Donavon Frankenreiter

Ich habe sehr viel Musik in mir.

Der Profi-Surfer und Songwriter Donavon Frankenreiter über seine Musik, das Leben on Tour, Kindheitserinnerungen, Surfer-Filme und das wachsende Interesse an seinem Sport

Donavon Frankenreiter

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Donavon, obwohl dein Debüt-Album in Deutschland erst im Oktober 2005 veröffentlicht wurde, kennen trotzdem sehr viele Menschen dich und deine Platte und kommen zu deinen Konzerten. Wie erklärst du dir das?
Frankenreiter: Ja, das ist die verrückte Musikwelt. Manchmal gibt es eben ganz andere Wege als nur über das Radio zu einem Popstar zu werden. Wenn du zum Beispiel viel auf Tour bist und dadurch deine Musik einer breiten Masse zugänglich machst. Sieh dir Ben Harper an, er ist ein wirklich großer, erfolgreicher Künstler in Amerika und auf der ganzen Welt, er spielt vor 10.000-15.000 Menschen, aber ich würde ihn nicht einen Popstar nennen. Man hört seine Musik eben nicht wie andere Musik, die im Radio läuft. Das ist einfach anders. Für uns ist es auch entscheidend, dass Menschen sich untereinander austauschen: einer hat eine Scheibe von mir, empfiehlt sie seinem Kumpel oder nimmt ihn mit aufs Konzert. Mundpropaganda, das ist die beste Werbung, die man haben kann.

Auf welche Weise schreibst du deine Musik?
Frankenreiter: Ich sitze viel mit meiner Gitarre herum, weil die Musik irgendwie die ganze Zeit zu mir kommt. Ich habe sehr viel Musik in mir. Die Texte schreibe ich vor allem dann, wenn ich alleine bin, im Flugzeug oder im Hotel. Da schreibe ich dann so viel auf wie möglich und nehme mir später daraus, was ich brauche. Eine Zeile von diesem, die nächste Phrase aus jenem Text… Es muss natürlich zusammen passen und sinnvoll sein. Aber um ehrlich zu sein, besitze ich wirklich keine Formel dafür, wie man das richtig macht. Denn eigentlich habe ich ja gerade erst damit angefangen! Für manche anderen Songwriter ist das extrem einfach, die können bis zu zehn Songs in der Woche schreiben. Für mich ist das noch ein schwieriger Prozess.

Musst du in einer bestimmten Stimmung sein, um Songs zu schreiben?
Frankenreiter: Ich glaube es hilft, wenn man in extremen Stimmungslagen ist, entweder extrem traurig oder extrem glücklich. Songs zu schreiben ist auch eine sehr emotionale Angelegenheit und wenn in deinem Leben einfach alles perfekt läuft, wird es schwierig. Ich glaube da ist aber auch jeder gleich, denn niemand hat ein perfektes Leben, jeder hat gute und schlechte Zeiten.

Dein Song Call me Papa handelt von dir als Vater. Eine Zeile lautet: "wherever you go, whatever you do/ I will be there, be there for you". Wie schwierig ist es, auf Tour dieses Versprechen zu halten?
Frankenreiter: Das Schwierigste für mich auf Tour ist es, von meiner Frau und meinem Sohn getrennt zu sein. Meine Frau und mein kleiner Sohn kommen alle drei Wochen für zwei Wochen zu mir oder manchmal nehme ich mir für zwei Wochen frei. In Interviews höre ich oft, "Mann, du hast echt ein traumhaftes Leben, du surfst um die Welt und du machst Musik, kannst tun, worauf du Lust hast…"Aber ich muss dafür auch hart bezahlen, zum Beispiel mit dem inneren Kampf, von meiner Familie getrennt zu sein. Da fühlen sich drei Tage an wie drei Jahre, das ist wirklich hart, nur denkt kaum jemand über diese Seite des Showgeschäfts nach. Für mich wird es dadurch zu etwas ganz Besonderem, zuhause zu sein. Es ist natürlich auch schön, wenn meine Familie mich unterwegs besuchen kommt, aber es gibt keinen Platz, der das Zusammensein mit ihnen zuhause ersetzt.

Wirst du deswegen in Zukunft weniger auf Tour gehen?
Frankenreiter: Ich werde immer auf Tour gehen, aber das ist auch ein Kampf, unterwegs zu sein und vor allem sehr viel Arbeit. Es könnte also passieren, dass man irgendwann drei Shows pro Woche spielt und nicht sechs. Das ist auf jeden Fall besser, zurzeit spielen wir bis zu sieben Shows in der Woche, wir haben nie eine Nacht oder einen Tag frei, manchmal krieg ich gar nicht mehr mit, was eigentlich passiert. Ich weiß nicht einmal, welcher Tag heute ist!

Inwieweit hat dich das Vaterwerden verändert?
Frankenreiter: Es hat mich in vielerlei Hinsicht verändert. Die Geburt meines Sohnes war unglaublich, das zusammen mit meiner Frau zu erleben, ich war bei der Geburt dabei und das war insgesamt ein sehr heftiges Erlebnis. Das ist eines der schönsten Dinge im Leben ein Kind zu haben und es hat mich gelehrt, dass dich selbst die kleinsten Dinge im Leben glücklich machen können. Je älter desto abgeklärter wird man ja, man benötigt immer mehr, um sich gut zu fühlen. Wenn mein Sohn Hendrix zum Beispiel unterwegs einen Vogel sieht, zeigt er darauf und sagt zu mir begeistert: "Papa, Vogel". Es gibt so viele wunderbare Dinge auf der Welt, man muss sie nur wahrnehmen. Und du tust das vor allem dann, wenn du ein Kind bekommt.

Was hast du denn selbst für Kindheitserinnerungen?
Frankenreiter: Ich erinnere mich ein bisschen an meine Schulzeit, wobei ich mich schon damals eher aufs Surfen konzentriert habe und viel gereist bin. Es war eigentlich eine Schande, denn die Schule, die ich besuchte war nicht einverstanden, damit, dass ich surfte, sie fanden, Surfen sei eine schlechte Sache. Ich bin halt 15 Minuten vom Strand entfernt aufgewachsen, aber die wollten, dass man einen Sport betreibt, der Bestandteil der Schule war, so etwas wie Basketball, Football oder Baseball. Surfen war für viele auch immer ein Zeichen dafür, dass du ein Loser bist, was ich etwas traurig fand. Mich hat das richtig wütend gemacht und irgendwann musste ich dann auch zum Schulleiter, weil ich immer sehr viel unterwegs war. Ich wollte in der Schule halt nur meine Hausaufgaben bekommen und die dann irgendwann unterwegs erledigen und sie dann abgeben, wenn ich zurückkam. Aber die wollten mich und meinen Sport nicht unterstützen, die waren der Meinung, dass diese Surfkarriere in einer Sackgasse enden würde. Tja, das Witzige daran ist, das ich nun schon seit 18 Jahren professioneller Surfer bin und ich konnte bisher hervorragend davon leben. Und wenn ich heute jemanden aus meiner Schule treffe und der mich fragt, wie es so geht, antworte ich immer, dass ich fortsetzte, woran ich glaubte als ich jung war. Obwohl meine Schule nie einverstanden war, mit dem was ich tat, haben mich meine Eltern vollkommen unterstützt, sie ließen mich machen, was ich machen wollte. Das war sehr wichtig für mich.

Und deine Mitschüler, haben die dich manchmal beneidet?
Frankenreiter: Die haben mich eigentlich unterstützt, denn irgendwo spürten sie, dass bei mir einfach mehr dahinter war, als bei all den anderen. Ich hatte einfach Talent und das bemerkten sie anscheinend.

Zitiert

Ich möchte mein Leben lang Musik machen, ob nun für mich allein in meinem Haus oder vor Publikum auf der Bühne.

Donavon Frankenreiter

Du bist ja immer noch professioneller Surfer, wie bekommst du Surfing und Musik unter einen Hut?
Frankenreiter: Ja, alles pendelt zwischen der Musik und dem Surfen. Ich kann damit auch nicht aufhören, erst reite ich auf den Wellen und dann spiele ich Musik, es ist traumhaft, beides. Zum Beispiel war ich vor der Konzert-Tournee in Süd-Afrika und Japan, wo ich zwei Surf-Filme gedreht habe.

Das klingt anstrengend.
Frankenreiter: Ja, das ist wirklich anstrengend. Ich komme allmählich an den Punkt, an dem es echt etwas heftig wird.

Die Filme in denen du spielst sind aber nicht solch kommerzielle Filme wie zum Beispiel "Blue Crush", oder doch?
Frankenreiter: Nein, ich war bisher in keinem dieser Filme. Aber ich mache natürlich viele Filme für meinen Sponsor Billabong und arbeite mit Taylor Steele zusammen, ein großartiger Filmemacher aus Kalifornien. Ich war auch in vielen von Jack Johnsons Filmen, die werden dann in den Surfshops verkauft.

Und was hältst du von den kommerziellen Surfer-Filmen im Kino?
Frankenreiter: Ich glaube, die zeigen ab und an ein bisschen von der Wirklichkeit. Und ich glaube, dass jede Art von Engagement, ob für die Musik oder fürs Surfen gut ist. Ich habe mal jemanden sagen gehört, dass er niemals liest, was über einen Film in der Presse steht. Egal, ob es gute oder schlechte Presse ist, je mehr desto besser. Ich glaube, je mehr Leute verstehen, was Surfen ist, desto größer wird es werden. Diese Filme stellen Surfen zwar nicht genauso dar, wie es wirklich ist, aber ein bisschen Glamour hilft, damit es als Film überhaupt in den Kinos funktioniert. "Blue Crush", einer der größten Hollywoodfilme übers Frauensurfen, hat sehr viel für die Frauen unter den Surfern getan. Oder "Riding Giants" ist auch ein super Film und Laird Hamilton ist ein fantastischer Surfer. Es ist großartig, Leute, wie ihn zu haben, die als Sprecher für alle fungieren. Er tut damit viel für den Sport.

Du magst es also, dass dein Sport so viel Aufmerksamkeit erfährt?
Frankenreiter: Ja, das ist doch großartig. Surfen war immer eine ganz kleine Sache, die Surfgemeinschaft hat insgesamt vielleicht eine Million Dollar im Jahr verdient, das war’s.

Ich hätte gedacht, dass man eher immer in dieser kleinen, elitären Gruppe bleiben möchte….
Frankenreiter: Das Lustige ist, es wird immer diese Elite geben, den inneren Kreis. Aber die Klamotten-Industrie, Firmen wie Billabong oder Quiksilver, die verkaufen nicht nur für eine Million Dollar pro Jahr, die machen 80 oder 100 Millionen. Das sind riesige Unternehmen, die stellen dann mehr Leute ein und werden Sponsoren irgendwelcher Sportler. Und ich glaube, je größer diese Unternehmen werden, desto einfacher wird es für die Leute, die ein Teil der Surfwelt sein möchten.

Spielt kommerzieller Erfolg für dich persönlich eine wichtige Rolle?
Frankenreiter: Das ist eine schwierige Frage. Ich habe eine große Leidenschaft für Musik und fürs Surfen. Mein ganzes Leben lang wollte ich mit dem Surfen nicht unbedingt berühmt werden, aber ich wollte davon leben können. Das habe ich geschafft. Und jetzt bin ich in der Surfwelt sehr bekannt, viele Leute wissen wer ich bin. Ich brauche aber keine Bestätigung. Und dass man sich immer mal ein bisschen verbiegen muss im Leben … Klar, man möchte nie Kompromisse eingehen und am liebsten alles nur auf seinem eigenen Weg machen, aber man muss das ab und zu tun, sonst verstößt man sehr viele Menschen. Viele Leute im Musikbusiness wollen zum Beispiel gar keine Interviews geben, aber ich glaube, diese Dinge sind extrem wichtig. So ein face-to-face-Interview, wie dieses zum Beispiel, bringt die Leute immer ein Stück näher zu deiner Musik. Und ich möchte mein Leben lang Musik machen, ob nun für mich allein in meinem Haus oder vor Publikum auf der Bühne.

Unsere Schlussfrage: Das Leben ist ein Comic – welche Figur bist du darin?
Frankenreiter: Ich habe einen Spitznamen, manche Leute nennen mich Shaggy, der von Scooby-Doo – weil er groß ist und genau so einen Bart hat wie ich.

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