Ralf König

Ich habe sehr viel Spaß am Zwischenmenschlichen

Comic-Zeichner Ralf König über seinen Kinofilm "Wie die Karnickel", Irrtümer im Pornofilm, die Zukunft des Animationsfilms und den Ausgang der Bundestagswahl 2002

Ralf König

© Ralf König

Hi Ralf. Es ist ja bei Comic-Zeichnern gar nicht so gewöhnlich, dass sie Interviews geben. Walter Moers, der Zeichner vom "Kleinen Arschloch", oder "Werner"-Zeichner Brösel sind da eher zurückhaltend und schirmen sich ab, so gut es geht. Wie ist das bei dir?
König: Die letzten Tage und Wochen war ich wegen "Wie die Karnickel" öfters im im Fernsehen, ich war auch bei der Filmpremiere und es gibt gerade einige Fotos von mir in den Zeitungen. Dann ist es eine Weile so, dass Leute mich auch auf der Strasse erkennen – das finde ich immer sehr irritierend. Denn sonst laufe ich eigentlich ziemlich incognito herum, außer in der Schwulenszene vielleicht. Ich würde niemals ein bekannter Schauspieler sein wollen oder Tagesschau-Sprecher oder jemand, der vom Gesicht her allen bekannt ist. So etwas ist schrecklich anstrengend.

Kommen wir zu dem Film, der ja schon in den deutschen Kinos angelaufen ist. Es gibt bereits Rezensionen, gut und schlechte – liest du die alle?
König: Ja, aber bei diesem Film muss ich dazu sagen: entweder man liebt oder man hasst ihn, es gibt wenig dazwischen. Es gab begeisterte Kritiken, die sagten "endlich mal eine geile politisch unkorrekte schräge Komödie". Viele Stimmen sagten aber auch, das wäre das Erbärmlichste, was man je auf der Leinwand gesehen habe. Sich dazwischen zu finden ist nicht so ganz einfach. Der Film ist 90 Minuten lang und ich finde davon 80 Minuten sehr gelungen. Es gibt ein paar Szenen, die aus Geld- oder Zeitgründen einfach nicht besser zu machen waren, da hat dann auch der Regisseur keine Schuld dran. Ich mag den Film sehr gerne. Und von allen drei Verfilmungen kommt "Wie die Karnickel" meinen Comics und meinem Humor wirklich am nächsten.

Du favorisierst ihn also auch gegenüber dem "Bewegten Mann", wahrscheinlich der Film, der im Kino erfolgreicher war.
König: Ja, vor allem auch wegen des Castings. Denn das Ziel von Regisseur Sven Unterwald und mir war, wir wollten Gesichter haben in diesem Film. Interessante Gesichter und nicht dieses gewöhnlich attraktive, was deutsche Filme oft ausmacht, eben Gesichter, die so richtig von der Straße sind. Wir wollten auch die Atmosphäre vom Comic rüber retten auf die Leinwand, und ich finde das Ergebnis sehr ungewöhnlich und für meine Begriffe sehr, sehr komisch.

Im Film sind einige der Männer homosexuell, allerdings war es wohl kein einziger der Schauspieler. Gab es diesbezüglich Überlegungen während des Castings?
König: Nein, ich habe diesen Punkt nicht als wichtig empfunden, und wenn man als Schauspieler ein Gesicht mitbringt und die Fähigkeit hat, so eine Rolle zu spielen, dann ist es ja völlig egal, ob man schwul ist oder nicht. Ich habe dann zum Beispiel mit dem Sven Walser, der den schwulen Sigi spielt, sehr viel Spaß gehabt. Wir sind auch ausgegangen in der Münchner Szene. Er hatte viel Spaß an der Rolle, und er merkte, wie Männer ihn anguckten und dass er durchaus attraktiv ist für Männer, da war er nachher so ein kleiner Macho. Mir ist das völlig egal, ob da nun ein Schauspieler hetero ist oder nicht. Hauptsache er spielt das und bringt seine Sache überzeugend rüber.

Einige Kritiker beschweren sich, der Film möchte dem Zuschauer vermitteln, Schwule seien die besseren und besser aufgeklärten Menschen. Ist das auch deine Meinung?
König: Nein, so sehe ich das auf keinen Fall. Aber für mein Leben, und das sagen auch alle meine Freunde, muss ich sagen: ich bin gerne schwul. Diesen Geschlechterkampf, den die Heteros haben, und dass man eben nicht mal so spontan und locker Sex hat, ohne dass es kompliziert wird, oder dass eine Frau, die zugibt, dass sie gerne Sex mit mehreren Männern hat, sofort als Schlampe abgestempelt wird … ich muss sagen, da vereinfacht das Schwulsein sehr viel. Wenn Männer auf Männer treffen, weiß man im Grunde was man will, und das kann man dann auch haben, ohne dass man danach sofort heiraten muss. Diese Dinge den Heteros ein bisschen augenzwinkernd aufs Butterbrot zu schmieren, das war für mich auch die eigentliche Idee zu diesem Drehbuch. Die Misere der Heteros mal ein wenig veräppeln, das war der Hintergrund. In meinen Comics funktioniert das ja schon lange, da lachen ja auch die Heteros drüber und nehmen das auch mal selbstironisch an. Beim Film habe ich das Gefühl, dass viele Leute gar nicht sehen, dass ein Comic dahinter steckt. Ich bin Comic-Zeichner, und was man da sieht, ist ein verfilmter Comic. Das ist Karikatur, da werden natürlich auch Klischees aufgebacken, da stimme ich den Kritikern gerne zu.

Du gehst im Film auch mit lesbischen Frauen hart ins Gericht. Da sind die lesbischen Redakteurinnen der Frauenzeitschrift "Xantippe" …
König: Ja, aber ich gehe doch mit allen hart ins Gericht. Die Schwulen rennen gegen eine Laterne, weil sie auf der Strasse einen schönen Mann sehen – platter Witz, gebe ich ja zu. Oder die Heteros, die zeige ich, wie sie sich in Sex-Shops in Videokabinen setzen. Bei den Frauen – das sind ja irgendwie so heilige Kühe, über die darf man sich nicht lustig machen, sonst landet man sofort in einer frauenfeindlichen Ecke. Ich lasse das aber für mich überhaupt nicht gelten, das habe ich auch in meinen Comics nie gemacht. Und ich glaube, es wird mir niemand erzählen, dass es diese Frauen, wie sie im Film vorkommen in Wirklichkeit nicht gibt.

Die Frauen im Film kritisieren die Pornographie als Herabwürdigung der Frau und als bloßes Ergebniss fleischgewordener Männerphantasien. Unberechtigt ist diese Kritik doch aber sicher nicht.
König: Nein, das unterstreiche ich auch voll, nur ist es ja nicht meine Phantasie. Ich finde, gerade in der Pornographie, da zeigt sich wie groß die Schere ist zwischen dem, was man sich wünscht und dem, was es in der Welt gibt. Frauen in der Pornographie sind in der Regel Frauen, die es so gar nicht gibt. Wenn der Klempner kommt sitzen die sofort im Bademantel da, sind immer geil und so weiter. Da wird einfach die Realität verschoben, und das passiert bei Hetero-Filmen viel krasser als bei Schwulenfilmen, bei denen ist es schon eher eine Übertragung eins zu eins. Viele Schwule achten auf ihren Körper und versuchen fit zu bleiben, gut auszusehen und haben dann auch Sex miteinander, ohne Probleme. Die Frauen in Pornos hingegen sind doch meistens völlige Fremdwesen.

Heutzutage findet diese Realitätsverschiebung ja nicht mehr nur in Pornos statt. Sämtliche Medien sind voll von Schönheitsidealen, denen sich Frauen leider oft auch unterwerfen.
König: Ich sehe sowieso eine Gefahr in Schönheitsidealen, egal ob Mann oder Frau, die in den Medien so dominieren. Auf MTV sieht man nur diese immerschönen schlanken Frauen, diese muskulösen Männer, als wenn es keine anderen Menschen gäbe. Man muss doch nur durch eine Fußgängerzone laufen, da sieht man schon eine viel größere Spannbreite von Menschen. An diesem Schönheitsdenken krankt ja meistens auch das Genre Film. Ich mag keine Filme sehen, in denen nur schöne Menschen vorkommen, da geht für mich auch jeder Humor und jede Erotik bei flöten.

Welche Filme magst du?
König: Ich stehe auf Woody Allen zum Beispiel, das ist einer der Leute, die noch den Mut haben, oder die Selbstverständlichkeit besitzen, Schauspieler zu casten, die eben interessante Gesichter haben. Und er selbst, er war noch nie eine Schönheit, ich finde das klasse, weil das ist Humor, darüber kann ich mich schlapplachen. Das Hässliche ist lustig.

Einige deutsche Comics wurden als Zeichentrickfilm auf die Kinoleinwand gebracht. Gibt es bei dir ähnliche Pläne bzw. Anfragen?
König: Es gibt schon Interesse, das mal zu machen. Aber ich bin ein bisschen zögerlich, weil ich weiß, das wird nicht einfacher. Ich habe Kontakt zu Walter Moers, der hat nun mit "Das kleine Arschloch" und "Käpt’n Blaubär" zwei Zeichentrickerfahrungen hinter sich, wovon ihm der erste nicht so gut gefallen hat und der zweite gefloppt ist. Ich weiß von ihm, wie schwierig das war, da noch etwas von dem zu retten, was er sich vorgestellt hat. Das läuft nicht viel anders als bei einer Real-Verfilmung. Da sind genauso wahnsinnig viele Leute an der Produktion beteiligt, wahnsinnig viele Leute machen ihr Ding, viele haben ein unterschiedliches Humorverständnis, und man muss mit jeder spontanen Idee in die oberste Etage der Produktion, da gibt es viele humorlose Instanzen, man redet sich den Mund fusselig und und und. Ich bin deshalb auch nach jeder Filmerfahrung glücklich – und das wird nach einem Zeichentrickfilm nicht anders sein – dass ich Comic-Zeichner bin. Ich kann mich einfach an meinen Tisch setzen, meine Knollennasen zeichnen, die gucken so wie ich will, die sprechen so wie ich will, die machen das was ich will, ohne dass mir da jemand reinredet. Und mein Verlag hat bisher wirklich noch nie Probleme gehabt mit meinen Comics.

Wobei ich gelesen habe, dass dieser oder jener Comic-Verlag Kommas setzt, die der Zeichner lieber weglässt.
König: Ja, das ist immer noch das alte Spiel, man gibt das Manuskript ab und beim Verlag ist das Routine, dass man nach Rechtschreibfehlern sucht. Und die Lektoren nehmen ihre Arbeit sehr genau. Die gehen dann mit dem Rotstift drüber und wenn ich die Korrekturfahnen bekomme ist immer alles rot. Aber gegen die Kommas oder Punkte weigere ich mich, weil die Sprechblasen so sind, wie Menschen sprechen. Man spricht keine Kommas – und ich schreibe keine Romane sondern zeichne Comics mit lebendigen Dialogen, die man auch so lesen können soll.

Im Mittelpunkt deiner Comics steht hauptsächlich das Thema des Zwischenmenschlichen. Wie sieht es mit anderen Thematiken aus?
König: Das Zwischenmenschliche ist bei mir in der Tat das A und O. Ich habe keine Lust, ein Science Fiction Comic zu machen, wo Monster irgendwelche Leute auffressen. Das ist zwar im Comic Gang und Gäbe, aber das interessierte mich noch nie. Ich habe Spaß am Zwischenmenschlichen, und da habe ich auch immer mal wieder variiert. Ich habe einmal die gesamten Shakespeare-Dramen in eine Geschichte zusammengepackt. Oder "Das Kondom des Grauens" war vielleicht auch einer der außergewöhnlicheren Comics, die ich bisher gemacht habe. Ich traue mich inzwischen auch an ernste Themen heran, ich habe keine Angst davor, dass in meinen Büchern mal vier Seiten vorkommen, die vielleicht nicht so lustig sind. Also habe ich auch ein Buch gemacht, wo im Mittelpunkt eine HIV-Infektion steht. Viele denken im ersten Moment, Knollennasen und AIDS, das passt nicht. Aber es passt wunderbar, weil ich über diesen Humor in den Zeichnungen auch Inhalte transportieren kann – die Leute schlagen nicht sofort das Buch zu, sie lesen weiter, weil es lustig bleibt.

Was ist mit Politik, hast du auch mal politische Karikaturen gezeichnet?
König: Nein, ich habe allerdings im Zusammenhang mit der Wahl in Köln eine Entstoiberungs AG gegründet, wozu ich auch ein Cartoon gezeichnet habe, das vielfach veröffentlicht wurde. Aber ansonsten interessieren mich die politischen Bezüge weniger. Allerdings habe ich meinen Standpunkt, den ich auch immer durchfließen lasse.

Zitiert

Die Schwulen rennen gegen eine Laterne, weil sie auf der Strasse einen schönen Mann sehen - platter Witz, gebe ich ja zu.

Ralf König

Die Wahl ist nun gelaufen, wie bewertest du, auch für dich persönlich, den Wahlausgang?
König: Ich habe das Bündnis Rot-Grün klar bevorzugt, die haben es verdient, weiterzumachen.

Was hättest du bei einem Schwarz-Gelben Bündnis befürchtet?
König: Ich hätte in der Schwulenpolitik einfach nur Stillstand erwartet, da wäre nichts mehr gegangen, weil Homosexuelle nicht in deren Weltbild passen. Stoiber hat zwar gesagt, er würde die Homo-Ehe bestehen lassen, aber da wären dann genügend andere in der Regierung gewesen, die das nicht tun würden. Ich bin immer viel mehr für Toleranz als für das Spalten. Und beim Thema Arbeitslosigkeit hätte sich unter Stoiber auch sehr schnell herausgestellt, dass die es auch nicht besser können.

Thema Animationsfilm, von den großen amerikanischen Studios herkommend der große Trend, der ja in naher Zukunft die Berufssparte des Zeichentrickzeichners überflüssig machen könnte. Eine Gefahr?
König: Ich glaube, dass diese sehr perfekte Disney-Animation Schwierigkeiten bekommen wird – und das zurecht. Die Computeranimation ist einfach der logische Schritt weiter. Das sind wunderschöne Bilder und Effekte, die man da machen kann, das wird sich durchsetzen. Der klassische aufwändige Zeichentrickfilm a la "König der Löwen" oder "Die Schöne und das Biest", der wird leiden. Was aber im Gegensatz nicht leiden wird, ist der simple Strich. Sollte ich mal einen Zeichentrickfilm wagen, dann werde ich auch versuchen, dass der Strich sehr simpel bleibt. Wenn man an die Loriot-Kurzfilme denkt oder die alten Peanuts-Filme, wo Lucy am Klavier liegt und Schröder spielt Klavier und sich aber nur der Kopf ab und zu bewegt – das ist eine besondere, andere Art Zeichentrickfilm, so etwas lässt sich durch Computer-Techniken nicht ersetzen.

Wenn die Frage nicht zu privat ist, du sprachst vorhin bereits von den durchtrainierten Männerkörpern – gehst du ins Fitnessstudio?
König: Ja, regelmäßig, seit sechs Jahren. Ich habe zwar jetzt nicht vor, einen Alabasterkörper zu bekommen, den krieg‘ ich auch nicht mehr. Ich weiß aber, dass wenn ich ins Fitnessstudio gehe, ich mich körperlich besser fühle, das ist für mich schon mal ein Plus. Und das Selbstbewusstsein steigert sich. Wenn man im Sommer auf der Wiese liegt und man möchte das T-Shirt ausziehen, dann tut man das einfach, ohne sich vorher fragen zu müssen, wie das jetzt aussieht.

Das ist ja in meinen Augen die fatale Folge der heutigen Schönheitsideale – von denen wir vorhin schon sprachen, dass man sich mit dem nicht entsprechenden Körper gar nicht mehr auf die Strasse wagt.
König: Sicher ist es nicht gut, wenn man diese Dinge auf sein Selbstwertgefühl bezieht – ich tu das aber. Und wenn ich mich attraktiv finde, dann gehe ich mit mir und anderen ganz anders um. Ich habe dann vielleicht auch öfter Sex, als wenn ich jetzt so eine untrainierte Schnarchtasche wäre. Das ist auch Genuss und steigert mein Lebensgefühl.

Gibt es vielleicht ein männliches Fernsehgesicht für das du dich begeistern kannst, einen Moderator, den du vielleicht gern mal zum Essen einladen würdest?
König: Nein, ich bin allerdings auch ein schlechter Fernsehgucker. Ich habe zwar einen Fernseher, aber den nutze ich fast nur zum Videogucken, denn was heutzutage im Fersehen läuft, interessiert mich fast überhaupt nicht.

Wirst du aber vielleicht mal fürs Fernsehen etwas produzieren?
König: Ich würde vielleicht beim Zeichentrick erste Versuche machen, mal so ein fünfminütiges Filmchen, das könnte man machen. Aber ich bin kein Fernsehgucker und ich mache das Fernsehen auch mit schuldig für dieses Delirium, was die Leute in den Köpfen haben, weil sie jeden Abend vor der Glotze sitzen und gar nicht mehr miteinander kommunizieren. Ich sehe das an meinen Eltern und an dem dörflichen Leben – ich bin ja selbst vom Dorf. Ich behaupte, wenn es den Fernseher nicht gäbe, dann würden die Leute dort viel mehr ausgehen, die würden sich abends treffen und würden miteinander Bocca spielen oder einen saufen, es gäbe sehr viel mehr Kommunikation – aber nein, jeder sitzt in seiner Wohnung vor dieser Elektrokiste, das finde ich fatal. Und dann habe ich mir die beiden TV-Duelle angesehen. Dass es die gab, fand ich ja noch okay. Aber dass Schröder und Stoiber zum Beispiel gar nicht miteinander sprachen und immer nur mit begrenzter Zeit, und dass man danach das Gesagte nicht so einfach stehen lässt und die Leute sich ihre Meinung bilden lässt, sondern dass alle TV-Sender danach ihre Talkrunden gemacht haben, analysiert und interpretiert haben, um den Zuschauern wieder ihr Ding aufzupropfen – das finde ich sehr bedenklich, und es hat mich sehr geärgert.

Man kann eigentlich nur immer hoffen, dass wir in Deutschland nicht den TV-Standard der USA erreichen.
König: Das wird aber so kommen, glaube ich, das wird nur noch ein paar Jahre dauern.

Zeichentrickfilme sind im Fernsehen ja in erster Linie im Frühstücks- und Kinderprogramm zu sehen.
König: Ja, grausam. Ich gucke so etwas nur im Hotel, da zappe ich mich manchmal morgens durchs Fernsehprogramm … Ich bin 42, ich kann also vielleicht nicht für die Kinder von heute sprechen, aber ich fand das damals mit der Augsburger Puppenkiste sehr viel schöner als diese billigen Zeichentrickserien, die da durchs Fernsehen laufen. Ich finde, Eltern, die ihre Kinder morgens schon vor die Glotze setzen, sind keine guten Eltern.

Du als Kind, hast du schon früh angefangen, Comics zu lesen?
König: Nein, das wird ja Comic-Zeichnern gerne unterstellt. Ich habe eigentlich nur das Standard-Programm gelesen, wie Asterix oder Micky Maus. Als ich 16, 17 war, habe ich dann diese Comics für Erwachsene entdeckt, wie die von Robert Crumb zum Beispiel, das fand ich schon sensationell. Aber ich wurde nie der große Comic-Leser und bin es auch jetzt nicht. Wenn ich in einen Comic-Shop gehe, sehe ich, dass es wahnsinnig viele gute Zeichner gibt, aber nur wenig gute Texte. Ich blättere in einem Comic und merke nach drei Seiten, dass mich die Handlung nicht interessiert, weil die Dialoge weltfremd sind, steif … Und wenn Geschichten im Weltraum spielen und nicht auf der Erde, dann interessieren die mich von vornherein nicht. Es gibt aber natürlich die Klassiker, wo ich für mich die Peanuts nennen würde. Das ist ein richtig genialer Comic und ich war richtig traurig, wie ich es selten bin wenn jemand bekanntes stirbt, als Charles Schulz gestorben ist. Dass der Vater von Snoopy jetzt nicht mehr lebt, dass es Snoopy auch nicht mehr in dem Sinne geben wird, keine neue Geschichten – das fand ich richtig erschütternd.

Hast du dir eigentlich schon mal den Arm oder die Hand gebrochen, so dass du gar nicht zeichnen konntest?
König: Nein, zum Glück nicht. Aber ich hatte schon mal eine Humorblockade, weil es mir eine Weile schlecht ging, da kam alles auf einmal, vor allem privatmäßig, in der Zeit viel mir wenig komisches ein.

Aber in anderen Genres, zum Beispiel bei Komponisten, da sind doch gerade das Zeiten großer Kreativität.
König: Danach ja. Während dieser Zeit konnte ich gar nichts machen, da war alles blockiert. Aber als alles vorbei war und die Knoten sich wieder gelöst haben hatte ich ein dringendes Bedürfnis, Bücher zu machen. Das waren dann auch meine beiden ernsteren Bücher, "Jago", die Shakespeare-Geschichte und "Superparadise", diese HIV-Geschichte. Ich sehe solche Krisen durchaus als kreativ fruchtbar, aber während ich drinsteckte, fiel es mir sehr schwer, Humor zu produzieren.

Wirst du in einem Comic noch mal auf das Thema HIV eingehen?
König: Ich habe das Buch, welches ich machen wollte, gemacht. Da hatte ich bereits lange Berührungsängste gehabt, denn man kann leicht auf eine falsche Schiene geraten, so dass es scheint, man würde sich über die Leute lustig machen. Humor und Aids, das ist ganz schwierig. Aber als ich dann selber mitbekommen habe, dass ein Freund von mir gestorben war, habe ich aus meiner eigenen Erfahrung damit ganz selbstverständlich den Mut gehabt, dieses Thema anzugehen, das ging dann ganz schnell. Ich habe danach gewusst, worüber ich schreibe. Im Moment ist dieses Thema für mich mit diesem Buch erst mal erledigt.

Was meinst du, ist nicht das Thema Aids unter Schwulen viel mehr tabu als unter Heteros?
König: Nein, im Gegenteil. Ich glaube, die Heterosexuellen sind zwar vielleicht ganz gut aufgeklärt, aber doch sehr blauäugig. Zum Beispiel, es gibt so gut wie keine Schwulenpornofilme, die unsafe wären, das gibt es eigentlich nicht. Das sieht man aber bei Heteropornos nicht, da sieht man nur selten einen Gummi. Aber das kommt vielleicht auch dadurch, dass es eine Zeit gab, wo Aids eben besonders schwule Männer traf. Ich glaube, es gibt in meiner Generation niemanden, der in der Schwulenszene niemand kannte, der an Aids gestorben war. Gerade auch in Berlin war es eine Zeit lang ganz fürchterlich, man sah in den Schwulenzeitschriften andauernd die Todesanzeigen, jeden Monat neu. Das hat sich aber wieder erholt, zumal es jetzt auch Medikamente gibt, die zwar nicht immer unproblematisch sind, aber die das ganze ein wenig entspannen und den Leute wieder eine Lebensperspektive geben.

Das Leben ist ein Comic, welche Figur bist du?
Der Paul von Konrad und Paul, den finde ich am vergnüglichsten, der macht mir am meisten Spaß.

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