Isabel Coixet

Seit meiner Kindheit denke ich über den Tod nach

Regisseurin Isabel Coixet über ihren Film "My life without me", ihre erste Kamera und ihr Party-Begräbnis

Mrs. Coixet, Ihr Film "My life without me" erzählt von der 23-jährigen Ann, die gerade erfährt, dass Sie aufgrund eines Tumors nur noch wenige Monate zu leben hat. Sie haben fast drei Jahre an diesem Projekt gearbeitet – ist das bei so einem Thema nicht enorm schwierig?
Coixet: Nein, wissen Sie, ich denke über den Tod nach seit meiner Kindheit, besonders über meinen eigenen Tod. Das ist ein Mysterium, über das man kaum redet, als würde es nicht existieren. Wir leben unser Leben, ohne daran zu denken, dass es eines Tages vorbei ist. Einerseits bin ich von solchen Gedanken besessen, andererseits will ich aber auch keinen traurigen, melancholischen Film machen. "My Life without me" finde ich jedenfalls nicht deprimierend, es ist ja nicht so, dass man aus diesem Film heraus kommt und sich gleich die Pulsadern aufschlitzen will.

Wenn Sie schon als Kind über den Tod nachgedacht haben – haben Sie durch "My life without me" ein paar Antworten auf Ihre Fragen bekommen?
Coixet: Nein. Nein, das einzige, was ich mit diesem Film beschlossen habe, ist, mein Leben nicht mit irgendwelchem Mist zu vergeuden, mit keiner Diät, mit keiner dummem Popmusik … Wenn ich sterbe, dann will ich nicht verärgert sein über diese Welt. Und ich will nicht, dass andere Leute wegen mir zu leiden haben. Ich will mein Leben leben, in dem Bewusstsein, dass es nicht lange dauert.

Drei Jahre haben Sie sich auf den Film vorbereitet, der dann aber in nur fünf Wochen abgedreht wurde. Wie erleben Sie diese kurze Zeit der Dreharbeiten?
Coixet: Ich arbeite sehr schnell. Ich glaube, wenn man mir 10 Wochen für eine Produktion geben würde, ich würde mich zu Tode langweilen. Ich mag Filme mit einer kleinen Anzahl Schauspieler, einer kleinen Crew, einem überschaubaren Set. Wenn bei mir mehr als zwei Leute im Bild sind, dann denke ich immer sofort an das, was Kaurismäki einmal gesagt hat: "Ich filme gern ein Pärchen, was vor einer Mauer steht. Aber, wenn ich ehrlich sein soll, dann würde ich viel liebe nur die Wand filmen."

Ihre schnelle Arbeit kommt sicher auch daher, dass Sie schon eine Vielzahl Werbefilme gedreht haben.
Coixet: Ja, Werbung ist eine gute Schule, zum Beispiel in Bezug darauf, dass man keine Angst hat beim Drehen. Werbung wird nur schlecht, wenn man sie auf 90 Minuten ausdehnt, wie der Regisseur Tony Scott das ganz gerne macht. So was würde ich aber nicht machen, solche Filme gucke ich mir auch nicht an.

Sie haben bereits das Thema Diät kurz angesprochen. Im Film manifestiert sich ihre Ansicht zum Thema Diät in einer der Freundinnen Anns. Sie sind ja in der Werbung tätig, haben Sie da nicht auch schon mal einen Spot für ein Diät-Produkt gedreht?
Coixet: Nein, ich bin gegen so etwas. Ich bin überhaupt gegen viele Dinge. Andererseits mache ich Werbung – das ist schon ein Widerspruch. Ich bin gegen Einkaufspassagen, andererseits kann man viele Produkte, für die ich Spots gedreht habe, in Einkaufspassagen kaufen. Aber, wir leben ohnehin in einer Welt voller Widersprüche, da bin ich nur ein Teil davon.

Was war der erste Film in Ihrem Leben, der Sie faszinierte?
Coixet: "Die Passion der Jean d´Arc" von Carl Dreyer. Den habe ich gesehen als ich 13 Jahre alt war und mich hat begeistert, wie viel Energie in einem Stummfilm stecken konnte. Da dachte ich das erste Mal: das ist Filmkunst, das ist mal etwas anderes.

Aber ins Kino gegangen sind Sie bereits, als Sie noch wesentlich jünger waren.
Coixet: Ja, meine Großmutter hat in einem Kino in Barcelona als Einlasserin gearbeitet, ich war damals fünf Jahre alt.

Sie waren dann immer den ganzen Tag nur im Kino?
Coixet: Also, ich bin meistens zur 16 Uhr Vorstellung rein und die letzte Vorstellung begann um 22 Uhr. Aber ich habe da nur sehr, sehr schlechte Filme gesehen. Da waren ja auch viele Filme für Erwachsene dabei, die ich damals überhaupt nicht verstanden habe – aber das war dann auch wieder irgendwie faszinierend.

Wie ging es weiter mit Ihrem Interesse am Kino?
Coixet: Ich habe zu meiner Kommunion, also mit sieben Jahren glaube ich, eine Super8 Kamera geschenkt bekommen. Die habe ich immer noch, nur leider funktioniert sie nicht mehr.

Und Ihre ersten Filme?
Coixet: Das waren kleine Filme über komische Dinge auf einem Friedhof.

Einem Friedhof?
Coixet: Ja, ich habe mit 12 Jahren zwei Leute auf einem Friedhof gefilmt, wie sie Schach spielen. Ich hatte damals "Das Siebte Siegel" gesehen und der Friedhof war nicht weit von unserem Haus entfernt. Ich weiß, Sie finden das jetzt komisch, Sie denken wahrscheinlich gerade, ich bin eine Verwandte der "Adam’s Family".

Wenn Sie in der Situation wären wie Ann im Film, die auf einmal kurz vor ihrem Tod steht – was wären die Dinge, die Sie unbedingt noch gerne tun würden?
Coixet: Ich würde vor allem an meine Tochter denken, die jetzt fünf Jahre alt ist, und würde mir überlegen, was ich für sie noch tun kann, damit sie ein schönes Leben hat. Und dann wollte ich schon immer eine lustige Beerdigung haben – eine große Party auf der lustige Todesszenen aus komischen Filmen gezeigt werden.

Ein Kommentar zu “Seit meiner Kindheit denke ich über den Tod nach”

  1. Roseni Kur |

    uma historia simples e fascinante

    Fazer silencio num momento desses, nao é a coisa que qualquer um pensaria. por isso uma experiencia de vida nova e inteligente.
    Parabens!!!

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