Offener Brief an SPIEGEL-Redaktion, Fischer-Verlag

Sehr geehrte Chefredaktion des SPIEGEL,

ich erinnere mich noch gut, wie ich als Teenager zum ersten Mal ein SPIEGEL-Heft in die Hand nahm. Was ich darin las, empfand ich als seriös, lebhaft, sauber recherchiert. Besonders fasziniert war ich von den SPIEGEL-Gesprächen, weil ich da merkte, wie Interview-Partner mit Fragen klug herausgefordert wurden.

Um das Jahr 2000 herum schrieb ich als Journalist selbst meine ersten Artikel. 2001 gründete ich eine Website für Interviews – und ich kann nicht leugnen, dass die SPIEGEL-Gespräche für mich ein Vorbild waren und bis heute sind. Viele unserer Interviews der ersten Jahre kamen noch nicht an dieses Niveau heran. Aber inzwischen, denke ich, sind unter den ca. 1800 auf Planet Interview veröffentlichten Gesprächen auch einige dabei, die lesenswert sind.

Bei meinem Gespräch mit Klaus Brinkbäumer am 09. Juli 2018 gab ich mir ebenso große Mühe, ein lesenswertes Interview zu produzieren. Dies bedeutete viele Stunden Vorbereitung, Recherche zur SPIEGEL-Berichterstattung sowie die Lektüre von „Nachruf auf Amerika“. Mit Herrn Brinkbäumer habe ich die Rahmenbedingungen unseres Interviews sehr konkret besprochen: Die Autorisierung wurde vorab vereinbart, ebenso dass Herr Brinkbäumer klar ansagt, wenn er ‚off the record‘ spricht. Herr Brinkbäumer sagte vor dem Interview sinngemäß, dass er bei der Autorisierung keine großen Streichungen vornehmen werde. Sie erhielten das Interview am 23.07. zur Autorisierung, versehen mit dem Hinweis, dass ich Ihnen den Audiomitschnitt zum Abgleich gerne zur Verfügung stelle.

Am 22.08. teilten Sie mir mit, dass Sie das Interview in Gänze nicht freigeben, und am 27.08. lehnten Sie auch die Autorisierung einer Interview-Fassung ab, die keine den SPIEGEL betreffenden Inhalte enthält. Eine Begründung erhielt ich nicht.

Dieses Verhalten ist dem SPIEGEL, so wie ich ihn kenne und schätze, nicht würdig. Der SPIEGEL stellt tagtäglich kritische Fragen, zu Recht. Er nutzt die in Deutschland existierende Pressefreiheit – und zu dieser gehört auch, dass kritische Fragen nicht unterdrückt werden. Es ist nur fair und aufrichtig, wenn Sie diese Pressefreiheit, von der Sie selbst profitieren, auch jenen Journalisten gewähren, die kritische Fragen an Sie stellen. Zensur ist nicht im Sinne Ihres Herausgebers, daran werden Sie stets von ihm erinnert, denn Sie laufen jeden Tag an seinem Zitat vorbei: „Sagen, was ist.“

Ich möchte Sie, liebe SPIEGEL-Redaktion, gerne als Vorbild behalten. Daher bitte ich Sie, die Komplett-Streichung des Interviews zurückzunehmen und mir eine autorisierte Fassung zukommen zu lassen.

Jakob Buhre

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Sehr geehrte Leitung des Fischer-Verlags,

im Juni 2018 fragte ich bei Ihnen ein Interview mit Ihrem Autor Klaus Brinkbäumer an, welches Sie mir dankenswerter Weise auch vermitteln konnten. Das Gespräch fand am 09. Juli in Hamburg statt, und beschäftigte sich in weiten Teilen mit Inhalten aus Klaus Brinkbäumers Buch „Nachruf auf Amerika“ , welches dieses Jahr in Ihrem Verlag erschienen ist.

Am 23.07. erhielt Herr Brinkbäumer das Interview zur Autorisierung. Diese Autorisierung wird mir nun versagt, ohne jegliche Begründung.

Dies ist in unserer Zusammenarbeit ein einmaliger Vorgang. Wir haben auf Planet Interview schon mehrere Gespräche mit Fischer-Autoren veröffentlicht, darunter Roger Willemsen, Sarah Kuttner, Ronja von Rönne, Tommy Jaud, Christine Nöstlinger, Clemens Meyer, Anne Wizorek, Alain de Botton und Naomi Klein. Ebenso erschienen diese in den von uns belieferten Tageszeitungen. Dem Autorisierungswunsch Ihrer Autoren sind wir stets nachgekommen und es gab bei der Autorisierung der Gespräche nie Probleme. Auch sind mir von Ihrer Seite nie Beschwerden über unsere Arbeit zu Ohren gekommen.

Wenn gegebene Interviews zurückgezogen werden, hat dies im Wesentlichen zwei Konsequenzen:

Erstens werden viele Stunden journalistischer Arbeit auf einen Schlag vernichtet.
Zweitens, und das ist der in meinen Augen größere Schaden: Berichterstattung wird behindert, kritische Fragen unterdrückt, die Pressefreiheit eingeschränkt.

Ich möchte Sie daher bitten, sich dafür zu engagieren, dass mindestens Herrn Brinkbäumers Antworten auf jene Fragen, die ich ihm in seiner Eigenschaft als Autor des Fischer-Verlags gestellt habe, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können.

Jakob Buhre

4 Kommentare zu “Offener Brief an SPIEGEL-Redaktion, Fischer-Verlag”

  1. Elke Fischer (RBB-Netz) |

    Ich kann nicht zustimmen.

    1. Anna |

      Was soll das für eine Antwort sein?: „Ich kann nicht zustimmen.“ Als vollkommen Aussenstehende und nur zufällig per Suchwort auf diese seite Gekommene, erscheint mir das als Antwort auf obenstehenden Text sehr, sehr dürftig und geistig unbeschenkt.

      1. Elke Fischer (RBB-Netz) |

        Hallo Anna, wer hat dich denn geistig beschenkt? Du schreibt hier drei Zeilen mehr als ich, triffst das Thema aber mit keinem Wort. Ich habe hingegen sehr klar gemacht, dass ich dem Autor nicht zustimme. Ich finde es etwas weinerlich. Vielmehr gibt es dazu ja eigentlich auch gar nicht zu sagen. Ich hätte auch den Disslike-Button gedrückt, habe ihn aber nicht gefunden.

  2. Klaus |

    Niemand interessiert sich für diesen Text.

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