Ice Cube

Ich habe immer versucht, eine Marke aus mir zu machen.

Ice Cube über Bodyguards, Rapper-Rivalitäten, Materialismus im HipHop und die Zusammenarbeit mit Kollege Snoop Dogg

Ice Cube

© Tracey Bennett / Virgin Music

Ice Cube, wenn du auf Tour gehst, wirst du von zwei Bodyguards begleitet – wie wichtig ist dieses Sicherheitspersonal für dich?
Ice Cube: Es ist einfach wichtig, dass jemand hinter dir ist und aufpasst. Einer von den beiden ist mein offizieller Bodyguard, der andere ist mein Tourmanager, aber er würde, wenn es drauf ankommt, natürlich auch eingreifen. Man hat oft mit Menschenmengen zu tun, da kannst du nicht immer sehen, was gerade hinter dir passiert. Während ich mich also um die Fans kümmere, muss ein anderer aufpassen und alles im Blick haben. Man weiß ja nicht immer wer Freund und wer Feind ist.

Gibt es in puncto Sicherheit für dich einen Unterschied zwischen Europa und den USA?
Ice Cube: Es ist ja nicht so dass ich konkret fürchte, dass da draußen jemand ist der mir was anhaben will. Es geht nur darum die Situation zu kontrollieren. Die Leute sind in Stimmung und wollen ein Stück von dir, dich umarmen und dir nahe sein. Da muss einfach einer da sein der die Masse im Griff hat. Ich sehe das also mehr als Kontrolle für die Masse, mehr als dass ich jetzt Bodyguards brauchen würde, weil ich mich nicht sicher fühle.

Doch teilen die Rapper in den USA ja recht oft untereinander aus, dissen sich gegenseitig usw. Hattest du schon „Beefs“ mit anderen Rappern?
Ice Cube: Na klar, mit „Above the Law“, Cypress Hill, früher sogar mit Eazy E und NWA.

Warum gibt es solche „Beefs“?
Ice Cube: Wenn du oben bist gibt es immer Leute die dich wegen irgendwas auf dem Kieker haben. Meine Beefs hatte ich als ich ganz oben war. Und als Ja Rule die Nummer Eins war hat 50 Cent angefangen ihn zu dissen, weil er an seine Stelle treten wollte.

Wo du gerade 50 Cent erwähnst: Der Titel von dessen letztem Album lautete „Get rich or die tryin’“. Was würdest du sagen, ist der Materialismus im HipHop heute außer Kontrolle geraten, verglichen mit den Zeiten von Public Enemy und NWA?
Ice Cube: Natürlich. Wobei, Materialismus an sich muss nichts schlechtes sein, jeder will ein tolles Auto, eine schöne Frau, vielleicht auch etwas Schmuck. Bis zu einem bestimmten Grad ist das okay, aber zur Zeit ist es einfach maßlos geworden, alles konzentriert sich nur noch darauf. Die große Wende kam zu der Zeit, als Death Row Records entstanden und die G-Funk-Ära aufkam. Die Massenmedien konnten leichter Acts wie Snoop Doggy Dog oder Cashmoney promoten, weil der Materialismus weniger gefährlich war als die sozialen Statements von Public Enemy, Boogie Down Productions oder meine frühen Sachen. Wir wurden als eine Bedrohung angesehen. Die G-Funk-Ära dagegen und alles was danach kam und promotet wurde, das war einfach Party-Rap, mit der Botschaft: Geht aus, habt eine gute Zeit, denkt nicht an das, was auf der Welt wirklich abgeht.

Wer macht deiner Meinung nach heute noch guten Rap mit Message?
Ice Cube: Es gibt in den USA zum Beispiel „Dead Prez“, die machen noch Rap, der nicht-konform, nicht-kommerziell aber trotzdem geil ist. Aber sonst? Das ist wirklich schwer zu sagen. Die meisten Rapper schauen heutzutage nur noch, was die anderen machen und was sie für finanziell erfolgversprechend halten. Ich habe immer versucht Hardcore-Konzepte mit dem Mainstream zu verbinden, und diese Balance ist mir auch gelungen: also nicht zu viel Underground, damit die Mainstreamleute noch hinterherkommen und umgekehrt nicht zu viel Mainstream, damit die Undergroundleute es noch mögen.

Dein aktuelles Album „Laugh now, Cry later“ war in den USA dein erstes Nummer-1-Album seit „Predator“ 1992. Hast du ein besonderes Rezept, mit dem du es schaffst nach so vielen Jahren wieder eine neue Generation Jugendlicher für deine Musik zu begeistern?
Ice Cube: Also, „Ice Cube“ ist natürlich inzwischen so etwas wie eine Marke. Ich habe immer versucht, aus mir eine Marke zu machen, wie zum Beispiel Coca-Cola. Sprich, wenn du dir eine Cola bestellst, dann sollte das, was du bekommst, auch wie eine Cola schmecken. Und bei meiner Musik und meinen Filmen ist das ähnlich. Bei allem, wo Ice Cube draufsteht, habe ich versucht, den Leuten Qualität zu geben, so dass es für die nicht rausgeschmissenes Geld oder verschwendete Zeit ist. Die Sachen sollten Qualität haben und möglichst vom Herzen kommen – und dafür belohnen mich die Leute dann. Die denken heute: „Hey der ’Cube hat lange nicht gerappt, aber sein letztes Album war echt gut, ich versuch mal das neue“. Also, die Leute holen sich mein neues Album, weil sie wissen, was ich früher gemacht habe. Und mein Rezept ist es, immer ehrlich zu diesen Fans zu sein, das war es auch bei dieser Platte. Da denke ich nicht an Airplay im Radio, an die Charts und an all das, was die Musik heutzutage so homogenisiert und glatt macht. Ich mache mein Zeug für Ice Cube Fans, nicht mal für HipHop-Fans, soweit würde ich gar nicht gehen, sondern für die, die schon seit Tag Eins dabei sind, die mich immer unterstützt haben und die immer auf ein neues Ice Cube Album warten.

Zitiert

Wenn du oben bist gibt es immer Leute die dich wegen irgendwas auf dem Kieker haben.

Ice Cube

Hast du nach deinen Filmprojekten auch gewissermaßen die Pflicht verspürt, wieder ein Album aufzunehmen?
Ice Cube: Es war kein Pflichtgefühl, es war mehr mein Hunger. Musik machen, das gehört einfach zu mir dazu und mir macht das Spaß seit ich 14 Jahre alt bin. Erst war es ein Hobby, dann habe ich angefangen, davon zu leben. Ich habe heute immer noch den Hunger des Beatboys, also hinzugehen und zu sagen, „ich habe den besseren Flow als der der Typ da, ich habe mehr zu sagen…“ – und das will ich rauslassen.

War denn HipHop am Anfang wirklich mehr Spaß als Wut gegen das System?
Ice Cube: Klar war es Wut, aber das macht doch trotzdem Spaß. Es ist doch toll, etwas in deinem Kopf reifen zu lassen, ihm eine Form zu geben und am Ende von deinen Kumpels dafür respektiert zu werden. Das ist für mich der Spaß, Musik zu machen, HipHop zu machen. Also, auch wenn die Platten politisch aufgeladen waren, es war trotzdem Spaß dabei, weil sie für mich wie eine Art Therapie waren. Ich kann die US-Regierung doch nicht körperlich bekämpfen wegen dem, was sie tun oder getan haben. Ich kann aber auf der Platte das aussprechen, was ich denke und Leute damit auch aufklären.

Dein neues Album heißt „Laugh now, Cry later“. Verglichen mit Titeln wie „Fuck Tha Police“ – bist du netter geworden?
Ice Cube: Nein, Mann. Viele denken das. Aber „Laugh now, cry later“ ist eine Warnung. Eine Warnung an den Materialismus im HipHop. An Leute, die nur an Partys denken und was sie am Abend für Klamotten tragen, anstatt dass sie sich dafür interessieren, was in der Welt passiert, was Beispiel gerade im Nahen Osten abgeht. Diese Mentalität führt zu Dingen wie … schau dir doch an, wie das beim Hurrican Katrina war. In New Orleans wurde immer gefeiert und plötzlich ist die Katastrophe da und die echte Welt steht vor der Haustür. Ich glaube einfach, dass wir uns nicht so auf die Zukunft vorbereiten wie wir das eigentlich sollten. Und irgendwann werden wir dafür bezahlen. „Laugh Now, Cry Later“ ist auch das Tattoo, das der Gefängnisinsasse trägt, um zu zeigen, dass er ein schlechtes Leben geführt hat und jetzt dafür bezahlen muss.

Aber wenn du eine Warnung an den Materialismus im HipHop aussprichst, ist dein „Money & Power“ T-Shirt dann ironisch gemeint? (Ice Cube trägt zum Interview-Termin ein schwarzes T-Shirt, in Gold und Silber bedruckt mit dem Dollarzeichen und dem Zeichen für „Power“)
Ice Cube: Nein, es ist nicht ironisch, ich bin kein Heuchler. Ich hab doch schon gesagt das Materialismus an sich nicht das Problem ist. Nur wenn sich all deine Gedanken nur um Geld, Partys und Frauen drehen, dann ist es zuviel davon, dann ist das gefährlich. Aber versteht mich nicht falsch: Ich stell mich nicht hin und sage den Leuten: „Spielt nicht das Spiel, das die Gesellschaft für uns vorgesehen hat.“ Man braucht Geld, Macht, Frauen, ein paar Autos, ein bisschen Gras, dann fühlt man sich vielleicht ganz gut. Aber das kann nicht der Mittelpunkt deines Lebens sein. Du musst auch die politische Situation verstehen, die Situation deiner Community musst du in Betracht ziehen. Ich meine, ich bin auch kein Purist, der will, dass du den ganzen Tag nur an George Bush denken sollst, das ist nicht realistisch. Ich sage: „Geht raus, verdient euer Geld, habt eine gute Zeit aber habt ein Auge auf das, was um euch herum und mit der Welt passiert.“

Spielt der Islam als deine Religion da eine große Rolle in deinem Leben?
Ice Cube: Ja, obwohl ich unter keinem bestimmten institutionellen Schirm stehe. Ich bin mein eigener Herr. Ich sehe mich als einen Muslim von Natur, aber ich gehöre keiner Organisation oder Sekte an. Es geht um eine Beziehung zwischen Gott und mir und da kommt keiner dazwischen.

Für die neue CD hast du auch einen Song zusammen mit Snoop Doggy Dog gemacht. Wenn ihr beide etwas aufnehmt, ist das dann harte Arbeit oder eher ganz entspannt?
Ice Cube: Es ist ein bisschen von beidem. Wenn ich einen Song, einen Beat habe und denke das Snoop dazu passen würde, ruf ich ihn an „Hey Snoop, ich habe hier einen Song der ist perfekt für dich, willst du mal vorbeikommen.“ Dann schicke ich ihm den Beat, er macht seine Lyrics. Wir hängen dann zusammen ab, rauchen, feiern und kriegen trotzdem die Arbeit geschafft, überlegen uns, wie wir den Song noch besser machen können. Dann wiederum hat er noch einen Song, an dem er gerade arbeitet, schickt mir die Beats, dann machen wir was für sein Album – das ist so eine Art Tauschgeschäft. Wir nehmen kein Geld voneinander, es gibt keine Verträge, sondern beim nächsten Mal mach’ ich halt mal was für ihn.

Unsere Schlussfrage: Das Leben ist ein Comic – welche Figur bist du? (Wahrscheinlich nicht Snoopy, oder?)
Ice Cube: Mann, da gibt es so viele. Wahrscheinlich wäre ich der „Tasmanian Devil“ von den Looney Tunes (der „Tasmanische Teufel“). Der kommt auch zu allen durch, die Leute gucken auf ihn – aber er wird vielleicht etwas missverstanden.

Fühlst du dich missverstanden?
Ice Cube: Zumindest von Leuten, die mich nicht richtig kennen. Ich meine, wenn jemand alles verfolgt hat, was ich gemacht habe, ist das nicht so. Aber es gibt immer wieder Leute, die sich auf dieses oder jene Projekt von mir einschießen, aber nicht vom Anfang an dabei waren – die verstehen dann meistens nicht, worum es bei mir eigentlich geht.

5 Kommentare zu “Ich habe immer versucht, eine Marke aus mir zu machen.”

  1. Geror5 |

    Wieso hast du (ice Cube),damals angefangen zu Rappen?

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  2. under |

    Das erste, was ich über ihn lese, und ich hab mich nicht in ihm getäuscht. Geiler Typ

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  3. gangstaaa |

    ice cube muslim?

    „ice cube: Ich sehe mich als einen Muslim von Natur…“

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  4. deniz |

    vauu

    wau das ist hammer hehe

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    1. Vick dich |

      Das haben wir schon lange gemerkt!!!!

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