Olaf Schubert

Mit der AfD habe ich keine Schnittmengen.

Auf der Bühne und im TV ist er eine feste Größe, nun wagt Olaf Schubert den Sprung auf die Leinwand. In „Schubert in Love“ kämpft der Komiker mit dem Problem der Fortpflanzung, denn sein betagter Vater (Mario Adorf) fordert endlich Nachwuchs im Hause Schubert. Ein Gespräch über den 'steinigen Pfad' zum Vaterwerden, Definition von Humor und warum er lieber mit Frauke Petry ein Date hätte als mit Sahra Wagenknecht.

Olaf Schubert

© Wild Bunch Germany

Herr Schubert, wir sitzen hier beim Interview und Sie haben gar keinen Pullunder an. Brauchen Sie den gar nicht für die Verwandlung in die Figur Olaf Schubert?
Olaf Schubert: Ich habe ihn zumindest heimlich drunter.

Wie sieht man den Alltag als Olaf Schubert? Ist in Ihren Augen jede Situation, jeder Moment tauglich für eine Pointe?
Schubert: Wenn man die Welt kritisch analysiert, im Endeffekt ja. Ob der Gag oder die Pointe dann immer gelingt, angebracht und notwendig ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Was heißt angebracht?
Schubert: Da gibt es unterschiedliche Parameter: Geschmacklich, inhaltlich, sozial…

Wie wäre es mit anständig?
Schubert: Was wäre denn dann „unanständig“? Das sind moralische Kriterien. Die Kirche findet etwas Anderes unanständig als jemand anders.

Versuchen wir es so: Gibt es Witze, die Sie aus moralischen Gründen nicht machen?
Schubert: Das weiß ich nicht. Eine innere Selbstzensur, die wäre bei mir eher geschmacklich, sinnlich… Man muss niemandem weh tun, wenn es nur um des Schmerzens Willen ist. Es sei denn, derjenige hat es verdient.

Erinnern Sie eine Situation, wo Sie mit einem Witz jemanden verletzt haben?
Schubert: Jemanden mit Witzen weh zu tun geht natürlich immer am besten, wenn zwischen Witz-Opfer und dem Witze-Ausübenden eine gewisse Distanz ist. Je größer die Entfernung, desto größer der Mut. Das ist ja leider eine oft vorhandene, niedere Eigenschaft.

Eine Eigenschaft, die auch Sie haben?
Schubert: Ich fürchte ja.

Zitiert

Humor ist wie eine mathematische Beweisführung,

Olaf Schubert

Was genau ist Humor für Sie?
Schubert: Keine Ahnung. Darüber mache ich mir keine Gedanken.

Heinz Strunk zum Beispiel sagt, Humor sei für ihn eine Antwort auf Melancholie, um eben diese zu überwinden.
Schubert: Das klingt sehr… Also, es gibt da bestimmt auch noch zehn andere, genauso intelligente Erklärungen. Ich habe leider keine.

Sie haben keine Humordefinition?
Schubert: Nein. Vielleicht eine technische: Es wird eine Erwartungshaltung geschaffen, die man dann möglichst originell bricht, auflöst, in andere Zusammenhänge setzt. Das ist wie eine mathematische Beweisführung: zwei plus zwei ist vier, weil…. Naja, ist ja nicht so wichtig. Jeder lacht einfach irgendworüber. Oder auch nicht.

Welche Funktion erfüllen Sie als Humorist in der Gesellschaft?
Schubert: Ich sehe mich nicht als Humorist, ich bin eher der Weltverbesserer, der Überbringer einer Botschaft, der Vergewaltiger des Bösen. Der Mittler zwischen Kunst und Sozialabbau, das will ich sein. Und wenn man damit jemanden erreicht, wenn irgendjemand sein Ohr öffnet und es vielleicht sogar noch tiefer hineingleiten lässt in den Habitus – also, mehr kann man nicht erreichen.

Humor kann die Welt verbessern?
Schubert: Das weiß ich nicht. Man kann nur anbieten, was daraus wird liegt beim Rezipienten. Ich glaube, es ist am besten, sich nicht so viel theoretisch damit auseinanderzusetzen.

Ihre Kollegin von der „heute-show“, Christine Prayon, sagte uns im Interview: Eigentlich sollte die „heute-show“ Satire bleiben und die „Tagesschau“ Journalismus. Aber da die „Tagesschau“ nicht gut ist,sollte man sich lieber die „heute-show“ anschauen. Wir haben Zeiten, in denen die Satire den Job des Journalisten übernehmen muss. Ist das auch Ihre Meinung?
Schubert: Also, wenn Sie das so sieht…. Klingt vielleicht ein bisschen dicke. Es gibt ja so viele Journalisten, so viel Satire – alles im Überfluss. Und jeder pickt sich doch am Ende das raus, was er selbst hören will, egal ob das jetzt im Internet ist, im Theater, Fernsehen, Kino oder Radio. Die gesamte Klaviatur der Unterhaltung wird bedient, und jeder sucht sich die Töne, die er hören will.

Was bekommt man von Ihnen: Ausschließlich Unterhaltung?
Schubert: Natürlich nicht. Man bekommt Unterhaltung plus optionalen Bonus… Nennen wir es „Berufsbild Unterhalter mit fortführender Qualifikation zum….“ – tja, zum was eigentlich? Nein, eigentlich doch nur Unterhaltung.

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Sie kommen jetzt ins Kino, mit „Schubert in Love“. Ist das überhaupt ein Film?

Schubert: Ich habe jetzt einen Trailer gesehen und dachte: Mensch, sieht aus wie ein Kinofilm. Er hat einen Anfang, ein Thema, eine Durchführung, ein Ende und eine Reprise. Er erfüllt alle Kriterien eines Filmes und ist Unterhaltung. Ich hoffe gute.

Sind Sie denn nun wirklich Vater geworden – oder ist das nur eine Erfindung für den Film?
Schubert: Ich bin auch Vater. Und im Film wird der steinige Pfad des Bemühens einer zu werden nachempfunden. Die Fiktion ist natürlich immer ein bisschen blumiger als die schnöde Realität des Alltags.

Worauf kommt es Ihnen bei der Erziehung an?
Schubert: Das Wichtigste ist, dass die Kinder machen was sie wollen. Sobald das nicht der Fall ist heißt es bei mir sofort:„Passt mal auf, ihr macht jetzt gefälligst, was ihr wollt, oder ich drehe durch.“

Im Film gibt es eine Demonstration, auf den Straßen Dresdens, zwischen Befürwortern von ordentlichem und von unordentlichem Geschlechtsverkehr. Warum hat man nicht die realen Probleme, die es in Ihrer Heimatstadt ja tatsächlich gibt, angepackt?
Schubert: Das ist die Abstraktion dessen. Auf einer, vielleicht nicht mal überhöhten Ebene. Ein bisschen albern Es wollen sich ja alle irgendwelche Systeme erschaffen, politische Strömungen wollen Strukturen. Die Gruppe der „Afik“ steht für bunt und tolerant und die anderen repräsentieren das Trübe, Hermetische, Konservative, das „wir haben das immer schon so gemacht, das war gut, das bleibt so.“ Die haben Angst vor dem Neuen, davor, dass ihnen was weggenommen wird. Und die Angst entlädt sich dann. Ausbaden müssen es dann meistens diejenigen, die neu ins System reinkommen.

Setzen Sie sich als prominenter Sachse gegen Fremdenhass und rechte Gewalt ein?
Schubert: In meinem Bühnenprogramm nimmt das mittlerweile einen ziemlich großen Teil ein. Nicht den ganzen Abend, aber man wird ja drauf angesprochen. Logisch. Da wird gefragt: Was ist da bei euch los? – Und Olaf kommentiert das dann aus seiner Sicht.

Was ist denn Ihre Sicht?
Schubert: Das Interessante für mich sind jetzt nicht so die klassischen Schwarz-Weiß-Töne, sondern ich gucke, was sich für dubiose Schnittmengen ergeben. Die sind oft komisch. Es muss ja was Originelles dabei rauskommen. Ich bin ja kein Pastor, kein Lehrer oder Politiker.

Was für Schnittmengen meinen Sie?
Schubert: Viele behaupten ja, sie hätten die Lösung. Aber keiner hat die ultimative Formel. Sondern nur nur irgendetwas dazwischen. Und dort wird es dann gelegentlich komisch.

Wenn ein Flüchtling durch Bautzen gejagt wird – wie erklären Sie dem das, was da gerade passiert?
Schubert: Was soll ich dem groß erklären? Der merkt ja selber, dass es Arschgeigen gibt. Jede Gewalt ist furchtbar und man muss versuchen Menschen davor zu beschützen – das ist jetzt allerdings nicht direkt Olafs Aufgabe.

Anders gefragt: Könnten Sie erklären, warum es so viel Hass gibt?
Schubert: Nein. Würde ich gerne können. Kann ich aber nicht.

Im Film treffen Sie viele Frauen zum Kennenlernen. Hätten Sie in der Realität lieber ein Date mit Frauke Petry oder mit Sahra Wagenknecht?
Schubert: Oh. (überlegt) Ich bin ja jetzt Gott sei Dank schon vergeben. Aber wenn… ich glaube, dann doch lieber mit Frauke Petry. Das wäre für mich interessanter, zu erfahren: Was? Wie? Warum? Was will sie? Warum will sie das und wie will sie das? Ich könnte mir vorstellen, dass ein Date mit Frau Wagenknecht mir nicht so viel Neues offenbaren würde, weil mir ihre Vorstellungen bekannter sind, gelernter.

Welche der beiden Damen ist Ihnen denn sympathischer?
Schubert: Also, vom Äußerlichen: da bin ich neutral. Und politisch… – Also mit der AfD habe ich keine Schnittmengen. Und mit der Linken… Naja, es klingt zumindest oft ganz schön. Aber was ist dann die Praxis? – Dort greift dann wieder der Olaf ein und versucht, zu korrigieren.

Ein Kollege aus der Humor-Branche hat vor einigen Monaten ein Gedicht über den türkischen Präsidenten geschrieben und ihm darin u.a. Sex mit Tieren angedichtet. Erdogan ist dagegen juristisch vorgegangen. Können Sie diese Reaktion verstehen?
Schubert: Ich glaube, dass er es kann, ist der Hauptantrieb. Erdogan hat die Mittel, die Werkzeuge, den langen Arm.

Aber haben Sie Verständnis für seine Reaktion?
Schubert: Ach, verstehen kann ich prinzipiell fast alle Menschen. Und nachvollziehen… Naja, das ist Eitelkeit. Nicht umsonst werden solche Menschen ja einflussreich und mächtig. Weil sie was wollen, weil sie einen großen inneren Antrieb haben. Und davon sind bestimmt 50% Eitelkeit, Machtwille und der Wunsch, Macht anzuwenden. Man könnte natürlich denken: So einen dort oben interessiert es nicht, wenn ihm ein so ein kleiner ans Bein pinkelt. Ist aber nicht so.

Beschränkt Erdogan damit die Kunstfreiheit?
Schubert: Ach… (lacht) was interessiert den Erdogan denn die Kunstfreiheit? Da müsste jetzt mal einer zu ihm kommen und ihm sagen: „Herr Erdogan, denken Sie nochmal nach, Sie beschränken da die Kunstfreiheit.“ Warum soll gerade die Kunst besonders frei sein?

Sie sind Künstler, brauchen Sie die nicht, die Kunstfreiheit?
Schubert: Ich genieße die hiesige Kunstfreiheit. Eine ganz andere Nummer wird es in Russland oder China, wenn es tatsächlich an die Wäsche geht. Wenn jemand verhaftet wird oder Repressalien ausgesetzt ist. Dort tut es weh. Wenn aber hier eine autoritäre Person meint, ein Rechtsmittel einzusetzen, dann muss sie es machen.

Sie sind auch schon in der „Anstalt“ (ZDF) aufgetreten, eine Sendung, die in den letzten Jahren einiges an Aufklärungsarbeit geleistet hat, z.B. über Lobby-Verbindungen von Journalisten oder die von Deutschland nicht geleisteten Reparationszahlungen an Griechenland. Im Vergleich dazu besteht Ihr Programm ja eigentlich ’nur‘ aus Kalauern. Ist Ihnen das nicht zu wenig?
Schubert: Nein. Ich bin jetzt nicht der mit den Fakten. Ich habe da irgendwie einen anderen Weg. Mir liegt eher die Abstraktion, die Umleitung, der gedankliche Hüftschwung, mal von links überholen, mal von unten gucken… Bei Zahlen und zuvielen Daten habe ich schon früher in der Schule automatisch abgeschaltet. Das war früher für mich so etwas, wie heutzutage ein Schreiben vom Gericht oder vom Finanzamt – da verfalle ich abrupt.

Und Ihre Abstraktionen führt Ihr Publikum dann wieder zurück auf die Realität?
Schubert: Ja. Es ist gut, wenn das Publikum das macht, dann muss ich es nicht tun.

Man kann mit Ihnen nur als Kunstfigur sprechen. Warum wird das von Ihnen auf Biegen und Brechen durchgehalten? Weil Sie nichts Privates preisgeben wollen oder weil Sie immer lustig bleiben wollen?
Schubert: Das Private ist bei mir so langweilig, dass es nicht mal mich interessiert. Da habe ich nichts zu melden.

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