Gayle Tufts

Man muss Ehrlichkeit besitzen und die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen.

Komikerin Gayle Tufts über den Quatsch Comedy Club in Berlin, die Männerdominanz in der Comedy-Szene und die Vorraussetzungen für einen guten Comedian

Gayle Tufts

© Friedrun Reinhold

Frau Tufts, in Berlin öffnet der Quatsch Comedy Club seine Pforten. Was erwartet die Besucher?
Tufts: Die erwartet Live-Quatsch – ein wunderbares Erlebnis, was man auch nicht vergleichen kann mit der Show im Fernsehen. Alles ist live, ohne Kamera, man ist viel freier, frecher und auch viel spontaner. Und dann ist Thomas Hermanns ein wunderbarer Moderator, der live noch viel wilder ist als im Fernsehen.
Das Souterrain im Friedrichstadtpalast ist ein kleines Theater, das früher so etwas wie die Erotikrevue des Friedrichstadtpalastes war. Es ist daher irgendwie geheimnisvoll auch ein bisschen dreckig. Es gibt zum Beispiel kleine Separees, wo man nicht so genau weiß, was da früher stattgefunden hat. Andererseits erinnert es mich an das Theater aus der Muppet-Show. Es gibt den Balkon, wo man eigentlich auf die zwei alten Männer wartet, die rauskommen zum Winken.
Ich bin jetzt schon seit 12 Jahren in Berlin, aber dieses Theater habe ich früher nie wahrgenommen, das ist für mich wie ein kleiner unentdeckter Juwel dieser Stadt.

Was war denn der Grund, dass man mit dem Quatsch Comedy Club von Hamburg nach Berlin gezogen ist?
Tufts: Also in Hamburg war man nun schon zehn Jahre gewesen, da wollte man natürlich etwas Neues. Berlin ist ja auch die Happening-Stadt, das muss man sagen. Und ich persönlich freue mich, dass ich jetzt in der gleichen Stadt wohne wie mein bester Freund, das hat über zehn Jahre gedauert, bis es dazu gekommen ist.

Der Quatsch Comedy Club war schon immer am Komikerpuls der Zeit, was für Trends gibt es im Moment in der Comedy-Szene?
Tufts: Oh, ich weiß nicht, aber wenn es einen Trend gibt, dann hat der sicher mit Herz zu tun. Bei vielen meiner Kollegen gibt es einerseits so eine naive Absurdität, jemand wie Johann König ist zum Beispiel jemand mit dieser kindlichen Absurdität, aber mit sehr viel Intellekt dahinter. Oder Badesalz, das ist total absurd, fast blöd, aber herrlich.
Ich will sagen, man ist heute weniger gemein und man ist weniger zynisch, denn die Zeit in der wir leben ist ja zynisch genug.

Wer ist im Moment Ihr Lieblingsentertainer?
Tufts: Eddie Izard, ein britischer Comedian, ist für mich eine große Inspiration. Bette Middler ist nach wie vor mein Vorbild und von den Comedians in Deutschland mag ich vor allem Michael Mittermeier sehr, er ist auch einer meiner Lieblingskollegen. Und Dirk Bach, der ist für mich total ehrlich, egal ob er eine Gala moderiert, oder ich ihn hinter der Bühne treffe – das ist Dirk.

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Man muss Ehrlichkeit besitzen, und die Fähigkeit über sich selbst zu lachen.

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Welche Vorraussetzungen muss man für den Beruf Comedian mitbringen?
Tufts: Viel Energie und viel Geduld – gerade letzteres ist für mich als Ex-New Yorkerin sehr schwierig. Aber es dauert eben eine Weile, bevor man sich als Comedian etabliert hat.
Man muss Ehrlichkeit besitzen, und die Fähigkeit über sich selbst zu lachen. Wenn ich also jetzt als Amerikanerin sage "die Deutschen sind blöd", dann ist das dumm. Wenn ich als Frau zu den Männern sage: "Ihr Männer seid doch blöd", dann ist das genauso dumm. Ich muss bekennen können, dass wir Frauen genauso blöd wie die Männer und wir Amerikaner auch total bescheuert sind – da ist Ehrlichkeit gefragt.

Hat man denn als Newcomer einen schweren Stand im Quatsch Comedy Club?
Tufts: Nein, die Neuen werden unterstützt. Und letztendlich waren wir ja alle irgendwann mal Anfänger. Als ich vor acht Jahren das erste mal im Quatsch Comedy Club aufgetreten bin, da habe ich nur sehr wenig Deutsch gesprochen, was mich fast in Panik versetzt hat. Aber man hat mich unterstützt, zudem hatten wir in Hamburg ein sehr nettes Publikum. Das wird auch hier in Berlin hoffentlich eine sehr relaxte Atmosphäre sein, und die Leute müssen einfach wissen, dass der Quatsch Comedy Club in Berlin eine Bühne ist, wo man viel ausprobieren kann und wo man immer locker bleiben sollte. Da muss das Publikum mitmachen. Denn es bringt nichts, wenn wir neue Dinge nur im Proberaum ausprobieren und entwickeln – wir brauchen das Publikum dafür.

Die Comedy-Szene ist heute immer noch sehr von Männern dominiert. Wo sehen Sie dafür die Gründe?
Tufts: Also der Komiker ist ja von der Art her oft ein Großmaul: "Ich stehe hier, zeige und erzähle euch, was ich zu sagen habe" – das ist schon ein bisschen die männliche Art.
Dann hat das aber auch damit zu tun, dass dieser Beruf viel mit Reisen verbunden ist, man ist immer unterwegs. Ich bin mittlerweile 42 Jahre alt und möchte möglichst viel Zeit zu Hause verbringen. Wir Frauen sind eben lieber viel zu Hause. Nicht dass wir gerne Hausfrauen sein wollen, aber jeden Abend in einem andren Theater in einer anderen Stadt?
Ich kenne ja Dieter Nuhr sehr gut, oder eben Michael Mittermeier. Ich kenne auch deren Frauen, die sind oft zu Hause, kümmern sich ums Haus, die Kontoangelegenheiten etc. – alles ist geregelt. Es ist sehr schwierig für Frauen, besonders wenn man über 35 ist, das Zuhause und vielleicht auch Kinder für den Job hinter sich zu lassen. Man möchte nicht 40 Wochen im Jahr weg von Zuhause sein.

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