Herbert Feuerstein

Humor rüberzubringen ist eine ernsthafte Sache.

Herbert Feuerstein über sein Verhältnis zum TV, das Experiment "Schmidteinander", seine Zeit als MAD-Redakteur und seinen Synchron-Part in "Die Unglaublichen"

Herbert Feuerstein

© Maika Gregori

Herr Feuerstein, was machen Sie dieses Jahr am Abend des 23. Dezember?
Feuerstein: Da sitze ich im Flugzeug nach Rio…

…demnach also nicht beim Kollegen Harald Schmidt im Studio, der an jenem Abend bei der ARD wieder auf Sendung geht. Haben Sie noch Kontakt zu ihm?
Feuerstein: Nein, wir sind beide nicht sonderlich kontaktfreudig. Wir haben mit „Schmidteinander“ vor ziemlich genau zehn Jahren aufgehört, im Dezember 1994 gab es die letzte Sendung. Und jetzt, zum zehnten Todestag sozusagen, wird der WDR am 25. Dezember eine Schmidteinander-Kultnacht bringen, in der auch die allererste Sendung dabei ist, die wir bisher eigentlich immer ein bisschen… verdrängt haben.

„Zehnter Todestag“, das klingt nun fast historisch.
Feuerstein: Das Fernsehen ist sehr kurzlebig, da sind zehn Jahre eine ganze Menge. Und vor 14 Jahren, als wir damit begannen, gab es etliche Sender noch gar nicht, die Privaten waren im Anfangsstadium und haben nur auf kleiner Flamme gekocht. Die Fernsehlandschaft war eine andere, nicht vergleichbar mit heute. Und „Schmidteinander“ war schon eine spannende Sendung, wir haben 50 Folgen gemacht, was ja nun nicht wenig ist.

Empfanden Sie „Schmidteinander“ denn auch ein bisschen als ein richtungsweisendes Experiment?
Feuerstein: Das müssen andere Leute bewerten, das weiß ich nicht, weil ich ja auch so viele unterschiedliche Sachen in meinem Leben gemacht habe. Aber es scheint wohl, als hätte die Sendung einen Eindruck hinterlassen, sonst würde man nicht so viel drüber reden.

In Interviews mit Ihnen liest man nicht selten, dass für Sie das Fernsehen eigentlich nur ein „Ausrutscher“ in Ihrer Laufbahn gewesen sei und dass Sie nicht gerne „im Fernsehen stattfinden“. Dennoch sind Sie im TV ein immer wiederkehrender Gast.
Feuerstein: Das Fernsehen nimmt heute gerade mal ein Viertel von meiner Tätigkeit insgesamt ein. Und seit dem Ende von „Schmidteinander“ habe ich keine von mir durchgearbeitete Sendung mehr gemacht, bis auf die Reisefilme. Ich bin gern zu Gast, wenn man mich will und ich spiele auch gern kleine Rollen, wenn man mich lässt. Aber das sind selten Dinge, die mich so vereinnahmen, wie das damals bei „Schmidteinander“ war. Das war ein Fulltime-Job, aber so etwas mache ich schon lange nicht mehr, weil es auch gar nicht in meinem Interessengebiet liegt.

Klingt da jetzt auch eine gewisse Ablehnung des Mediums Fernsehen mit?
Feuerstein: Nicht wirklich. Es ist nur nicht meine Heimat, ich bin kein richtiger Schauspieler, ich bin auch kein Comedian. Ich habe gerne Live-Sendungen gemacht. Aber ich bin nicht mehr jung und wenn sich die Landschaft verändert, muss man sich selber die Frage stellen: soll man das jetzt unter allen Umständen mitmachen? Und ich kann mir heute zum Glück auch erlauben, nur das zu machen, was ich will. Ganz junge Kollegen, die gerade erst einsteigen, haben es da wahrscheinlich nicht so einfach. Die müssen tun, was man von ihnen will und sich ständig dem Markt anpassen. Das ist heute ein sehr harter Job geworden, weil man sich oft selber verleugnen muss. Man hat meistens nur eine einzige Chance.

Wie stehen Sie denn zu der Verblödungsdebatte in Bezug auf das Fernsehen, die ja gerade in den letzten Wochen wieder in den Medien präsent war und immer noch ist?
Feuerstein: Diese Verblödungsdebatte gibt es ja schon seit die Schrift erfunden wurde. Fernsehen war mal vor langer, langer Zeit kultur- oder gesellschaftsorientiert. Heute ist Fernsehen ein Markt mit vielen Möglichkeiten, auf dem ständig Veränderungen passieren. Bei den Zeitungen haben wir die BILD und auf der anderen Seite die Süddeutsche und die FAZ. BILD hat eine riesige Auflage im Verhältnis zu den beiden anderen, aber das heißt nicht, dass BILD besser ist. Es ist halt immer die Frage: Passe ich mich an und mache ich Quantität oder mache ich lieber das, was ich mir selber raussuche, meine Nische? Ich bin absolut gegen Regulierungen, und würde auch nicht hochnäsig behaupten, dass das alles nur Verdummung sei. Jeder hat das Recht, sich nach seinem Geschmack etwas aus dem Fernsehen herauszusuchen. Das ist nun mal ein Preis der Freiheit, da können wir niemanden bevormunden. Und Comedy oder Unterhaltung, wo ich hin und wieder ein bisschen stattgefunden habe, das ist ja auch so eine Nischensache. Den Massengeschmack zu treffen, das war nie meine Absicht. Da hatten wir mit „Schmidteinander“ auch Glück, denn das geschah gerade noch in einer Zeit, wo die öffentlich-rechtlichen Sender noch ein bisschen experimentiert haben.

Von wem kam damals eigentlich das Konzept zu „Schmidteinander“?
Feuerstein: Das war eigentlich gar kein Konzept, das hat sich im Laufe der Zeit einfach so ergeben. Schmidt hatte einen Sendeplatz, ich hatte eine bestimmte Idee und da haben wir uns dann so durchgewurstelt und rumexperimentiert. Das sind Bedingungen gewesen, die es heute so nicht mehr gibt. Wenn Sie heute was neu entwickeln, brauchen Sie über die Agenten hinweg ein Mittelfeld von ungeheuer wichtigen Producern, die meinen, dass sie für die ganze Menschheit geschmacksbestimmend sind. Aber sie selber hängen an Marionettenfäden von irgendwelchen Oberen, die mit grauen Flanell-Anzügen rumlaufen und Quotentabellen lesen. Dem muss man sich unterwerfen – oder auch nicht, also ich tu das zumindest nicht.

Denken Sie denn selbst noch über neue Sendekonzepte nach?
Feuerstein: Nein, überhaupt nicht. Ich komme ja aus der klassischen Musik, moderiere viele Live-Konzerte, habe viel Freude mit meinen bisher drei Reise-Büchern und mache viele Lesungen .Dazwischen spiele ich ein bisschen Theater, zum Beispiel ab Januar wieder in Köln in der Operette „Die Fledermaus“. Das sind alles Dinge, die außerhalb des Fernsehens stattfinden und meinen Arbeitstag wirklich ausfüllen. Andererseits: ohne Fernsehen hätte man mir das alles wahrscheinlich nie angeboten.

Sie sagen, Sie kommen aus der klassischen Musik. Aber in Ihrer Biographie liest sich Ihr Aufenthalt am Salzburger Mozarteum eher wie eine lustige Randgeschichte.
Feuerstein: Natürlich, ich bin ja schließlich nicht dabei geblieben. Aber die Vergangenheit prägt, und es ist schön, wenn man im Alter wieder die Brücke zurück findet. Ich bin einfach ein neugieriger Mensch, der weniger interessiert ist, irgendetwas zu bewahren, als viel mehr Neues auszuprobieren. Da ist vielleicht nichts dabei, was für den Nobelpreis reichen würde, aber die Dinge entsprechen meinem persönlichen Interesse. Und ich bin sehr froh, dass ich seit 30 Jahren selbstständig und damit selbstbestimmt bin und machen kann, was ich will.

Ein Konzert-Projekt von Ihnen ist die sogenannte „MozartMordNacht“, mit Texten und Musik, die um den rätselhaften Tod Mozarts kreisen. Ich habe gehört, Sie setzen sich in diesen Konzerten auch selbst noch ans Klavier?
Feuerstein: Naja, das kommt eher am Rande vor und ist nur Teil des Spaßes, das ist nicht so ernst zu nehmen. Es geht darum, die ganzen Mordspekulationen um Mozart auf eine ironische Art als musikalischen Krimi darzustellen, mit Musik von Mozart, Salieri natürlich, Franz Xaver Süßmayr usw. Und darin gibt es dann meine sogenannte „Vierhand“-Theorie, auch genannt „Mozartsche Fummeltheorie“, die ich gemeinsam mit einer Pianistin am Klavier vorführe.

Dennoch wird Sie inzwischen wohl niemand mehr als Pianist bezeichnen. Vor kurzem waren Sie in einer Talkshow zu Gast, mit der Unterschrift: „Journalist.“ Würden Sie das als Ihre aktuelle Berufsbezeichnung wählen?
Feuerstein: Nein, nicht unbedingt. Aber wenn man mich fragt, entspricht „Journalist“ noch am ehesten dem, was ich mache. In habe wirklich viel in Redaktionen gearbeitet, in meiner zehnjährigen New Yorker Zeit, oder hier als Blattmacher von „Mad“. Ich habe eigentlich immer mit der Schreibezunft zu tun gehabt, mittlerweile fast 50 Jahre lang. Da weiß ich natürlich nicht, ob die anderen Journalisten darüber glücklich sind, wenn ich mich „Journalist“ nenne. Da könnte genauso gut auch „Entertainer“ dastehen. Schwierigkeiten habe ich nur, wenn man sagt, „Kabarettist“ oder „Komiker“, weil ich das überhaupt nicht bin. Und mit „Schauspieler“ würde ich wahrscheinlich die anderen Schauspieler beleidigen. Eine klare Berufs- und Typenbezeichnung entspricht ja sowieso nicht mehr unserer heutigen Zeit. Man hat ja nicht mehr einen Beruf für das ganze Leben sondern man ist bereit zu wechseln und zu experimentieren.

Sie haben über 20 Jahre die deutsche Ausgabe des „Mad“-Magazins geleitet. War das insgesamt mehr Spaß als Arbeit?
Feuerstein: Nicht wirklich, jeder ernsthafte Job ist letzten Endes eine Knochenarbeit. Humor rüberzubringen ist eine ernsthafte Sache, vor allem wenn Sie älter sind und für ein sehr junges Publikum arbeiten. Denn Sie müssen sich ja ständig selbst disziplinieren und können nicht unbedingt das tun, was sie gerade persönlich als richtig empfinden. Ich musste versuchen, die Arbeiten meiner jungen Kollegen zu kanalisieren – das war schon sehr spekulativ. zum Teil auch sehr aufregend. Das Heft war wahnsinnig erfolgreich, und da kann ich mit Genugtuung sagen, es war ein richtiges kleines Imperium aus Büchern und Heften, fast 20 Jahre lang. Aber wie alles, was mit Satire zu tun hat, gab es auch bei uns einen Aufstieg und einen Niedergang. Ich glaube, die klassische Zeit für so eine Art von Zeitschrift ist heute lange vorbei, in Amerika hat die „Mad“ mittlerweile auch nur noch ein Fünftel oder der Auflage aus den 70ern.

Wo Sie das Alter nun so betonen: ist das für den Humor nicht auch hilfreich, weil man auf viel Lebenserfahrung zurückgreifen kann, wo der Humor mit dem Alter vielleicht auch reift, vielfältiger wird?
Feuerstein: Nun, einerseits müssen Sie sich junger Ideen bedienen, andererseits müssen Sie die mit Ihrer Erfahrung, Ihrem Handwerk bearbeiten. Ich kenne das von meiner eigenen Entwicklung: man hat ja als junger Mensch unglaublich viele Ideen, aber eben oft nicht die Disziplin, die Ruhe oder handwerkliche Erfahrung, damit gut umzugehen. Da ist es sinnvoll, wenn die Sache ein bisschen generationsübergreifend erarbeitet wird. Ich will damit jetzt nicht einen Alters-Job verteidigen, ich würde mich auch heute nicht mehr in eine Redaktion setzen und anderen Leuten sagen, wo es lang geht. Ich bin sowieso von der Tendenz her ein absoluter Eigenbrötler und nicht besonders teamfähig.

Zitiert

Fernsehen war mal vor langer, langer Zeit kultur- oder gesellschaftsorientiert.

Herbert Feuerstein

Könnten Sie in drei, vier Worten Ihren Humor beschreiben?
Feuerstein: Mein Humor ist eine Lebenshilfe, eine Überlebenshilfe. Man kann alles Schreckliche leichter ertragen – vor allem sich selber. Und ich finde es selber wirklich am lustigsten, mich selber zu ertragen.

Um einmal auf ihr aktuellstes Projekt zu sprechen zu kommen: Sie haben eine Figur in dem neuen digital animierten Kinofilm „Die Unglaublichen“ synchronisiert . Das war für Sie wahrscheinlich nicht das erste Mal Synchronisation, oder?
Feuerstein: Nein, ich habe das früher ein paar Mal gemacht, viel Cartoons, aber auch Tiere für die „Sendung mit der Maus“ und so, aber noch nie Filme mit menschlichen Schauspielern. Synchronsprechen ist ja auch ein richtiger Profi-Job, da müssen Sie schon mit ihrer Stimme brillant umgehen können, weil Sie ja wirklich in die jeweilige Rolle schlüpfen, eine andere Identität annehmen müssen, viel mehr noch, als auf der Bühne. Auf der Bühne bleiben Sie immer irgendwo bei sich selbst, bei der Synchro müssen Sie, wenn es gut sein soll, komplett in dieser Figur aufgehen.

Gibt es trotzdem einen bestimmten Schauspieler, dem Sie gerne mal die Stimme geliehen hätten?
Feuerstein: Ich hätte ganz gerne Woody Allen synchronisiert. Einfach, weil ich in meiner USA-Zeit damit aufgewachsen bin und später große Schwierigkeiten damit hatte, ihn in der deutschen Stimme wiederzuerkennen. Aber das geht wohl allen so, die jemanden vom Original her kennen.

Statt Allen sprechen Sie nun bei den „Unglaublichen“ den kauzigen Versicherungsboss „Mr. Huph“.
Feuerstein: Ja, das mit dem „Mr. Huph“ ist schon eine komische Geschichte. Ich nehme an, diese Rolle hat man mir gegeben, weil der Typ einfach genauso aussieht wie ich. Das war für mich das große „Aha-Erlebnis“, ins Synchron-Studio zu kommen und zum ersten Mal das Bild von dem Kerl zu sehen: Ich dachte, das darf nicht wahr sein! Wo haben die Amerikaner nur die Vorlage her für diese Figur? Das gleiche gilt übrigens auch für die Hauptrolle, „Mr. Incredible“, den Markus Maria Profitlich synchronisiert hat, denn der sieht ebenfalls total aus wie er selbst auch tatsächlich so aus .Insofern war es ein leichter Job für mich, weil ich mich selbst in dieser Figur sehen konnte.

Wo Sie nun lange Jahre beim Mad-Magazin viele Jahre Cartoon-Erfahrungen gesammelt haben: was sagen Sie zu den Computer-Animationen in „Die Unglaublichen“?
Feuerstein: Ich finde, diese Animationen sind zum Teil so perfekt gemacht, dass man sie als solche nicht mehr wahrnimmt.

Die Anzahl digital animierten Filme nimmt nun mit jedem Jahr zu …
Feuerstein: … ja klar, bald werden auch die menschlichen Schauspieler überflüssig sein. Die gehen dann vielleicht nur noch einmal ins Studio, machen ein paar Bewegungen, und der Rest findet am Computer statt.

Davon sind Sie überzeugt?
Feuerstein: In einer bestimmten Richtung schon, weil es ja eigentlich Sinn macht.

Für wen?
Feuerstein: Für die Aktionäre. Unser ganzes Leben besteht doch im Augenblick darin, Arbeitsplätze abzubauen und wenn Sie die Wirtschaftsnachrichten hören, jubeln die Börsianer, wenn gemeldet wird „wieder 4000 Arbeitsplätze abgebaut“ – das steigert ja sofort den Aktienwert. Kann ja sein, dass eines Tages nur noch ein einziger männlicher und weiblicher Star übrig ist, mit dem dann alle Filmrollen besetzt werden – den Rest macht der Computer… Naja, ich weiß nicht, das klingt jetzt vielleicht ein bisschen überzogen…

… zumal man den Persönlichkeitseinfluss von Schauspielern ja nicht so ohne weiteres wegrationalisieren kann.
Feuerstein: Zugegeben ja, aber was glauben Sie, wie schön es für Regisseure ist, ohne Schauspieler zu arbeiten? Wenn man sich mit denen erst gar nicht einlassen muss.

Weil Schauspieler immer schwierige Menschen sind?
Feuerstein: Schrecklich schwierig, furchtbar. Schauen Sie sich eine typische Theaterprobe an – da werden Sie verstehen, wie gerne sich so ein Regisseur ins Trickfilmstudio zurückzieht, wo er mit seinen Technikern alleine ist.

Sicher, dass Schauspieler schwierige Menschen sind, kann ich nachvollziehen.
An dieser Stelle des Gesprächs hat Herbert Feuerstein eine Art persönlichen Bezug zum Interviewer entdeckt, auf den hier zwar nicht weiter eingegangen werden soll, der aber das Gespräch in eine andere Richtung lenkt. Herbert Feuerstein, gebürtiger Österreicher, beginnt nun über den österreichischen Autor Thomas Bernhard zu sprechen.

Feuerstein: Thomas Bernhard, das war mein alter Studienkollege in Salzburg, ich war am Mozarteum und er an der Schauspiel-Akademie. Wir haben in den 50er Jahren in der gleichen Zeitschrift, dem „Salzburger Demokratischen Volksblatt“ geschrieben. Er Gerichtssaal, ich Kultur. Wobei ich auch dazu sagen muss: wir haben uns überhaupt nicht gemocht. Aber mein Gott, wen mag ich schon?

War das „Salzburger Demokratische Volksblatt“ auch jene Zeitung, wo Sie diese gewagte Klassik-Rezension veröffentlichten, die Ihren Rauswurf vom Mozarteum zur Folge hatte?
Feuerstein: Nein, das war das „Linzer Volksblatt“. Aber die Salzburger Zeitung hat mir damals geholfen, den „Ohrfeigen-Skandal“ zu enthüllen (Feuerstein wurde von zwei in seiner Rezension kritisierten Musiker öffentlich geohrfeigt, Anm. d. Red.) und ich wurde danach auch mehr oder weniger deren fester Mitarbeiter. Und Thomas Bernhard, der ja aus sehr armen Verhältnissen kam, hatte damals eine – natürlich von ihm erfundene, aber angeblich dokumentierte – Gerichtssaal-Kolumne, in der er Kuriositäten aus dem Gerichtssaal aufgeschrieben hat, fürs Zeilenhonorar.

Haben Sie seine sehr kritische Sichtweise auf Österreich geteilt?
Feuerstein: Ja, ich kann sie voll nachvollziehen, und für diesen Negativblick auf Österreich hat stellvertretend für ihn Elfriede Jelinek jetzt den Nobelpreis bekommen. Das war praktisch der Literatur-Nobelpreis für Thomas Bernhard als Frau.

Herr Feuerstein, unsere Schlussfrage lautet: das Leben ist ein Comic, welche Figur sind Sie?
Feuerstein: Also, das Furchtbare ist ja, dass ich seit Jahrzehnten mit dem „Fred Feuerstein“ von den Flintstones geplagt werde, aber das trifft überhaupt nicht zu. Da ist mir mein „Mr. Huph“ in „Die Unglaublichen“ schon wesentlich sympathischer. Aber ich muss mal überlegen, was ich überhaupt an Figuren kenne. Es müsste ja irgendwie ein Loser sein, der aber nie aufgibt …

Aber Donald wäre da zu einfach, oder?
Feuerstein: Ja, der ist auch zu sympathisch. Dem fehlt die Bosheit, der ist mir zu unschuldig. Ich würde jetzt jede Figur von Don Martin nennen, dem Zeichner aus dem „Mad“-Magazin. Das waren eigentlich alles Figuren, mit denen ich mich sehr gut identifizieren konnte. Leute, die ständig eins auf den Deckel kriegen und das aber gar nicht merken, weil sie so fasziniert sind von ihrer Mission des Trotzdem-Weitermachens.

Wie wäre es denn mit der „Mad“-Titelfigur Alfred E. Neuman?
Feuerstein: Ja, man hat man mir schon öfters gesagt, dass ich dazu gewisse Ähnlichkeiten entwickelt hätte. Glaube ich selbst aber nicht. Alfred E. Neuman ist die statische Momentaufnahme eines Elfjährigen für den Rest seines Lebens, auch wenn er 80 wird. Es ist die Abwehrhaltung, die Schüler haben: Ein dümmliches Dauergrinsen, hinter dem ein Genie steckt, von dem aber die Welt noch nichts ahnt. Mir wäre die Figur ein bisschen zu statisch. Aber sie hat eine gute Abwehrhaltung nach außen, gegenüber dem Rest der Welt.

Haben Sie so eine Abwehrhaltung?
Feuerstein: Nein, nicht wirklich, weil mir der Rest der Welt gar nicht so wichtig ist.

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