Christina Weiss

Das Internet wird immer mehr ein ganz normales Kommunikationsinstrument.

Kulturstaatsministerin Christina Weiss über filmportal.de, Teilnahme am Kinoleben, Internet im Alltag und ein abgelehntes Rollenangebot

Christina Weiss

© bundesregierung.de

Frau Dr. Weiss, Sie haben in den vergangenen Tagen die 55.Berlinale eröffnet sowie den Startschuss für die neue Film-Datenbank filmportal.de gegeben – haben Sie als Politikerin überhaupt genügend Zeit, hin und wieder ins Kino zu gehen?
Weiss: Ja, aber natürlich seltener als früher, wo ich noch als richtige Cineastin ins Kino gegangen bin. Ich nutze fürs Kino relativ häufig die Sonntagnachmittage, nur bei den Spätvorstellungen kostet es – wenn man morgens immer so früh anfangen muss – auch ein bisschen Überwindung. Wenn es um neue Filmproduktionen geht, dann gucke ich diese auch auf DVD oder Video, was dann aber nicht unbedingt ein reines Vergnügen ist, weil ich mir oft Arbeitsvideos und Rohfassungen anschaue, mit den ganzen Einblendungen usw. Da hat man natürlich einen Qualitätsverlust, aber man weiß worum es geht, man kann die Qualität des Films einschätzen – und wenn alles gut läuft, kommt so ein Film dann ja auch ins Kino.

Bereuen Sie denn, dass Sie als Politikern weniger Zeit fürs Kino haben – oder gleicht sich das aus, weil Sie in Ihrer Position natürlich viel bewirken können beim deutschen Film?
Weiss: Ja, das wiegt sich ganz gut auf. Natürlich vermisse ich diese aktive Teilnahme am Kinoleben ein bisschen, es wird aber in der Tat ersetzt durch die aktive Teilnahme an der Herstellung von solchen Dingen, wie zum Beispiel dem Filmportal. Oder auch Filmförderung ganz aktiv zu betreiben, zu gucken, wo sind die Mängel, wo müssen wir etwas verbessern, das ist natürlich spannend. Aber ein politisches Leben ist auch immer ein endliches Leben, insofern muss ich heute ja nicht verzweifeln.

Sie haben bei Ihrer Eröffnungsrede von filmportal.de davon gesprochen, die Film-Datenbank sei auch der Versuch, die oft eingeengte, nur starorientierte Perspektive von Filmfans auszuweiten auf eine Perspektive, die den deutschen Film insgesamt erfasst. Ist das denn möglich, wo doch die Filmindustrie auch in Deutschland immer mehr mit dem Star-Konzept arbeitet?
Weiss: Also, wenn man Filme nur im Kino sieht und sich nur über Zeitschriften Informationen besorgt, dann kommt man tatsächlich nicht weit über die Stars hinaus, da hat man dann meistens nur die Schauspieler und vielleicht noch den Regisseur im Blick. In einem solchen Portal aber, wo alle erwähnt werden, wo auch über alle Beteiligten eines Films Informationen abrufbar sind, gerät dann hin- und wieder auch mal die Kamera in den Blick: welche Filme hat der Kameramann noch gedreht oder wer hat die Ausstattung gemacht, wer die Musik – das lässt sich im Internet alles mit wenigen Klicks herausfinden.

Wie sehr ist das Internet eigentlich in Ihrem politischen Alttag präsent?
Weiss: Natürlich habe ich das Internet fast täglich in Benutzung, aber ich habe garantiert nicht die Zeit, die so der normale Nutzer für das Internet aufbringt. Ich benutze das Internet inzwischen zum Beispiel sehr oft als Lexikon – obwohl ich ja eigentlich so ein Bücher- und Lexikon-Narr bin.

Was genau suchen Sie dann?
Weiss: Meistens Informationen über Namen, die einem begegnen, wo man sagt, "über den weiß ich noch nicht genug". Oder ich benutze das Internet als Wörterbuch, das geht schneller, weil man ja nicht immer alle Wörterbücher bei sich hat. Oder ich gebrauche das Internet, um Informationen über eine Region einzuholen, wo ein Treffen mit Kolleginnen und Kollegen stattfindet. Wenn das irgendein kleiner Ort in Ungarn ist, dann suche ich den im Internet, um mehr Informationen zu bekommen.

Wie sehr hat denn das Internet Ihren Arbeitsalltag verändert und welchen Einfluss hat es heute auf das Kulturleben in Deutschland?
Weiss: Ich finde, vor allem die Netzwerk-Funktion ist eine ganz wunderbare, die darf man nicht unterschätzen: dass man eigentlich alles mit allem auf gewisse Weise verbinden kann, dass man so schnell vom einen Informationskomplex zum anderen kommt, dass man sich schnell informieren kann, wen man wo, in welcher Angelegenheit ansprechen oder anschreiben sollte – das sehe ich als großes Verdienst des Internet. Eine Bedrohung für die Live-Kultur ist es aber nicht geworden und das wird es glaube ich auch nicht mehr. Das Internet wird immer mehr ein ganz normales Kommunikationsinstrument, wie auch Radio, Fernsehen, Bücher oder Filme. Wir entwickeln immer wieder neue Kommunikationswege, aber dennoch bleiben die alten gültig.

Kommunizieren Sie heute mehr, dank Internet?
Weiss: Ja, über das Instrument eMail kommuniziere ich in der Tat mehr, es macht es mir viel einfacher, mit alten Freunden in Kontakt zu bleiben. Briefe zu schreiben – wenn man ein bisschen sprachperfektionistisch ist – braucht einfach länger Zeit. Im Internet geht man leichtfertiger mit der Sprache um…

… zum Beispiel, was die Groß- und Kleinschreibung betrifft. Können Sie sich beispielsweise, bei Ihrem Status als Staatsministerin erlauben, in einer eMail nur klein zu schreiben, wie es sehr viele Computernutzer tun?
Weiss: Nein, ich bestehe auf einem immer exakten Sprachgebrauch, ich schreibe ehrlich gesagt, meine eMails auch in einer Briefsprache. Ich finde es sowieso sehr wichtig, dass durch diese ganze eMail-Schreiberei, die schriftliche Kommunikation nicht verloren gegangen ist. Eine Zeit lang waren ja die audiovisuellen Medien eine echte Bedrohung für die geschriebene Sprache – aber die kommt jetzt so langsam wieder zurück.

Sie schreiben also den ein oder anderen Brief noch per Hand?
Weiss: Ja, natürlich.

Abschließend die Frage: Findet man unter filmportal.de auch einen Film, in dem Sie mitspielen? Der regierende Bürgermeister von Berlin zum Beispiel, Klaus Wowereit, hat sich ja schon in zwei deutschen Produktionen vor die Kamera gewagt.
Weiss: Nein, ich bin noch in keinem Film aufgetreten. Ich kann Ihnen dazu aber folgende Anekdote erzählen: in der Tat hat der Regisseur Rolf Schübel mich einmal als Hamburger Kultursenatorin in einem Film unterbringen wollen. Aber ich hätte in diesem Film zu einem Theaterbetreiber sagen müssen: "Wir müssen ihr Theater leider schließen". Daraufhin habe ich die Rolle abgelehnt.

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