Bernd Wagner

Ich mache das für die Aussteiger, die die Einsicht gewonnen haben, Totalitarismus zu verwerfen.

Vor 20 Jahren gründete Bernd Wagner die Organisation EXIT Deutschland, welche Nazis beim Aussteigen unterstützt und sich für Deradikalisierung einsetzt. Im ausführlichen Interview erläutert der Kriminalist die Grundpfeiler seiner Arbeit, spricht über Probleme beim Polizeischutz, erklärt warum für viele Aussteiger der Staat "zweiter Hauptfeind" bleibt, weshalb er viele Antifa-Methoden ablehnt und die mediale Ausgrenzung der AfD für falsch hält.

Bernd Wagner

© Kai Wiedenhöfer

Das folgende Gespräch wurde an zwei Tagen im Sommer 2020 geführt und später noch in geringem Umfang schriftlich ergänzt. Darauf basierend ist auch ein Portrait von EXIT Deutschland entstanden, welches man bei web.de nachlesen kann. Wer an die Organisation spenden möchte, findet dazu alle Informationen hier. Anlässlich des 20-jährigen Jubliläums gibt es auch ein sehr umfangreiches Jubiläumsheft (PDF).

Herr Wagner, wenn eine Person den Ausstieg mit Ihrer Organisation angeht: In wie viel Prozent der Fälle ist es notwendig, dass diese Person ihr bisheriges Lebensumfeld verlässt?
Wagner: Alle, die in militanten Gruppen sind und dort raus wollen, haben ein riesiges Problem, die müssen in der Regel weg aus ihrem Lebensumfeld – dieser Anteil liegt bei etwa 80 Prozent. Es gibt natürlich auch Mitglieder von rechtsextremistischen Parteien, die kein Gewalt ausgeübt haben, doch die meisten der von uns betreuten haben eine Vergangenheit in „Freien Kameradschaften“, in Parteien wie Die Rechte, Dritter Weg oder Vereinigungen wie Blood & Honour, Hammerskins, Combat18, wir haben auch Leute aus dem NSU-Umfeld. Das alles sind ultra-militante Gruppen und wer dort raus will hat ein Schutzproblem. Die müssen sich selbst aus dem Zugriffssystem entrücken, weil sie von denen nun als Verräter betrachtet werden. Der Aussteiger ist für den alten Kamerad dann der Feind, bis auf den Tod.

Gibt es viele Fälle, wo Aussteiger attackiert wurden, von früheren Kameraden?
Wagner: Ja, etwa ein Drittel der Aussteiger ist schwer attackiert worden, körperlich, bis zu Schusswaffenattentaten und Mordversuchen auf die Personen selbst oder auf Verwandte. Daraus folgend haben wir auch Selbstmorde erlebt.

Zitiert

Wenn man gegen die AfD kein anderes Mittel hat als Ausgrenzung, dann tut mir die Demokratie leid.

Bernd Wagner

Wenn die Aussteiger in ein anderes Umfeld kommen, müssen Sie mit staatlichen Behörden zusammenarbeiten. Wie gelingt das?
Wagner: Das ist ein großes Problem, besonders wenn der Schutzgrad für die Person sehr hoch ist. Nehmen wir als Beispiel eine Frau mit mehreren Kindern, die nicht arbeiten gehen kann und Hartz IV bekommt. Sie braucht vollen Schutz, hat mehrere Namenswechsel hinter sich – da muss man das Amt einweihen. Es gibt in den Bundesländern für so etwas algorithmisierte Technologien in der Verwaltung, womit wir aber schlechte Erfahrungen gemacht haben, weshalb wir versuchen, zentral eigene Mechanismen einzusetzen. Ein großes Problem in Deutschland ist die föderale Struktur, die oft in üble Kleinstaaterei mündet.

Was ist denn mit Polizeischutz?
Wagner: Polizeischutz ist meist schlecht in Deutschland. Das Polizeirecht wird restriktiv gegen die Schutzbedürftigen angewendet. Ebenso werden selbst gerichtliche Schutzbedarfsfeststellungen, sogar des Bundesverfassungsgerichts, seit Jahren aktiv ignoriert. Der Schutz von Personen wird so durch den Staat nicht gewährleistet, sondern wir selbst müssen das durch eigene Taktikangebote realisieren. Wir müssen das mühselig ventilieren, mit jedem einzelnen Amt und jedem einzelnen Beamten. Oftmals ist das von Gerichtsprozessen begleitet, was das ganze Ausstiegs-Vorhaben wieder kontaminiert und Informationsflanken öffnet. – Der Staat schenkt keinem etwas. Der Staat zeigt bei Ausstiegen, selbst bei rechtlich gebotenen Schutzmaßnahmen, die kalte Schulter, ist oft sogar zweiter Hauptfeind. Wir raten den Aussteigern, ihr Leben nicht auf die Behörden zu stützen, um der Traumatisierung und Schäden durch dem Amtsschimmel und dessen Wirrwarr zu entgehen.

Der Staat ist ‚zweiter Hauptfeind‘?
Wagner: Ja. Der Staat ist gegen Aussteigende sehr oft restriktiv, derart, dass er, wie ein Feind neben den rechtsradikalen Verfolgern als Gefahrenträger fungiert, faktisch gegen die erfüllbaren Erfordernisse gekehrt. Mit seiner Hoffart per Amt und Politik schadet er nicht selten den Schutzbedürftigen.
Man kann nach unserer Erfahrung in Deutschland keinen ernsthaften Zeugenschutz machen, man kann die Bedrohten und von Peinigern Verfolgten nicht vor Übergriffen schützen. Abtrünnige Rechtsextremisten lassen sich nicht zweckmäßig schützen, auch Personen aus OK-Strukturen oder ehemaligen Islamisten hilft der Staat nicht ernsthaft. Da gibt es, trotz vieler Möglichkeiten keine ordentliche staatliche Arbeitsweise, nicht im gesamtdeutschen Maßstab und auch nicht in Kontakt mit anderen europäischen Staaten. Das Thema Ausstieg wird schlicht politisch und sachlich als ein wesentliches Moment der Extremismus-, Terror- und Kriminalitätsbekämpfung sowie der Demokratie nicht ernst genommen – wohl aus Haftungsgründen und wegen der chronischen Ebbe in der Kasse. Für einen Ausstieg taugen Zeugenschutzprogramme meistens nicht.

Für die Öffentlichkeit klingt „Zeugenschutzprogramm“ doch aber erst mal vertrauenserweckend.
Wagner: Das ist Quatsch, Mumpitz. Ein Textbaustein für den Redenschreiber des Innenministers. Ich war selbst 20 Jahre in der Polizei, ich würde in der BRD nie ein Zeugenschutzprogramm annehmen.

Warum nicht?
Wagner: Weil ich den Leuten informationell nicht traue und zweitens kein Vertrauen in ihre Fähigkeiten habe. Das sage ich als ehemaliger Kriminaloberrat. Die Maßnahmen sind inadäquat und es besteht die Gefahr, dass Informationen weitergegeben werden. Das ist wie ein Schweizer Käser mit lauter Löchern, durch die jeder durchgucken kann. Dazu kommen die weit verbreiteten Disfunktionalitäten in den Strukturen von Zusammenarbeit der verschiedenen Stellen nach dem Motto „Alle machen mit, keiner weiß Bescheid“ oder umgekehrt. Das habe ich zu oft erlebt und schmerzhaft genießen dürfen.

Warum ist das Ihrer Meinung nach so?
Wagner: Schlechte „politische und fachliche Führung, historisierte Gewöhnung als deutsches Kulturelement. Darüber hinaus: Es gibt Verräter in den eigenen Reihen oder Leute, die am Amts-Computer sitzen und für eine Kameradschaft mal eben nachgucken, was mit dieser oder jeder Person gerade los ist… eine breite Palette der Möglichkeiten und der Realität.

Mit anderen Worten: Kameradschaften haben einen langen Arm in diese Institutionen?
Wagner: Ja, natürlich. Schauen Sie sich zum Beispiel den Fall Uniter an, denken Sie an andere Sachen, etwa an den Zusammenhang der Operation „Rennsteig“ des Verfassungsschutzes zu den Operationen des NSU oder an den Kauf einer Waffe durch den Mecklenburger CDU-Innenminister Caffier aus dem rechtsradikalen Kontaktgeflecht seines Bundeslandes. Interessant ist auch die Rolle des Verfassungsschutzes bei der Ausbreitung des Rechtsrocks in Deutschland in den 1990er Jahren über das Label „Rock Nord“.
Mir haben Aussteiger schon Fotos gezeigt, von weihnachtlichen Kameradschaftsabenden, auf denen Polizeibeamte und Staatsschutzleute zu sehen waren. Und mit solchen Fotos kann ich nicht zur Polizei gehen, weil ich gar nicht weiß, was dann passiert.

Könnten Sie damit nicht zu Ermittlungsbehörden?
Wagner: Zu welchem Staatsanwalt soll ich da gehen? Ich habe schon mal einem Staatsanwalt in Süddeutschland eine Materialsammlung angeboten, der hat da nur vor Angst geschlottert, auch weil die N’Drangetha noch mit drin auftauchte. Da war nichts zu machen, da war der große Rechtsstaat am Ende.
Einmal habe ich ein Waffendelikt eines führenden NPD-Politikers in Schwerin beim Generalbundesanwalt angezeigt. Der Politiker wollte einem Kameraden eine Schusswaffe übergeben und begründete dies damit, dass es „um den Endkampf gegen die Juden“ ginge. Da hat die Bundesanwaltschaft zurückgeschrieben, sie wären nicht zuständig und ich solle mir doch selbst eine Staatsanwaltschaft suchen. Spätere Ermittlungen, die dann durch den mutigen, 2018 verstorbenen Brandenburger Generalstaatsanwalts Rautenberg aufgenommen worden waren, verliefen in Mecklenburg-Vorpommern ohne Ergebnis.

Sie sagen also, wenn Sie staatliche Stellen auf Missstände aufmerksam machen wollen – dann geht das nicht?
Wagner: Ich kann das machen, aber die Konsequenzen möchte ich nicht mehr tragen, wofür? Erstens wird nichts unternommen und dann besteht die Gefahr, dass man bedroht wird oder Schlimmeres. Daran hatte ich mich über die vielen Jahre schon fast gewöhnt. Ich bin zuletzt im Dezember 2019 sehr ernsthaft bedroht worden. Darüber habe ich verschiedene Stellen informiert, die haben aber nur über mich gelacht und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend meinte, das ich zur Polizei gehen solle. Wohl ein guter Tipp von enormer zynischer Qualität.

Warum wurden Sie bedroht?
Wagner: Weil ich über Untergrundstrukturen unter anderem in Richtung Uniter und Nordkreuz recherchiert hatte und mich dazu öffentlich geäußert habe. Da wurde mir aus der Szene bedeutet, ich solle meine Schnauze halten. Ich solle meine „scheiß Aussteiger machen und die Fresse halten“. Ansonsten würde der Sniper mich zu finden wissen.

Sind solche Drohungen neu?
Wagner: Ich habe über die Jahre viel mit Bedrohungen zu tun gehabt, aber diese habe ich sehr ernst genommen. Das war schon hochkarätig und kein flapsiger Dummbrief. Vor dem Hintergrund sage ich auch: Ich traue dem Staat in Sicherheitsfragen Null. Da war mir der NSU eine große Lehre, ebenso Anis Amri.

Sie meinen, weil der Attentäter vom Breitscheidplatz vor seiner Tat observiert wurde?
Wagner: Die gesamte Sicherheitsarchitektur in der BRD ist nicht so ausgestaltet und befähigt, dass rechtsstaatliche Verhältnisse wirklich ernsthaft gesichert werden können. Auch am Wollen zweifle ich nach 30 Jahren Erfahrungen aus dem Inneren der Staatlichkeit und aus der Nähe zu ihr. Wenngleich, einige Verbesserungen vorgenommen worden sind.

Sie sagen, die Sicherheitsarchitektur…
Wagner: … ist ein Debakel für viele real davon Betroffene. Sicher, es gibt schlimmere Länder, doch der Antagonismus zwischen politischen Erklärungen, postuliertem Rechtsstaat und erlebter Realität muss erst einmal in Bitternis erkannt und die Bewältigung dieser Lage erlernt werden

Können Sie das an einem Beispiel konkretisieren?
Wagner: Nehmen Sie den NSU. Da wurden geheimdienstliche Förderstrukturen entwickelt, die den NSU überhaupt erst ermöglicht haben. Das Landesamt für Verfassungsschutz in Thüringen war eine katastrophale Entwicklung! Eine Brutstätte. Man hat mit V-Leuten die Szene strukturiert und die dann über einen langen Zeitraum blühen lassen, trotz eines hohen Ausmaßes von Straftaten. Die erste rechtsradikale Gewaltwelle im vereinigten Deutschland in den Jahren 1991-1994 kann als Duldungs- und damit Förderprozess von Behörden der Polizeien und der Nachrichtendienste angesehen werden, bis es zu arg wurde. Die Rechtsrock-Musikindustrie ist mitfinanziert worden durch die Bundes- und Landesbehörden für Verfassungsschutz, dazu gibt es Hinweise von Aussteigern und Informationen aus Gerichtsverfahren. Dort kam materielle und organisatorische Unterstützung vom Staat, aus welchem politischen Kalkül auch immer.

Halten Sie es generell für falsch, V-Leute einzusetzen?
Wagner: Nein, das Prinzip ist nicht falsch. Ich finde es richtig, V-Leute einzusetzen, um schnell und zielsicher zur Verhaftung führende Beweise zu eruieren, etwa um ein Waffenlager zu finden, Planungen zu erkennen, Strategien zu verstehen lernen, Absichten von Extremisten bzw. geplante Taten aufzuklären. Und danach wird die konkrete Person wieder abgezogen. Keine langfristigen, über Jahre reichenden Operationen, sondern immer verfahrensorientiert, schnelle kurze harte Schläge.

Sie haben in 20 Jahren EXIT ein großes Wissen über die rechte Szene angesammelt…
Wagner: Leider, ja.

Teilen Sie dieses Wissen mit den Behörden?
Wagner: Die Behörden könnten sich zum Erfahrungsaustausch melden. Aber das will in den erhabenen Ministerien kaum keiner.
Einmal bin ich zum NSU-Untersuchungsausschuss geladen worden, dort bin ich hingegangen. Ich habe mich auch früher schon zum NSU und ähnlichen Strukturen zu Wort gemeldet. Schon 1989 habe ich in einem Bericht an den Bund vor Terrorstrukturen, die in der DDR entstanden sind, gewarnt. 1994 habe ich diese Warnung nochmal erneuert, das ist auch in den Medien und in Literatur zum Rechtsextremismus dargestellt worden. Das wollte man aber nicht hören. Es gibt eine Lageeinschätzung von 1999/2000 vom BKA, wo es heißt, dass sich meine Einschätzungen zum Rechtsextremismus, die mir ja nicht im Schlaf ausgedacht hatte, bestätigt haben. Wenn man begründete Lagebewertungen nicht ernst nimmt und Risiken, die Extremisten verursachen, ungenau abwägt, kann ich auch nichts machen.
Ich habe wirklich gegen die verbreitete Ignoranz angekämpft, auch durch Interviews, Vorträge, Artikel und Stellungnahmen in Büchern und auch mittels Analyse und Beratung vor Ort in Städten und Gemeinden. Bekämpfungsmethoden wie Exit-Strategien werden nur gering geschätzt, trotz einiger nachgewiesener Erfolge. Beliebter sind die großen Schlagwerke der politischen und pädagogisierenden, stigmatisierenden Demokratiepropaganda verbunden mit allerlei und auch oft teurer Werbung.

Hatten Sie beim NSU auch schon vorher, vor der Mordserie, konkrete Personen im Blick?
Wagner: Ja, den Thüringer Heimatschutz hatten meine damaligen Mitstreiter und ich schon ganz gut im Blick. Ich kannte die wesentlichen Protagonisten persönlich, wir haben öffentlich Veranstaltungen gemacht gegen die, bei denen die Rechtsextremisten auftrumpfen wollten. Der Thüringer Innenminister Dewes (SPD) betrachtete uns aus „Staatsräson“ jedoch als Feinde, was er gegenüber seinem Umfeld nicht verhehlte, mit Folgen. Ich bin mehrfach bedroht worden durch Personen aus dem Thüringer Heimatschutz, doch Dewes hat mich und andere ausgelacht und versucht, die Überbringer der schlechten Nachrichten aus Thüringen zu vertreiben. Ich war damals u.a. in Thüringen aktiv im Rahmen das Bundesprogramms „Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt Jugendlicher“. Rainer Fromm, ein profunder Experte und Journalist, der damals viel für das ZDF gedreht hat, hat Ähnliches erlebt. „Selbsternannte Experten“ hat man uns genannt.

Es gibt mehrere staatliche Aussteigerprogramme, die allerdings nur geringe Zahlen von Aussteigern vermelden, etwa das Programm „Extra“ Sachsen-Anhalt, das zwischen 2015 und 2019 lediglich 17 Personen aufnahm. Sie hingegen geben an, dass EXIT seit der Gründung vor 20 Jahren 760 Aussteigern zur Seite gestanden hat…
Wagner: Nun, die Aussteiger wollen nicht alle zum Behörden-Staat gehen. Das wundert nicht, er ist nicht vertrauenswürdig und er war bis zum Ausstiegsentschluss der Hauptfeind. Aussteigende sind Rechtsradikale, die fünf, zehn oder 20 Jahre in der Szene waren. Für die ist der Staat, eine fremde Größe, ein Moloch. Das Verhältnis ändert sich später in Richtung mehr Differenzierung, oft bleiben jedoch staatliche Dienststellen der „Unfreund“, nicht allein wegen der Haltung der ehemaligen Extremisten. Es spricht sich halt rum, wenn Vertrauen missbraucht und das dann zu einem Kreislauf wird. EXIT versucht derartige Mechanismen zu unterbrechen, nicht immer mit Erfolg, auch wir laufen oft bei Behörden auf, trotz großer Erfahrungen, rechtlicher Kenntnisse und politischer Umsicht. Darüber lassen sich Bücher füllen. EXIT ist wegen der anderen gesellschaftlichen Stellung eben anders als die staatliche Behörde. Trotzdem gelten wir in den Augen der Rechtsextremisten auch als Feind, aber von anderer Art.

Zum Staat zu gehen, wäre für einen Rechtsextremisten jedenfalls Verrat…
Wagner: Schon zu EXIT zu gehen, ist Verrat. Aber wie gesagt, wir arbeiten behördenunabhängig. Wir stehen sozusagen nicht im Ruch, Zuträger für die Geheimdienste, die Polizei oder die Staatsanwaltschaft zu sein. Das ist ein sehr wesentlicher Punkt.

Warum arbeiten Sie nicht als Zuträger?
Wagner: Aus gutem Grund: Weil wir die Unabhängigkeit jedes freien Bürgers betonen und Freiheit als Wert wollen. Der Staat als Institution hat dieser in einer Demokratie zu dienen. Und wir sehen uns zuerst als freie Bürger, die anderen helfen wollen, den Weg in die eigene Freiheit zu finden.
Nachrichtendienstliche Methoden gehören nicht zu dieser Philosophie. Hinten rum einen Aussteigewilligen anzuschwärzen, das würde das Ganze kontaminieren und das Vertrauen kaputt machen. Wenn jemand Vergehen und Verbrechen auf dem Kerbholz hat, muss er sich selbst entscheiden, er muss sich strafrechtlich „ehrlich machen“, sprich die innere Einsicht der Aussteiger ist wichtig. Darauf arbeiten wir konsequent hin. Dann können sie von selbst beim Staatsanwalt oder bei der Kriminalpolizei Aussagen machen, Verantwortung übernehmen. Wer wirklich ein neues Leben will, sollte vor sich selbst und vor dem Gesetz ehrlich sein und auch Strafe entgegennehmen.
Eine schwere Tat, zu der sich jemand in Reue und Abstand bekennt, wird anders bewertet sein als eine verdeckte, verschwiegene Tat, die immer aus der Vergangenheit wie ein Fluch kommen kann. Und darüber wird mit den Aussteigern natürlich geredet, was es heißt, sich ehrlich zu machen.

Wenden sich Nazis auch einem Aussteiger-Programm zu, weil sie sich so erhoffen, vor Gericht milder bestraft zu werden?
Wagner: Es gibt welche, die in Strafverfahren äußern, sie hätten sich bei uns gemeldet. Da wird dann aber erst mal überprüft, ob das wirklich der Fall ist. Das kann tatsächlich Trickserei sein, wenngleich das bisher selten aufgetreten ist.
Natürlich wird ein echter Ausstieg auch gewürdigt in Strafverfahren, da müssen wir als EXIT dann zu Protokoll geben, für wie ehrlich wir diesen Ausstieg halten. Das ist eine Angelegenheit, der wir uns stellen müssen, um auch keinen blauäugig in die unverdiente Milde hineinzuführen, gar von der Verantwortlichkeit zu exkulpieren. Wir werden dann bei Bedarf von der Staatsanwaltschaft, von der Kriminalpolizei oder dem Gericht dazu angefragt und teilen dann unseren begründeten Eindruck mit, offen, nicht hinter dem Rücken der aussteigenden Person.

Gibt es bei den staatlichen Aussteigerprogrammen Angebote, dass Anklagepunkte fallen gelassen werden?
Wagner: Pauschal für all diese Angebote kann ich die Frage nicht beantworten. Aber in einzelnen Bundesländern haben wir schon erlebt, dass es dort Angebote gibt in dem Sinn ‚Sie arbeiten für uns als V-Person und dafür werden wir Ihnen ein paar Straftaten vergessen‘, zum Teil sogar begleitet mit einem steuerfreien „Monatsgehalt“. Wenn so etwas als schmutziger und nötigender Deal geschieht, halte ich das für ethisch perfide und rechtsstaatlich höchst bedenklich. Das Ziel wäre dann nicht der gesellschaftliche Wert des Ausstieges, sondern es wäre erzwungene und lebensgefährliche Ausspähung der Szene. Ich habe in meiner Kripozeit nur mit V-Leuten gearbeitet, die es freiwillig taten.

Es wird in Deutschland viel darüber diskutiert, ob rechtsradikale Gesinnung in den Sicherheitsbehörden Einzelfälle oder weit verbreitet sind. Was ist Ihre Einschätzung dazu?
Wagner: Für mich ist weniger die Frage, wer da wie gesinnt ist, sondern mein Punkt ist, dass dort die Matrix des Staates nicht funktioniert. Es kommen Verwerfungen zustande, weil der Staat nicht adäquat am Thema handelt. Und weil Führungspositionen von Leuten besetzt sind, die rechtsextreme Gesinnung von Unterstellten nicht ernst nehmen sowie Zustände dulden, wo der Rechtsstaat in Sicherheitsbehörden aus Gründen politischer Vorgaben aus verschiedenen Richtungen mit Füßen getreten wird und Maß und Mitte der Gleichheit vor dem Gesetzt aus dem Lot geraten. Das fördert den Einbruch rechtsradikaler Narrative und das macht das eigentliche, noch größere politische und gesellschaftliche Problem aus. Natürlich geht es nicht, dass Verfassungsschützer, Polizeibeamte, Staatsanwälte das rechtsextreme Geschäft betreiben. Das ist Bruch des Eides und muss dienst- oder auch wenn erforderlich strafrechtliche Konsequenzen haben.

Haben Sie nicht den Eindruck, auch nach den in diesem Jahr bekannt gewordenen Fällen, dass die Polizei ein größeres Problem mit rechter Gesinnung hat als nur „Einzelfälle“?
Wagner: Ich spreche von rechtsradikaler und rechtsextremer Gesinnung und Verhalten und das hat eine rechtliche, rechtsstaatliche Bedeutung. Gefühls- und Unterstellungspolitik ohne Beweis darf es gegenüber den Sicherheitsorganen und dem Rechtswesen in einer menschenrechtlich und an die Freiheit gebunden Demokratie nicht geben, auch nicht im Namen des sogenannten „Antifaschismus“ oder „Antirassismus“. Das ist das Eine. Das andere ist, dass die über Jahre immer wieder auftretenden Vorkommnisse in Polizei, Verfassungsschutz und in den Streitkräften keine Einzelfälle sind, sondern ein Kontinuum bilden, dessen historische, langwirkende und aktuelle Wesensmechanismen aufgehellt werden müssen.

Was halten Sie von einer Rassismus-Studie in den Sicherheitsbehörden, wie sie in diesem Jahr von vielen Seiten gefordert wurde?
Wagner: Ich würde eine Studie befürworten, im Moment scheint mir aber die Forderung kampfpolitisch und ideologisch motiviert. Es geht doch eigentlich um das Erkennen der Wesensmechanismen des rechtsradikalen, des extremistischen per se rassistischen Kontinuums in der Gesellschaft und auch in der Polizei. Das wäre der Gegenstand einer komplexen Forschung aus der Perspektive der Demokratie als Werte und Rechtsordnung.
Ich halte von der jetzt wie üblich zelebrierten politischen Show und der medialen Theatralik als Kampfstoff wenig. Doch eine ernsthafte und komplexe Forschung ohne die jetzt wie immer zu befürchtende schnellschüssige Billig-Soziologie kann helfen.

Sie haben viele Aussteiger-Biografien kennen gelernt. Was waren wesentliche Erlebnisse, die bei Aussteigern dazu geführt haben, dass sie sich loslösen?
Wagner: Oft ist es der Moment, dass die Leute merken, dass sie sich in einem komplett verlogenen, unehrlichen Zusammenhang bewegt haben. Der Bruch zwischen Wort und Tat ist immer so ein Schlüsselereignis. Wenn Menschen merken, dass die treibenden Typen in ihren Zusammenhängen eine Lügenwelt um sich herum inszenieren, tolle Reden schwingen, dann aber alles ganz anders machen, oft in egoistischer Absicht oder wenn sich das politische Ideal als falsches Konstrukt erweist, kann es der Anfang des Zweifels und des Ausstiegs sein.
Was da geredet wird leidet nicht selten an schwerer Hohlheit“, die trotzdem glaubens-wirksam ist, auch wenn die Radikalen intelligent sind. Weil die Beteiligten sich in einer ideologischen und organisatorischen, lebensbestimmenden Hermetik bewegen, in einer Blase, wie man neumodern sagt. Die Abschottung macht viele mögliche gute Einsichten kaputt. Wenn sie die Schotten dann einmal aufmachen, kommen andere Dinge herein, neue Informationen, andere Kontakte. Das ist ein wichtiger Punkt: Kontaktaversion aufbrechen und Dissonanz im eigenen Lebenssystem zu erfahren, Pluralität auszuhalten und zu bewältigen.

Es gibt eine große Bandbreite antifaschistischer Kulturprodukte. Was bewirken die bei Menschen in der Szene? Etwa ein Film wie „Schindlers Liste“…
Wagner: Relativ wenig. Das ist nicht das, was Katharsis auslöst, das tun eher noch Dokumentationen über das Erleben von Gewalt, da passiert etwas im Kopf. Das Einnehmen der Opferperspektive spielt eine große Rolle: Was wäre, wenn ich das Opfer wäre? Und warum? Was wollen die Verfolger?
Und dann natürlich die Frage: Ist es sinnvoll, eine gesamte Gesellschaft auf einem Gewaltkomplex aufzubauen? Eine Gewalt- und Terrorherrschaft kann man nicht lange aufrechterhalten. Das ist eine Einsicht, zu der viele Aussteiger kommen. Und auch: Ohne Freiheit kann es keine Freiheit geben, auch nicht einer Kultur oder ein gutes Leben.

Haben Sie Aussteiger auch mit Opfern ihrer Gewalt konfrontiert?
Wagner: Ja, es gab Leute, die gesagt haben: Weil ich den Menschen geschlagen habe, möchte ich mit ihm reden. Wir haben das versucht zu vermitteln, und in einigen Fällen haben solche Treffen auch stattgefunden. Sie waren für alle Beteiligten intensiv, nicht selten belastend, doch unabhängig von Ausgang wichtig. Ein Nazitäter hat das Grab eines von ihm getöteten Opfers aufgesucht.

Wie bewerten Sie den Einfluss von Aktionen der Antifa?
Wagner: Die Antifa wird von Aussteigern weitgehend abgelehnt. Deren Outing-Kampagnen zum Beispiel bewirken genau das Gegenteil. Zwar wir deren Engagement verstanden, doch das Problem ist die den Methoden inhärente öffentliche Aufführung, nicht selten von Hass, geringerem politischen und ethischen Level und Selbstgerechtigkeit geprägt. Das ist keine Offerte, keine Option. Genau aus der Nummer gilt es herauszutreten. Antifaschismus und Verteidigung der Menschenrechte müssten, so wie ich es gelernt habe, zusammengehören. Beim Outing sehe ich das nicht.

Wobei das Selbstverständnis der Antifa ist, gegen Faschismus zu kämpfen, also etwas ‚für die gute Sache‘ zu tun.
Wagner: Das ist flache Theorie, um nicht zu sagen Propaganda, oft ohne historische und komplexe gesellschaftspolitische Analyse. Und: Antifaschismus und Antifaschismus sind unterschiedliche Dinge. Welchen meinen wir?
Zum Beispiel auf der „methodischen Ebene“: Outing und Gewalt gegen Faschisten einzusetzen, halte ich für falsch. Das ist eine völlig falsche Logik. Ein Aussteiger sagt sich dann: ‚Die sind ja genauso wie ich es war.‘ Das ist eine unethische, politisch falsche Haltung. Ich habe früher selbst so gedacht, in meiner Zeit als ich vom kommunistischen Antifaschismus in der DDR geprägt worden war, „alle einsperren, töten usw.“ Jede Methode gegen ein „böses System“, die tendenziell in den Gulag führt, ist ein Irrweg.

Und wenn „nur das Auto angezündet“ wird?
Wagner: Auch dann, damit fängt es ja an. Tür eintreten, Brandflasche in die Wohnung schmeißen – solche Aktionen haben wir auch erlebt gegen Neonazis, die schon ausgestiegen waren. Da fängt der Gulag an, da landet man final bei Pol Pot. Von so einer Denkweise habe ich mich grundlegend gelöst.
Das ist ja auch der Grund für mich, systemisch an einer freiheitlich demokratischen Kultur zu arbeiten. Eine demokratische Kultur, die auch ein Element der Vermittlung kennt, auch das einer starken Kontroverse, auch der Wehrhaftigkeit gegenüber Nazis. Natürlich gibt es Notwehrgewalt, doch bei der Antifa sehe ich eine Aggressionslinie, die meiner Meinung nach völlig falsch ist und uns tendenziell in eine neue Diktatur stürzen wird.

Wenn man nun den Kampf gegen Faschismus als ein Zusammenwirken vieler Akteure begreift, welchen Stellenwert hat dabei für Sie die Antifa?
Wagner: Die meisten Aktionen der Antifa triggern die Rechtsradikalen. Das fördert sie eher, als dass es sie beeinträchtigt. Das war schon eine Erkenntnis im Mielke-Staat DDR.

Haben das aussteigewillige Nazis das auch so geäußert, dass sie sich getriggert fühlen?
Wagner: Ja. Das wird in der Szene so reflektiert, dass man sich fester zusammenschließen solle, eine Konspiration entwickeln müsse, den Willen stärken müsse, gegen dieses Antifa-System zu Felde zu ziehen. Das verhärtet die Sache eher, es macht die Sache zu einem sich gegenseitig fütternden Aggressionssystem.

Gibt es Antifa-Proteste, bestimmte Formen, die Sie begrüßen?
Wagner: Nicht von den Strukturen, die ich kenne. Selbst die Rhetorik ist ja aggressiv, da ist keine Vermittlung möglich. Ich kann auch nicht erkennen, wer der Adressat der Botschaft ist. Soll der Staat angeklagt werden, mehr zu tun? Soll ein Polizeistaat errichtet werden? Die Antifa ist ja der Meinung, der Staat tut zu wenig, in der Polizei und in den Behörden seien alle rassistisch – da wird immer mit Superlativen hantiert und das sind alles Fehlbeschreibungen der Wirklichkeit, die nichts mehr möglich machen, sondern das Handlungssystem beschränken. Soll das Ergebnis die Zerschlagung der bürgerlichen Staatsmaschine oder ihre Übernahme sein? Das ist auch das Problem von Black Lives Matter oder der heutigen, auf Militanzen setzenden Schildkröten-Antifa in Kombination mit narrativen Invasionen, Stigmatisierungskampagnen. Es wird viel ätzender Schaum erzeugt, mit schalem Ergebnis.

In Berlin werden von der Antifa zum Teil Wohnadressen von Nazis im Internet veröffentlicht oder im öffentlichen Raum plakatiert…
Wagner: Das halte ich für sehr gefährlich. Ich habe diese Meinung auch vor einigen Jahren bei einer antifaschistischen Veranstaltung des ASTA an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder vertreten, wo ich als Podiumsgast eingeladen war. Da gab es deswegen harte Wortschlachten im Auditorium. Ich lehne so eine Methode grundsätzlich ab.

Aber wenn wir zum Beispiel den Fall Kalbitz betrachten: Die Erkenntnisse über seine Neonazi-Vergangenheit gehen ja mitunter zurück auf Recherchen von Antifa-Aktivisten…
Wagner: Das ist die Offenlegung einer Tatsache, so etwas habe ich auch gemacht und das ist vertretbar. Aber ein Outing wie ich es von Seiten der Antifa oft erlebt habe, auch gegenüber Aussteigern, ist die Diffamierung und die aggressive Behandlung der Person im Wohn- und Arbeitsfeld, mit dem Ziel der existentiellen Vernichtung. Das ist etwas Anderes als die Offenlegung von Tatsachen, die man juristisch auch belegen kann.

Welches Verhältnis haben Nazi-Aussteiger gegenüber der AfD, lehnen sie diese komplett ab?
Wagner: Die allermeisten Aussteiger sind keine AfD-Wähler, die gehen in andere politische Strömungen über. Wir haben ehemalige Aussteiger, die heute Mitglied der SPD sind, es gibt auch welche, die sich ideologisch im CDU- oder FDP-Milieu bewegen. Und ich habe welche erlebt, die zu einer linkssozialistischen Denkweise übergegangen sind. Alle beschäftigen sich trotzdem mit der AfD.

Können Sie Namen von Aussteigern nennen, die in Parteien gegangen sind?
Wagner: Stefan Rochow, der früher bei der NPD-Jugendorganisation war, hat nach seinem Ausstieg Theologie studiert, ist Katholik geworden und engagiert sich für die CDU. Matthias Adrian, früher Hessischer Neonazi und NPD-ler, ist Sozialdemokrat geworden.

Die Partei AfD wird heute in weiten Teilen der Leitmedien ausgegrenzt, sprich über politische Forderungen und Programme wird selten berichtet, AfD-Politiker werden selten interviewt. Kann dies sinnvoll sein, im Kampf gegen rechtsextremes Gedankengut?
Wagner: Nein, ich halte das für sinnlos. Ich finde, das ist auch zeithistorisch kein Glanzstück der Demokratie. Es müsste erst mal politisch ausgemacht werden, ob das Parteiprogramm der AfD in toto rechtsextrem ist. Das ist aber überhaupt nicht entschieden. So eine pauschale Aussage würde ich angesichts der Kriterien der Extremismus-Deutung, die in der BRD über 30 Jahre Bestand hatte, für problematisch halten.
Ich sehe in dieser Ausgrenzung eher eine Weigerung, sich inhaltlich mit dem AfD-Parteiprogramm und den darin vertretenen politischen Positionen auseinanderzusetzen. Es ist eine Art von Ausgrenzung einer gewordenen Konkurrenz. Wenn man dagegen kein anderes Mittel hat als Ausgrenzung, dann tut mir die Demokratie leid. Der Effekt dieser Ausgrenzung wird negativ sein. Und es ist kein guter Beitrag gegen Rechtsextremismus. Es muss eine offene und inhaltlich profunde Auseinandersetzung erfolgen und das ist schon das Problem.

Was halten Sie denn vor der Aussage, man müsse die Demokratie vor der AfD schützen?
Wagner: Das ist eine Fehlinterpretation, so läuft Demokratie nicht. Das ist eine Demokratie der geistigen Faulheit, die da präsentiert wird. Da mutiert Demokratie zur Religion.

Die Ausgrenzung der AfD ist also kontraproduktiv?
Wagner: Sie ist kontraproduktiv, insofern als dass man keine Gegenposition mehr entwickelt. Man muss sich mit diesem Gedankengut offensiv auseinandersetzen und die Position nicht nur zurückweisen sondern überzeugend zurückweisen. Wenn man es dagegen totschweigt, oder lächerlich macht, kann es und wird es nach hinten losgehen. Ich kenne das von der DDR, dort hat man jede alternierende Position totgeschwiegen, verächtlicht, verfolgt, selbst kritische sozialistische Positionen, innerhalb des Systems. Und das ist ein schlimmer Fehler. Es verhärtet die Fronten und wird die Gesellschaft weiter radikal spalten. Der Aversions-Effekt, den man erreichen will, durch die massive ideokratisch gestützte Ausgrenzung, wird deutlich geringer ausfallen, als man es sich erhofft.

Lassen Sie mich zum Aspekt ‚Mit Rechten reden‘ noch eine Position einer Antifa-Recherche-Gruppe einbringen: „Mit Wähler*innen der AfD kann sich eine Diskussion lohnen, mit Produzent*innen und Akteur*innen rechter Ideologie, wie Beatrix von Storch, jedoch nicht. Bei gefestigten Neofaschisten komme es nur darauf an, deren Wirkungsoptionen einzuschränken.“
Wagner: Das ist ein guter Satz, aber nicht meine Sichtweise. Ich würde auch mit Beatrix von Storch sprechen. Ich möchte die Position von ihr und anderen attackieren, meine dagegen setzen – und sie nicht von vornherein als Faschistin abtun. Das ist mir zu schlicht. Das ist auch sachlich, aus meiner Perspektive, nicht richtig.

Ist das auch die Lehre aus 20 Jahren EXIT?
Wagner: Ja, und die Lehre aus meinen politisch bewussten Lebensjahren in der DDR. Ich war früher wie gesagt durchaus auch selbst der Gewalt gegenüber Rechtsradikalen zugeneigt, ich glaubte, damit einen Weg gefunden zu haben. Dadurch habe ich natürlich auch gesehen, was man alles an Schädlichem, politisch und menschlich anrichten kann, wenn man undifferenziert, unkonkret, ideologisch pauschalisierend und schematisierend Andersdenkenden gegenübertritt. Das ist der falsche Weg, der Antifaschismus, verstanden als ein wirklich für alle freiheitsbewusstes Gesellschaftsverständnis auf dem historischen Möglichkeitsfeld stehend und ohne doppelten Boden, wird durch so eine schematische Politik schwerst beschädigt. Wir brauchen keine Atmosphäre wie in der chinesischen Kulturrevolution.
Erst werden Positionen und persönliche Haltungen schematisch etikettiert und dann Anti-Politiken draufgelegt, die die existenziellen Lebensgrundlagen und die Lernfähigkeiten des ‚Gegners‘ in Abrede stellen, in dem man Aggression und Gewalt gegenüber diesen Personen einsetzt. Wenn man nur noch Bestrafung in den Mittelpunkt stellt, Knast, Prügel, Tötung – das ist der Moment, wo jedes Menschenrecht, wo jede Freiheit und jede Würde weggebügelt wird, im Namen der selbigen. Das ist ja die Perversion überhaupt. Im Namen der „Revolution“ und ihres finalen Sieges Leute zu schlagen, einzusperren oder zu töten kann nicht der Weg sein.

Stehen Sie selbst im Dialog mit Antifa-Aktivisten?
Wagner: Über die Jahre hatte ich zu vielen Kontakt, heute kann ich mit einigen nicht mehr reden. Es gibt noch ein paar, mit denen ich rede. Das sind politisch kluge und reflektierte Menschen, die auch bemerkenswerte Analysen vornehmen, zum Kapitalismus und seiner Entwicklung, zu Herrschaft und Demokratie. Doch das, was von großen Teilen, die sich als Antifa verkaufen, heute öffentlich und medial bis in die ‚Leitmedien‘ hineinragend aufgeführt wird, das kann ich nicht mehr mittragen.

EXIT erhält im Jahr staatliche Zuschüsse in Höhe von 225.000 Euro. Es gibt allerdings immer wieder Berichte darüber, dass diese Finanzierungshilfe ausläuft. Müssen Sie stets bangen, ob die staatlichen Gelder kommen?
Wagner: Ja, aber das lässt mich mittlerweile kalt. Bangen ist seit 2019 nicht mehr mein Beruf. Ein Staat, der diese Arbeit nicht zu wertschätzen weiß, der kriegt, was er kriegt. Im Moment haben wir eine Finanzierungsgarantie bis 2022, danach ist alles wieder offen. Das ist im Grunde das Prozedere der letzten 20 Jahre.
Otto Schily hat 2001 die Rechnung aufgemacht, dass ein Ausstieg etwa 100.000 DM kosten würde, diese Summe hat er in Aussicht gestellt. EXIT müsste demnach eigentlich mehr als 40 Millionen Euro bekommen haben – auf das Geld warte ich heute noch.

Welche Regierungen waren im Rückblick einfacher von der Notwendigkeit eines Deradikalisierungsprogramms zu überzeugen?
Wagner: Diejenigen, die beim Thema Antifaschismus am produktivsten und strategischer gedacht haben, das waren die Konservativen, Politiker der CDU. Die haben bis etwa 2015 noch eher versucht, eine Kontinuität der Finanzierung herzustellen, weil sie auch unter kriminalpolitischen Aspekten Ausstiege für sinnvoll erachtet haben. Die Grünen waren ähnlich wie die CDU orientiert. Waren. Bei Linken und Sozialdemokraten kann ich das, bis auf wenige Aufnahmen im politischen Raum, nicht bestätigen. Die Diagnose ändert sich auch nicht, wenn argumentiert wird, dass ja auf der Länderebene Ausstiegsangebote strukturiert wurden. Zum Preis dass man Angebote wie Exit, die auf Bundesebene bestehen, aus Ländereitelkeit absägt?

Sie meinen, Linke und SPD haben weniger Interesse an der EXIT-Arbeit?
Wagner: Ja, eindeutig: Deradikalisierung und Exit-Strategien wurden von denen nie ernsthaft als gutes politisches und gesellschaftlich breit wirkendes Format verfolgt, sondern man hat viel mehr Repression in den Mittelpunkt und den Blick auf die einzelne von Mutti, Vati oder die Umstände „versaute“ Person gestellt. Die öffentliche Show der Verfolgung, freilich ohne Potenziale im Justizwesen, war denen wichtiger, als die nachhaltige Beseitigung von Einstellungen und Gesinnungshintergründen. Wichtig ist aber genau die Auflösung von radikaler Ideologie – allgemein und auch in der Einzelperson selbst – sowie die Bearbeitung der Entstehungsgründe und Existenzbedingungen. Das ist der Kern von Exit-Strategien – und das wird in der Linken und der neuen unifizierten Linken nicht wertgeschätzt. Das sage ich auch bewusst so pauschal, denn ich beobachte das wirklich bis heute sehr intensiv.

Im Jahr 2001 hat Christoph Schlingensief auf der Bühne mit Aussteigern gearbeitet. Wie bewerten Sie heute dieses Projekt?
Wagner: Schlingensief und EXIT haben damals miteinander zu tun gehabt, auch über die Bundeszentrale für politische Bildung, die das Projekt unterstützt hat. Wir haben das nicht verworfen, aber wir haben es in seiner von uns damals wohl zu Unrecht als „hypertroph“ ideologisch geprägt empfundenen Präsentation nicht mitgetragen. Wir haben auch mit einem Teil der Aussteiger Kontakt gehabt, die bei Schlingensiefs „Hamlet“ mitgemacht haben, es sind auch welche durch das Projekt zu uns gekommen.
Wir haben damals nicht „Hurra“ geschrien, aber es war eine Handlungsmöglichkeit und im historischen Rückblick sage ich: Es war nicht falsch. Torsten Lemmer beispielsweise hat sich im Nachgang sehr engagiert, das aufzuarbeiten, woran er beteiligt war und hat zur Aufdeckung von rechtsradikalen Strukturen beigetragen. Er hat aufgeklärt, wie ein fördernder Arbeitszusammenhang zwischen Nachrichtendienst und rechtsextremer Szene gelaufen ist, sprich wie staatliches Geld in das Rechtsrock-System geflossen ist.

Wo haben Sie heute Optimismus, was Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus betrifft?
Wagner: Optimismus habe ich bei den Organisationen und Behörden, die sich intensiv, grundsätzlich systemisch und vom Grundgesetz ausgehend mit der Thematik ernst beschäftigen. Die sich tätig die Frage stellen: Was bedeutet es konkret im Alltag, die Grundrechte und Grundfreiheiten der Menschen zu fördern und die Freiheitsfähigkeit des Einzelnen anzuheben? Das ist eine lebendige Aufgabe, zu der braucht man auch die Wissenschaft, Medien, Diskurse im Alltagsleben. In der Bundesarbeitsgemeinschaft Ausstieg zum Einstieg sind einige Organisationen versammelt, die sich tiefgehend mit dem Thema befassen. Auch alles, was sich mit Community-Coaching beschäftigt, Organisationen, die auf Nachhaltigkeits-Aspekte in der Kommune bedacht sind, ebenso der Bundesverband Mobile Beratung. Auf diejenigen, die systemisch an lebender demokratischer Kultur arbeiten, setze ich meine Hoffnung. Und nicht auf die Propaganda-Maschinen einer papiernen Demokratiereligion.

Sie haben 2014 das Bundesverdienstkreuz erhalten. Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung, auch vor dem Hintergrund, dass Sie vom Staat nicht immer unterstützt wurden?
Wagner: Die Auszeichnung bedeutet mir trotz des Hintergrundes etwas, vor allem habe ich sie von Joachim Gauck bekommen, der besonders die Freiheit im Blick hatte.
Ich übe nicht pauschal Kritik am „System“, sondern es gibt Entwicklungen und Funktionsfelder in der heutigen politischen und rechtlich demokratisch normativ aufgesetzten Gesellschaft, die ich kritisiere. Zum Beispiel sehe ich die zunehmende Eigenermächtigung der Exekutive kritisch, während gleichtzeitig die zivilisatorische Staatsfunktion durch Ökonomisierung vermindert wird.
Es gibt Politiker und Behörden, mit denen kann man ernsthaft arbeiten und andere, wo das nicht der Fall ist. Der Ertrag ist letztendlich in meinen Augen zu gering.
Ich mache diese Arbeit nicht für den Staat, auch nicht um der Politik, „der Antifa“ oder anderer Assoziationen willen oder gar um gretaesk „die Welt zu retten“. Ich mache das für die Aussteiger, die eine gute und so dringende Einsicht gewonnen haben, Totalitarismus zu verwerfen. Das wirkt insgesamt situativ und ggf. auch strukturell schwächend auf das rechtsradikale Denk- und Handlungssystem ein – und dazu versuche ich meinen Beitrag zu leisten.

21 Kommentare zu “Ich mache das für die Aussteiger, die die Einsicht gewonnen haben, Totalitarismus zu verwerfen.”

  1. Rudolf Ott |

    Wo nimmt der Mann die enorme Kraft und Zuversicht her? Jede Zeile des Interviews wäre zu unterschreiben. Um halbwegs über die krummen Geschäfte der Altparteien einschließlich „Die Linke“ zu sein, hilft etwa Lektüre der Auslandspresse. Ich fürchte wir gehen gewaltreichen Zeiten entgegen. Es ist die Quasi-Religion „Extremismus“: Der kann neonazistisch, antifaschistisch oder islamistisch sein. Der Terror braucht drei Verbündete: 1. Die Allesversteher; 2. die Drumherumsteher; 3. Die Zuspätweiner.

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  2. Allesfalsch |

    Das größte aller Probleme ist doch, dass die bürgerliche Mitte als rechtsextrem gebrandtmarkt wird. Die meisten AfD-Wähler kommen aus der CDU, CSU, SPD, Grünen. Und warum ? Na, weil diese Parteien einen fundamentalen Linksdrall aufweisen.
    Was hier im Interview mehr als deutlich anklingt, ist doch, dass es nur am Rande um echte Neonazis geht, sondern dass jeder konservative Bürger als solcher diffamiert wird.
    Und selbst der Neonazi will kein drittes Reich. Er will einfach nur seine Heimat bewahren. Alles was links steht, und das scheinen mir die meisten Menschen in diesem Land zu sein, wollen das nicht; wollen genau das Gegenteil.

    Würde der Linksradikale und Islamradikale Extremismus endlich mal in der Größenordnung des Rechtsextremismus angegangen, würden sich kaum noch Rechtsextreme finden lassen.
    Aber wenn der komplette Staatsapparat links gestrickt ist, kennt er eben nur einen Feind : den „Rechten“ – obwohl der wie gesagt gar nicht rechts, sondern mitte ist.

    Braucht man sich nur die Straftaten von Linken und Muslimen der letzten fünf Jahre anschauen und registrieren, dass nun 1 Mrd. gegen rechts ausgegeben werden soll.
    Wo im Land haben wir einen vergleichbaren Rechtsextremismus, der solche Summe rechtfertigte ? Hier sollen konservative Bürger verfolgt werden, während tatsächliche Fundamentalisten und Faschisten subventioniert werden.

    Die Antifa wird vom Staat finanziert, obwohl sie Polizisten attackiert; Brände legt; massenhaft Autos und Geschäfte beschädigt und nicht selten zu massiver körperlicher Gewalt gegen Andersdenkende greift.

    Auch über 200 islamistische Gefährder laufen hier frei rum. Jeder von ihnen bereit einen Anschlag mit hoher Opferzahl zu verüben. In Bälde kommt die erste Welle wieder frei und bereits Abgeschobene kommen mir nichts dir nichts zurück, beantragen Asyl und sind safe.

    Wäre das Geld da nicht besser aufgehoben ?

    Naja, denken ist halt Glückssache.

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    1. Peter Nauer |

      Ganz plumper Versuch mit unbelegten Argumenten („Die Antifa wird vom Staat finanziert“, „200 islamistische Gefährder laufen hier frei rum“) ein massives Gewaltproblem von rechts zu relativiern. Zusätzlich die AFD als die besorgten netten Leute von nebenan zu verharmlosen. Ihr Ex-Pressesprecher von Gaulands Gnaden hat sich entlarvt als er sagte „je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD.“ und in Bezug auf Migranten „Wir können die nachher immer noch alle erschießen, das ist überhaupt kein Thema, oder vergasen, oder wie du willst, mir egal.“ Parteien, die solche Meinungen nicht in ihren Reihen dulden, haben Ihrer Meinung nach also alle einen „linkdsdrall“? Interessant.
      Und der arme „Neonazi will kein drittes Reich. Er will einfach nur seine Heimat bewahren.“ Wessen Heimat? Meine nicht, vielleicht Ihre. Bei solchen Aussagen wird mir schlecht. Und ja, wenn man schon mit Zahlen hantiert, muss man die Realität schon ertragen können: Tote durch rechte Gewalt seit 1990 – 187, durch linke Gewalt: 4. Das rechtfertigt keine Verharmlosung linker Gewalt, jedoch einen relativ geringeren Einsatz von rechtsstaatlichen Mitteln.
      https://katapult-magazin.de/de/trockne-zahlen/trockne-zahlen/fulltext/gegenueberstellung-politisch-motivierter-gewalt/

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      1. Allesfalsch |

        Leugnen zwecklos !
        Selbst im Bundestag verlangt man nach einer verlässlichen Finanzierung der Antifa. Es könne nicht sein, dass solche Gruppen immer wieder ihren Geldern hinterlaufen müssen.

        https://www.youtube.com/watch?v=EhKm5sewOos

        Übrigens sind meiner Meinung nach, alle Linken an den islamischen Morden und Vergewaltigungen unserer Tage mit schuld. Sie sind diejenigen, die diese zu verantworten haben – inkl. Merkel & Co.
        Oder kann man das politisch anders sehn ?

        https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/innenministerium-28000-islamisten-davon-619-islamistische-gefaehrder-in-deutschland-a3364480.html

        Das ist Ihre Heimat ?
        Dann bleibt mir nur, Ihnen viel Glück zu wünschen.

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        1. Peter Nauer |

          Wenn Frau Künast damit tatsächlich militante Antifa gemeint hat verurteile ich deutlich. Wenn sie damit Organisationen wie Exit meint bin ich vollumfänglich bei ihr.
          Aber Sie sagen, die Antifa werde vom Staat finanzeirt. Unabhängig davon, dass ihr Link nur ein verzweifelter und gescheiterter Versuch ist das zu untermauern, schliesse nicht aus, dass das in Form von V-Männern etc. der Fall ist. Ich halte es aber im Hinblick dessen, was wir über den NSU-Komplex und die massive staatliche Verflechtung mit rechten Netzwerken in diesem Zusammenhang gelernt haben (siehe auch Herrn Wagners Aussagen oben) abermals für eine unglaubliche Relativierung Ihrerseits. Linke und islamistische Gewalt gibt es und sie ist verachtenswert. Es kommt mir aber bei all Ihren Ausführungen so vor als müsste zwanghaft linke und islamistische Gewalt zu mehr aufgeblasen werden als es ist, um damit das riesige braune Problem, dass wir haben zu verharmlosen. Wem die Demokratie am Herzen liegt, der verurteilt ALLE ihre Feinde und pickt sich nicht politisch konform einen Teil Anti-Demokraten heraus. Wo ist hier ein Statement Ihrerseits, dass das einfach einmal anerkennt, dass es hier ein Problem gibt? Auf die zitierte Aussage des Pressesprechers gehen Sie auch nicht ein, auch nicht auf die Todeszahlen. Es ist und bleibt das Gefasele von „besorgten Bürgern“, die „in der Defensive“ sind. Ein sich als Opfer eines übermächtigen linken Komplotts zu stilisieren, ein verlogenes Schmollen, dass die eigene Verantwortung als Demokrat scheut.

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          1. Allesfalsch |

            Tut mir leid für Sie, Ihr linkes Auge ist blind.

            Es gibt etliche linksextreme Gruppierungen, die mit Steuergeldern subventioniert werden. Rechte dagegen werden Sie kaum finden.

            Noch ein Beispiel, von dem Sie behaupten werden, man habe sich die Zahlen ausgedacht :
            https://politikstube.com/afd-fraktion-sachsen-staatsregierung-zahlt-551-031-euro-an-linksextremes-zentrum/

            Ich relativiere rechte Gewalt in keiner Weise, aber Bürger wie Sie wollen oder können den rotfaschistischen Linksdrall des kompletten Staatsapparates nicht sehen.
            Sie werden Ihre Gründe haben.

          2. Allesfalsch |

            PS: ich gehe nicht darauf ein, weil das hier ja alle gleichgeschalteten tun. Ihnen als Vorzeigedemokrat müssten meine Anmerkungen eigentlich willkommen sein.

            Sehr interessant finde ich Ihre Einschätzung vom „Gefasele besorgter Bürger, die in der Defensive sind“.

    2. Sievert |

      Wie viele Morde gab es denn in den Letzten 20 Jahren von Links und von rechts?

      Wo sehen Sie einen Staat der aktiver gegen Rechte als gegen Linke und Islamistische Gewalt vorgeht?

      Antworten
      1. Allesfalsch |

        Gegenfrage : Wo sehen Sie einen Staat der aktiver gegen linke und islamistische Gewalt als gegen rechte vorgeht ?
        Und dass die zusammen ein vielfaches der rechten Gewalt ausmacht, werden Sie nicht bestreiten wollen, oder etwa doch ?

        Schalten Sie den Fernseher ein, lesen Sie den gleichgeschalteten linken Mainstream und Sie werden feststellen, dass sich deren ganze Aufmerksamkeit auf rechts richtet.
        Naja, wenn ich ehrlich bin, werden Sie es natürlich nicht feststellen.
        Insofern sind Diskussionen eben genau das was Herr Wagner von der rechten Szene behauptet, nämlich zwecklos !

        Lassen Sie sich abschließend und gutgemeint sagen : Die rote Revolution frisst ihre Kinder. Ich weiß, Sie werden zu gegebener Zeit in Verbitterung daran denken, aber dann ist es eben zu spät.

        Antworten
  3. Ossi |

    Herr wirf Hirn!

    Antworten
  4. Anonym |

    Falls sie sich über Leserzuwachs wundern:
    Fefe hat Ihr Interview verlinkt:
    https://blog.fefe.de/?ts=a14399cf

    Ein teils erschreckendes, sehr interessantes Interview.
    Wäre interessant, was Hr. Wagner von EXIT über politische Bildung z.B. im Rahmen von Schulunterricht denkt/für sinnvoll erachtet.

    Antworten
  5. Sven |

    Vielen Dank.
    Sehr informativ und viel Stoff zum Nachdenken.

    Antworten
  6. Nico H. |

    Der Autor behauptet, die AfD würde medial ausgegrenzt werden:
    „Die Ausgrenzung der AfD ist also kontraproduktiv?“
    Wagner stimmt dem zu.
    –> Wie kommen Sie beide darauf?
    Ich habe jedoch das Gefühl, dass das Gegenteil der Fall ist und sie besonders häufig eingeladen werden, weil Sie sich nicht den Schuh anziehen wollen, diese Partei auszugrenzen.
    Hier ein paar Belege:
    https://www.merkur.de/politik/wahlforscher-medien-und-parteien-haben-afd-im-schlussspurt-erst-gross-gemacht-zr-8716070.html
    https://www.otto-brenner-stiftung.de/sie-moechten/presseinfos-abrufen/detail/news/obs-studie-afd-und-medien-analyse-eines-spannungsverhaeltnisses-und-handreichungen-fuer-den-medial/news-a/show/news-c/NewsItem/news-from/112/

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    1. Jakob Buhre Artikelautor|

      Danke für den Einwand. Zur Frage, wie ich darauf komme:
      Das Interview entstand im Sommer. Nicht lange davor, habe ich diese Talkshowanalyse veröffentlicht: https://www.planet-interview.de/blog/analyse-von-talkshows-zu-corona-in-das-erste-und-zdf/51488/
      Bilanz der Monate März/April, Politiker in 59 Talkshows:
      SPD 42, CDU/CSU 35, FDP 10, Bündnis90/Die Grünen 8, Die Linke 2, AFD 0
      Die Partei selbst hat sich zu dem Umstand auch geäußert: https://www.tag24.de/nachrichten/politik/deutschland/parteien/afd/afd-alternative-fuer-deutschland-joerg-meuthen-kritik-oeffentlich-rechtlich-talkshows-coronavirus-covid-19-1498507

      Die von Ihnen verlinkten Quellen stammen aus dem Jahr 2017.

      Antworten
  7. HW |

    Top Typ, der großartige Arbeit leistet!
    Unfassbar, dass so eine wandelnde Institution nicht mehr Gehör in und von der Politik bekommt wo leider allzuoft gilt: Die Probleme sind hausgemacht..
    Vielen Dank für das sehr gute und ausführliche Interview!

    Antworten
    1. Juergen |

      Lange nicht so ein interessantes Interview gelesen. Starker Typ! Schwerer Stoff. Desillusionierend und hochinformativ.

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  8. Lutz Pfeiffer |

    Bravo zu diesem sehr fachkundigen Interview und der bedachten Lagebeschreibung, die weit über kopflosen Aktionismus hinausweist. Ich hoffe, dass mutige Leute wie Herr Wagner mehr Gehör und Unterstützung finden.
    Denk, ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht.

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  9. Anonym |

    Wow, da bin ich erst mal sprachlos.
    Danke für die Einblicke in die Neonazi „Szene“ und staatlichen Strukturen in diese verwoben sind. In Ihren Schilderungen zur AFD, Antifa und unseren linksgesinnten Parteien stimme ich Ihnen vollkommen zu. Heutzutage gibt es nur noch Schwarz und Weiß. So wie die Naziszene ein Gespräch mit Exit als Verrat sieht, sehen auch unsere Linken ein Gespräch mit der AFD schon als Verrat und wer mit Nazis spricht, muss wohl selbst einer sein. Es gibt keine ernsthaften Diskussionen mehr, die sich mit kritischen Themen aus allen Gesichtspunkten auseinandersetzen.
    Die wirkungsvollste Methode, Konflikte zu beseitigen, ist auf die Menschen zuzugehen und mit Ihnen zu reden, nicht, sich in seiner Blase zurückzuziehen und die Fronten weiter zu verhärten. Leider liest man viel zu wenige besonnene Stimmen wie Ihre, die vernünftigen Menschen, die sich mit dem Thema kritisch auseinandersetzen können, halten sich bedeckt aus Selbstschutz vor dem kreischenden Twitter-Mob mit mistfackeln und Heugabeln.

    Danke für Ihre wertvolle Arbeit Herr Wagner. Ich wünsche Ihnen alles Gute und bleiben sie gesund.

    Anonym

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    1. Lutz Pfeiffer |

      Das Thema „mit Rechten reden“ ist eine sehr schwierige Abwägung. Man kann schließlich nicht einen Kompromiss finden, also z.B. ihnen bei Gewalt, Rassismus und Antisemitismus ein Bisschen entgegenkommen. Ideologen wird man auch nicht zum Umdenken bewegen. Ich habe das Interview so verstanden, dass es an Linken mangelt, die sich in der Lage sehen, die Rechten in Debatten zu demontieren und keine Angst haben, von diesen rhetorisch dort angegriffen zu werden, wo es weh tut.
      Das wiederum sehe ich als ein großes Problem von schwachen linken Parteien: Die SPD hat selbst den Sozialstaat zerschlagen, Die Linke kann sich in Teilen nicht glaubhaft von ihrer SED-Diktatur-Vergangenheit distanzieren, die Grünen sind gerade noch so links, dass sie als Juniorpartner für die Union funktionieren können. Union und FDP hingegen wünschen sich die Wähler zurück, die sie an die AfD verloren haben und halten diese Türen immer gern mal offen. Alle haben also ihre großen Schwachstellen und schrecken vor einem Kampf mit offenem Visier zurück. Strategische Feigheit stärkt die Nazis.
      Es bleibt der außerparlamentarische Diskurs, und da macht eben jeder so gut, wie er kann. Wenn jemand aber von Nazis bedroht wird, kann er keinen Schutz vom Staat erwarten.
      Die Eindringlinge im Bundestag waren nur die neueste Entwicklung, und die Parlamentarier fallen aus allen Wolken. Dabei hatten schon AfD-Abgeordnete rechtsextreme Mitarbeiter eingestellt. Wenn die mal einen richtigen Nazi-Schläger einstellen, kann er erst einmal ein paar demokratischen Politikern alle Knochen brechen, bevor jemand etwas merkt.

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    2. Sievert |

      Ich weiß nicht ob es bewusst ist, aber für mich klingt aus dem „Heutzutage gibt es nur noch Schwarz und Weiß auch etwas Schwarz Weiß denken heraus. Es gibt vieleicht mehr Polarisation, aber es gibt immer noch einen Punkt an dem auch die meisten extremen Linken Diferenzieren.

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  10. Philipp |

    Ganz großer Typ, dem mein Dank gebührt. Sowohl für seine Arbeit bei Exit, als auch für diese sehr unangenehmen und schmerzhaften Realitäten, die den normalen Bürger*innen viel zu oft verwehrt bleiben.

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