt in der „Schwarzwaldi-Klinik“ geworden. Ich wäre auch gerne Tierpfleger in einer Zoo-Doku am Nachmittag geworden oder Traumschiff-Kapitän. Den Text zu dem Teil des Bühnenprogramms hat dann Harald Schmidt geschrieben. Oder Pfarrer Braun wäre ich auch gern mal gewesen – dafür hat Ottfried Fischer mir den Text geschrieben. So ist das insgesamt ein Paket mit zwei Halbzeiten a 45 Minuten. Das ist dann aber alles satirisch und nicht ernst gemeint.

Wie sind Sie auf die Idee für ein Bühnenprogramm gekommen?
Hartmann: Das weiß ich gar nicht mehr so genau. Vor anderthalb Jahren, als Harald Schmidt eine Premiere in Stuttgart hatte, hat er mich eingeladen und da hab ich die Bühnen-Atmosphäre hautnah erlebt. Wenn man auf der Bühne steht, ist dein Publikum nicht nur imaginär da, weil du in eine schwarze Kameralinse guckst, sondern es sitzt einen Meter vor dir und du siehst, wie es reagiert. Das gibt dann mehr Adrenalin und mehr Vibration.
Später habe ich dann noch länger mit Harald gesprochen und er meinte: „Mensch, du hast soviel erlebt und soviel mitbekommen. Du musst eigentlich ein Buch schreiben.“ Das haben dann auch andere gesagt und so entstand irgendwann diese Idee. Ein Buch wird es jetzt übrigens auch geben, als Begleitung zum Bühnenprogramm.

Sie moderieren im Fernsehen, machen Werbung und jetzt das Bühnenprogramm. Ist „Waldi“ inzwischen auch eine Marke geworden?
Hartmann: Es sieht manchmal so aus. Es muss ja auch irgendwie eine Marke sein. Die ARD hat das von sich aus gemacht, dass sie die Sendung „Waldis Club“ nennt, sonst gibt es ja keine Sendung in der ARD, die den Vornamen des Moderators trägt. Also muss der Vorname Marke genug sein, dass die ARD entschieden hat, wir nehmen den Vornamen und nicht den Nachnamen. Möglicherweise ist „Waldi“ also zu einer Marke geworden, ja.

Wenn jetzt der Vorname von Ihnen in der Sendung auftaucht, darf ich Sie dann auch „Waldi“ nennen?
Hartmann: Sie dürfen mich nennen, wie immer Sie möchten. Natürlich können Sie mich Waldi nennen. Alle nennen mich so und das hat man auch schon in der Schule zu mir gesagt.

Ist nicht die journalistische Unabhängigkeit in diesem Interview gefährdet, wenn ich Sie duze?
Hartmann: Das ist mir völlig wurscht, ob das Ihre Unabhängigkeit gefährdet. Also von meiner Seite ist sie das jedenfalls nicht.

Beim DSF zum Beispiel dürfen Interviewpartner grundsätzlich nicht mehr geduzt werden.
Hartmann: Beim WDR, glaub ich, auch nicht.

Würden Sie sich an ein solches Verbot halten?
Hartmann: (lacht) Nein, da würde ich mich nicht dran halten, weil ich 61 Jahre alt bin und das für eine absolut sinnlose Nummer halte.

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