Karoline Herfurth

Die Konzentration aufs Jungsein ist Humbug.

Für den Film „SMS für dich“ stand Karoline Herfurth sowohl vor als auch hinter der Kamera. Im Interview spricht sie über das Regie-Debüt, ihr Bauchgefühl und warum das Älterwerden „nichts für Feiglinge“ ist.

Karoline Herfurth

© Warner Bros. Ent.

Sie stehen vor der Kamera seit Sie 15 Jahre alt sind. Man konnte Ihnen durch ihre Filme quasi beim Erwachsenwerden zusehen. Sie kommen einem so vertraut vor, man möchte Sie instinktiv duzen.
Sehr gerne! Ich bin im Osten großgeworden, da wurde nie gesiezt. Daher war mir das nie wichtig.

Hat es sich für dich komisch angefühlt, als du zum ersten Mal gesiezt worden bist?
Ich konnte mich lange nicht damit identifizieren, weil ich mich nie so alt gefühlt habe, wie andere mich scheinbar empfunden haben. Ich war stets das Nesthäkchen am Set und musste mich erst daran gewöhnen, es plötzlich nicht mehr zu sein. Ich finde es mittlerweile auch okay, gesiezt zu werden, lege aber keinen Wert auf diese höfliche Distanz – das liegt nicht in meiner Natur.

Dein neuer Film heißt „SMS für dich“. Nutzt du den Kurznachrichtendienst in Zeiten von WhatsApp überhaupt noch?
Ich nutze beides, gehöre aber tatsächlich zu den Dinosauriern, die lieber SMS schreiben. Mich nervt das ständige Handy-Gesumme bei WhatsApp, wenn Leute jeden Satz einzeln abschicken.

Du wirkst generell nicht so, als ob du dich gerne kurzfasst.
Das hast du gut erkannt! (lacht) Bereits meine Deutschlehrerin ist daran verzweifelt, mir beizubringen, dass man auch mal einen Punkt setzen und danach einen neuen Satz anfangen kann.

Welches Kommunikationsmedium bevorzugst du?
E-Mails und SMS, weil man beides nebenbei machen kann, wenn man zum Beispiel in der Maske oder im Taxi sitzt. Aber sobald es ein bisschen kompliziert wird, rufe ich lieber kurz an. Ich kann einfach schneller reden als schreiben.

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Wir sollten jede Falte als Prestige-Attribut feiern.

Karoline Herfurth

In „SMS für dich“ spielst du nicht nur die Hauptrolle, sondern hast zum ersten Mal auch bei einem Langspielfilm Regie geführt. Viel Arbeit, oder?
Und wie! Regie ist viel aufwändiger, viel zeitintensiver. Deshalb muss mich die Geschichte umhauen; ich muss dafür brennen, die erzählen zu wollen. Wenn ich die Geschichte nicht liebe, kann ich sie auch nicht zum Leben erwecken. Bei „SMS für dich“ hatte ich zudem noch das Glück, mit einem tollen, professionellen Team arbeiten zu können, das mir auf sämtlichen Ebenen den Rücken freigehalten hat. Die Leute haben mich stets aufgefangen – gerade in den Bereichen, die für mich neu waren.

Du hast auch mit vielen Schauspielkollegen und Freunden zusammengearbeitet. Hat es das einfacher oder schwieriger gemacht?
Viel einfacher, weil ich mit denen eh gerne Zeit verbringe und der Dreh eine sehr emotionale Zeit für mich war. Da hilft es natürlich, Vertraute um sich zu haben, mit denen man auch mal ein bisschen Ideen-Pingpong spielen kann. Es ist ja auch nicht normal, dass so viele hochkarätige Schauspieler mitziehen, wenn eine kleine Kollegin daherkommt und sie inszenieren will. Aber die standen alle vollkommen unvoreingenommen und eisern an meiner Seite – das war ein Geschenk!

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Karoline Herfurth am Set © Warner Bros. Ent.

Du sagtest eben, Regie zu führen sei aufwändiger als die Schauspielerei. Ist sie denn auch befriedigender?
Das kann man so nicht sagen. Es sind zwei verschiedene Aufgaben, die ich beide sehr liebe. Ich möchte jetzt aber erst einmal abwarten, bis der Film draußen ist. Es gibt so viele verschiedene Geschmäcker. Oft bleibt einem für die eigene Version des Films nichts anderes übrig, als dem eigenen Bauchgefühl zu folgen. Und natürlich möchte ich gerne Menschen erreichen. Aber ob mein Bauchgefühl für ein großes Publikum stimmt, wird sich erst noch zeigen.

Was heißt das konkret?
Ich muss nicht zwangsläufig einen Mega-Erfolg landen, aber ich möchte Leute damit ansprechen. Und wenn ich das nicht schaffe, obwohl in diesem Film mein Bauchgefühl steckt, dann muss ich meine Regie-Ambitionen vielleicht noch einmal überdenken. Wir werden sehen.

Du hast schon mit Hollywood-Schauspielern wie Kate Winslet und Rachel McAdams vor der Kamera gestanden, aber noch nie in Hollywood selbst gedreht. Würdest du das gerne mal?
Nicht unbedingt. Wenn ich dort für ein spannendes Projekt angefragt werden würde, wäre ich sicherlich nicht abgeneigt, aber mir geht es wahnsinnig gut in Deutschland: Ich habe hier tolle Rollen, großartige Herausforderungen und durfte hier meine erste Regie machen. Was soll ich auch in Hollywood? Die haben dort zigtausend wahnsinnig gute Schauspieler, die viel besser Englisch sprechen. Mich braucht dort niemand.

Reizt dich Amerika denn gar nicht?
Doch, aber privat. Ich würde gerne mal eine Zeit lang in New York oder L.A. leben – und gerne mal die Westküste entlangfahren. Mich interessiert das Lebensgefühl dort. Aber: Ich bin ein sehr heimatverbundener Mensch und sehr glücklich in Deutschland.

Bist du eher ein Herz- oder Kopfmensch?
Beides. Der Kopf bringt die Ruhe, die klaren Gedanken und die Struktur rein, das Herz die Emotion und die Wärme und das Menschliche. Die richtige Balance ist wichtig.

Apropos Balance: Als Schauspielerin bist du viel unterwegs. Suchst du als Ausgleich dann die Ruhe?
Ja, absolut. Ich bin sicher kein Stubenhocker, aber gerne Zuhause und kein Typ, der ständig durch die Clubs tingeln muss. Ich treffe auch Freunde im Zweifelsfall lieber bei mir daheim als in einer Bar oder einem Restaurant, weil ich dort nie unbehelligt bleibe.

Was tust du sonst noch, wenn du tatsächlich mal frei hast?
Ich mache gerne Ausflüge, bin gerne auf dem Reiterhof. Als Kind habe ich meine Ferien immer auf dem Land verbracht, und wenn ich länger nicht da war, fehlt mir das. Aber ich bin total happy, wenn ich wochenlang abends nach Hause kommen und die Abende dort verbringen kann.

Was ist dir in deinem Zuhause wichtig, damit du dich wohlfühlst?
Ich bin ja Berlinerin und mit hohen Decken aufgewachsen. Bei niedrigen Decken fühle ich mich beengt. Ich mag Holzfußböden, Teppich hingegen ist überhaupt nicht meins – das macht die Luft so muffig. Ich brauche auch Altbaufenster und mag keine geschlossenen Räume, in denen der Luftaustausch nicht richtig funktioniert. Das sieht man mir dann sofort an. Wenn ich drehe, bin ich ja meistens in Hotels, und dann brauche ich morgens immer erst zwei Stunden, bis meine Augen abgeschwollen sind.

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Karoline Herfurth und Nora Tschirner in „SMS für dich“ © Warner Bros. Ent.


Ich hab dich in einem Interview vor drei Jahren mal gefragt, ob du manchmal gerne wieder 15 wärst. Du hast darauf geantwortet, du seist total happy mit deinem Alter und allem, was das Älterwerden bisher mit sich gebracht hätte – ich solle dich aber noch mal fragen, wenn du 30 bist. Das habe ich zwar verpasst, aber nun mit 32 die Nachfrage: Immer noch total im Reinen mit dem Älterwerden?

Ja. Bisher hat das viel mehr Vor- als Nachteile, aber noch bin ich ja auch noch sehr jung. Das Älterwerden ist sicherlich nichts für Feiglinge, und ich weiß: Den Kampf dagegen kann man nicht gewinnen.

Also macht es auch keinen Sinn, auf Äußerlichkeiten einwirken zu wollen?
Nicht wirklich, oder? Nora Tschirner hat dazu mal den tollen Satz gesagt: „Wer gegen die Veränderungen seines Äußeren ankämpft, trainiert den falschen Muskel.“ Viel wichtiger ist es doch, den inneren Muskel zu stärken und den natürlichen Alterungsprozess als etwas Positives zu werten. Das Problem liegt aber darin, dass Älterwerden in unserer Gesellschaft kein positives Attribut ist. Und das ist eine Crux, weil dadurch ganz viel Potenzial verschenkt wird. Diese Konzentration aufs Jungsein ist Humbug, weil man mit zunehmendem Alter ganz andere Qualitäten mitbringt. Unsere Gesellschaft sollte jede Falte als Prestige-Attribut feiern, dann würde man mit dem Älterwerden auch ganz anders umgehen. In unserer Gesellschaft wird das aber als Manko gesehen und führt zu sozialem Druck.

Wie gehst du damit um?
Ich möchte gerne mit Stolz vorleben, mit Selbstbewusstsein alt zu werden. Denn ich glaube, dass das, was durch die zunehmende Lebenserfahrung dazukommt, extrem positiv ist und auch viel mehr Spaß macht, weil ganz viel von dem kopflosen Sturm und Drang und den jungen Nöten keine Rolle mehr spielt. Man wird erwachsener, und das mag ich sehr – auch wenn es eine Herausforderung darstellt.

Inwiefern?
Ich sehe auf Kamera und Fotos mittlerweile anders aus als noch vor vier, fünf Jahren. Das Alter und das Leben hinterlassen erste Spuren in meinem Gesicht – und dabei kann ich mich ja noch nicht mal beschweren. Ich merke aber, dass sich da was verändert. Ich brauche auch längere Maskenzeiten. (lacht) Das stellt mich vor eine Herausforderung, aber ich möchte die klug meistern. Diesen dummen Jugendwahn halte ich jedenfalls für Quatsch.

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