Jean Reno

Man will doch nicht sein ganzes Leben gegen Leute auf der Bühne kämpfen

Jean Reno über das Miteinander vor der Kamera, Werbung in Japan und die Fortsetzung von "Die purpurnen Flüsse"

Jean Reno

© Tobis Film

Monsieur Reno, Sie sind ein Schauspieler, der sich die Rollen aussuchen kann – warum haben Sie sich entschieden, von „Die purpurnen Flüsse“ eine Fortsetzung zu drehen?
Jean Reno: Also, am Anfang war es Vincent Cassel, mein Partner aus dem ersten Teil, der eine Fortsetzung wollte. Am Ende hatte er allerdings nicht genug Zeit, mitzuspielen, aber der Produzent Alan Goldman fand die Idee gut, später rief Luc Besson an, der das Drehbuch schreiben wollte – und am Ende hat sich der Produzent entschieden, insgesamt drei Filme zu machen. Mit drei verschiedenen Geschichten, drei verschiedenen Crews, drei verschiedenen Herangehensweisen aber alle in dieser seltsam-esoterischen, unheimlichen Atmosphäre.

Aber mögen Sie es, den harten Kerl zu spielen, wie eben den unerschütterlichen Kommissar Niemans in „Die Purpurnen Flüsse“?
Reno: Nun, es ist so, dass sich das Publikum schnell daran gewöhnt. Wenn du einmal einen Polizisten gespielt hast, dann wird man schnell auf so eine Rolle festgelegt, was ich natürlich schade finde.

Aber haben Sie nicht Ihre Methoden, wie Sie aus diesem festgelegten Schema herauskommen, oder?
Reno: Ja, die habe ich, aber viele Filmleute glauben dir nicht, bis sie sehen, dass du auch anders kannst. Das ist wie, wenn du nach Amerika gehst, um dort zu arbeiten, brauchst du die Greencard – aber um die Greencard zu bekommen, musst du nachweisen, dass du arbeitest. Wenn ich also eine andere Rolle bekommen will muss ich den Leuten beweisen, dass ich es kann.

Würden Sie sagen, es ist heutzutage schwer, gute Rollen zu finden?
Reno: Also, in Frankreich ist es sehr schwer, jemanden zu finden, der eine gute Komödie schreibt, noch schwerer wird es, jemanden zu finden, der bei dieser Komödie dann Regie führt. In den USA ist das anders, die können viel mehr Geschichten schreiben als in Europa, die schneidern dir einen Anzug, der dir auch passt. Da ist es in Frankreich tatsächlich einfacher, so einen Thriller wie „Die Purpurnen Flüsse“ zu finden.

Sie haben vor kurzem das erste Mal mit Gerard Depardieu einen Film gedreht, die Komödie „Ruby & Quentin“, die im Sommer in die deutschen Kinos kommt. Gab es einen Konkurrenzkampf?
Reno: Nein, das haben alle am Set gedacht, auch alle Schauspieler. Aber das ist so etwas Veraltetes, früher haben das vielleicht Schauspieler wie Alain Delon oder Jean-Paul Belmondo gemacht, nach dem Motto „ich bin hier der Boss, nicht du.“ Aber wissen Sie, man will doch nicht sein ganzes Leben gegen Leute auf der Bühne kämpfen. Im Gegenteil, Depardieu und ich sind gute Freunde geworden.

Waren die Dreharbeiten denn genauso lustig, wie der Film selbst?
Reno: Einerseits hat es viel Spaß gemacht, andererseits war es manchmal schwer, weil Depardieu gerade eine schwere Zeit hatte. Seinem Sohn wurde ja in der Zeit ein Bein amputiert wurde.

In den meisten Ihrer Filme haben Sie einen Gegenpart, einen Partner oder Gegenspieler, beispielsweise Christian Clavier in „Die Besucher“, Juliette Binoche in „Jet Lag“ oder nun Benoit Magimel in „Die Purpurnen Flüsse 2“ – brauchen Sie dieses Gegenüber?
Reno: Ja, ich meine, wenn du unbedingt alleine auf dem Plakat sein willst, dann solltest du auf die Bühne gehen und deine eigene Ego-Show abzuziehen. Aber für mich geht es in Film und Theater immer um Themen, um Austausch. Ich selbst habe mit einer Theatergruppe angefangen, Ende der 70er, 32 Mann. Wir tourten unbezahlt durch Europa, auch durch Deutschland und diese Zeit hat mich geprägt, ich habe gelernt mit den anderen zu spielen. Ich mag das bis heute nicht, die Egoisten unter den Schauspielern, die sich immer in den Vordergrund stellen müssen. Ich brauche das miteinander, selbst wenn ich persönlich mit dem ein oder anderen Schauspieler nicht richtig klarkomme. Nicht mit jedem kannst du dich sofort anfreunden, nicht jeder ist ein Engel, ich ja auch nicht.

Sie haben eine Vielzahl von Werbeclips für das japanische Fernsehen gedreht, u.a. für Toyota, Zigaretten und Limonade. Nun war Bill Murray auf komische Weise in „Lost in Translation“ zu sehen, wie er in Japan eine Whisky-Werbung dreht – ergeht es Ihnen dort ähnlich?
Reno: Ja, es ist wirklich so, was der Film zeigt ist die Realität, das läuft alles sehr komisch ab. Es gibt da viele Leute die mich mögen, die wollen, dass ich nach Japan komme, die mit mir dies und das machen wollen – die lieben mich, aber ich kann Ihnen nicht sagen, warum. Ich mag die ja auch, ich mag diese Japaner, die uns oft so komisch vorkommen. Nicht nur die Leute, die Form der Autos und Gebäude, Sumo, das Essen – alles. Jean Alesi, der Rennfahrer, er ist mit einer Japanerin verheiratet. Und immer wenn wir uns treffen, reden wir eigentlich nur über seine Frau – warum liebst du deine Frau, frage ich ihn dann. Und er sagt immer, er wüsste es nicht.

Sie haben aber keine Angst davor, in 20 Jahren in Japan nur noch irgendwelche Whisky-Werbung zu drehen, wie Bill Murray in „Lost in Translation“?
Reno: In 20 Jahren? Oh nein, da hoffe ich irgendwo am Meer zu sein. Ich werde in 20 Jahren überhaupt nicht mehr arbeiten, nein, das ist nichts für mich.

Den meisten Schauspieler-Kollegen fällt es sehr schwer, aufzuhören…
Reno: Ja, aber ich werde dann hoffentlich in der Lage sein, genau das zu vermeiden – ich werde hoffentlich auch ohne irgendwelches Adrenalin auskommen.

Unsere Schlussfrage, das Leben ist ein Comic …
Reno: Oh, ja das wäre schön.

… welche Figur wären Sie?
Reno: Welche Figur weiß ich nicht, ich habe auch meistens nicht mehr die Zeit, Comics zu lesen. Ich würde nur sehr gerne fliegen können, wie ein Vogel. Das habe ich schon immer bedauert, dass ich das nicht kann.

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