Michael Rotert

Ich glaube nicht, dass das Vertrauen ins Netz verschwindet.

Internetpionier Michael Rotert über Verschlüsselung und Überwachung, das Auslaufmodell E-Mail, Drossel-Pläne der Telekom, Netzneutralität und das Leistungsschutzrecht

Michael Rotert

© privat

Herr Rotert, Sie haben 1984 die erste E-Mail empfangen, die in Deutschland über das Internet übermittelt wurde. Wie viele bekommen Sie heute pro Tag?
Michael Rotert: Es gibt Tage, da kommen die schneller rein, als ich sie beantworten kann. Da muss ich die Ansicht schon immer auf 100 pro Seite stellen, um den Überblick zu behalten.

Ist die E-Mail schon zum Hintergrundrauschen verkommen?
Rotert: Sie ist mittelfristig ein Auslaufmodell. Wir haben mit E-Mails nie einen richtigen Umgang gefunden, die Mail war immer so ein Mittelding zwischen Sprache und Schriftverkehr. Manche Leute denken bis heute, mit einer E-Mail sei es so, wie mit einer flüchtigen Unterhaltung: Wenn der eine etwas Unangenehmes schreibt, fühlt sich der Empfänger einen Moment lang unwohl, vergisst es dann aber wieder. Was natürlich nicht der Fall ist – denn schließlich ist die Mail ja gespeichert.
Andere wiederum nutzen E-Mails so wie früher Briefe im Amtsgebrauch, mit förmlicher Anrede und allem Drum und Dran. Eine eigene E-Mail-Kultur hat sich nie entwickelt.

Aber das Medium wird viel genutzt.
Rotert: Ja. Aber wie? Es gibt statt einer Kultur eigentlich nur Unkulturen: Erstens die, jede mögliche und unmögliche Person in Kopie und Blindkopie zu setzen, damit auch ja alle Bescheid wissen. Um dann eine Viertelstunde später anzurufen und zu fragen: „Ey, hast du meine E-Mail bekommen?“ Das hat dazu geführt, dass bei einigen Firmen in Frankreich interne E-Mails mittlerweile verboten sind und die Leute angehalten werden, wieder persönlich miteinander zu reden.
Die andere Unkultur ist natürlich die Geschichte mit dem Spam und den damit verbundenen Gefahren für die Rechner.

Gibt es denn Hoffnung, dass die Unkultur Spam eines Tages der Vergangenheit angehört?
Rotert: Da wird von den Internetprovidern schon eine Menge getan, E-Mail-Spam ist in den vergangenen Jahren deutlich weniger geworden. Ganz wird man ihn aber leider nicht abschaffen können. Dazu sind seine Urheber immer auf’s Neue zu findig.

Wann genau wird die E-Mail zum Auslaufmodell?
Rotert: Ich denke, wir reden hier über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren.

Wie kommen Sie auf diese Zahl?
Rotert: Als das Internet begann, sich nach und nach durchzusetzen, löste es unter anderem einen anderen Datenübertragungsstandard namens Datex P ab, der noch von der Deutschen Bundespest – pardon: Bundespost – entwickelt worden war. Trotz des Internets haben Banken und Versicherungen an Datex P aber noch zehn Jahre lang festgehalten. Sie wollten nicht so schnell auf das neue Medium umschwenken – warum auch immer. Das habe ich einfach mal auf so etwas wie E-Mail projiziert.

Rechnen Sie mit einer längeren Koexistenz von E-Mail und einem neuen Medium? Ähnlich wie bei Tonträgern CDs und Schallplatten nebeneinander existierten?
Rotert: (lacht) Genau. Inklusive E-Mail-Revival. Irgendwann.

Aber wodurch wird E-Mail am Ende abgelöst?
Rotert: Ich denke, dass Short-Message-Systeme wie WhatsApp früher oder später dominieren werden. Die lösen nicht nur die E-Mail, sondern auch herkömmliche SMS ab, zumal sie wie die E-Mail kostenlos sind. Im Gegensatz zur Mail bedürfen sie keiner langen Anrede – denn die Zeichenzahl ist in der Regel begrenzt. Deshalb hat sich bei der SMS ja eine eigene Kultur der Abkürzungen herausgebildet, geprägt vor allem von der Jugend, die ohnehin eine Sprache der Symbole und Abkürzungen pflegt und gerne Sprachfragmente verwendet. Auch ist es unüblich, Leute bei Kurznachrichten in Kopie zusetzen, da verläuft die Kommunikation eher Eins-zu-Eins. Zudem verführen Kurznachrichten – im Gegensatz zu Chats – nicht so stark dazu, allen möglichen Kram zu versenden. Vielleicht auch, weil sie in ihrer ursprünglichen Form, von Telefon zu Telefon, kostenpflichtig sind.

Verschlüsseln Sie Ihre E-Mails?
Rotert: Nein, ich verschlüssele nicht. Wenn wir bei ECO intern mailen, arbeiten wir mit einem Zertifikat. So lässt sich erkennen, wenn an einer Mail manipuliert wurde. Wir verschlüsseln Dokumente, die über das Netz verschickt werden, aber nicht die Mails an sich.

Sie haben also keine Paranoia entwickelt vor einem Überwachungsstaat?
Rotert: Nein. Ich maile jetzt schon seit 1984. Früher haben wir uns auch einen Spaß draus gemacht und mit einer einzeiligen Mail zwei Seiten Buzz-Words mitgeschickt – weil man wusste, dass das abgehört wird.

Das klingt pragmatisch. Doch der Normalbürger würde vermutlich nicht davon ausgehen, dass der BND – wie jetzt bekannt wurde – einfach so Internetkommunikation anzapfen kann.
Rotert: Ich gehe davon aus, dass der BND bei allen deutschen Providern dabei ist, die Auslandsleitungen haben. Das war vom Gesetz her auch transparent. Jemand, der sich dafür interessiert und in der Materie war, wusste von den G10-Gesetzen und der Telekommunikationsüberwachungsverordnung TKÜ, das wurde auch in der Presse diskutiert. Auf richterliche Anordnung dürfen Auslandsleitungen überwacht werden, wenn ein Provider so einen Bescheid kriegt, muss er dem nachkommen.
Wenn jetzt allerdings berichtet wird, dass die NSA in Deutschland direkt an einen Knoten wie den Frankfurter DE-CIX rangehen könnte, muss ich sagen: Das ist mit Sicherheit nicht so.

Glauben Sie, dass angesichts der aktuellen Enthüllungen die E-Mail-Verschlüsselung zunehmen wird?
Rotert: Ich hoffe es. Hoffentlich wacht auch die Software-Industrie ein bisschen auf und vereinfacht das Verfahren, damit es standardmäßig genutzt werden kann, und zwar Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, alles andere hat keinen Wert. Das sehe ich auch als Problem bei De-Mail, dass es dort keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gibt.

Ist aber nicht ein Hindernis, dass der Sender erst den Schlüssel des Empfängers braucht, um ihm eine Mail zu schicken?
Rotert: Ja, aber stellen Sie sich vor: Wenn alle anfangen, so zu verschlüsseln, hätte das den positiven Effekt, dass das Mailaufkommen drastisch sinkt, weil plötzlich die Sache mit Spam nicht mehr so gut funktioniert.

Aber was bringt eine Verschlüsselung überhaupt, wenn ein Geheimdienst über Budget und Technik verfügt, mit der er selbst Unterseekabel anzapfen kann?
Rotert: Wenn Sie eine Milliarde Mails haben und für jede 14 Tage brauchen, weil der Schlüssel aufwändig ist, dann überlegt man sich das.

Zitiert

E-Mail ist mittelfristig ein Auslaufmodell.

Michael Rotert

Was sagen Sie zu den aufgeregten Reaktionen im Netz auf die bekannt gewordene Überwachung?
Rotert: Ich sehe es auch als Problem an, dass man das, was in „1984“ steht, schon fast überholt hat. Solche Dinge müssten unterbunden werden, unter Partnern und befreundeten Nationen dürfte das gar nicht gehen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass mit diesen Informationen dann auch Wirtschaftsspionage betrieben wird – das ist für mich ein absolutes Unding!

Viele Blogger und Netzaktivisten zeigen sich enttäuscht und desillusioniert von den aktuellen Entwicklungen. Schwindet neben dem Vertrauen in die Regierungen jetzt auch das Vertrauen in das Netz?
Rotert: Ich glaube nicht, dass generell das Vertrauen in das Netz verschwindet, dafür sehe ich bisher zu wenig Aufregung, bei „Acta“ beispielsweise war der Protest viel größer.
Das Vertrauen in die Regierung schwindet, und angesichts des 22. September zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt. Ich erinnere mich, wie damals die Regierung zur Vorratsdatenspeicherung sagte, „das kommt für uns nicht infrage“. Dann war Wahl, es gab eine große Koalition und es hieß plötzlich „was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.“ Schon da ging viel Vertrauen verloren. Und wenn man heute mitkriegt, wie einige Politiker immer noch glauben, das Netz bevormunden zu können, dann denke ich, dass das Vertrauen in das Know-How der Parlamentarier noch weiter leiden wird.

Kommen wir zu einem weiteren, jüngst diskutierten Netz-Thema. Die Telekom hat im April 2013 angekündigt, denjenigen Nutzern, die große Mengen an Daten empfangen, den Anschluss zu drosseln, sprich die Übertragungsgeschwindigkeit zu verringern. Was halten Sie davon?
Rotert: Rein wirtschaftlich ist da nichts gegen einzuwenden. In Großbritannien zum Beispiel ist es schon immer üblich gewesen, eine Obergrenze beim Datenverkehr für die Nutzer zu haben. Nur gehen die dortigen Provider mit dem Mehrverbrauch in der Regel anders um. Sie drosseln in so einem Fall nicht, sondern sagen: „Wir teilen dir das erst einmal mit, dass du mehr verbrauchst. Wenn das anhält, sagen wir dir das im zweiten Monat nochmal. Und ab dem dritten Monat bieten wir dir einen Tarif an, der etwas mehr Volumen umfasst. Oder du musst das, was du mehr verbraucht hast, zu festgelegten Kosten nachzahlen.“ Das ist ein Modell, das ich mir auch für Deutschland gut vorstellen könnte. Denn es trifft genau die Leute, die mehr verbrauchen und außerdem werden sie, wenn sie nur einmal mehr verbrauchen, weil sie vielleicht gerade mal ein komplettes Programmpaket heruntergeladen haben, nicht sofort bestraft.

Warum möchte die Telekom eigentlich drosseln?
Rotert: Aus zwei Gründen: Erstens haben sie irgendwann eine Flatrate für ihre Nutzer eingeführt, also einen Festpreis für beliebig viele empfangene Daten. Gleichzeitig ist die Zahl der Angebote im Netz in hoher Qualität und damit auch mit hohem Datenvolumen, das schnell zum Nutzer muss, gestiegen, weshalb die Flatrates immer mehr genutzt wurden. Parallel ist die Konkurrenz durch andere Provider gestiegen, so dass Flatrates immer billiger wurden. Die Telekom ist dadurch in einen vielleicht nicht gerade ruinösen, aber doch sehr bedenklichen Preisverfall hinein geraten. Denn pro übertragenes Datenpaket – oder eben pro Kilobit – rechnet sich eine Flatrate für die Telekom nicht mehr.

Sind die Netze der Telekom denn so ausgelastet, dass das steigende Datenaufkommen Mehrkosten verursacht?
Rotert: Es fehlt möglicherweise ein Netzlayout, das in der Lage ist, die Daten intelligent zu verteilen. In seinem bisherigen Layout ist das Netz der Telekom meines Erachtens nicht auf die steigenden Datenmengen ausgerichtet. Und ich denke, das ist etwas, worüber die Telekom nachdenken sollte, auch über Investitionen in diesem Bereich.

Welche Position vertritt denn Ihr Verband ECO in der aktuellen Debatte?
Rotert: Wir sind der Meinung: Wirtschaftlich gesehen mag es durchaus richtig sein, wenn die Telekom nur zögerlich, wenn überhaupt in Infrastruktur investieren will. Wenn der Bereich der Internetanschlüsse nicht mehr genügend abwirft, wäre es zulässig, dass man am Preis dreht. Das machen alle anderen auch so – siehe Autoindustrie oder Energiebranche. Wir halten jedoch die Ausgestaltung mit Drosselung für extrem ungünstig, weil es in der Sache einen Unterschied macht, ob man Preise anhebt oder Vielnutzer bestraft. Zudem können wir einer Ungleichbehandlung von Datentraffic als Verband nicht zustimmen. Sollte es dazu kommen, werden wir auch in der Öffentlichkeit dagegen vorgehen. Solange es aber nur um höhere Preise geht, eher weniger.

Es gibt ja bereits Pläne, nach denen das Telekom-eigene Streaming-Angebot „Entertain“ von der Drosselung ausgenommen werden soll. Halten Sie das für vertretbar?
Rotert: Ja. Wenn ich der Anbieter bin, muss es mir prinzipiell erlaubt sein, mein Angebot frei zu gestalten. Probleme entstehen aber dann, wenn ich einen anderen Bezahldienst habe, der durch die Drosselung betroffen ist. Da kommen wir dann in das Gebiet der Netzneutralität.

Das Kartellamt ist aufgrund der Drosselung bereits hellhörig geworden.
Rotert: Pfft. Die Telekom hat momentan noch einen Marktanteil von etwa 40 Prozent. Das heißt, die Kunden können problemlos zu einem anderen Provider gehen, wenn sie sich dieses Vorgehen nicht gefallen lassen wollen. Etwas anderes empfinde ich als ein viel größeres Problem: Nämlich dass die Telekom sagt: Google beziehungsweise Youtube solle sich aus der Drosselung freikaufen. Das finde ich sehr, sehr bedenklich.

Das würde bedeuten, dass die Telekom Google zur Kasse bittet, damit gedrosselte Telekom-Nutzer weiterhin ungedrosselt Youtube-Videos anschauen können.
Rotert: Ja. Das ist das, was die Telekom will. Und es kehrt das Prinzip des Netzes komplett um. Denn bisher war es im Netz im Wesentlichen so: Der Empfänger bezahlt. Sprich: Sie zahlen Ihren Internetanschluss und dann können Sie das, was das Internet bietet, auch nutzen. Ginge es nach der Telekom, wäre das in Zukunft anders. Dann wäre das Prinzip plötzlich: Sender pays. Also der Sender bezahlt noch zusätzlich. Das ist das, was die Telekom und andere ehemaligen Monopolisten der Branche bei der Tagung der ITU (International Telecommunications Union, Anm. d. Red.) im vergangenen Jahr gefordert haben.

Mit welcher Begründung?
Rotert: Die Telekom und die übrigen Ex-Monopolisten argumentieren so: „Es mag ja sein, dass Youtube oder andere Firmen ihre Anschlussgebühren bezahlen und auch sonst schon etwas dazu beitragen, dass Netz zu finanzieren. Aber die internationalen Leitungen werden zum Beispiel durch einen Google-Dienst namens Youtube über Gebühr in eine Richtung strapaziert. Und wir bezahlen das alles und bekommen nichts dafür. Also wollen wir von Google was haben.“ Diese Argumentation ist in meinen Augen nicht korrekt. Denn eigentlich zahlt jeder seinen Internetanschluss, deshalb muss es jedem erlaubt sein, das, was es im Netz gibt, frei zu empfangen. Ansonsten darf sich das Ganze nicht mehr Internet nennen.

Im Juni 2013 wurde allerdings bekannt, dass es in den USA offenbar bereits Usus ist, dass große Anbieter wie Google, Facebook oder Microsoft Internetprovider bezahlen, um einen schnellen Zugang zu ihren Internetdiensten zu gewährleisten. Ein Grund mehr zur Sorge?
Rotert: Allerdings, denn genau dadurch wird ein Aufbau eine Mehrklassensystems im Internet unterstützt bzw. beschleunigt.

Es gibt inzwischen Forderungen an die Politik, die Netzneutralität per Gesetz festzuschreiben und somit Drosselungsplänen wie denen der Telekom einen Riegel vorzuschieben. Nur fragt man sich gelegentlich: Haben unsere Politiker genug Ahnung vom Internet?
Rotert: Einige schon. Jimmy Schulz von der FDP beispielsweise, bei den Grünen Konstantin von Notz, bei der SPD fällt mir gerade keiner ein, bei den Linken gibt es welche, die Ahnung haben, von der CDU kennt sich Thomas Jarzombek einigermaßen aus – und sicher gibt es noch ein paar mehr, dann aber eher im Verborgenen.

Was ist mit der Piratenpartei?
Rotert: Klar, die Mitglieder der Piratenpartei kennen sich natürlich gut aus. Aber was sie fordern ist oft fern der Realität. Denn sie kennen sich zwar im Netz, aber leider wenig in anderen Politikbereichen aus. Ich hoffe, dass diese „digital natives“ Themen wie Gesundheit, Umwelt oder Inneres, also die Politik insgesamt besser verstehen, sollten sie einmal Mitglieder des Bundestages werden.

Verabschiedet haben die Politiker zuletzt das Gesetz zum Leistungsschutzrecht, trotz massiver Kritik von Internetexperten. Warum ist es trotzdem durchgekommen?
Rotert: Das lag an der Lobbyarbeit. Also wenn man sieht, wer da so im Kanzleramt alles ein und aus geht… Jedenfalls wird das Gesetz manchmal auch als „Lex Bild“ oder „Lex Springer“ bezeichnet, und das nicht zu Unrecht meiner Meinung nach. Ich denke, dass gerade der Springer-Verlag das Gesetz durch Lobbyarbeit kräftig vorangetrieben hat.

Durch das Gesetz können Verlage ab August 2013 von einer Suchmaschine wie Google Geld verlangen, wenn diese in ihren Suchergebnissen kurze Textanrisse verwendet. Können Sie einen Sinn in dieser Regelung erkennen?
Rotert: Ein klares Nein. Ich verstehe auch absolut nicht, warum sich die Politik darauf eingelassen hat, etwas einzuführen, was eigentlich niemandem nützt. Im Gegenteil, das Leistungsschutzrecht stellt eher eine Selbstkastrierung der Verlage dar. Zumindest, wenn eine Suchmaschine so marktbeherrschend ist wie Google und die betreffenden Verlagsangebote in der Google-Suche dann nicht mehr auftauchen. Dadurch sind die Verlage mit ihren Zeitungen und Zeitschriften sehr viel weniger im Internet präsent. In meinen Augen kommt dieses Gesetz nicht dem Journalismus zu Gute, es dient bestenfalls irgendwelchen Intermediären. Ähnlich wie beim Urheberrecht, das ebenfalls eher der Rechteindustrie als den Künstlern dient.

Noch ein paar Computerfragen zum Schluss. Apple oder IBM?
Rotert: Beide Firmen haben oder hatten ein geschlossenes System mit vielen proprietären Ansätzen. IBM hat gezeigt, dass sich der Weg nicht halten lässt und bei Apple wird es glaube ich ähnlich sein. Geschlossene Systeme haben auf Dauer ganz schlechte Überlebenschancen.
Für mich persönlich stellt sich die Frage aber so nicht. Ich habe beides auf dem Schreibtisch stehen, auch zwei Monitore.

Microsoft oder Linux?
Rotert: Ganz klar: Meine Liebe geht zu Unix, was Sie Linux nennen, also zu den offenen Systemen. Microsoft versucht sich zwar auch zu öffnen, tut sich aber an vielen Ecken und Enden schwer. Ich glaube, Microsoft ist einfach zu groß geworden, um da gut umsteuern zu können.
Ich habe 1979 erste Kontakte zu Unixrechnern gehabt und 1983 und 1984 die ersten Internetanbindungen über Unixmaschinen erstellt. Was diese Systeme allerdings noch ein wenig mehr benötigen, ist Oberfläche, so dass sie auch der Otto Normalverbraucher einfacherer benutzen kann. Das wird im Moment ein wenig zu Techie-mäßig gehandelt und schreckt sicher viele Leute ab.

Wie hieß das erste Computerprogramm, dass Sie geschrieben haben und was konnte es?
Rotert: Oh, das war Mitte der 70er Jahre. Es hieß „Das Spiel des Lebens“, war in der Programmiersprache Fortran geschrieben und entstand nach einem ganz bestimmten Muster, nach dem Rösselsprung-Prinzip beim Schach. Der Nutzer hat Punkte in einer Matrix gesetzt und dann hat das Programm durchgerechnet, wo Nachbarpunkte entstehen, wenn immer ein Feld Abstand gehalten werden muss. Das Ganze war aber nur auf Papier möglich, Bildschirme gab es da noch nicht.

Letzte Frage. Wenn in einer Programmzeile steht „10 Print Auf Wiedersehen!“ – was steht dann in der nächsten Zeile?
Rotert: Ach, das ist Basic, oder? Bei der Programmiersprache wurden die einzelnen Kommandos doch so mit Zahlen am Anfang durchnummeriert. Das war nie so meine Programmiersprache, das haben früher eher die Physiker benutzt. Ich habe meine Programme früher lieber in Fortran, Cobol oder Pascal und später in „C“, geschrieben. Deshalb kann ich die Frage leider nicht beantworten.

Michael Rotert, Jahrgang 1950, studierte in Karlsruhe Informatik und Wirtschaftswissenschaften. An der dortigen Universität baute er später als wissenschaftlicher Mitarbeiter den ersten deutschen Server für elektronische Post auf. An Rotert ging am mehr

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